Cécile (1886)
Theodor Fontane: Cécile. Herausgegeben von Hans Joachim Funke und Christine Hehle. Berlin: Aufbau 2000 (Große Brandenburger Ausgabe. Das erzählerische Werk. Bd. 9). – Nachweise von Zitaten erfolgen unter Angabe der Kapitel- und Seitenzahl (z.B. 11/69 = 11. Kapitel, S. 69).
Berliner, zwei
Zwei Herren um die Dreißig, »Touristen par excellence« (3/18), die sich für ihren Harz-Urlaub im Hotel Zehnpfund einquartiert haben und sich durch Sprechweise und forsches Auftreten unschwer als Berliner zu erkennen geben. An der Table d'hôte lassen sie buchstäblich die Korken knallen (vgl. 4/21 f.), und auch auf der Rosstrappe, wo Gordon und die St. Arnauds sie erneut antreffen, ziehen sie durch lautes Reden die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich (vgl. 6/26, 30 f.) und unterhalten sich ungeniert über Cécile und Rosa Hexel (vgl. 6/37). Letztere, selbst Berlinerin, schämt sich für ihre Landsleute (vgl. 6/31). Einige Wochen später trifft Gordon sie in einem Berliner Restaurant zufällig wieder, diesmal in Begleitung ihrer Ehefrauen, deren »Anstandsgesichter« sie zu einer »erkünstelten Würde« nötigen (18/140). Der Wirt klärt Gordon auf: »Richtige Berliner giebt es eigentlich nur noch draußen oder auf Reisen. Zu Hause sind sie ganz vernünftig.« (Ebd.)
Boncoeur
Hund des Hotels Zehnpfund, ein schöner Neufundländer, der sich zu Cécile hingezogen fühlt und sie bei den Ausflügen zur Rosstrappe und nach Lindenberg begleitet (6/32, 12/82). Bei Gordons überstürztem Abschied legt er ihre seinen Kopf in den Schoß und scheint ihr sagen zu wollen: »Laß ihn ziehen; ich bleibe Dir und – bin treuer als er.« (16/129)
Dörffel, Dr.
Hofprediger und Vertrauter Céciles, ein »alter Herr mit schneeweißem Haar« (18/142), der Céciles Konversion zum Protestantismus begleitet hat. Gordon lernt ihn bei seinem ersten Besuch in ihrer Berliner Wohnung kennen. Er stammt aus Halberstadt, wäre aber lieber in Lübeck, Wismar oder Stralsund geboren, weil er die »Hansa-Passion« hat (18/143). Er kennt Céciles Vorgeschichte und versucht nach Kräften, aber letztlich vergebens, sie von ihren Ängsten zu befreien (vgl. 18/146-150). Mit seinem Brief, in dem er St. Arnaud von Céciles Tod und ihren letzten Verfügungen in Kenntnis setzt, endet der Roman (vgl. 29/214-216).
Emeritus
Ein pensionierter Geistlicher und Gast im Hotel Zehnpfund, der Gordon, Cécile und Pierre von St. Arnaud bei mehreren ihrer Ausflüge begleitet. Er hat eine sehr undeutliche Aussprache, weshalb er auf Antrag seiner »ihn sonst verehrenden Gemeinde« schon vor zehn Jahren »um Mümmels willen« pensioniert wurde (6/30). Er initiiert den Ausflug nach Altenbrak und den Besuch bei dem von ihm geschätzten Altenbraker Dorfschulmeister Rodenstein (vgl. 11/73). Mit Eginhard aus dem Grunde streitet er über die historische Bedeutung der Hohenzollern und Askanier (vgl. 6/29 f.) und kritisiert dessen Forderung nach unbedingter Loyalität gegen ein Fürstengeschlecht als »gefährliches Evangelium« und »Prinzipienreiterei«, die der Entfaltung des Neuen im Weg steht (13/92 f.).
Eseljunge
Ein »bildhübscher, zugleich hartgewöhnter Junge«, der beim Ausflug nach Altenbrak Céciles und Gordons Esel führt und für den ein Kuckuck, nachdem er auf Gordons Frage nur einmal gerufen hat, unzählige Male ruft (13/86 f.).
