Hedwiga, Prinzessin

Tochter des Fürsten Irenäus, Schwester von Prinz Ignatius und Freundin von Julia Benzon, mit der sie zusammen aufwuchs. Julias Mutter, die Rätin Benzon, hat den größten Einfluss auf ihre »Geistesbildung«, weshalb sie im »Kreise der fürstlichen Familie wie eine Fremde« wirkt, die »sonderbar abstach gegen den Bruder«, der zurückgeblieben ist und für den sie sich schämt (48).

Ihr Lächeln, so Meister Abraham, sei mit »dem Wirbel zu vergleichen auf der Oberfläche des Wassers, wenn sich in der Tiefe etwas bedrohliches rührt« (60). Tatsächlich verändert sich ihre Stimmung mehrmals extrem. Auf die erste Begegnung mit dem exaltierten Johannes Kreisler reagiert sie außergewöhnlich aggressiv und ängstlich. Sie geht ihm offensichtlich aus dem Weg, bittet ihn aber schließlich doch um Gesangsunterricht. Ihr Gesang kann aber mit dem Julias nicht mithalten, sie »verirrte« sich »in Takt und Ton, sie machte Fehler über Fehler« (168). Im Gegenzug hat sie ein Talent dafür, »Bäume und Gebüsche, Berge, Seen, so ganz nach der Natur« zu zeichnen (59). In einer der Gesangstunden gesteht sie Kreisler, dass ihre heftigen, fast hysterischen Reaktionen auf ihn in einem Trauma begründet seien: Er sehe dem ehemaligen Hofmaler Ettlinger, der sie als Kind im Wahn umzubringen versucht habe, ähnlich wie »sein Bruder« (172).

Ihrem Verlobten Hektor begegnet sie im ersten Moment »still, in sich gekehrt, teilnahmslos«, während dieser in ihren Augen das »Feuer« des Vesuvs blitzen sehen will (208 f.). Plötzlich aber wird sie von »seltsamer krampfhafter Lustigkeit« beherrscht und fällt nach dem dritten »neapolitanischen Volkstanz« mit Hektor in Ohnmacht (209 f.). Später erklärt sie, Hektor habe sich während des Tanzes in ein »drachenartiges Ungeheuer« verwandelt (211). Am folgenden Abend sucht sie, »totenbleich, mit starren Augen, in weißem Kleide, gespenstisch«, Julia auf und bittet sie um Hilfe (215). Auf dem Rückweg von einem Spaziergang überlässt Julia die immer schwächer werdende Hedwiga einer geheimnisvollen Frau, die die beiden auf einer Bank zu erwarten scheint und die Prinzessin in den Schlaf wiegt. Am nächsten Morgen wacht Hedwiga erfrischt wieder auf und erzählt, die Frau sei ihr als Kind schon einmal begegnet und habe sie während schwerer Krankheit auf die gleiche Weise vor dem Tod gerettet.

Durch das Geräusch eines Schusses, der Kreisler gilt, wird sie schlagartig in einen katatonischen Zustand versetzt, aus dem sie mehrere Tage nicht erwacht. Einzig ihr Bruder Ignatius freut sich darüber, denn aus seiner Perspektive ist sie jetzt endlich »gut und artig geworden« und tut alles, was er will. Mit einem weiteren Knall während seiner Spielereien weckt er sie unbeabsichtigt wieder auf.

In einem Gepräch mit Julia macht sie Kreislers unbeständiges Gemüt für ihre Ausfälle verantwortlich und behauptet, froh zu sein, dass er endlich fort sei und in das Benediktinerkloster eintreten wolle. Darüber hinaus erkennt sie sehr deutlich und ohne es Julia anzulasten, dass Hektors Leidenschaft Julia gilt: »Ich war, ich bin seine Braut, du aber Julia, bist seine Geliebte« (332). Die einzige Lösung dieser Situation sieht sie in ihrer Hochzeit mit Hektor. Nur durch ihr Opfer löse »sich vielleicht das ungeheure Mißverständnis des Lebens« und wenigstens Julia werde durch des »Himmels wunderbare Fügung« gerettet (332).

Um Hedwiga gibt es einige Geheimnisse, die nicht aufgelöst werden: Wie bei Abrahams Frau Chiara gehen auch von ihrer Hand bei Berührung elektrische Schläge aus (188). Die Rätin Benzon, die mit dem Fürsten ein uneheliches Kind hat, deutet an, dass sie auch die leibliche Mutter Hedwigas sein könne (336).