Königliche Hoheit (1909)
Albrecht II, Erbgroßherzog
aus dem Geschlecht derer von Grimmbart, Sohn von Großherzog Johann Albrecht III. Er ist schon als Kind viel krank und hat schwache Augen, er ist einsam und nicht neugierig auf die Welt (›Der Schuster Hinnerke‹, 59f.).
Er bleibt leidend, introvertiert, weder an anderen Menschen noch an den Regierungsgeschäften interessiert. Nach dem Tod des Vaters überläßt er offizielle Verpflichtungen gern seinem jüngeren Bruder Klaus Heinrich. Er hat nun einen blonden Spitzbart und sein Gang ist »ein linkisches und dennoch unbeschreiblich vornehmes Stolzieren«. Ständig saugt er mit seiner kurzen gerundeten Unterlippe an der oberen (›Albrecht II.‹, 156). Ihm erscheint die höfische Existenz lästig und überflüssig, er nennt seine huldvollen ›Entscheidungen‹ ein Affentheater (›Albrecht II.‹, 159). Bald ernennt er Klaus Heinrich zu seinem Stellvertreter, mit dem Titel ›Königliche Hoheit‹ (›Albrecht II.‹, 172f.).
Amelung, Frau
Frau Amelung, »eine stark nach Hoffmannstropfen duftende Hauptmannswitwe«, ist als Hausfrau für das Konvikt verantwortlich, in dem Prinz Klaus Heinrich drei Schuljahre verbringt (›Doktor Überbein‹, 84).
Braunbart-Schellendorf, von
Garde-Hauptmann, ein blonder Kavalier, Adjutant von Klaus-Heinrich und Begleiter auf dessen Bildungsreise. Sein Eifer verhütet, dass der Prinz auch nur lernt, einen Koffer aufzugeben (›Doktor Überbein‹, 132).
Bühl zu Bühl von, Oberhofmarschall
»Ein starker Mann mit schwänzelnden Bewegungen, einem braunen Tupee« (›Die Hemmung‹, 17), falschen Zähnen (›Die Erfüllung‹, 365) und der Gabe, mit offenen Augen zu schlafen (›Die Hemmung‹, 17). Als »höfischer Ritualist von höchster Umsicht und Akribie« (›Der Schuster Hinnerke‹, 53) organisiert er die höfischen Festlichkeiten (›Doktor Überbein‹, 118), auch den Hofball, der zu Klaus Heinrichs Verlobung führt.
Ditlinde, Prinzessin
Sie ist zwei Jahre jünger als ihr Bruder Klaus Heinrich. In der Kindheit sind sie viel zusammen. »Mit ihr lebte er, mit ihr schaute, erfuhr, begriff er« (›Der Schuster Hinnerke‹, 57). Mit dem Bruder stöbert sie im Schloß herum, neugierig auf das Leben (ebd., 71).
Mit zwanzig heiratet sie den Fürsten Philipp zu Ried-Hohenried, einen wohlhabenden landwirtschaftlichen Unternehmer (›Albrecht II.‹, 144f.). Sie ist zart und schlank, mit üppigem blondem Haar und sanft-kühlen blauen Augen (ebd., 149). Ihre kleine Tochter heißt Philippine (›Imma‹, 305). Vor Klaus Heinrichs Heirat hat sie dynastische Bedenken, die sie aber zurückstellt.
Dorothea, Großherzogin
Gemahlin von Johann Albrecht III. Es war eine Liebesheirat, die dem verschuldeten Fürstentum leider kein Geld einbrachte (›Die Hemmung‹, 24). »Einiges slawische Blut floß in ihren Adern, wie man sagte, und daher hatten ihre tiefblauen Augen einen so süßen Glanz« (›Der Schuster Hinnerke‹, 65).
Sie wirkt kühl und vollkommen. »Liebte sie irgendwen«, fragt sich ihr jüngerer Sohn, »zum Beispiel ihn selbst, Klaus Heinrich, der ihr doch so ähnlich war?« (ebd. 66). Doch ihre Zärtlichkeit beschränkt sich auf Gelegenheiten, »wo Zuschauer zugegen waren« (ebd.). Dorothea, in der Jugend eine der schönsten Frauen, verarbeitet das physische Älterwerden nicht und lebt nach dem Tod ihres Gemahls einsam in geistiger Trübung auf Schloß Segenhaus (›Albrecht II.‹, 142).