Förstersfrau
Tochter des Altenbraker Schulmeisters und Gastwirts Rodenstein, Frau eines Försters und Mutter dreier Kinder. Sie ist bei ihren Eltern zu Besuch und hilft der Mutter bei der Bewirtung der kleinen Ausflüglergruppe um Cécile und Pierre von St. Arnaud, die bei ihnen einkehrt, um Schmerlen zu essen. Sie leistet Cécile bei einer Ruhestunde Gesellschaft und plaudert über ihr Familien- und Eheleben, das mit dem Céciles implizit kontrastiert (vgl. 14/106-108).
Großindustrieller
Geschäftspartner der Firma, für die Gordon arbeitet. Gordon verbringt einen Abend in dessen Charlottenburger Villa und erfährt von ihm, dass Cécile schon einmal »sehr hoch hinauf« verheiratet war und St. Arnaud wegen eines Duells den Abschied nehmen musste (17/134).
Mit der Information, dass Cécile schon einmal verheiratet gewesen sei, sitzt der Mann offenkundig einem Gerücht auf. Nach dem Tod des jungen Fürsten von Welfen-Echingen wurde allgemein spekuliert, dass sie dessen Hofmarschall heiraten würde, was jedoch nicht geschah (vgl. 21/172 f.).
Grunde, Eginhard Aus dem
Privatgelehrter und Gast im Hotel Zehnpfund, der Gordon, Cécile und Pierre von St. Arnaud bei mehreren ihrer Ausflüge begleitet. Er fällt Gordon gleich bei seiner Ankunft im Hotel durch seine Häßlichkeit, sonderbare Kleidung und ungepflegte Erscheinung auf (vgl. 3/18 f.). Pedanterie und verschrobene Ansichten vervollständigen die Karikatur eines Gelehrten, der seine Umgebung mit Vorträgen über Nichtigkeiten, etwa über die »Idee« des Pfefferkuchenhauses (11/71) belästigt. Seine mehrfach vorgetragene Überzeugung, dass die Askanier das bedeutendste deutsche Fürstengeschlecht seien (vgl. 6/29 f.), dem die Deutschen darum unbedingte Loyalität schuldeten (vgl. 13/92), stößt auf die Kritik des Emeritus (vgl. 13/92 f.). Seine Familie stammt ursprünglich aus Polen und führte den Namen Genserowsky, den der Großvater dann gegen ›Aus dem Grunde‹ getauscht hat (13/89).
Hedemeyer, Geheimrat
Einer der Gäste des Diners, das die St. Arnauds am 4. Oktober geben, »hager, spitznasig und süffisant« (20/155). Er trägt eine blonde Perücke, in die seine Brille sich verhakt und ihn damit »an seiner empfindlichsten Stelle« bloßzustellen droht (20/158). Er hat sein Amt unter dem vorigen Kultusminister verloren und vergeblich versucht, es unter dem neuen zurückzugewinnen, indem er dessen Position im Kulturkampf »als Pamphletist« unterstützt (20/158). Beim Diner hält er, nachdem er seine Brille glücklich aus der Perücke befreit hat, eine flammende Rede auf die »protestantische Freiheit, die Freiheit der Geister«, die die »große Lebensfrage des Staats« sei (20/160). In Rosa Hexels Augen ist er »ein schlechter Kerl, frivol, cynisch«, dessen Liberalismus nur Libertinage sei (20/166). Cécile scheint für seine anzüglichen Witze empfänglich zu sein, was Gordons Eifersucht anstachelt (vgl. 23/180). Einige Wochen später entdeckt Gordon sie in Hedemeyers Begleitung in der Oper und versteigt sich zu der Vorstellung, dass beide ein Verhältnis haben (vgl. 25/194-197).
Zum Kulturkampf vgl. Anhang S. 238-240 und Kommentar S. 321 f.
