Cresspahl, Heinrich

Vater von Gesine Cresspahl, Ehemann von Lisbeth, geb. Papenbrock. Bruder von Gertrud Niebuhr. Geboren 1888 als Sohn von Berta und Heinrich Cresspahl sen. auf einem Gut an der Müritz, auf dem sein Vater als Stellmacher arbeitete. Geht 1902 bei Tischlermeister Redebrecht in Malchow am See in die Lehre, verliebt sich in dessen Enkelin Gesine Redebrecht. Militärdienst beim Holsteinischen Artillerie-Regiment 24 zu Güstrow, 2. Batterie. Im Ersten Weltkrieg als Unteroffizier mit diesem Regiment an der Ostfront, zusammen mit Erwin Plath. SPD-Mitglied bis zu einem Streit über Parteitagsbeschlüsse zu den Kosten für die Wehrmacht in der Weimarer Republik. Während des Kapp-Putsches 1920 Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Waren an der Müritz. Danach Auswanderung in die Niederlande, 1925 nach England. Liebesbeziehung mit Elizabeth Trowbridge, die nach ihrer Trennung (1931) einen Sohn von ihm zur Welt bringt, Henry, geb. 1932. Von 1928 bis 1933 Verwalter der Tischlerei »Pascal und Sohn« in Richmond. Bei einem Besuch in Mecklenburg im Sommer 1931 verliebt er sich in Lisbeth Papenbrock. Heirat am 31. Oktober 1931 in der Petrikirche von Jerichow. Lisbeth geht mit ihm nach Richmond, kehrt aber nach anderthalb Jahren nach Jerichow zurück, wo sie am 3. März 1933 die Tochter Gesine zur Welt bringt. Cresspahl folgt ihr widerstrebend im Herbst 1933. Die Familie bezieht das Haus am Ziegeleiweg, das Albert Papenbrock seiner Enkelin Gesine vermacht hat. Cresspahl richtet sich auf dem Anwesen eine Werkstatt ein. Von 1935 bis 1938 profitiert er wie viele Handwerker der Umgebung von Aufträgen der Luftwaffe beim Ausbau des Fliegerhorstes Mariengabe in Jerichow Nord. Nach Lisbeths Tod und dem Verlust der Werkstatt im November 1938 arbeitet er als angestellter Tischler auf dem Fliegerhorst. Seit Beginn des Krieges Arbeit für die britische Abwehr; sein Kontaktmann ist Fritz. Nach Kriegsende von der englischen Besatzung als Bürgermeister von Jerichow eingesetzt, von den nachrückenden Sowjets im Amt bestätigt. Am 22. Oktober 1945 Verhaftung durch die Sowjets. Bis zum Februar 1947 in verschiedenen Gefängnissen (Gneez, Schwerin) in Haft unter wechselnden Beschuldigungen. Ab Februar 1947 interniert im Lager Fünfeichen. Seinen Haushalt versorgen währenddessen Marie Abs und ihr Sohn Jakob. Im Mai 1948 Freilassung und Rückkehr nach Jerichow. Kleinere Arbeiten, zumeist Restauration von Möbeln. Seit Dezember 1950 in Rente. Nach Jakobs Tod im Herbst 1956 ziehen Jakobs Freund Jöche und seine Frau bei ihm ein und versorgen ihn. Stirbt im Herbst 1962. Grab auf dem alten Friedhof an der Petrikirche in Jerichow.

