Minde, Grete
Tochter des alten Jakob Minde und seiner verstorbenen zweiten Frau, Halbschwester von Gerdt Minde, dem Sohn aus erster Ehe. Ihre Mutter war eine Fremde, noch dazu eine »Kathol’sche« und »Span’sche«, die der Vater aus Brügge in die protestantische Altmark entführt hatte (1/8). Schönheit wie ›Fremdheit‹ der Mutter haben sich der Tochter vererbt: Die zu Beginn der Geschichte knapp 14-jährige Grete ist ein hübsches Kind, »sehr zart gebaut, und ihre feinen Linien, noch mehr das Oval und die Farbe ihres Gesichts, deuteten auf eine Fremde« (1/6). Als der Vater kurz nach ihrer Einsegnung stirbt, ist sie der Kälte und Hartherzigkeit ihrer Schwägerin Trud schutzlos ausgesetzt, die sie wie eine Dienstbotin hält. Trost findet sie bei ihrer alten Kinderfrau Regine und bei Nachbarssohn Valtin Zernitz, der sie liebt. Sein Geständnis bedingungsloser Liebe gibt ihr, die sich von niemand geliebt glaubt, Kraft auszuharren (vgl. 9/51). Sie erträumt sich eine »Welt der Freiheit und des Glückes« (10/53) und sieht sich im Traum frei wie ein Vogel fliegen (12/62), gleichzeitig wächst in ihr ein »immer bitterer und leidenschaftlicher aufgährende[r] Groll« gegen Bruder und Schwägerin (10/53 f.). Nach einem heftigen Streit mit Trud Minde will sie Hals über Kopf fort und überredet Valtin, mit ihr zu gehen. Sie kennt »ihre Macht über ihn« (14/79). Drei Jahre ziehen sie mit einer Puppenspielertruppe durchs Land, bekommen ein Kind, dann stirbt Valtin, nachdem er ihr das Versprechen abgenommen hat, ihren Trotz zu überwinden, nach Hause zurückzukehren und ihren Bruder um Hilfe zu bitten. Zuvor bekennt Grete sich schuldig vor ihm, ihn nicht genug geliebt und aus Eigensucht, Hass und Ungeduld »um Glück und Leben gebracht« zu haben (15/86). Sie hält das ihm gegebene Versprechen, kehrt mit ihrem Säugling nach Tangermünde zurück, aber der Bruder verweigert ihr jegliche Hilfe. Als dann auch die Ratsversammlung der Stadt unter Leitung von Bürgermeister Peter Guntz ihr nach »Tangermündisch Recht« den Anspruch auf ein Erbteil versagt (19/111), verfällt sie dem Wahnsinn, setzt die Stadt in Brand, bemächtigt sich des kleinen Sohnes ihres Bruders und stirbt mit ihm und ihrem Kind im Feuer.
Die Heimatstadt der Mutter, Brügge, stand, wie die damaligen (das heutige Belgien einschließenden) Niederlande insgesamt, seit 1556 unter spanischer Herrschaft; die Bezeichnung der Mutter als »Span’sche« lässt vermuten, dass sie der Familie eines Mitglieds der spanischen Besatzung entstammt.