Dröge, Schulrat
Der Rektor der städtischen Schulen ist der erste Lehrer des Prinzen Klaus Heinrich, der seinen Schüler immer wieder an die Pflichten seines ›hohen Berufs‹ gemahnt. Er ist »sachlich von Natur«, kommt in Gehrock und weißer Weste, hat einen grauen kegelförmigen Bart, und aus seinen Ohren wächst »graues Gestrüpp« (›Der Schuster Hinnerke‹, 60f.)
Eiermann
Kammerlakai der Großherzogin (›Der Schuster Hinnerke‹, 81).
Eschrich, Dr.
Leibarzt des Fürstenhauses, der die Geburt von Klaus Heinrich überwacht – »ein finsterer, schwarzgrau-bärtiger Mann, dessen linkes Augenlid gelähmt schien«. Er trägt den Operationsmantel über seiner Generalsuniform (›Die Hemmung‹, 15) und muß sich dafür rechtfertigen, dass der Prinz mit einer verkrüppelten linken Hand geboren wird (ebd. 28f.).
Fimmelgottlieb
Ein närrischer kleiner Rentner mit einer Warzennase, der sich einbildet, der Zug fahre auf sein Winken hin ab – mit ihm vergleicht sich der illusionslose Großherzog Albrecht II (›Albrecht II.‹, (159).
Gnadebusch, Doktorin
Hebamme, die Klaus Heinrichs Mutter Dorothea bei seiner Geburt betreut, »eine sanfte und gelehrte Frau mit kleinen feinen Händen und braunen Augen« hinter Brillengläsern (›Die Hemmung‹, 15).
Gudehus
Ein Mörder, der während der Hochzeit von Prinz Klaus Heinrich aus dem Gefängnis beurlaubt, aber bald wieder in Sicherheit gebracht wird (›Der Rosenstock‹, 393).
Haushofmeister
Oder auch ›Butler‹ bei den Spoelmanns im Schloß Delphinenort: Er steigt »bauchig und stolz, im Schmuck seines rasierten Doppelkinns« die Freitreppe im Schloß hernieder, um Prinz Klaus Heinrich zu empfangen (›Imma‹, 241).
Hesekiel
Gärtner, Hüter des Rosenstocks beim Alten Schloß, »ein Greis von siebzig Jahren [...] mit Triefaugen und gebeugtem Rücken« (›Imma‹, 307).
Hinnerke
Schuhmacher und Veteran. Er begegnet den beiden Fürstenkindern Klaus Heinrich und Ditlinde, als sie das Schloß erforschen. Ein derb-naiver Veteran, der darüber klagt, dass er von Lakaien in die Irre geführt worden ist; so lernen die Kinder etwas Weltkenntnis von ihm (›Der Schuster Hinnerke‹, 74ff.).
Isenschnibbe, von
Jettchen genannt, eine Hofdame, mit Prinzessin Ditlinde befreundet. »Sie war klein, aschblond, spitznäsig«, trägt einen riesigen Federhut und ist so kurzsichtig, dass sie zwei scharfe Zwicker übereinander tragen muß (›Albrecht II.‹, 163f.). Sie bringt den Geschwistern die Nachricht, dass der Millionär Spoelmann zur Kur ins Städtchen komme, und hält Ditlinde dann über Klaus Heinrichs Beziehungen zu Imma auf dem laufenden (›Imma‹, 306).
Johann Albrecht III
Regierender Großherzog im Fürstentum, Vater von Albrecht, Klaus Heinrich und Ditlinde. Nach der Geburt seines jüngeren Sohnes steht er da wie auf seinem offiziellen Gemälde, »den Kopf herrisch ins Halbprofil gewandt, die Linke [...] fest in die Hüfte gestemmt [...]. Seine Stirne war hoch vor Kahlheit, und unter ergrauten Brauen blickten seine blauen Augen, matt umschattet, mit einem müden Hochmut ins Weite« (›Die Hemmung‹, 27). Als sich zeigt, dass der Prinz eine verkümmerte Hand hat, läßt er seinen Zorn an Generalarzt Eschrich aus, nicht an Dr. Sammet (ebd. 30f.).
Er verachtet Geld und durchbricht von Zeit zu Zeit den ihm auferlegten Sparzwang, z.B. durch eine üppige Restaurierung der Grimmburg (›Das Land‹, 47). Der Großherzog stirbt, als seine Kinder gerade erwachsen sind, an Lebensmüdigkeit und Überdruß – d.h. er setzt einer tödlichen Krankheit keinen Widerstand entgegen. Zuletzt bittet er noch Dr. Sammet, den Kinderarzt, an sein Sterbebett, der ihm den »Übergang« erleichtert (›Albrecht II.‹, 136).