16-18 Im August 1931, »in einem schattigen Garten an der Travemündung«, sieht er zum ersten Mal seine spätere Frau, Lisbeth Papenbrock. »Er war damals in seinen Vierzigern, mit schweren Knochen und einem festen Bauch über dem Gürtel, breit in den Schultern. In seinem graugrünen Manchesteranzug mit Knickerbockers sah er ländlicher aus als die Badegäste um ihn [...]. Er war damals füllig im Gesicht, mit trockener schon harter Haut. In der Stirn war sein langer Kopf schmaler. Sein Haar war noch hell, kurz in kleinen wirbligen Knäueln. Er hatte einen aufmerksamen, nicht deutbaren Blick, und die Lippen waren leicht vorgeschoben«. – Cresspahl betreibt zu dieser Zeit schon die Werkstatt in Richmond, »voll teuren Werkzeugs, bei verläßlicher Kundschaft«, und ist im Begriff, das Haus am Manor Grove, in dem er zwei Zimmer bewohnt, zu kaufen. Anlass seiner Reise war die Hochzeit seiner Schwester Gertrud mit Martin Niebuhr, und eigentlich sollte es sein letzter Aufenthalt in Deutschland sein: »Er hatte auf der Reise noch einmal gesehen, wo er ein Kind gewesen war, wo er das Handwerk gelernt hatte, wo er zum Krieg eingezogen wurde, wo die Kapp-Putschisten ihn in einen Kartoffelkeller gesperrt hatten, wo jetzt die Nazis sich mit den Kommunisten schlugen. Er hatte nicht vor, noch einmal zu kommen.« Die Begegnung mit Lisbeth Papenbrock durchkreuzt seine Pläne. »Mein Vater, als sein Boot nach England in Hamburg ablegte, nahm sich ein Zimmer im Lübecker Hof in Jerichow.«

30-34 Cresspahl schaut sich in Jerichow um, trinkt bei Peter Wulff sein Bier, informiert sich über die Papenbrocks, trifft sich mit Dr. Semig (vgl. 70).

48-51 Annäherungen an Lisbeth Papenbrock, erste Treffen und Gespräche mit ihr.

59 Gesine fragt: »Was wollte Cresspahl in einer solchen Familie

68-73 Nach acht Tagen hält Cresspahl bei Albert Papenbrock um Lisbeths Hand an. Obwohl der Alte Vorbehalte gegen ihn hat, willigt er schließlich ein.

85-88 Cresspahl bleibt bis Ende August in Jerichow (vgl. 93), »blind vor Verstrickung in sein Bild von der jüngsten Tochter Papenbrocks, als sei sie für sein Leben die einzig Nötige«. Gesine Cresspahl und/oder ihr Genosse Schriftsteller fragen sich: »Wie weit war Cresspahl vom Ekel, als er Tag nach Tag im August 1931 in Jerichow vertat, ein gesunder Mensch als Müßiggänger mitten in der Ernte«, und mutmaßen, dass er sich »vor der Wiederholung« (des Verliebtseins) geekelt haben muss. – Cresspahl »hatte den Leuten in Jerichow Wochen lang Spaß gemacht mit seiner Liebschaft und hatte den Kopf voll von dem Geheimnis, das zwischen ihm und Lisbeth Papenbrock eingerichtet war, für niemand zu sehen als für sie und ihn«. Peter Wulffs Frau Meta versucht ihn vor Lisbeths übertriebener Religiösität zu warnen.

93-96 Kehrt Anfang September nach Richmond zurück. Über die Tischlereiwerkstatt »Pascal und Sohn«, die er mit zwei Gesellen, Jim Smith und Perceval Ritchett, für den Besitzer Albert A. Gosling verwaltet. Er löst seine Verbindung mit Elizabeth Trowbridge und lässt sich von Anwalt Salomon einen Abfindungsvertrag für sie entwerfen.

102-106 Ende September 1931 besucht Lisbeth Papenbrock ihn heimlich in Richmond. Er »war erschrocken über die Einfälle, die er nach diesem von ihr gewärtigen mußte. Ihm war unheimlich, wie blind sie sich in einem Schritt, in einer Zeit mit ihm glaubte; wo ihn noch Fremde und Entfernung scheuerten, bemerkte sie keinen Abstand mehr.«

111-115 Die Hochzeit am 31. Oktober 1931 in Jerichow. Die Trauung in der Petrikirche vollzieht Pastor Methling. Auf einem der Hochzeitsfotos, das Gesine ihrer Tochter Marie zeigt, sieht Cresspahl aus wie ein »verkleideter Bauer in seinem lockeren schwarzen Anzug (von Ladage & Oehlke, Alsterarkaden), ein Auswärtiger, der träg vorgeschobene Lippen anbietet anstatt des Lächelns, ein Fremder, der auf den Schnellzug Stettin-Hamburg vertraut«.

