Papenbrock, Horst (Sœhner)

Jüngerer Sohn von Albert und Louise Papenbrock, geb. 1900; Bruder von Lisbeth Cresspahl, Hilde Paepcke und Robert Papenbrock, verheiratet (seit 1937) mit Ilse Papenbrock, geb. Lieplow. Gilt nach dem Verschwinden des älteren Bruders Robert nach Südamerika als Erbe. Schließt sich schon früh den Nazis an, Mitglied der SA, in zahlreiche Schlägereien verwickelt. Im März 1933 schickt ihn sein Vater nach Brasilien, um den Bruder Robert zurückzuholen. Tritt 1937 aus der Firma seines Vaters aus, der ihn daraufhin aufs Pflichtteil setzt. Heirat mit Elisabeth (Ilse) Lieplow, Stelle bei der Landesbauernschaft in Güstrow. 1942 in der Nähe von Stalingrad gefallen.

33 Aus Cresspahls Sicht (August 1931): »Zwischen fliehendem Kinn und fliehender Stirn war Horsts Gesicht so spitz wie ein Fisch.« – »Cresspahl wußte, daß Horst Papenbrock und der Ackerbürger Griem Nazis waren und zu ihren Schlägereien nach Gneez mußten, weil die Sozialdemokraten in Jerichow ihre Nachbarn, Verwandten, Stadtverordneten waren.«

73 Am Verlobungsabend seiner Schwester Lisbeth mit Heinrich Cresspahl im August 1931 ist er nicht dabei. Gesine: »Darauf hatte meine Mutter geachtet. Der hatte Kameradschaftsabend bei den Gneezer Nazis.«

87 Cresspahl verbringt im August 1931 einen Abend mit Horst in der Jerichower Bahnhofswirtschaft, dem Lokal der Nazis, »und ließ ihn lärmen über den Dawes-Plan und die Reichstagswahl vom vorigen September und trank ihm vor, halbe Liter Kniesenack und großen Weizenkorn, und trug den taumelnden, fröhlichen, weinerlichen Erben Papenbrock über den Marktplatz um Mitternacht und lehnte ihn gegen das Tor seines Vaters«.

105 Lisbeth über ihren Bruder Horst bei ihrem heimlichen Besuch in Richmond im September/Oktober 1931: »Sie machte ihren Bruder komisch, um Cresspahl einen Gefallen zu tun: Horst Papenbrock, der im braunen Hemd und Schulterriemen zum Abendbrot kommt [...] Horst Papenbrock, der in der S.A. nichts werden kann, weil sein Vater keine Lastwagen für Propagandafahrten übers Land herausrückt. Horst Papenbrock, der eine kleine, nahezu weiche Stimme bekommt, wenn er seinen Vater um Spenden für die S.A. anfleht. Vadding du kannst doch nich wolln daß dein Sohn als gewöhnlicher Sturmmann rumlaufen muß.«

112 Albert Papenbrock verbietet ihm, zur Hochzeit seiner Schwester Lisbeth am 31. Oktober 1931 in SA-Uniform zu erscheinen. – Horst nennt Cresspahls Verwandtschaft »Proleten«.

159 Ist geknickt über das Abschneiden der Nazis bei der Reichstagswahl am 6. November 1932. Schickt seiner Schwester Lisbeth ein Foto von Elisabeth Lieplow nach Richmond.

215 Am Tag nach Gesines Geburt im März 1933 bekommt Albert Papenbrock nicht nur Glückwünsche zur Geburt seiner Enkelin, sondern wird auch »zu seinem Sohn beglückwünscht, der durch ein Ereignis namens Umschwung an die Staatsmacht herangekommen war [...]. Horst hatte sich in Gneez eine Abteilung Polizei gekeilt und suchte mit der Vollmacht und den Listen des Kreisleiters nach einer kommunistischen Sache, die Umtriebe hieß.« Der alte Papenbrock schwankt zwischen Sorge und »Stolz auf den Jungen, der nun doch ein forsches und fast militärisches Kommandieren gelernt hatte«.

222-223 Lässt am Montag nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 die Hakenkreuzfahne auf dem Jerichower Schulhof hissen und sie von einem Doppelposten bewachen. Als Bürgermeister Erdamer den Stadtpolizisten Ete Helms schickt, »deckte Horst den Doppelposten mit gezogener Pistole, und Ete Helms stand bis kurz vor Mitternacht am Schulhofzaun«, bis Erdamer ihn nach Hause schickt. Horst Papenbrock fühlt sich als Sieger.

