Poggenpuhl, Eberhard Pogge von
Bruder des gefallenen Majors von Poggenpuhl, Schwager der Majorin und Onkel ihrer fünf Kinder. Der Generalmajor a. D. ist 67 Jahre alt (vgl. 15/114) und lebt mit seiner Frau Josephine von Poggenpuhl, einer geborenen Bürgerlichen und verwitweten Freifrau von Leysewitz, auf Gut Adamsdorf im schlesischen Riesengebirge. Er unterstützt die Familie seines Bruders nach Kräften, hat dafür allerdings nur ein bescheidenes Budget zur Verfügung. Durch die (kinderlos gebliebene) Ehe mit Josephine ist er zwar zu einigem Vermögen gekommen, über das er aber nur begrenzt verfügen kann, weil der Besitz seiner Frau nach deren Tod an die Familie ihres ersten Mannes zurückfallen wird (vgl. 12/95 f.). Das erklärt seinen bedachtsamen Umgang mit Geld, den ihm sein Neffe Leo in Unkenntnis der Gründe als »Knauserei« auslegt (4/31). In den ersten Januartagen kommt er in geschäftlichen Angelegenheiten nach Berlin, steigt im »Fürstenhof« am Potsdamer Platz ab und besucht seine Schwägerin an deren Geburtstag (4. Januar) in der Großgörschenstraße. Am Abend führt er seine drei Nichten und Leo ins Theater aus, in dem »Die Quitzows« gegeben werden, und lädt sie anschließend zum Souper in ein Theaterrestaurant ein. Dort treffen sie Manfred von Klessentin, einen früheren Kameraden Leos, nun Schauspieler, der den restlichen Abend mit ihnen verbringt. Am nächsten Tag reist er mit Sophie, die ihrer Tante einige Monate lang Gesellschaft leisten soll, nach Adamsdorf zurück. Alles Weitere erfährt man aus Sophies Briefen. Am Sedanstag (2. September), an dem er eine Rede auf den Kaiser halten muss, erkrankt er an Typhus und stirbt sieben Tage später. Am 12. September wird er in der Leysewitzschen Kirchengruft beerdigt.
Eberhard von Poggenpuhl ist ein in seiner ständischen Identität ruhender, dabei vorurteilsloser und Neuem aufgeschlossener Charakter, wie etwa seine Offenheit und Jovialität im Umgang mit Manfred von Klessentin und dessen unstandesgemäßem Beruf zeigen (vgl. 7/51-58; 9/72-74). Die Majorin nennt den Schwager einen »echten Edelmann«, er sei »ein sehr feiner und sehr gütiger Mann« (4/30). Seine Sympathie mit den Quitzows, die einst gegen die Hohenzollern opponierten, gefällt ihr weniger: »Alles habt ihr [Poggenpuhls] von den Hohenzollern, und sowie die Standesfrage kommt, steht ihr gegen sie.« (6/47) Eberhard will zwar festgestellt wissen, dass die Poggenpuhls ihrem Landesherrn, »[w]enn es gilt«, stets treu dienen, wie der »Hochkircher«, der »Sohrsche« und sein Bruder Alfred beweisen, räumt dann aber ein: »wenn stille Tage sind, so wie jetzt, dann sticht uns wieder der Hafer, und wir freuen uns der alten Zeiten, wo's noch kein Kriegsministerium und keine blauen Briefe gab und wo man selber Krieg führte. Man soll es wohl eigentlich nicht sagen, und ich sag‘ es auch nur so hin, aber eigentlich muß es damals hübscher gewesen sein. Die Bürger brauten das Bernauer und das Cottbusser Bier, und wir tranken es aus.« (6/47) Leos Hoffnung, dass solche Zeiten adeliger Freiheit noch einmal wiederkehren, teilt er freilich nicht. Er ist sich darüber im Klaren, dass der Adel sein politisches Gewicht längst verloren hat: »Wir sind nicht mehr dran. Was jetzt so aussieht, ist bloß noch Aufflackern...« (ebd.)
»Die Quitzows« ist ein Stück von Ernst von Wildenbruch, dessen Uraufführung am 9. November 1888 – wegen Bauarbeiten am Königlichen Schauspielhaus im Königlichen Opernhaus Unter den Linden – stattfand (vgl. Kommentar, S. 226). Die eingangs erwähnten Schwierigkeiten der historischen Datierung der Poggenpuhl-Geschichte hängen u.a. auch mit dem Uraufführungsdatum dieses Stückes zusammen, denn danach müsste die Romanhandlung auf 1889 oder 1890 zu datieren sein, wogegen wiederum andere Datierungen sprechen (vgl. Kommentar, S. 137-140).