120-121 Seine letzten Lebensjahre in Jerichow mit Jöche und Muschi Altmann.

122-124 Über das Leben der Frischvermählten in Richmond. Sie »sah etwas Neues an ihm: er vermochte seine Ohren zu verschließen. Was er nicht hören wollte lief ab wie Wasser an seiner wachsamen freundlichen Miene.«

128-131, 141-143, 146-149 Das Leben der Eheleute in Richmond; Lisbeths Schwierigkeiten in dem fremden Land; Ehestreitigkeiten.

140 Cresspahl als Bürgermeister von Jerichow 1945: Als Amalie Creutz nach Vergewaltigungen durch elf Sowjetsoldaten schwanger wurde, beantragte er eine Abtreibung. Das Gesuch wurde zurückgewiesen, und Cresspahl »wurde von der Spionageabwehr der Roten Armee in Haft genommen«.

159 Im Sommer 1932 wird Lisbeth schwanger. Sie schreibt nach Hause: »Cresspahl will ein Mädchen. Und wenn ich recht bekomme, heißt der Junge Heinrich.«

163-165 Im Spätherbst 1932 bekommt Cresspahl Briefe »von den Leuten aus Peter Wulffs Hinterzimmer« über die politische Situation in Deutschland und über Schlägereien zwischen Nazis und Kommunisten in und um Jerichow.

169-171 Briefwechsel zwischen Peter Wulff und Cresspahl Anfang 1933. – Über die Gründe ihrer wechselseitigen Sympathie mutmaßt Gesine: »Vielleicht konnten sie auskommen wegen ihres ähnlichen Alters. Sie waren beide Mittelstand, beide waren für ein paar Jahre Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei gewesen. Vor allem, sie konnten einer des anderen Nähe ertragen, bei einander sitzen, auch ohne Gespräch. Das sah nur aus wie Intimität. Und beide hatten Spaß am gegenseitigen Aufziehen, und konnten es ertragen.« Cresspahl schickt ihm Ausschnitte aus dem Daily Express. Peter Wulff berichtet ihm von Elisabeth Lieplow aus Kröpelin, die spätere Frau von Lisbeth Cresspahls Bruder Horst.

180-183 Ende Januar 1933 eröffnet Lisbeth ihm, dass sie ihr Kind in Jerichow zur Welt bringen möchte, und bittet ihn, ihr eine Schiffspassage nach Hamburg zu buchen. »Cresspahl war sich nichts vermutend gewesen. Er hatte Lisbeth Papenbrock eingewöhnt geglaubt in Richmond, in England.«

191-194 Cresspahl bleibt allein in Richmond zurück. Er geht jetzt jeden Abend in eine Kneipe und trinkt, um einschlafen zu können. Er schreibt Lisbeth eine »Ansichtenkarte« nach Jerichow mit Nachrichten über den Fortgang der Geschäfte. »Denn es mochte zwar sich so verhalten, daß er ohne sie schlecht leben konnte, aber es ging nicht an, daß er ihr das aufschrieb, nicht wahr. Als sie ihm drei Wochen fehlte, war er ziemlich überzeugt, sie sei mit seinem Einverständnis, wenn nicht auf sein Drängen hin nach Jerichow gefahren, zum mindesten ohne Streit.«

