Humboldt, Alexander von

»Alexander von Humboldt war in ganz Europa berühmt wegen einer Expedition in die Tropen«. (19) Diesem Forscherdrang geht Humboldt schon als kleines Kind in den heimischen Wäldern nach und vernachlässigt dabei die für ihn von seiner Mutter, dem Majordomus Kunth und Goethe sorgfältig geplante naturwissenschaftliche Ausbildung. Daher steht er schon früh im Schatten seines geisteswissenschaftlich geprägten älteren Bruders Wilhelm. Das Verhältnis der beiden geht über die gewöhnlichen Geschwisterrivalitäten hinaus: Wilhelm sperrt seinen kleinen Bruder über Nacht in einen Schrank ein, mischt ihm Rattengift in sein Essen, lockt ihn auf brüchiges Eis und sieht dabei zu, wie er einbricht und beinahe ertrinkt.

Nach seiner Ausbildung bekommt Alexander zunächst eine Stelle als Bergwerksassesor in Freiberg, wo er eine gasbetriebene Grubenlampe entwickelt und im blutigen Selbstversuch entdeckt, dass Muskelfasern Elektrizität leiten. Eine Woche nach dem Tod seiner Mutter, sein Vater war schon früh verstorben, gibt er seine Anstellung auf, um eine Expedition nach Amerika vorzubereiten: Zuerst reist er nach Weimar, wo sein Bruder ihm Wieland, Herder, Schiller und Goethe vorstellt und letzterer ihm seine Herkunft in Erinnerung ruft: »Unser Botschafter bleiben Sie auch überm Meer.« (37) Danach verbringt er ein Jahr in Salzburg, wo er sich eine umfassende Ausrüstung zulegt und Messungen übt. Einen weiteren Zwischenstopp vor dem Aufbruch nach Übersee legt er in Paris ein, wo er zum einen Vorlesungen an der Akademie hält, aber auch Aimé Bonpland kennenlernt, der ihn auf seiner Reise begleiten und mit ihm freundschaftlicher verbunden sein wird als jeder andere Mensch. Schon ihr erstes gemeinsames Teilstück nach Madrid, wo sie Papiere für die spanischen Kolonien in Amerika organisieren, nutzt Humboldt für Messungen.

In Spanien angekommen, benötigt er einen Monat, um eine Audienz bei Minister Manuel de Urquijo zu bekommen, der ihm, nachdem Humboldt ihm ein Rezept für ein vermeintliches Potenzmittel verrät, die Papiere sowie weitere Unterstützung auf der Reise genehmigt.

In La Coruña gehen Humboldt und Bonpland an Bord einer Fregatte, die sie zunächst nach Teneriffa bringt, wo sie einen Vulkan besteigen und die Gärten von Orotava erkunden. Dort kommt es auch zu einem ersten Konflikt zwischen den beiden ungleichen Reisepartnern: Humboldt kann nicht akzeptieren, dass Bonpland seiner Leidenschaft für Frauen nachgibt und sich mit einer unbekannten Frau einlässt: »Der Mensch sei kein Tier, sagte Humboldt. Manchmal doch, sagte Bonpland.« (48)

Früher als geplant, in der Nähe von Trinidad statt in Veracruz, gehen Humboldt und Bonpland von Bord, da ein auf dem Schiff grassierendes Fieber die Expedition gefährden könnte. Gemeinsam erforschen sie ein halbes Jahr Neuandalusien, wobei Humboldt unter anderem in der Tiefe einer Höhle seine verstorbene Mutter neben sich sieht. Als er in seine Hütte zurückkehrt, erwartet ihn eine vom Gouverneur gesandte nackte Frau. Sie versucht ihn zu verführen, aber er sträubt sich.

Humboldt beschließt, den Verbindungskanal zwischen dem Orinoko und dem Amazonas zu entdecken. Eine Sonnenfinsternis betrachtet er nur über eine Projektion, da er zu sehr mit deren Messung beschäftigt ist und keine Zeit hat, den Blick zu heben: »Manche nähmen ihre Arbeit eben ernster als andere!« (80)