Katharina, Prinzessin
Schwester des Großherzogs Johann Albrecht III. Sie war als Witwe mit mehreren rotköpfigen Kindern in ihre Heimat zurückgekehrt und bewohnt das Palais an der Albrechtsstraße (›Das Land‹, 46).
Klaus Heinrich, Prinz
Er wird mit einer verkümmerten Hand geboren, die er vor der Öffentlichkeit verbergen muß. Klaus Heinrich hat wie seine schöne Mutter stahlblaue Augen und dunkle Haare, aber breite Backenknochen (›Der Schuster Hinnerke‹, 65) und wirkt durchaus bodenständig. Anders als sein Bruder ist er neugierig auf die Welt, »stöbert« gern mit der Schwester Ditlinde im großen Schloß herum und verirrt sich dabei (ebd. 72ff.).
Er wird von Schulrat Dröge privat unterrichtet (ebd. 60f.). Im Alter von 14 bis 17 Jahren besucht er gemeinsam mit fünf ausgesuchten adligen Mitschülern ein Internat im Jagdschloß Fasanerie, wo ihn vor allem der Hilfslehrer Dr. Überbein beeindruckt (›Doktor Überbein‹, 84). Im letzten Schuljahr ist er Schüler des Gymnasiums in der Residenz, teilt aber keine wirkliche Kameradschaft mit den anderen Schülern.
Beim Bürgerball löst sich seine lange geübte Contenance auf. Berauscht von Bowle und vom Tanz mit Fräulein Unschlitt gibt er sich einem »Wir«-Gefühl hin, während die anderen jungen Leute ihren Spott mit ihm treiben. Dr. Überbein findet ihn schließlich halb bewußtlos mit Bowlendeckel und Blumen geschmückt und macht dem ein Ende – eine Erfahrung, die der jetzt Achtzehnjährige nicht vergißt (›Doktor Überbein‹, 114f.).
Sein übliches Benehmen gegenüber Menschen ist immer freundlich und respektvoll (ebd. 129). Nach dem Abitur wird er feierlich für mündig erklärt (ebd. 106) und geht auf die Universität eines kleinen Städtchens, von Überbein begleitet. Nach einem Jahr folgt der militärische Dienst, auch er eine Farce; es folgt eine Bildungsreise, zu deren Programm eine kurze Begegnung mit einer jungen Dame aus der Theaterwelt gehört (ebd. 132).
Nach dem Tod seines Vaters bezieht er das Schloß Eremitage und übernimmt viele Repräsentationspflichten anstelle seines menschenscheuen Bruders. Er trägt immer Uniform, seiner gefaßten Haltung entsprechend (›Albrecht II.‹, 152) und ist durchaus populär. Der ältere Bruder Albrecht ernennt ihn bald zu seinem offiziellen Stellvertreter mit dem Titel ›Königliche Hoheit‹. In dieser Rolle führt er nun ein anstrengendes und sinnentleertes Leben, das aus Eröffnungen, Einweihungen und Audienzen besteht; es ist bloße Form – und besonders absurd angesichts der Verschuldung des Landes (›Der hohe Beruf‹, 175ff.).
Als die Milliardärstochter und Mathematikstudentin Imma Spoelmann im Städtchen erscheint, ist Klaus Heinrich 26 Jahre alt. Er sieht sie gelegentlich in der Öffentlichkeit, und ihm ist »so neuartig zumute« (›Imma‹, 225), wie er Dr. Überbein gesteht (»So? Ist Ihnen?«). Er besucht sie zum Tee und reitet mit ihr zur Fasanerie (Imma: »Von sinnverwirrendem Prunk scheint Ihre Jugend nicht umgeben gewesen zu sein«, ebd. 283). Ihrer Feinheit und Behendigkeit gegenüber wirkt er samt seinem Pferd simpel und schwerfällig (ebd. 271).
Weitere Besuche und Ausritte, die sich auch zum Wettreiten mit Imma entwickeln, folgen im Frühjahr. Im Sommer bringt er Imma eine von den dunkelroten Rosen, die beim Alten Schloß blühen – doch die riecht nach Moder, wie Imma entsetzt bemerkt (ebd. 308f.). Endlich fragt sie ihn nach seiner verkrüppelten Hand, und er sinkt wie erlöst vor ihr auf die Knie (ebd. 313).
Doch danach kehrt sie zu ihrer spöttischen Haltung zurück: sie könne kein Vertrauen zu ihm haben, er bewirke durch seine erlernte Förmlichkeit Ernüchterung und Kälte (›Die Erfüllung‹, 335, auch ›Imma‹, 280). Vergeblich erbittet er von ihr seine Heilung (›Die Erfüllung‹, 336f.).