194-201 Anfang März 1933, kurz vor Gesines Geburt, reist er nach Jerichow. In Lübeck unterbricht er die Reise, um seinen ehemaligen SPD-Parteigenossen Erwin Plath aufzusuchen, der nicht zu Hause ist. Er trifft ihn in der Stadt und bringt für ihn zwei illegale Pässe zu einer konspirativen Adresse, obwohl er 1922 aus der SPD ausgeschlossen worden ist. »Sie hatten ihn immer noch nichts sagen lassen über seine Entfernung von der S.P.D. seit 1922.« Er wartet lange vergeblich in der Wohnung einer alten Frau, Anna Niederdahl, auf Erwin Plath. Als er ihn am Abend noch einmal in seinem Haus aufsuchen will, wird er verhaftet wie vorher schon Erwin Plath. Am nächsten Morgen, während in Jerichow seine Tochter Gesine geboren wird (3. März 1933), kommen beide frei, weil Cresspahl dem vernehmenden Kommissar mit seinem Militärdienst im »Holsteinischen Artillerie-Regiment 24 zu Güstrow, 2. Batterie« Eindruck macht.

202-206 Am Nachmittag des 3. März 1933 trifft Cresspahl in Jerichow ein. Sein Schwiegervater trinkt mit ihm auf das Kind. Die Eheleute haben keine Gelegenheit, allein zu sein.

214-217 Es gelingt Cresspahl nicht, »mit Lisbeth unbefangen zu reden (außer in der ersten Nacht, die er auf dem Fußboden neben ihrem Bett verbrachte, die Hände im Nacken verschränkt, leise redend, bis sie ihre plötzliche Angst vergaß und einschlafen konnte). Sie versprach ihm kein Reisedatum, aber sie widersprach ihm auch nicht. Wenn er das Kind ansah, das blind und hilflos Tropfen Zuckerwasser von seinem rissigen Finger nippte, hatte er ein heftiges Gefühl von Eile.« – Beide beratschlagen über den Namen für das Kind. Cresspahl schlägt den Namen Gesine vor. Es ist der Name seiner Jugendliebe Gesine Redebrecht.

245-246 Cresspahl meldet seine Tochter bei Pastor Brüshavers Frau Aggie zur Taufe am 12. März 1933 an (später verlegt auf  19. März).

250-253 Imaginiertes Streitgespräch zwischen Heinrich und Lisbeth Cresspahl: Sie möchte nicht nach Richmond zurück und verlangt von ihm, in Jerichow zu bleiben. Ihr Vater Albert Papenbrock unterstützt sie, indem er seiner neugeborenen Enkelin das Grundstück am Ziegeleiweg schenkt. Außerdem hat er die Tischlerei von Heinz Zoll aufgekauft, um seinen Schwiegersohn nach Jerichow zu ziehen.

259-263 »Cresspahl mochte ein Leben in Jerichow nicht einmal denken. Es wäre ein Leben mit den Papenbrocks gewesen.« Über sein Verhältnis zu Lisbeths Eltern und Geschwistern. Sympathie hegt er nur für Lisbeths Schwester  Hilde Paepcke und ihren Mann. – Am Tag vor dem für Gesines Taufe vorgesehenen 12. März 1933 ruft ihn seine Schwester Gertrud Niebuhr ans Sterbebett seiner Mutter Berta. Er fährt »weg von Jerichow, mit einer Erleichterung, die ihm noch lange auf dem Gewissen liegen sollte«. Die Taufe wird auf den 19. März 1933 verschoben.

267-268, 279-282 Cresspahl trifft seine Mutter nicht mehr lebend an. Berta Cresspahl ist im Haus von Erna Schmoog  gestorben. »Cresspahl fand seine Mutter in einem Dorf südöstlich von Malchow, in einem fremden Bett. Sie war im Tod nicht kleiner geworden, aber als er sie anhob, fühlte er sie wie ein schlafendes Kind in den Armen.« Einige Tage später beerdigen er und seine Schwester Gertrud ihre Mutter in Malchow. Von den Papenbrocks nimmt nur Hilde Paepcke – auf Geheiß ihres Vaters – an der Beerdigung teil.