Hexel, Rosa
Malerin aus Berlin, eine »junge, freilich nicht allzu junge [...] Dame« (6/26), deren Bekanntschaft Gordon, Cécile und Pierre von St. Arnaud auf der Rosstrappe machen (vgl. 6/27 f.) und die sie dann auf einigen ihrer Ausflüge begleitet. Zurück in Berlin, ist sie häufig zu Gast im Haus der St. Arnauds. Für Cécile wird sie bald zu einer engen Freundin, der sie ihr Leid über ihr Leben mit St. Arnaud anvertraut (vgl. 21/168). Sie ist Tiermalerin, ihre Kollegen nennen sie (in Anspielung auf die Tiermalerin Rosa Bonheur) scherzhaft ›Rosa Malheur‹ (6/29). Sie hat das »frank und freie Wesen« einer selbständigen Frau (6/27), verfügt über Humor und Selbstironie und bringt mit ihren gewitzten Bemerkungen Farbe in trockene Tischgespräche. Erotische Anziehungskraft scheint ihr zu fehlen, worauf Gordons Bemerkung, dass ihr »Charmantsein [...] ohne Charme« sei, hindeutet (23/182).
Kastellan
Aufseher des Quedlinburger Schlosses, der Cécile, St. Arnaud, Gordon und Rosa Hexel durch die Räume führt, ein »freundlicher und angenehmer Mann« (8/47). Da das Schloss seiner ursprünglichen Innenausstattung weitgehend beraubt ist, fällt ihm die Aufgabe zu, über »Dinge zu sprechen, die nicht mehr da waren« (8/48), so etwa über den berühmten Spiegel aus Bergkristall, von dem nur noch der Goldrahmen vorhanden ist (vgl. 8/49).
Kathinka
Eine »um mehrere Jahre« jüngere Schwester Céciles, ähnlich schön wie diese, »aber ganz oberflächlich und augenscheinlich mehr nach Verhältnissen als nach Huldigungen ausblickend« (19/152). Sie besucht ihre Schwester für etwas mehr als eine Woche in Berlin, Cécile scheint erleichtert, als sie wieder abreist. Ihr Nachname wird nicht erwähnt, aber da sie augenscheinlich noch unverheiratet ist, trägt sie mutmaßlich noch ihren Geburtsnamen Woronesch von Zacha (vgl. 21/171).
Kraczinski, von
Einer der Gäste des Diners, das die St. Arnauds am 4. Oktober geben, »Kriegsministerial-Oberst und polnisch-katholisch« (20/155). Er hat für die Ereiferungen von Rossows nur ein Lächeln »kriegsministerieller Überlegenheit« übrig (20/162).
Leslie-Gordon, Robert von
Junger Mann, mit dessen Zufallsbekanntschaft mit Cécile und Pierre von St. Arnaud während eines Urlaubs in dem Harzer Kurort Thale die Geschichte ihren Lauf nimmt. Er ist Zivilingenieur und für eine englische Firma mit der Verlegung von Kabeln beschäftigt, die ihn in ferne Länder, u.a. nach Persien, Ägypten und in den Himalaya geführt hat. Er entstammt einer schottischen Familie, ist aber augenscheinlich in Schlesien aufgewachsen, wo seine Schwestern noch wohnen, hat auch in der preußischen Armee gedient, aus der er wegen Schulden austreten musste (vgl. 10/66). St. Arnaud sieht in ihm »einen perfekten Cavalier, der die Tugenden unserer militärischen Erziehung mit weltmännischem Blick vereinigt«, und schätzt besonders, dass er mit seiner Weitgereistheit und Weltkenntnis nicht renommiert (10/65). Schon bevor Gordon mit den St. Arnauds bekannt wird, beobachtet er das ungleiche Paar mit einiger Neugier und vermutet hinter der Verbindung einen »Roman« (2/14). Dieser Eindruck verstärkt sich bei den Ausflügen, die er in den folgenden Tagen mit ihnen und einigen anderen Feriengästen unternimmt und bei denen die schöne Cécile ihn mehr und mehr in ihren Bann zieht. Er bittet seine Schwester Clothilde brieflich darum, Erkundigungen über sie einzuziehen. Von seiner Firma nach Bremen gerufen, muss er seinen Urlaub abbrechen. Trotz widerstreitender Gefühle ist