Nachdem Minister von Knobelsdorff im Herbst den Prinzen in genaue Kenntnis der verzweifelten finanziellen Lage des Landes gesetzt hat, beginnt Klaus Heinrich, Bücher über Staatswirtschaft zu studieren (›Die Erfüllung‹, 354f.). Das erweckt auch Imma Spoelmanns Interesse, und beim Hofball verloben sie sich (ebd. 370). Dynastische Bedenken werden zurückgestellt, und Samuel N. Spoelmann darf das Land retten. »Und so gingen denn die Dinge ihren denkwürdigen Gang bis zum seligen Ende« (ebd. 375). Überall wird renoviert oder neu gebaut, und der sagenumwobene Rosenstock, der einst seinen Duft wieder bekommen soll, wird zum Schloß Eremitage verpflanzt (›Der Rosenstock‹, 392).
Im Mai findet die Hochzeit statt, und die alte Weissagung, ein Fürst mit einer Hand werde einmal das Land beglücken (›Die Hemmung‹, 36 und ›Die Erfüllung‹, 374), scheint sich zu erfüllen.
Knobelsdorff, Dr. Baron
Minister des Inneren und des Äußeren im Fürstentum. Knobelsdorff, anfangs ein Mann in den besten Jahren, weitgereist und vielfach unterrichtet, von überlegener Ironie (›Die Hemmung‹, 18f.), überwacht den Lebensgang des Prinzen Klaus Heinrich und trifft alle notwendigen Anordnungen.
Während der Werbung des Prinzen um Imma Spoelmann hat er eine lange Unterredung mit ihm. Er ist nun bald siebzig, aber rüstig und freundlich gepolstert, mit vollem, weißem Haupthaar und fächerförmigen Augenfältchen (›Die Erfüllung‹, 344). Er nimmt Klaus Heinrichs Bekenntnisse entgegen und informiert ihn dann seinerseits zum ersten Mal sachlich und genau über die ökonomische Lage des Landes (ebd. 351).
Krippenreuther, Dr.
Nach von Schröder Finanzminister des mit 600 Millionen verschuldeten kleinen Fürstentums. Der »gequälte Würdenträger« ist magenkrank und leidet an nervöser Zerrüttung (›Die Erfüllung‹, 314). Steuer- und Schuldentricks helfen dem armen Land auch nicht mehr: »Mit einem Worte: unser Kredit war erschüttert« (ebd. 320).
Als Samuel N. Spoelmann nach der Verlobung seiner Tochter mit Prinz Klaus Heinrich die Finanzen rettet, blüht auch Krippenreuther auf, sein Magen erholt sich, und er wird wieder »weiß und rot« (›Der Rosenstock‹, 387).
Kürtchen, Gymnasialprofessor
Er leitet das »Konvikt« im Schloß Fasanerie, ein Internat für den Prinzen Klaus Heinrich und fünf ausgesuchte Mitschüler – »ein kleiner, mißtrauischer und reizbarer Junggeselle von komödiantischen Formen und einer altfränkischen Ritterlichkeit» (›Doktor Überbein‹, 84). Er unterrichtet auch am Gymnasium, das der Prinz im letzten Schuljahr besucht.
Lambert, Prinz
Bruder von Johann Albrecht III., der eine Tänzerin geheiratet hat, die dann Freifrau von Rohrdorf wurde (›Die Hemmung‹, 20). Er lebt deshalb im Unfrieden mit seinen Geschwistern, als verschuldeter Sportsmann und Theaterhabitué in einer Villa am Stadtrand (›Das Land‹, 46). Der » alte Ballettfreund« erscheint zu Klaus Heinrichs 27. Geburtstag »ausgehöhlt, schlottricht« und mit Grabesstimme (›Imma‹, 305).
Lichterloh, von
Junger Flügeladjutant, der fast übermütig, »bewegt und ein wenig außer sich« den versammelten Hofbeamten die Geburt von Klaus Heinrich meldet (›Die Hemmung‹, 24).
Löwenjoul, Gräfin
Etwa 35jährige Gesellschafterin von Imma Spoelmann, groß, vornehm, schlicht gekleidet, die durch sonderbares Reden in der Stadt auffällt (›Imma‹, 209). Zu Klaus Heinrich spricht sie von den »liederlichen Weibern«, die sie marterten (ebd. 244ff.) und bittet, sie zur Tarnung »Frau Meier« zu nennen.