273 Ohne Cresspahls Wissen hat Albert Papenbrock den Tod von Cresspahls Mutter im Gneezer Tageblatt angezeigt, mit falschem Namen (»Grete Cresspahl«). »Er wollte seinen Schwiegersohn wohl festbinden in Jerichow, und wenn er mit dem Gedächtnis der Jerichower anfangen mußte.«

273-275 Nach seiner Rückkehr aus Malchow nimmt Cresspahl das Anwesen am Ziegeleiweg in Augenschein, das Albert Papenbrock seiner Enkelin Gesine überschreiben möchte. »Wenn man will, lassen zwei Drittel der Türfläche sich verglasen. Dann käme genug Licht hinein für Tischlerarbeiten.«

297-300 Cresspahl meldet die verschobene Taufe seiner Tochter Gesine bei Pastor Brüshaver für den 19. März 1933 an und bestellt den Taufspruch (Psalm 71, 6). Er wählt Dr. Semig als Taufpaten. Gesine ist überzeugt, dass er schon zu diesem Zeitpunkt keine Wahl mehr hatte: »Das Kind und dazu die Frau konnte er nur noch in Jerichow behalten, nicht mehr in Richmond, nicht in Lisbeths fremdem Land.«

305-310 Albert Papenbrock sucht mit Cresspahl den Rechtsanwalt Avenarius Kollmorgen auf, um den Vertrag über die Schenkung des Hauses am Ziegeleiweg an Gesine aufzusetzen. Nach Papenbrocks Vorstellung soll Cresspahl das verfallene Anwesen renovieren und bis zur Übergabe an Gesine an ihrem 21. Geburtstag (am 3. März 1954) instandhalten, ansonsten soll der Besitz »hinten und vorne und oben und unten gegen den Vater der Eigentümerin geschützt« sein. »Dor hefft wi nicks von: sagte Cresspahl ohne Bitterkeit«. Kollmorgen beobachtet mit größtem Vergnügen, wie er sich gegen die Zumutungen seines Schwiegervaters verwahrt und erreicht, dass Papenbrock die Renovierung des Hauses übernimmt und nur die Einrichtung der Tischlerwerkstatt auf Cresspahls Kosten geht. Kollmorgen »hatte Papenbrock bei einer Niederlage beobachtet. Papenbrock hatte für Gefühle viel Geld verschrieben, und mehr als er wollte.«

316-321 Gesines Taufe am 19. März 1933. »Das Kind trug Cresspahl, etwas hoch vor seiner Brust und sehr angestrengt, bis er es vor dem Altar an die Mutter zurückgeben konnte.« Bei der anschließenden Feier im Haus Papenbrock fühlt er sich fremd und »auswärtig«. Gleich danach fährt er allein nach Richmond zurück. »Nu hest din Willn, Lisbeth. / Nu sast din' all Tied hem, Hinrich.« [Nun hast du deinen Willen bekommen, Lisbeth. / Von jetzt an soll alles nach deinem Willen gehen, Heinrich.]

331-335 Gesine und Marie Cresspahl erinnern sich an ihren Besuch in Richmond mit D.E. Anfang der sechziger Jahre. »Cresspahl ist nicht älter geworden als vierundsiebzig, das wissen wir; sie [Lisbeth] aber hätte hier überlebt, und in eine jener roten Säulen mit dem Topfdeckel ohne Henkel könnte sie noch heute Briefe einwerfen nach New York: Liebe Tochter.«

348-353 Cresspahls letzte Monate in Richmond. »Cresspahl konnte acht Monate von außen zusehen, wie die Nazis ihren Staat einrichteten. Er muß es wahrgenommen haben. Seit er in den Städten war, hatte er die Zeitungen gelesen, wenn auch mehr auf die bäuerliche Weise: erst nach der Arbeit, nur wenn zuverlässig keine nützliche Beschäftigung anlag, langsam, nahezu wie eine Erholung und mit festwurzligem Mißtrauen, das den Befund über Wahrheit der Nachrichten den eigenen Augen vorbehielt. Aber er hatte ja gesehen, was die Meldungen aus Deutschland ihm fortsetzten. Was er vom März verpaßt hatte, lieferten die londoner Blätter ihm gehörig nach.« – Im Mai 1933 kündigt er den Pachtvertrag für die Tischlerei Pascal und Sohn. »Nun konnte er erst nach einem halben Jahr reisen. Wenn ihm um Bedenkzeit zu tun war, so hatte er sich reichlich damit eingedeckt«. 

