Treibel

Jenny Treibels Ehemann, Vater von Otto und Leopold Treibel, Berliner Blau-Fabrikant und Kommerzienrat. Die Familie lebt in einer »modische[n] Villa« an der Köpenicker Straße, die Treibel in den siebziger Jahren auf seinem Fabrikgelände erbauen ließ (2/16).

Treibel bemüht sich – weniger aus politischen als aus gesellschaftlichen Gründen (vgl. 2/19 f., 3/27) – um eine Kandidatur im Wahlkreis Teupitz-Zossen und hat dafür Leutnant Vogelsang als Wahlhelfer und »Agentprovokateur« engagiert, der ihm eigentlich »ein Greuel« ist (2/20), ihm aber empfohlen wurde (2/18). Tatsächlich verdirbt Vogelsang ihm mit seinen verstiegenen politischen Ideen und seinen kuriosen Auftritten im Wahlkreis schon im Vorfeld alle Chancen (vgl. 9/122-124; 14/193). Treibel will sich nun »aus der ganzen Geschichte herausziehen und zwar für immer« (9/124).

Der Ärger über den Misserfolg hält nicht lange an. Verbissener Ehrgeiz ist nicht Treibels Sache, im Gegenteil. Bei allem Sinn für Ansehen und gesellschaftlichen Rang hat er genug selbstironische Distanz und Sinn für Humor, um die Niederlage nicht allzu ernst zu nehmen.

Treibel ist, so der Erzähler, »ein guter und auch ganz kluger Kerl« (12/173), zu dessen Tugenden eine »große Herzensgüte« zählt (9/125). Die lässt ihn zu einem zwar meist vorsichtigen, gelegentlich aber auch entschiedenen Opponenten gegen »all' den Hochmuth« werden (12/173), den Jenny Treibel pflegt. So teilt er etwa deren Entsetzen über Leopolds heimliches Verlöbnis mit Corinna nicht, nennt es vielmehr »erstens unsinnig und zweitens empörend« (12/173) und gibt seiner Frau gehörig Bescheid (vgl. 12/173-175).

Allerdings hat seine Opposition nicht lange Bestand. Schon wenige Minuten nach seiner entschlossenen Philippika gegen Jennys Absicht, das Verlöbnis zu torpedieren, überfallen ihn Zweifel, ob sie nicht vielleicht doch recht haben könnte. Der Erzähler schlussfolgert: »Der gute Treibel, er war doch auch seinerseits das Produkt dreier, im Fabrikbetrieb immer reicher gewordenen Generationen, und aller guten Geistes- und Herzensanlagen unerachtet und trotz seines politischen Gastspiels auf der Bühne Teupitz-Zossen – der Bourgeois steckte ihm wie seiner sentimentalen Frau tief im Geblüt.« (12/176)