Imma erzählt, dass sie einen Wüstling, den Grafen Löwenjoul, geheiratet hatte, zwei Kinder verlor und schließlich in Amerika im Elend von ihm verlassen wurde. Die »Wohltat«, von der sie spreche, sei ihre zeitweilige Geistesverwirrung (ebd. 279). – Klaus Heinrichs Umgang mit ihr ist für Imma Spoelmann ein Test: er verhält sich rücksichtsvoll, doch kühl, ist aber bereit zu lernen.
Madame aus der Schweiz
Eine calvinistische Pfarrerstochter, die die beiden jüngsten Fürstenkinder betreut. Sie ist schwarz und weiß von Kleidung und Gesicht; auch ist sie »sehr genau und leicht zu entsetzen« (›Der Schuster Hinnerke‹, 58). Sie hat ihnen unter anderem das Tanzen beigebracht, wie sich beim Bürgerball zeigt (›Doktor Überbein‹, 106).
Martini, Axel
Ein Dichter, der beim Mai-Wettbewerb mit einem Hymnus auf das Leben gesiegt hatte und deshalb von Klaus Heinrich empfangen wird. Ein »ganz artiges Männchen«, findet Dr. Überbein (›Der hohe Beruf‹, 191), das mager und kränklich aussieht und einen »heckenartigen Schnurrbart« hat (ebd. 195).
Der Prinz erfährt im Gespräch, dass der Dichter keinen sonstigen Beruf hat, dass er Schule und Universität ohne Examen verlassen hat und dass der »Pakt mit der Muse« Entsagung fordere (ebd. 196). Sein Preisgedicht an die Lebenslust beruhe keineswegs auf Erfahrung. Das Leben eines Dichters sei oft ein Hundeleben, und eine »Postkarte an den Zigarrenlieferanten ist oft die Leistung eines Tages« (ebd. 198). Klaus Heinrich findet ihn »ein bißchen widerlich« (199).
Meyer, Mizzi
Soubrette am Singspieltheater, eine blonde, gedrungene Person mit blauen Augen, die mehr kreischt als singt, aber vom Volk als seinesgleichen geliebt wird; auch Prinz Klaus Heinrich besucht die Aufführungen (›Der hohe Beruf‹, 189).
Neumann
Kammerlakai des Prinzen Klaus Heinrich, ein stiller, akkurater Mensch, eigentlich Friseur, der seinen Beruf mit »leidenschaftliche(r) Gewissenhaftigkeit« ausübt (›Doktor Überbein‹, 117).
Perceval
Der schottische Schäferhund der Spoelmanns, meistens »Percy« gerufen, ein »ungewöhnlich schönes, aber, wie es schien, entsetzlich aufgeregtes Tier«, das bei der Ankunft der Spoelmanns in der Residenz »bebend und tänzelnd die Bahnhofshalle mit seinem exaltierten Gebell erfüllte« (Kap. ›Imma‹, S. 201). Im Hotel liegt er gewöhnlich in »vornehmen Posen auf einem kleinen Teppich vor den Spoelmannschen Gemächern«, aber bei Ausgängen in die Stadt unterliegt er »Anfällen von Kopflosigkeit«, die »mehr als einmal wirkliche Verkehrsstörungen hervorriefen« (ebd. 208). Bei Klaus Heinrichs erstem Besuch im Hause Spoelmann wirft Percy sich dem Besucher in ›maßlose(r) Raserei‹ entgegen, um dann, »erschöpft von dem Anfall«, eine »schneckenförmige Ruhestellung« einzunehmen (ebd. 241f.).
In »Herr und Hund« (1918) treffen wir den »harmlos geisteskranken Aristokraten« Percy wieder, nun als Hund des Erzählers und Vorgänger des ›Helden‹ der Erzählung, Bauschan, dessen bäurisch-robuste Natur Anlass zu zahlreichen Vergleichen mit dem verblichenen »Musterbild überzüchteter Unmöglichkeit« gibt. – Abbildung aus Hoffmeister/Gernhardt (119) – © Robert Gernhardt.
Phlebs
Sekretär von Samuel N. Spoelmann (›Imma‹, 216).
Platow, von
Major, Flügeladjutant des Großherzogs (›Doktor Überbein‹, 110). Ein Landjunker von Platow ist Mitschüler des Prinzen Klaus Heinrich in der Fasanerie (ebd. 83).
Prahl
Kammerdiener des Großherzogs.
Prenzlau, Bogumil Graf
Mitschüler des Prinzen Klaus Heinrich, aus reicher Familie, dick, sommersprossig, rothaarig und mit einer atemlosen Sprechweise (›Doktor Überbein‹, 86).