Über Caracas und Calbazo, wo sie einen alten Wissenschaftler treffen, der noch nie sein Dorf verlassen hat, reisen sie nach San Fernando. Dort kaufen sie »ein breites Segelboot mit einem Holzverschlag, Lebensmittel für einen Monat und zuverlässige Gewehre.« (105) Zusätzlich heuern sie vier Einheimische an, die ihnen auf der geplanten Flussfahrt helfen sollen: Carlos, Gabriel, Mario und Julio. (106) Gegen Bonplands Willen besteht Humboldt darauf, einen alten, streunenden Hund mitzunehmen. Während des ersten Stopps entdeckt Humboldt bei einem Streifzug durch den Urwald einen Jaguar und flüchtet vor ihm, verbietet allerdings seinen Mitreisenden, das Tier zu jagen und zu erschießen: »Das Tier habe ihn gehen lassen.« Kaum ist er in Sicherheit, beschließt er, den Vorfall in seinem Tagebuch anders darzustellen: »Er würde behaupten, sie wären zurück ins Unterholz gegangen, die Gewehre im Anschlag, doch ohne das Tier zu finden.« (108)

Um sich vor einem starken Regenschauer zu retten, übernachten sie bei Don Ignacio und seiner Familie, die verdreckt, aber mit adligem Gebaren, einsam als Nudisten am Flussufer leben. Am nächsten Tag fahren sie in den Orinoko ein. Um gefährliche Katarakte zu umschiffen, nutzen sie die Hilfe einer nahe gelegenen Jesuiten-Mission. Zwei Eingeborene werden gezwungen, ein kleineres Boot durch die felsigen Stromschnellen zu schiffen, sodass die Expedition weiter flussabwärts wieder an Bord gehen kann. »Er sei sehr dankbar, sagte Humboldt vorsichtig. Aber billigen könne er das nicht.« (113) Auch als er am nächsten Morgen miterlebt, wie ein Eingeborener ausgepeitscht wird, versucht er zunächst zu intervenieren, entscheidet sich aber im Hinblick auf seine Expedition dagegen. Nach drei Tagen, in denen Humboldt unter anderem menschliche Skelette aus einer Grabhöhle gestohlen hat, können sie ihre Reise in ihrem neuen Boot fortführen.

Als die Gruppe erneut in einer Mission Halt macht, kriecht ein nackter Junge in Humboldts Nachtlager. Panisch tritt Humboldt den wehrlosen Jungen und wirft ihn aus seiner Hütte.

»Am nächsten Tag fuhren sie in den Rio Negro ein […]. Bei San Carlos überquerten sie den magischen Äquator.« (127 f.) Am Abend desselben Tages erreichen sie den Verbindungskanal zwischen Orinoko und Amazonas. Bei ihrer ersten Übernachtung dort verschwindet der Hund und wird, nachdem Humboldt am nächsten Tag neun Stunden nach ihm gesucht hat, aufgegeben. »Erst Tage darauf kam wieder eine Siedlung in Sicht.« (131) Dort erforschen Humboldt und Bonpland einen Tag lang, teilweise im Selbstversuch, das Gift Curare und lernen den deutschen Reisenden Brombacher kennen. Abends kostet Humboldt Fleisch, das angeblich von einem gegrillten Affen stammt. Bonpland geht allerdings davon aus, dass es sich um Menschenfleisch gehandelt hat. Humboldt bestreitet dies: »Er bitte um Verzeihung. […] Aber wenn noch einmal jemand die Unterstellung äußere, daß der Patensohn des Herzogs von Braunschweig Menschenfleisch gegessen habe, werde er zur Waffe greifen.« (134)

Schließlich erreichen sie das Ende des Kanals und nach einigem Zögern, ob sie nicht noch weiter zur Quelle des Amazonas fahren sollten, entschließt Humboldt sich in der Mission Esmeralda, der »letzte[n] christliche[n] Siedlung vor der Wildnis« (136), für die Rückfahrt.

Diese verläuft, da stromabwärts, viel schneller, und schon bald können sie in der Jesuiten-Mission wieder auf ihr altes Boot wechseln. Am nächsten Tag geraten sie in ein Unwetter, und Humboldt lässt das Gepäck, die während der Reise angelegten Sammlungen und die Instrumente auf eine kleine Felseninsel verladen. Als Julio, Carlos, Mario und Gabriel versuchen, das Boot am anderen Ufer festzumachen, werden sie mit dem Boot von einer Welle weggetragen und verschwinden. Humboldt und Bonpland bleiben allein auf der Insel zurück. Dort, auf Rettung wartend, beschließt Humboldt, die Kordilleren zu erforschen. Wie sie sich schließlich retten können, ist unklar.

