Espe
Ein Rechnungsrat aus Berlin, der mit seiner Frau Geraldine und deren Töchtern seine Ferien in Krummhübel verbringt und dessen Reaktionen auf Lehnert Menz’ Tat die Perspektive des preußischen Staates repräsentieren. Der »aschfarbene kleine Herr mit dem wenigen Haar und der Goldbrille« (3/19), der seiner selbstbewussten schönen Frau sichtlich nicht gewachsen ist, ist »ein korrekter Mann und sehr ängstlich dazu« (16/127), hält auf Ordnung und Prinzipien, weshalb er auch, anders als Sophus Unverdorben, wünscht, dass der flüchtige Menz gefasst wird (vgl. 16/134). Beim Anblick einer durch Krummhübel ziehenden bunten Schaustellergruppe gerät er in unverhältnismäßige Erregung, weil er für den poesievollen »Zauber des Fremdartigen« keinen Sinn hat, sondern darin »nur eine Welt der Unordnung, der Unsitte, der Faulenzerei« wittert (16/132).
Sieben Jahre später, die Familie verbringt erneut die Ferien in Krummhübel, hat er ein spürbar forscheres Auftreten und verhält sich auch gegenüber seiner Frau deutlich selbstbewusster. Er ist inzwischen zum Geheimrat befördert worden, hat einen Orden bekommen und ist bei der Ordensverleihung vom Kronprinzen freundlich angesprochen worden – Erfolge, die sichtlich auch seine Frau überzeugt haben (vgl. 37/290 f.). Lehnert Menz‘ Schicksal, von dem er durch Marie erfährt, berührt ihn für einen Moment, bevor ihn die »Forderungen staatlich-gesellschaftlicher Sicherheit« wieder ganz erfüllen: »Was heißt quitt? Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen; das ist ›quitt‹. Der Staat, wenn ich mich so ausdrücken darf, ist in diesem Fall in seinem Recht leer ausgegangen, und die Justiz hat das Nachsehen. Und das soll nicht sein und darf nicht sein. Ordnung, Anstand, Manier. Ich bin ein Todfeind aller ungezügelten Leidenschaften.« (37/293 f.) Das letzte Wort im Roman aber hat nicht er, sondern seine Frau: »Ach, Espe, laß das« (37/294).