er froh, einer Versuchung entgangen zu sein (vgl. 16/126), und nimmt sich vor, Cécile nicht wiederzusehen (vgl. 17/130). Während eines längeren Aufenthalts in Berlin nimmt er den Kontakt jedoch wieder auf und verbringt zahlreiche Abende im St. Arnaudschen Haus, meist in Gesellschaft Rosa Hexels und Dr. Dörffels. Nach vier Wochen »voll der heitersten Anregungen« (19/153) erreicht ihn der lang erwartete Brief seiner Schwester, der ihm Céciles Vorgeschichte enthüllt. Ein Gemisch von moralischer Überhebung, Mitleid mit der ›armen, schönen Frau‹ (vgl. 22/178) und uneingestandenem Begehren sorgt dafür, dass er bei der nächsten Begegnung die gebührende Distanz vermissen lässt, die Cécile ihn mit bewegenden Worten wiederherzustellen bittet (vgl. 23/184-186, 188 f.). Erneut von seiner Firma abberufen, glaubt er sich ein zweites Mal einer Versuchung entronnen, hofft darauf, auf längere Reisen geschickt zu werden, und schreibt Cécile einen Abschiedsbrief (vgl. 25/191 f.). Er erhält jedoch Weisung, nach Berlin zurückzukehren. Dort sieht er Cécile mit Geheimrat Hedemeyer in der Oper. Sofort glaubt er an eine Liaison zwischen beiden und bestätigt damit Hofprediger Dörffels Mutmaßung, dass er »fixer Ideen fähig« ist (18/145). Eine Eifersucht bemächtigt sich seiner, die Cécile wenig später zutreffend eine Eifersucht »aus Ueberheblichkeit und Sittenrichterei« nennt (26/202) und in der sich Rosa Hexels frühe Diagnose bewahrheitet: »je mehr Don Juan, je mehr Torquemada« (8/54). Er beleidigt Cécile schwer, St. Arnaud fordert ihn zum Duell, Gordon fällt. Zuvor bittet er Cécile in einem Brief um Verzeihung (vgl. 28/211).
Gordons vollständiger Familienname lautet anfangs Gordon-Leslie (4/23, vgl. auch 9/57), von S. 142 an Leslie-Gordon. Der Erzähler nennt ihn durchgehend Gordon.
Marie
Céciles Zofe, die ihr beisteht, als sie Gordons Abschiedsbrief erhält (vgl. 28/210 f.). Cécile vermacht ihr zwei Dinge, die in diesem Moment eine Rolle spielen (vgl. 29/215): Den türkischen Schal, den Marie ihr bringen soll, und die Konsoluhr, auf der sie Marie die Uhrzeit abzulesen bittet: »Merk' dir die Minute ... Er ist erschossen ... jetzt.« (28/211)
Rodenstein
Dorfschulmeister und Gastwirt in Altenbrak, bei dem die kleine Gesellschaft um Cécile und Pierre von St. Arnaud bei ihrem Ausflug nach Altenbrak einkehrt, um Schmerlen zu essen. Er ist ein »hohe[r] Siebziger«, gleicht aber mit seiner Erscheinung eines »knorrigen Niedersachsen« und seinem vollen, krausen und kaum ergrauten Haarschopf eher einem Fünfziger (14/104). Der Emeritus, der ihn kennt, beschreibt ihn als einen Mann, »der auf's Glücklichste Humor mit Charakter und Naivetät mit Lebensklugheit verbindet« (11/73). Er trug lange Zeit den »Extra-Titel eines Präceptors«, der ihn »berechtigt wie verpflichtet«, in seinem Dorf, dem der Pfarrer fehlt, sonntags aus der Bibel und Predigten aus einem Predigtbuch vorzulesen (11/74). Mit nachlassendem Augenlicht ging er dazu über, frei zu sprechen wie ein Pastor und hatte damit bei seiner Gemeinde großen Erfolg. Schließlich aber wurde er sich der Amtsanmaßung bewusst und zeigte sich selbst bei der Kirchenbehörde an, die die Anzeige jedoch nicht annahm. Daraufhin reichte er schriftlich seinen Abschied ein, nicht nur aus schlechtem Gewissen, wie der Emeritus annimmt (vgl. 11/75), sondern auch, wie er selbst eingesteht, aus »Dünkel«, weil er der Verleihung eines seiner Meinung nach zu geringen Ordens zum Dienstjubiläum entgehen wollte (14/110).
