Stoffregen, Otto (Ottje)
Hauptlehrer in Jerichow, sozialdemokratischer Stadtverordneter in Jerichow bis März 1933, danach dient er sich den Nazis an.
215 Nach Gesines Geburt im März 1933 lassen Albert Papenbrock und Cresspahl sich in Jerichow zur Enkelin und Tochter beglückwünschen, und sogar »Stoffregen lief nicht davon, als Papenbrock ihn am Mantelknopf packte und sich eine Gratulation ausbat. Cresspahl begriff nicht, warum der Mann sich so wand in Verkniffenheit und Trauer.« Er weiß nicht, dass Stoffregen um Lisbeth Papenbrock geworben hatte und bei ihr abgeblitzt war (vgl. 87 und 898).
225 Tritt nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 mit den übrigen sozialdemokratischen Stadtverordneten von Jerichow von seinem Amt zurück.
239 Für das von Pastor Methling gegründete Gemeindeblatt schreibt er »kleine Aufsätze über Ortsgeschichte in der Umgebung von Jerichow«.
302-303 Das Empfangsritual, das die Haushälterin von Gesines Tschechisch-Lehrer Anatol Kreslil in New York jedes Mal veranstaltet, erinnert sie an Ottje Stoffregen, der nach dem Krieg in einem Zimmer über der Apotheke wohnt, »und in der Küche hielt er sich eine pommersche Umsiedlerin, die mit ihm über die Zulassung von Besuchern verhandeln mußte, als säße er an seinem löwenfüßigen Schreibtisch über Arbeit und nicht über den Bänden von Zeitschriften, in denen er vor 1938 hatte veröffentlichen dürfen.« – Man hatte ihm die Zähne ausgeschlagen, »er trug die Lücken wie eine Auszeichnung«.
413-414 Jerichower Gerede über Ottje Stoffregens Namen 1933: »Stoffregen klingt auch nicht arisch. Klingt dir das arisch? Stoffregen. Und dann hat er noch Glück gehabt, daß dieser Kliefoth Bescheid wußte. [...] Und Dr. Kliefoth sagt zu Ottje: Das ist Mittel-Nieder-Deutsch, früher mit ein langen o gesprochn, und es kommt von stôven, und das heißt schnell jagen und bezieht sich auf das Wetter zur Zeit der Geburt. [...] Was heißt denn Stoffregen nu! Das ratet ihr nicht. Dem geb ich einen aus, der das rät. Na? Wolkenbruch heißt es. Platzregen heißt es. Siehst du wohl. Ottje Platzregen.«
724 Hat Marie Tannebaum schon vor den Novemberpogromen 1938 von der Schule gewiesen.
762 Betrinkt sich am Tag von Lisbeth Cresspahls Beerdigung: »Ottje Stoffregen is all dun.«
805 Bei den Kindern des von den Nazis verhafteten Pastors Brüshaver macht »Hauptlehrer Stoffregen einen von seinen unerfindlichen Unterschieden«: Er sorgt dafür, dass sie »in der Schule in Ruhe gelassen« werden.
898-900 Sein Verhalten als Lehrer an der Hermann-Göring-Schule in Jerichow in den dreißiger Jahren: »Ottje Stoffregen schlug.« Kinder, die zu spät kommen, kassieren mindestens drei Stockschläge. Gegen Gesine Cresspahl beträgt er sich in einem »Wechsel von Strenge und Nachsicht«, weil er nicht vergisst, dass sie das Kind Lisbeths ist, »der er mit Gedichten und Briefen die Heirat angetragen hatte, bis er lächerlich war in ganz Jerichow«. – Er vergisst auch nicht, »daß von Rechts wegen er Rektor hätte werden sollen, nicht der ›fremdstämmige Beutedeutsche‹ Gefeller«, dem er gleichwohl gehorcht. – Nachdem Gesine Cresspahl dem Rektor wegen ungerechten Verhaltens vor die Füße gespuckt und eine Vier in Betragen bekommen hat, wollen Gefeller und Stoffregen sie in eine Sonderschule schicken, »am besten gleich ins Rauhe Haus in Hamburg«. Kliefoth verhindert das.
1372 Auf den Abriss von Gutshäusern durch die KP nach 1945 reagiert Stoffregen mit einem »feinsinnigen Vortrag über den Einfluß italienischer und englischer Baustile auf Profanbauten Mecklenburgs, ›die wir am vorigen Sonntag zum letzten Mal erblicken durften‹«.
1409 Weil seine »Redereien« dem Landrat Schumann missfallen, wird er zu Strafarbeiten verurteilt: »der schraubte an diesem Tage [d.i. der 19.10.1946] Schienen der Strecke Gneez-Herrnburg ab und trug sie mit seinen feinen Lehrershänden zum Abtransport in die Sowjetunion«.
Anhang XVII-XVIII Hat in der Schule auf dem Klavier »die ersten vier Töne einer Sinfonie von Beethoven angeschlagen, das Erkennungszeichen der British Broadcasting Corporation, und die Klasse gefragt, wer diese Tonfolge kenne«. Gesine hat sich daraufhin gemeldet, und wenig später hatten die Cresspahls Gestapo im Haus.
Vgl. auch 87. 236. 496. 504. 781-783. 806. 858-859. 868. 1243. 1375. 1381. 1402-1403. 1450-1451.