259-260 Über Horst Papenbrocks Verhältnis zu seinem Schwager Cresspahl. – Über sein zunehmendes Selbstbewusstsein durch seine Rolle in der Jerichower SA. – Aber Albert Papenbrocks Arbeiter, die Horst schon früher nicht ernstgenommen und seinen Spitznamen »Söhner« übernommen haben, wenden sich jetzt »halb weg, wenn das Militärische an seiner Befehlsgeberei sie zum Lachen brachte«. – Cresspahl hat im Krug gehört, »der junge Papenbrock habe das Auto gesteuert, aus dem Voss in Rande auf die Straße geworfen wurde, übrigens nicht mit Knüppeln, sondern mit Peitschen kaputtgeschlagen. [...] Horst hatte Voss in Rande abgestritten. Er befasse sich nicht mit Kroppzeug.«

318 Albert Papenbrock verbietet seinem Sohn, zur Taufe seiner Nichte Gesine (am 19. März 1933) in SA-Uniform zu erscheinen.

319-320 Beim Mittagessen nach dem Taufgottesdienst befiehlt Albert Papenbrock seinem »Söhner«, nach Brasilien zu reisen und nach seinem Bruder Robert zu suchen. Er weist alle Einwände Horsts unerbittlich zurück. »Der Alte mißtraute der neuen Reichsregierung, und er wollte nicht über Horsts Taten bei der S.A. in einen Zusammenbruch des Regimes hineingezogen werden. Womöglich auch wollte er Horst schützen mit diesem Befehl zu einer Weltreise.«

366 Anfang Juli 1933 reist Horst nach Brasilien ab. »Beim Abschied von der Familie hatte er ein sonderbar erleichtertes Wesen gezeigt.«

473 Ist 1935 wieder in Jerichow: »Und Horst Papenbrock war nicht nur zurück aus ›Rio de Janeiro‹, er hatte auch seinen Bruder Robert mitgebracht.«

531-532 Gerede der Jerichower 1937: »Er war länger als ein Jahr auf der Reise geblieben, er kam breiter in den Schultern zurück, gab sich nicht mehr als das eifrige Kerlchen, hielt den Kopf nicht mehr verkniffen hoch, sondern gleichmütig«. War seitdem nur noch gelegentlich bei SA-Übungen dabei, hatte auf der Heirat mit Elisabeth Lieplow bestanden und sich »auf ausdrückliche Anweisung um sein Erbe in Jerichow gebracht« (vgl. 569 f.).

532 An seiner Hochzeit in Kröpelin (wohl 1936 oder 1937) nimmt Cresspahl nicht teil.

567-570 Im Sommer 1937 will er sich freiwillig zur Wehrmacht melden und kündigt dem Vater seinen Austritt aus der Firma an. Daraufhin enterbt der alte Papenbrock ihn und setzt ihn aufs Pflichtteil. – Die Wehrmacht nimmt ihn nicht, er bekommt mit der Hilfe seines Schwagers Alexander Paepcke eine Stelle bei der Landesbauernschaft in Güstrow, wo er für die »Verwaltung von Saatgut in einem nationalsozialistischen Sinne« zuständig ist. Zieht mit seiner Frau nach Güstrow um, verwendet einen Abschlag auf sein Pflichtteil für die Einrichtung einer »ansehnlichen Wohnung«.

767 Entzieht sich einem Versöhnungsversuch des Vaters, indem er nach Lisbeths Beerdigung am 14. November 1938 nicht in Jerichow bleibt, sondern noch am Abend mit seiner Frau nach Güstrow zurückfährt.

910 Fällt 1942 bei Stalingrad.

Anhang VIII-IX Cresspahls Erinnerung: »Bei diesem Sohn habe der Alte es mit Schurigelei versucht, um nicht noch einen Erben nach Übersee oder an ein Gefängnis zu verlieren. Die erste Flucht unternahm Horst 1917 in die Armee. 1919 wurde er als Offiziersanwärter entlassen, und der Alte schlug ihn doch, wenn er nur das Geringste in der Wirtschaft versäumt hatte.« Weitere Strafen: Ausgehverbot, Hofdienst am Sonntag. Horsts zweite Flucht: zu den illegalen Freikorps. Dann einer der ersten Mitglieder der NSDAP und SA in Jerichow. Wurde weiterhin vom Vater »verspottet und schikaniert«. Cresspahl hält es nicht für erwiesen, eher für unwahrscheinlich, dass Horst an der Ermordung von Voss in Rande beteiligt war. »Die letzte Flucht war der Versuch, in die neue Armee zu kommen, und nachdem Papenbrock so oft mit der Enterbung gedroht hatte, führte ihm die Wut dabei die Hand.« Seine Frau Elisabeth Lieplow habe der Alte nicht in seine Familie aufnehmen wollen. »Horst soll im Kessel von Stalingrad um sein Leben gekommen sein, ein ältlicher Leutnant, dem nicht einmal in der Todesnachricht vom Vorgesetzten Tapferkeit bescheinigt wurde.«

Vgl. auch 50. 164. 172. 204. 205. 226. 261. 293. 444. 505. 506. 555. 556. 557. 558. 563. 567. 571. 604. 633. 762. 768. 1000. 1352. Anhang V, VI, VII, XI.