Bilha
Kurz vor Jaakobs Hochzeit rühmt Laban sich seiner Großzügigkeit: Er habe zwei Mägde gekauft, Bilha und Silpa, zwei »ansehnliche Dirnen«, die er seinen Töchtern am Tage der Hochzeit schenken werde: Silpa für Lea und Bilha für Rahel (IV, 294; vgl. Genesis 29,24 und Genesis 29,29). Dass der Geizkragen sie vertragsgemäß auf zwei Drittel der als Mitgift vorgesehenen Mine Silbers anrechnet (IV, 266), obwohl er durch Jaakobs Wirken inzwischen reich geworden ist, entlockt dem künftigen Schwiegersohn nur ein trockenes »Sei geherzt deswegen« (ebd.).
Bilha, ein ›anmutiges Ding‹ (IV, 323), ist ausersehen, für ihre auch im dritten Ehejahr kinderlos bleibende Herrin einzutreten, »damit sie gebäre auf Rahels Schoß« (IV, 322). Rahel selbst, die mit ihr »sehr vertraulich und herzlich stand«, führt ihren Mann »an der Hand bei Bilha ein«, die »vor Glückstrubel nicht wußte, wo ihr der Kopf stand, und übermäßig duftete« (IV, 323).
Bilha wird auch sogleich schwanger, und wie es das Zeremoniell verlangt, lässt Rahel sie »auf ihren Knien« gebären: »Sie umschlang sie von hinten mit den Armen und beteiligte sich viele Stunden lang an ihrem Arbeiten, Stöhnen und Schreien, Wehmutter und Kreißende in einer Person.« Nach vierundzwanzig Stunden wird Dan geboren. Ein Jahr später bringen Bilha und Rahel »mit vereinten Kräften« einen zweiten Sohn, Naphtali, zur Welt (IV 324).
Danach stockt der »Strom des Kindersegens«, weil Rahel, »notdürftig zu dem Ihren gekommen, die Eifersucht auf Bilha, die Nothelferin, nicht mehr unterdrückte und keinen Umgang mehr duldete des Herrn und der Magd« (IV, 326).
Nach Rahels Tod schlägt Jaakob sein Bett nicht bei Lea, sondern bei Bilha auf und macht sie zu seiner Lieblingsfrau, was Leas Ältesten Ruben so empört, dass er »das väterliche Lager von der neuen Stätte gerissen und es unter Verwünschungen mißhandelt hatte« (IV, 84).
Wenig später erliegt der inzwischen einundzwanzigjährige Ruben Bilhas »reifen, aber kunstvoll unterhaltenen Reizen« und verscherzt sich damit Rang und Segen des Erstgeborenen (IV, 84 f.). In dem »zweckmäßig verstärkt[en]« (IV, 415) väterlichen Zornesgewitter, das sich über den beiden Sündern entlädt, »lag Bilha wimmernd vor dem Stammesherrn und gestand, indem sie sich mit den Nägeln die Brüste zerriß, die Ruben verwirrt hatten und die nun für ihren Gebieter auf immer befleckt und unberührbar waren« (IV, 86).