Ried-Hohenried, Philipp Prinz zu
Den wohlhabenden landwirtschaftlichen Unternehmer, »einen nicht mehr jugendlichen, aber wohl erhaltenen, kunstsinnigen kleinen Herrn« (›Doktor Überbein‹, 131), heiratet Prinzessin Ditlinde. Sie spricht dann immer von ihrem guten Philipp mit seinem Torf (›Albrecht II.‹,153, 166; ›Der Rosenstock‹, 389).
Sammet, Dr.
Der vertrauenswürdige junge Ortsarzt von Grimmburg, der bei der Geburt des Prinzen Klaus Heinrich hinzugezogen wurde (›Die Hemmung‹, 15). Er unterrichtet den erregten Vater sachlich über die Ursache der verkümmerten Hand des Prinzen (ebd. 29ff.). Auf die Frage des Großherzogs, ob er durch seine jüdische Herkunft Nachteile erfahren habe, antwortet er, eifrig und linkisch: das Prinzip der Gleichstellung schließe das Besondere nicht aus, er habe die Ausnahme als Herausforderung zu besonderer Leistung aufgefaßt.
Er wird mit dem Albrechtskreuz dritter Klasse belohnt (ebd. 33f.). Der Großherzog hat soviel Vertrauen zu ihm gefaßt, dass er ihn 20 Jahre später an sein Sterbebett rufen läßt. Sammet ist inzwischen Kinderarzt und wird nun Direktor des Dorotheen-Kinderspitals (›Albrecht II.‹, 136). Dort empfängt er, »in tätiger Sanftmut ergraut«, Imma Spoelmann und Klaus Heinrich (›Imma‹, 228).
Schickedanz, Anselm
Mitschüler des Prinzen Klaus Heinrich auf dem Gymnasium. »Er war ein Brauner mit schmalen Hüften, der auf der ganzen Schule im Ruf eines verfluchten Kerls stand« (›Doktor Überbein‹, 102f.).
Schmettern, Graf
Generaladjutant des Großherzogs (›Die Hemmung‹, 14).
Schröder, Dr. von
Anfangs Minister der Finanzen und der Landwirtschaft (›Die Hemmung‹, 18f.). Ein langer Mann mit weißem Bart, goldener Brille, Bauch und Wulstnacken.
Schulenburg-Tressen, Freifrau von
Oberhofmeisterin der Großherzogin Dorothea, »eine beleibte und asthmatische Dame von unterstrichen spießbürgerlichem Äußern, die jedoch auf den Hofbällen eine Welt von Busen zu entblößen pflegte« (›Die Hemmung‹, 16).
Slippers
Sekretär von Samuel N. Spoelmann (›Imma‹, 216).
Spoelmann, Imma
Tochter von Samuel N. Spoelmann, bei ihrem ersten Aufenthalt im Residenzstädtchen 19 Jahre alt, klein, mit blauschwarzem Haar und übergroßen schwarzen Augen, die »eine ernste, fließende, aber nicht allgemein verständliche« Sprache führen (›Imma‹, 201, vgl. 230 und ›Die Erfüllung‹, 359). Als sie mit ihrem Vater ein Jahr nach seiner Kur zurückkehrt, um zu bleiben, nimmt sie ihr Mathematikstudium – bei Professor Klinghammer – wieder auf.
Klaus Heinrich sieht sie zum ersten Mal, als sie, um den Weg abzukürzen, quer durch eine Gewehr bei Fuß aufgestellte Wachmannschaft des Leibgrenadier-Regiments geht und die Drohung des Unteroffiziers entrüstet zurückweist (›Imma‹, 221 ff.). Die Szene spielt auf eine Begebenheit mit Katia Pringsheim in der Münchener Straßenbahn an (wie denn Imma viele Züge von Katia hat).
Klaus Heinrich trifft Imma im Dorotheen-Kinderspital wieder, dem ihr Vater eine große Spende zukommen ließ. Dort fällt sie durch ihre spöttisch scharfe Redeweise auf, zugleich wirkt sie kindlich (›Imma‹, 234). Sie beobachtet den Prinzen unbefangen (ebd. 233). »Ihre Stimme war doppelt; sie bestand aus einer tiefen und einer hohen, mit einem Bruch in der Mitte« (ebd. 230).