Nach einem längeren Aufenthalt in Havanna, von wo aus sie ihre Fundstücke nach Frankreich schicken, reisen Humboldt und Bonpland über Cartagena und Santa Fé de Bogotá zunächst zum Pichincha, einem Vulkan. Humboldt schafft es bei seinem dritten Versuch, ihn zu besteigen. Die anschließende Besteigung des Chimborazo in den Kordilleren müssen sie abbrechen, da sie eine Schlucht nicht überwinden können und unter Halluzinationen leiden. Dennoch haben sie mit 18.690 Fuß den bisher höchsten Punkt über dem Meeresspiegel erreicht, den je ein Mensch betreten hat.

Während einer Seereise nach Acapulco in Neuspanien lässt sich Humboldt einen Tag lang an den Bug binden, um die Höhe der Wellen zu messen. In Taxco, inzwischen begleitet sie der Journalist Gomez, gibt Humboldt einer örtlichen Silbermine hilfreiche Ratschläge. Bevor sie Mexiko Stadt erreichen, schließt sich ihnen in Cuernavaca noch ein weiterer Journalist, Wilson, an. »Vor der Hauptstadt legte Humboldt Galauniform an.« (200) Abends ist er beim Vizekönig zu Gast. Anwesend sind auch Andres del Rio, ein ehemaliger Mitschüler Humboldts in Freiberg, und der Conde de Moctezuma, »Ururenkel des letzten Gottkönigs und Grande des spanischen Reichs.« (202)

Zwei Tage später besteigen Humboldt und Bonpland den Popocatepetl, wo sich noch ein dritter Journalist namens Duprès anschließt, und besuchen die Ruinen von Teotihuacan, jeweils von einer neugierigen Menschenmasse begleitet. Bonpland kann ihn an diesem Tag zur Heimreise bewegen. Zunächst erkundet Humboldt allerdings noch einen letzten Vulkan, den Jorullo, und kann dort schließlich den Neptunismus widerlegen.

Von Veracruz reisen sie mit dem Schiff erneut nach Havanna, wo sie ein weiteres Schiff nehmen, das sie über den Delaware-Fluss nach Philadelphia bringt. Dort warten eine Kutsche und eine Einladung des Präsidenten nach Washington auf die beiden. »Das Galadiner war miserabel, doch die Würdenträger der Republik hatten sich versammelt.« (212) Humboldt erzählt von ihrer Reise, wobei er sich zunächst in Fakten verliert, dann Präsident Jefferson indirekt angreift, indem er die Sklaverei missbilligt, und schließlich von Fabelwesen, die er gesehen habe, spricht. Ausnahmsweise trinkt er zu viel. Am nächsten Morgen lässt Jefferson sich von ihm die Garnisonsstützpunkte von Neuspanien auf einer Karte einzeichnen. Humboldt merkt an, dass er nie wieder nach Berlin möchte, sondern in Paris leben wird.

Er verbringt auch tatsächlich viele Jahre in Frankreich, muss dann aber auf Anordnung des preußischen Königs doch nach Berlin zurückkehren: »Der König habe nicht mehr dulden wollen, daß sein berühmtester Untertan im Ausland lebe.« (239) Humboldt fehlen die finanziellen Mittel, um ohne die Zuwendungen des Königs auszukommen.

Im September 1828 veranstaltet er den Deutschen Naturforscherkongress in Berlin, zu dem er auch Gauß einlädt. Obwohl es zwischen den beiden Wissenschaftlern große Differenzen gibt, versucht Humboldt, bei der Befreiung von Eugen aus dem Polizeigewahrsam zu helfen.

Im Frühjahr 1829 beginnt er eine neue Expedition nach Russland, die ihn aber nicht zufrieden stellt. Sein Alter und seine Popularität erlauben ihm nicht die Freiheiten, die er aus der Vergangenheit kannte. Die meisten Messungen werden von seinen Assistenten übernommen, die effektivere Methoden kennen. Er übernimmt nur noch repräsentative Aufgaben. Auf der Rückfahrt gerät das Dampfschiff, auf dem sie reisen, in eine Nebelfront, und der Kapitän verirrt sich. Humboldt wird gebeten, die Richtung des Ufers anzugeben, doch er schickt sie offenbar absichtlich in die falsche Richtung: »Einfach verschwinden, sagte Humboldt, am Höhepunkt des Lebens aufs Kaspische Meer fahren und nie zurückkommen?« (289)

Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (1769-1859)