Südliches Frauenhaus (Opet resit)
Das ›Südliche Frauenhaus‹ oder »Opet resit« (V, 1242) ist neben Epet-Esowet, der imposanten Tempelanlage des Amun in Karnak, der zweite, Amun geweihte große Tempelbezirk in Theben. Wie zuvor den Tempel von Karnak erblickt Joseph auch ihn gleich bei seiner Ankunft schon vom Schiff aus: Er sieht »gestreckte Tempelanlagen unmittelbar am Fluß«, an denen rege Bautätigkeit herrscht: Amenhotep III., Echnatôns Vater, lässt »vor den Saal und den Hof noch eine Halle« bauen, »höher an Säulen als alles« (IV, 766, vgl. auch 770). Vom Südlichen Frauenhaus zur ›großen Wohnung‹ des Amun in Karnak im Nordosten führt eine fünftausend Ellen (d. h. etwa 2,5 Kilometer) lange, »mit lauter Amuns-Widdern« besetzte Prachtallee (IV, 766).
Der Tempel ist die »Stätte des Geheimnisses der königlichen Empfängnis« (IV, 766) und »Mittelpunkt und geistiges Heim« des Hathoren-Ordens, dem viele Damen der ersten Gesellschaft angehören, darunter auch Potiphars Gemahlin Mut-em-enet (V, 945). Schutzherrin des Ordens ist Teje, und Nes-ba-met, die Gattin des ›Ersten Propheten‹ Amuns, Beknechons, ist seine »Oberin« (V, 945). »Amuns irdische Haremsfrauen« haben die Aufgabe, bei den großen Kultfesten des Amun zu musizieren, zu tanzen und zu singen, »wie Damen der Gesellschaft eben zu singen vermögen« (V, 945 f.).
Jährlicher Höhepunkt ist das Opetfest, bei dem Amun seine ›große Wohnung‹ in Karnak verlässt und dem Südlichen Frauenhaus einen Besuch abstattet (V, 1241-1246), »empfangen und eingeholt unter Knicksen, Leibeswindungen und Zweiggewedel von Amuns irdischen Nebenfrauen, den Damen vom Hohen Hathorenorden in Dünngewändern« (V, 1246).
Das ›Südliche Frauenhaus‹ ist der von Echnatôns Vater, Amenhotep III., ausgebaute Tempel von Luxor. – Mit der »Stätte des Geheimnisses der königlichen Empfängnis« (IV, 766) dürfte der heute ›Geburtshaus‹ oder ›Geburtssaal‹ genannte Raum in der Nähe des Sanktuars gemeint sein, an dessen Wänden Reliefs die göttliche Zeugung Amenhoteps III. durch Amun-Rê mit Amenhoteps Mutter Mutemweje sowie seine Geburt, Aufzucht und Thronbesteigung darstellen (vgl. Erman/Ranke, 60-62). Denn »Pharao ist Amuns Sohn nach der Väter Lehre und des Volkes urfrommem Glauben« (V, 1043). Dieser Lehre entsprechend wird auch Echnatôns Mutter Teje als Amuns »Beischläferin« tituliert (V, 1015). – Abbildungen der Tempelanlagen finden sich bei Wikimedia Commons.