Sie ist immer kostbar und originell gekleidet, auch bei einem Teebesuch, den Klaus Heinrich ihr macht (ebd. 247). Widerspruch, mit behendem Witz, ist ihr Element, so dass er sich schwerfällig vorkommt, – aber er bedarf »der Wehr des Witzes« auch nicht (ebd. 257). Imma hängt treu an ihrem halb wahnsinnigen Hund Perceval und an der gleichfalls geistesgestörten Gräfin Löwenjoul (ebd. 274ff.), deren schweres Schicksal ihr Einsicht in das wirkliche Leben gebe (ebd. 282) – denn auch Imma führt ein Prinzessinnen-Dasein (ebd. 301). Allerdings ein gelehrtes, wie Klaus Heinrich staunend bemerkt, wenn er sie bei ihrer luftig-kühlen Mathematik antrifft (ebd. 250). Sie spricht auch zu ihm über ihren »Makel« – sie sei eine »Quinterone«, denn sie habe durch ihre Ururgroßmutter indianisches Blut im fünften Glied (ebd. 291). Herr von Knobelsdorff erklärt das indianische Blut für »uradlig« (›Die Erfüllung‹, 374).
Endlich fragt sie ihn, was mit seiner verkrüppelten Hand sei, und küßt die Hand, als er vor ihr auf die Knie sinkt und sie »kleine Schwester« nennt (›Imma‹, 313). Danach jedoch kehrt Imma zu der kühlen Haltung zurück, die sie auch ihm als erlernte vorwirft. Aber sie beteiligt sich an seinen neuen volkswirtschaftlichen Studien (›Die Erfüllung‹, 357f.). Sie nimmt auch eine Einladung zum Hofball im November an. Beim Tanz fragt Klaus Heinrich, ob sie nun vielleicht Vertrauen zu ihm gefaßt habe? Ja, antwortet sie, und das ist eine Art von Verlobung. (ebd. 369f.)
Auch Imma bedarf der Erlösung zum Leben – Thomas Mann spielt hier, wie so oft, auf Märchen von H. C. Andersen an, deren Kälte- und Einsamkeitsmotive fast sein ganzes Werk durchziehen (vgl. Kommentar, 141 ff. und die grundlegende Studie von Michael Maar: Geister und Kunst. 1995). Immas Vater schüttet einen Geldsegen über das Land aus und im Mai wird Hochzeit gefeiert. Das Paar bereitet sich auf »ein strenges Glück« vor (›Der Rosenstock‹, 399).
Abbildung aus Hoffmeister/Gernhardt (119) – © Robert Gernhardt.
Spoelmann, Samuel N.
Amerikanischer Milliardär, der wegen eines Nierenstein-Leidens zur Trinkkur in das Städtchen kommt (›Albrecht II.‹, 164f.). Ihm geht der Ruf sagenhaften Reichtums voraus, er wird als »Leviathan« bezeichnet (ebd. 166f.). Aus der Sicht des ›man‹, d. h. des Volkes und der Presse, werden seine Erscheinung und seine Herkunft geschildert: er wirkt ganz unscheinbar, klein, im mißfarbenen Paletot (›Imma‹, 200).
Sein Vater, deutscher Herkunft, war in Amerika reich geworden, hatte in Bolivien eine Frau von teilweise indianischer Abstammung geheiratet, und der Sohn hatte den Reichtum geerbt und vermehrt (ebd. 205). Aus einer Liebesheirat mit einem armen Mädchen, halb deutsch, halb angelsächsisch, ging die Tochter Imma hervor, die ihren Vater zur Kur begleitet.
Im nächsten Frühjahr, lange nach der Abreise des Patienten, spricht sich herum, dass Spoelmann von der herzoglichen Familie das Lustschloß Delphinenort gekauft hat, für zwei Millionen. Es wird mit »unserem heimischen Handwerksfleiße« renoviert (ebd. 215), und im Herbst treffen die Spoelmanns mit ihrem Gefolge wieder ein.
In gewissem Maß kommen sie ihren »darstellerischen Verpflichtungen« nach (ebd. 219) und lassen sich vom Volk verehren wie die Fürstenfamilie. Man bestaunt den schwarzen Türhüter und lauscht Spoelmanns Orgelspiel (ebd. 217).
Klaus Heinrich lernt ihn als Leidenden kennen, einen kleinen, zierlichen Mann mit halb kahlem Schädel und »kleinen Rundaugen« (ebd. 252). Er teilt dem Prinzen mit, dass er von dessen Beruf nichts halte (ebd. 254), und zeigt ihm dann seine Sammlung von Gläsern. Imma erzählt, dass der Umzug auch mit negativer Stimmung gegen ihren Vater in Amerika zusammenhing und mit dem Makel des indianischen Blutes (ebd. 290f.).
Spoelmann behandelt den Prinzen, der oft ins Haus kommt, zunehmend freundlicher und willigt schließlich auch in die Heirat seiner Tochter mit Klaus Heinrich ein, die ihn 350 Millionen Mark Staatsanleihe (bzw. Schenkung) kostet. Das Land blüht auf.