Rossow, von
Einer der Gäste des Diners, das die St. Arnauds am 4. Oktober geben. Er ist General, ein »hochschultriger Herr« mit dünnem Barthaar, dunklem Teint und »rothen vorstehenden Backenknochen« (20/155). Er spricht mit »krähender Commandostimme« (20/157), erklärt, Hedemeyer widersprechend, die Armee zur maßgeblichen Stütze des preußischen Staates und ereifert sich über die Besetzungs- und Beförderungspolitik des Militärkabinetts (vgl. 20/161 f.). Bei St. Arnauds Duell mit Gordon agiert er als St. Arnauds Sekundant (vgl. 27/208, 29/213).
Snatterlöw, Baronin von
Neben Rosa Hexel einziger weiblicher Gast bei dem Diner, das die St. Arnauds am 4. Oktober geben, eine »hochbusige Dame von neunundvierzig, mit Ringellöckchen und Adlernase« (20/155) und einer »an's Männliche grenzenden Altstimme«, mit der sie Gordon ihre Ansichten über die Fragwürdigkeit »persischer Civilisation« und ihren Hass auf »Servilismus« und »missverstandene Loyalitäten« Fürsten gegenüber auseinandersetzt (20/156). »Emancipirtes Vollblut. Furchtbar«, urteilt Gordon (20/157).
St. Arnaud, Cécile von
Ehefrau von Pierre von St. Arnaud, über deren Vorgeschichte Gordon, der das Paar während eines Urlaubs im Harz kennenlernt, von Anfang an rätselt, aber (ebenso wie der Leser) erst spät durch einen Brief seiner Schwester aufgeklärt wird (vgl. 21/170-173 und 22/174-176). Nach dem frühen Tod des Vaters in bescheidenen Verhältnissen und ohne Bildung in einer oberschlesischen Garnisonsstadt aufgewachsen, wurde die Siebzehnjährige mit Zustimmung ihrer Mutter Geliebte eines Duodezfürsten und nach dessen Tod Geliebte seines Neffen und Erben, der jedoch früh starb. Sie kehrte zu ihrer Familie zurück, der sie durch ihr vom alten Fürsten erhaltenes Erbe eine ansehnlichere Lebensführung ermöglichte. Hier lernte sie St. Arnaud kennen, der sich mit ihr verlobte, um ihretwillen mit einem Stabsoffizier duellierte, aus der Armee austrat und sie nach neunmonatiger Festungshaft heiratete. Das Paar lebt in Berlin, wird aber von der ›guten Gesellschaft‹ weitgehend geschnitten (vgl. 1/7 f.) und ist für seinen geselligen Umgang auf gesellschaftlich eher zweitrangige oder komische Figuren wie Hedemeyer, Rossow, Wandelstern oder Snatterlöw angewiesen, und bei jeder neuen Verbindung, so auch bei Gordon, steht Cécile in der Furcht vor dem Bekanntwerden ihrer Vorgeschichte (vgl. 18/147 f.), die ihr Leben überschattet und sie krank gemacht hat. Ihr einziger Vertrauter ist Hofprediger Dörffel, der ihre Konversion zum Protestantismus begleitet hat. Später findet sie in der Malerin Rosa Hexel, die sie im Harz-Urlaub kennengelernt hat, eine Freundin (vgl. 21/168). Ihrem Mann, der, äußerlich fürsorglich, Wärme und Zärtlichkeit vermissen lässt, ist sie, wie Gordon wohl richtig vermutet, »mehr aus Schutzbedürfnis als aus Liebe« verbunden (9/60). Sie genießt jede Aufmerksamkeit und Freundlichkeit, die man ihr entgegenbringt, ist eine »ganz auf Huldigung und Pikanterie gestellte Natur« (8/45), dabei eine »Kinderseele« (9/57). Trotz mangelnder Erziehung und Bildung hat sie »eine vornehme Haltung und ein feines Gefühl, will sagen ein Herz« (9/61), das es ihr verbietet, ihren Mann zu hintergehen und ihrer Neigung zu Gordon Raum zu geben, weshalb Gordon sie mit seinen beleidigenden Ansprüchen zutiefst verletzt. Bevor sie es aus der Zeitung erfährt, weiß sie, dass St. Arnaud das Duell gesucht und Gordon getötet hat (vgl. 28/211). Sie nimmt sich mit einer Überdosis ihrer Digitalis-Tropfen das Leben und verfügt, neben der Grabkapelle ihrer beiden fürstlichen Geliebten begraben zu werden, bei denen sie fand, »was mir die Welt verweigerte: Liebe und Freundschaft, und um der Liebe willen auch Achtung« (29/215).
