Reisiger, Manes

Jüdischer Fiaker aus dem Dorf Zlotogrod. Er ist ein Freund Joseph Brancos, der regelmäßig bei ihm wohnt, wenn er in Galizien Maroni verkauft. Auf Brancos Empfehlung hin sucht er Franz Ferdinand auf, damit dieser seinem Sohn Ephraim, der Geige spielt, einen Platz im Wiener Konservatorium besorgt. Sie setzen dies mit Chojnickis Hilfe tatsächlich in die Tat um, doch Manes ist so vom Genie seines Sohnes überzeugt, dass ihm jede Dankbarkeit fernliegt (245).

Wieder zurück in Zlotogrod, schickt er Franz Ferdinand eine Einladung für den Herbst, die der »öffentlich konzessierte Schreiber« des Ortes für ihn verfasst, da er selbst nur seinen Namen schreiben kann (248). Als Franz Ferdinand schon im Sommer des Jahres 1914 in Zlotogrod ankommt, holt Manes ihn mit seinem frisch renovierten Fiaker ab, dem zwei halbblinde Schimmel vorgespannt sind, die er als »Liebling des Obersten von dem Neuner-Dragoner-Regiment« billig bekommen hat (251). Er lebt mit seiner Frau in einem kleinen Häuschen etwa eine halbe Stunde außerhalb von Zlotogrod, »umgeben von Feldern und Wiesen, die ihm nicht gehörten« (255). Er lässt sich von Franz Ferdinand Briefe seines Sohnes sehr langsam und oft mehrmals vorlesen, damit sie ihm nicht ganz so kurz vorkommen (255).

Als der Krieg beginnt, wird er mit Joseph Branco zum Regiment der Landwehr 35 eingezogen. Als er Franz Ferdinand wiedersieht, fällt er ihm sofort um den Hals, denn er war »unbekümmert und kein Dienstreglement-Gläubiger« (286). Sein Bart besteht aus »lauter wilden, harten Knäueln« und in seiner Uniform sieht er eher »verkleidet« aus (286). Nach der Schlacht von Krasne-Busk geraten sie in Kriegsgefangenschaft, und als die Offiziere getrennt und der Rest nach Sibirien geschickt werden soll, bringt Manes, der »den Befehl über uns alle, über unseren Zug, übernommen« hat, Franz Ferdinand dazu, sich ebenfalls für Sibirien zu melden (288). Bei dem Pelzhändler Baranowitsch, bei dem sie unterkommen, gerät er mit Joseph Branco in einen heftigen Streit, da er der Zeitungsmeldung, die Russen seien in Schlesien einmarschiert, keinen Glauben schenkt. Baranowitsch schickt die drei daraufhin in das Kriegsgefangenenlager in Wiatka, von wo Manes bald gemeinsam mit Joseph Branco als russischer Offizier und Gefangener verkleidet flieht. Er findet in Shmerinka bei einem »guten Juden« Unterschlupf bis zum Ende des Krieges (333).

Danach kehrt er nach Zlotogrod zurück, um sein altes Leben wiederaufzunehmen, doch das Dorf existiert nicht mehr, seine Frau ist durch eine Granate ums Leben gekommen, so dass er nach Wien zu seinem Sohn fährt, der inzwischen Redakteur einer kommunistischen Zeitung geworden ist und ihm einen falschen Pass besorgt. Er glaubt fest daran, dass die Revolution kommen und sein Sohn dann Minister wird (332). Ephraim wird jedoch in der der Nacht der Machtübernahme der Faschisten erschossen und Manes prophezeit an seinem Grab dem Minister Dollfuß den Tod, bevor er zusammenbricht: »Der Minister hat Blut vergossen, und auch sein Blut wird vergossen werden. Fließen wird es wie ein reißender Strom« (340).