Tannebaum, Oskar
Inhaber eines Ladens für Arbeitskleidung in Jerichow, Kurze Straße. Verheiratet mit Frieda Tannebaum, zwei Kinder: Marie und Walter. Nach Maries Ermordung am 9. November 1938 verlässt er mit Frau und Sohn Jerichow; die Familie kann sich nach Schweden retten, lebt später in London.
238 Der Theologe, Rassist und Antisemit Methling, Pastor in Jerichow von 1927 bis 1932, überlässt den beiden Judenfamilien des Ortes, Semig und Tannebaum, »Kaufgräber auf seinem Friedhof nur mit 100% Aufpreis«.
350 Am 1. April 1933, dem Tag des ›Judenboykotts‹, stehen Leute aus Jerichow »in einem Halbkreis« um Oskar Tannebaums Laden, »an der Tür zwei Arbeitslose in Uniform und dazwischen Ete Helms, der als Stadtpolizei darauf achten mußte, daß alles ordentlich ablief«.
354 Als Posten werden zwei ortsfremde SA-Leute nach Jerichow geschickt, denn einheimische Posten »hätten doch weich werden können unter dem Zureden von Freunden, von Verwandten«. Kreisleiter Prause schickt Max Breitsprecher und Ossi Rahn aus Gneez. Breitsprecher ist die Sache unangenehm: Er rät Oskar Tannebaum, seinen Laden über das Wochenende zu schließen, und verlässt seinen Posten. Am Montag danach öffnet Tannebaum seinen Laden wieder und macht »so schlechte Geschäfte [...] wie vorher auch«.
722-724 In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstört SA unter Führung von Bürgermeister Friedrich Jansen Tannebaums Laden und tötet die achtjährige Tochter Marie. SA-Mann Demmler zwingt Tannebaum, das Geld seiner Registrierkasse, die zuvor auf die Straße geschleudert wurde, auf den Knien einzusammeln und Friedrich Jansen auszuhändigen. Während Jansen auf dem Geld herumtrampelt, kommt Lisbeth Cresspahl dazu und gibt Jansen eine Ohrfeige.
756-757 Am nächsten Tag schickt die Gestapo einen Sarg für die tote Marie und beauftragt Fuhrunternehmer Swenson, ihn am Abend zu einer nächtlichen Beisetzung nach Gneez zu fahren. Aber Tannebaums laden den Sarg auf ihren Ackerwagen und verlassen Jerichow mit Maries kleinerem Bruder Walter Richtung Lübeck. Auch Pastor Brüshavers Angebot, das Kind auf dem Jerichower Friedhof zu beerdigen, schlagen sie aus: »Sie is nu gestorben wie ne Jüdin; so soll sie denn ne jüdische Beerdigung kriegen«, gibt Oskar Tannebaum ihm Bescheid.
1528 Im Juni 1948 schreibt Heinrich Cresspahl einen Brief an »Herrn Oskar Tannebaum, Pelzhandlung in Stockholm«, und bedankt sich für ein Paket, das Tannebaum ihm geschickt hat.
1703-1704 Oskar Tannebaum schickt Gesine Cresspahl einen »›Petticoat‹ aus Paddington«.
Vgl. auch 719.