Engelke

Dubslavs alter Diener. Er ist seit fast 50 Jahren bei ihm und ein Jahr älter als Dubslav. Seine »alten Beine wollen auch nicht mehr so recht« (38/396). Da Dubslav zurückgezogen lebt und nicht viele Kontakte hat, ist Engelke sein »Vetrauter geworden, aber ohne Vertraulichkeit«, und das nicht nur, weil Dubslav es versteht, »die Scheidewand zu ziehen«, sondern auch, weil Engelke »von Natur hingebend und demütig« ist (1/13). Gewöhnlich ist er »in ein Leinwandhabit gekleidet, und nur wenn es zu Tisch ging, trug er eine richtige Livree von sandfarbenem Tuch mit großen Knöpfen dran« (ebd.). Dubslav meint zu Engelkes altmodischer Erscheinung, dass dieser doch eigentlich ins Museum gehöre (vgl. ebd. u. 19/214). Engelke hat keine Schule besucht (vgl. 36/373), kann aber lesen (vgl. 26/295). Mit Agnes spricht er Plattdeutsch, ansonsten Hochdeutsch.

Dubslav äußert einmal scherzhaft, dass Engelke ihn regiere (vgl. 28/310), auf jeden Fall zieht er ihn aber zu Rate, wenn es darum geht zu entscheiden, wer zu gesellschaftlichen Anlässen eingeladen werden soll, und hört auch auf ihn, als dieser sich gegen Gundermanns ausspricht (vgl. 26/296). Durch den Kontakt zum übrigen Personal des Hauses und den Dorfbewohnern ist Engelke immer gut unterrichtet über das, was man sich im Dorf erzählt, sei es über die Buschen, über Gundermann oder über den Gesundheitszustand seines Herrn. Dubslav profitiert von diesem Wissen, als es um die Heilkünste der Buschen geht (vgl. 38/396), er weiß aber, dass Engelke »mitunter 'ne alte Plappertasche« ist, und schärft ihm ein, Lorenzen nichts vorab zu verraten, als Woldemars Nachricht über die Abordnung nach England kommt, mit der er den Pfarrer überraschen möchte (23/263). Engelke weiß durch den Briefträger Brose auch bereits, was in dem Telegramm steht, das Dubslav zu Beginn des Romans erhält, und als später ein Brief von Melusine kommt, hat er es sich aufgrund der Handschrift bereits gedacht. Dubslav kommentiert dies mit den Worten, »du wirst mir zu klug« (38/400).

In den Tagen und Wochen von Dubslavs Krankheit ist Engelke sein wichtigster Ansprechpartner. Ihm erzählt Dubslav von den verschiedenen Besuchern und macht gelegentlich seinem Ärger über sie Luft. Schon früh hat Engelke die Ahnung, dass es mit seinem Herrn zu Ende geht (vgl. 38/394). Dessen Entscheidung, den neuen Arzt nicht mehr vorzulassen, sieht er mit Sorge, denn: »Was blieb ihm noch vom Leben, wenn er seinen gnäd'gen Herrn nicht mehr hatte?« (38/395) Als Dubslav unter dem Vorwand, Hilfe zu benötigen, Agnes kommen lässt, ist Engelke zunächst gekränkt und fühlt sich, als ob er »für gar nichts mehr da wär und fast so gut wie schon abgesetzt« (39/414). Er betrachtet die Enkelin der Buschen überhaupt kritisch, denn seiner Ansicht nach wird das Mädchen »woll auch so was wie die Karline« (40/422). Als Dubslav sich auch kurz vor seinem Tod weiterhin weigert, nach dem Arzt schicken zu lassen, und stattdessen die Buschen, die »alte Hexe«, in Betracht zieht, treten Tränen in Engelkes Augen, denn er sieht darin wohl ein Zeichen, dass seinem Herrn bereits alles gleichgültig ist (42/442). Dubslav möchte Engelke nicht wehtun und schlägt, als er dessen Tränen sieht, »rasch einen anderen Ton an« (ebd.). Agnes gegenüber ist Engelke aber trotz seiner Vorbehalte gegen ihre Herkunft freundlich und aufmerksam, er tröstet sie, als sie angesichts des schwerkranken Dubslav Angst hat, und die Blumen, die das Kind für ihn pflückt, kommentiert Engelke mit den Worten: »Dat sinn de ihrsten […], un wihren ook woll de besten sinn« (42/443).

Engelke: niederdeutsch für Engelchen, vgl. Kommentar, S. 553.