St. Arnaud, Pierre von
Ehemann Céciles, Oberst a.D., ein »starker Fünfziger« (1/5). Sein »scharfer und beinah stechender Blick« (1/6) fällt dem Erzähler gleich zu Beginn ins Auge, ebenso »ein Zug von Herbheit, Trotz und Eigenwillen«, der den anfänglichen Eindruck von »Aufmerksamkeit und Theilnahme« im Umgang mit seiner Frau schmälert (1/8). Gordon, der das Paar während eines Urlaubs im Harz kennenlernt und sich erinnert gehört zu haben, dass St. Arnaud ein »brillanter und bewährter Offizier« gewesen ist, rätselt über die Gründe seines vorzeitigen Ausscheidens aus der Armee (2/15), die er (wie auch der Leser) erst spät durch einen Brief seiner Schwester Clothilde erfährt: Kurz nach seiner Verlobung mit Cécile hatte St. Arnaud einen Stabsoffizier, der ihm die Einwände seines Offiziercorps gegen dieses Verlöbnis überbracht hatte, zum Duell gefordert und getötet, musste daraufhin eine neunmonatige Festungshaft antreten und den Dienst quittieren (vgl. 21/171). Seine danach erfolgte Eheschließung ist nach Rosa Hexels Überzeugung weniger der Liebe als einer Mischung aus »Rechthaberei, Dünkel und Eigensinn« geschuldet (21/168). »In Wahrheit ist er«, so Rosa, »ein alter Garçon geblieben, voll Egoismus und Launen« (21/168). Er vernachlässigt seine Frau und verbringt seine Abende in seinem Club beim Spiel (vgl. 9/152 f.). Das zunehmend vertrauter werdende Verhältnis zwischen Cécile und Gordon berührt ihn nicht (vgl. 19/153). Und auch Gordons beleidigendes Verhalten gegen Cécile schließlich empört ihn nicht um Céciles willen, sondern trifft ihn »an seiner empfindlichsten, wenn nicht an seiner einzig empfindlichen Stelle, in seinem Stolz«, weil es die »Furcht vor ihm, dem Manne der Determiniertheiten«, vermissen lässt (27/207). Ohne Rücksicht auf seine Frau fordert er Gordon zum Duell und tötet ihn. Um einer erneuten Festungshaft zu entgehen, reist er unmittelbar danach an die französische Riviera und fordert Cécile in einem Brief auf nachzukommen. Cécile aber nimmt sich das Leben.
Susanne
Dienstmädchen bei St. Arnaud, ein hübsches, »nach Wesen und Sprechart oberschlesische[s] Mädchen« (18/141), das Gordon bei seinem ersten Besuch in St. Arnauds Villa, Bescheid gibt, dass die Herrschaft noch auf Reisen ist (17/138 f.).
Wandelstern
Einer der Gäste des Diners, das die St. Arnauds am 4. Oktober geben, ein Sanitätsrat und »fanatischer Anti-Schweninger« (20/155).
Ernst Schweninger war Bismarcks Arzt; Wandelsterns Gegnerschaft bezieht sich mutmaßlich auf die nach ihm benannte Kur (vgl. Kommentar S. 320).