Poggenpuhl, Manon Pogge von

Das siebzehnjährige »Nesthäkchen« der Familie ist, im Unterschied zu ihrer Schwester Sophie, »ganz ohne Begabung«, hat aber »dafür die Gabe, sich überall beliebt zu machen« (I/10). Auch ist sie geschickt in der Herrichtung ihrer Kleider und »versteht es, aus ein bißchen Tüll und einem Rosaband ein Feenkostüm zu machen« (10/83). Anders als ihre standesbewusste Schwester Therese verkehrt sie in bürgerlichen Häusern, »vor allem in Bankiershäusern, unter denen sie die nicht-christlichen bevorzugte« (1/10 f.), darunter insbesondere das Haus der Bartensteins, mit deren Tochter Flora sie befreundet ist. Durch diese Verbindung verschafft sie Sophie regelmäßig kleine Aufträge, die die schmale Kasse der Familie aufbessern. »Manonchen ist immer fidel« (5/34), ein unbekümmertes junges Mädchen, das sich um aristokratische Prätentionen eher wenig schert. Sie möchte ihren Bruder Leo mit der reichen Flora zusammenbringen und findet Thereses Einwände gegen eine solche Verbindung »kleinlich und altmodisch und ganz überholt« (2/20 f.). Leos Engagement für Esther Blumenthal, Tochter eines jüdischen Kommerzienrats in seiner Garnisonsstadt Thorn, sieht sie mit Sorge (vgl. 8/63-66). Ihr Briefwechsel mit dem Bruder (vgl. 11/83-90) dreht sich denn auch ganz um die Frage: »Esther oder Flora« (11/85). Einen »Nagel«, wie ihn die Poggenpuhls nach Friederikes Beobachtung »alle haben, bloß die Frau nich« (9/67), hat freilich auch Manon. Eine Verbindung Leos mit einem bürgerlichen Mädchen ist für sie nur bei großem Reichtum der Braut und öffentlichem Ansehen ihrer Familie akzeptabel und neu geadelte Bürger sind ihr eher zuwider, »denn ich hasse alles Halbe, was es doch am Ende bleibt« (8/66). – Als Onkel Eberhard stirbt, bedauert sie »trotz aller Verehrung und Liebe für den Onkel«, eine für den Tag der Beerdigung angesetzte Soirée bei Bartensteins zu versäumen (13/101). Bei der Nennung der bisherigen »Größen« der Familie, dem »Hochkircher« und dem »Sohrschen«, vergisst sie, wie ihre Mutter anmerkt, ihren Vater zu nennen. Darauf Manon: »Ja, meinen Vater, den hatt' ich vergessen. Sonderbar. Väter werden fast immer vergessen.« (15/121)