Stavenüter, Wirt
Er bewirtschaftet ein Gasthaus gegenüber dem Schloß Fasanerie, in dem Prinz Klaus Heinrich einige Schuljahre verbringt, ein bedächtiger Mann (›Doktor Überbein‹, 94) mit drei Kindern. Bei einem Besuch konstatiert Imma Spoelmann das ärmliche Aussehen des Schlosses. Stavenüter, jetzt verwitwet, ist Wirt, Kastellan und Fasanenmeister (›Imma‹, 285).
Trümmerhauff, Dagobert Graf
Mitschüler des Prinzen Klaus Heinrich, »edel wie ein Tier« und »ein windhundähnlicher und feiner Knabe« (›Doktor Überbein‹, 87).
Trümmerhauff, Graf
Minister der Hoffinanzen, deren Zustand sein Name benennt (›Die Hemmung‹, 21). Es gibt auch einen Vetter gleichen Namens (›Doktor Überbein‹, 119). Eine verwitwete Gräfin Trümmerhauff ist Oberhofmeisterin bei Prinzessin Katharina (›Die Erfüllung‹, 353).
Überbein, Dr. Raoul
Der redegewandte, noch jugendliche Hilfslehrer unterrichtet Klaus Heinrich drei Jahre lang im Konvikt und behandelt den Prinzen mit freundlicher Selbstverständlichkeit. Klaus Heinrich schließt Freundschaft mit dem unschönen Mann, der zu roten Haaren und Bart eine grünlich-weiße Gesichtsfarbe und wasserblaue Augen hat (›Doktor Überbein‹, 88). Er wuchs in Armut bei Adoptiveltern auf und hat sich »den Wind um die Nase wehen« lassen (ebd. 89), so dass ihn die adeligen jungen Herren nicht beeindrucken.
Im letzten Schuljahr, auf dem Gymnasium, leitet Überbein Klaus Heinrichs häusliche Studien. Er lehrt den Prinzen, dass seine Sache nicht Menschlichkeit, sondern Haltung sei (›Imma‹, 280, 301). Er begleitet den Prinzen auch auf die Universität.
Überbein ist wegen seines dünkelhaften Benehmens nicht beliebt (›Doktor Überbein‹, 125), nur Dr. Sammet ist mit ihm befreundet. Nachdem Klaus Heinrich ihn beschrieben hat, meint Imma Spoelmann, Überbein sei ein unseliger Mensch ohne Rückhalt und werde ein schlechtes Ende nehmen (›Imma‹, 287). Spät erst erzählt Überbein seinem früheren Schüler von einer Liebesgeschichte, die mit Entsagung endete: er habe der »Bummelei des Glücks« endgültig Valet gesagt. »Das war das Geheimnis [...] von Überbeins Ungemütlichkeit, Überheblichkeit und Streberei« (ebd. 304). Er lebe in Feindschaft mit dem Glück, sagt Klaus Heinrich (›Die Erfüllung‹, 334).
Zugleich mit Immas und Klaus Heinrichs offizieller Verlobung wird bekannt, dass Überbein sich »entleibt« hat, weil er eine Zurücksetzung im Kollegium des Gymnasiums nicht ertragen hatte. »Da hatte man es!«, meinen die Leute, »da lag er denn nun«, der nicht auf Menschlichkeit, sondern nur auf Leistung gesetzt hatte (ebd. 386). Nur sein Freund Dr. Sammet trauert um ihn – und Klaus Heinrich ehrt ihn.
Unschlitt, Fräulein
Tochter eines vermögenden Seifensieders, mit der Prinz Klaus Heinrich auf dem Bürgerball Quadrille tanzt, ein hochgewachsenes, etwas knochiges Mädchen mit schönem Gesicht (›Doktor Überbein‹, 107).
Veit, Dr.
Erzieher des Prinzen Albrecht, »ein Mann mit hängendem, lehmfarbenem Schnurrbart, hohlen Wangen und blassen unnatürlich erweiterten Augen«, immer schwarz gekleidet (›Der Schuster Hinnerke‹, 59).
Watercloose, Dr.
Leibarzt von Samuel Spoelmann, ein langer Amerikaner mit weißem Backenbart und lächelndem Mund (›Imma‹, 200).
Windisch, Graf
Kammerherr der Großherzogin (›Die Hemmung‹, 16).
Wislizenus, D.
Oberkirchenratspräsident, Hofprediger, »ein glattgesichtiger Herr von schöner Tournüre«, Sohn eines Generals (›Die Hemmung‹, 25). Seine wohllautende Stimme ertönt auch bei der Trauung von Klaus Heinrich (›Der Rosenstock‹, 397).