375-377 Cresspahl bekommt Besuch von aus Deutschland geflohenen Sozialdemokraten. Einer von ihnen, Manning Susemihl, ist entsetzt, als er erfährt, dass Cresspahl im November 1933 nach Deutschland zurückgehen will. Er sucht sich eine andere Bleibe und sagt ihm zum Abschied: »Ick hev dat vesöcht. Öwe nè. Ick vestå Se nich: sagte Manning Susemihl.« [Ich habe es versucht. Aber nein. Ich verstehe Sie nicht]. 

377-381 Im Juli 1933 will Cresspahl seine ehemalige Geliebte Elizabeth Trowbridge besuchen und erfährt von ihrer Vermieterin, dass sie ein Kind von ihm hat, mit dem sie zu Verwandten in der Nähe von Bristol gezogen ist. Er wird dabei von dem wegen seiner Kündigung erbosten Albert A. Gosling beobachtet, der ihm nachspioniert (vgl. dazu auch 812-813).

389-392 Im November 1933 reist Cresspahl endgültig nach Deutschland. Kurz vor seiner Abreise versucht Manning Susemihl ihn dazu zu überreden, illegale Flugschriften der SPD nach Deutschland einzuschmuggeln. Beide geraten in Streit über die Rolle der SPD bei der Machtergreifung der Nazis. Nach einer beleidigenden Äußerung Susemihls streckt Cresspahl den naseweisen jungen Mann mit einem Faustschlag nieder und wirft ihn hinaus. Gesine kommentiert: »Es gibt so eine überwache, schnell fließende Wut, die es gründlich anstellt mit einem Verlust, wenn denn etwas verloren werden soll, nicht wahr, Cresspahl.« Cresspahls imaginierte Antwort: »Right you are, Gesine. Un du kennst dat nich bloß von mi. Du hest dat sülben.« [Stimmt, Gesine. Und du kennst das nicht nur von mir. Du hast das auch.] – Es schließt sich ein imaginiertes Streitgespräch der Tochter mit ihrem toten Vater über seine Rückkehr nach Deutschland an. »Du harst din Fru in Dütschlant, un süss hest du di nich vel dacht. / Süss hev'ck mi nich vel dacht.« [Du hattest deine Frau in Deutschland, und sonst hast du dir nicht viel dabei gedacht. / Sonst hab ich mir nicht viel dabei gedacht.]

389-402 Bei Cresspahls Ankunft in Jerichow beträgt Lisbeth sich, »als sei mit seiner Ankunft etwas Gefürchtetes eingetreten«. Die Wintermonate 1933/34 lebt das Ehepaar bei Papenbrocks, weil das Haus am Ziegeleiweg erst im Frühjahr bewohnbar wird. – »Cresspahl fiel es nicht leicht, schnell in Jerichow anzuwachsen. Es war nicht, daß die Gegend anders war als um Malchow, kahler, kälter, ziemlich baumlos. Es war nicht die Fremde. Er war auch in Malchow fremd gewesen. In den Niederlanden, in England auch. Er brauchte das nicht, wie Lisbeth, daß er von jedem Fenster wußte, wer dahinter wohnte. Die Fremde war immer gut für ihn gewesen, wenn auch nicht zu ihm. Hier fehlte etwas.«

409-412 »In Jerichow hieß es schon im Dezember 1933, dieser Cresspahl sei ein sturer Hund«. Cresspahl baut die Scheune des Anwesens am Ziegeleiweg zu einer Tischlerwerkstatt aus. Im Ort wird viel über ihn geklatscht. – Im Mai 1934 zieht er mit Lisbeth und dem Kind in den Ziegeleiweg.

415-418 Cresspahls »Wünsche an das Jahr 1934«. Anfang Juni 1934 lässt er sich von Bürgermeister Friedrich Jansen  einen »Aufnahmeantrag für die Nazipartei« geben (den er nie ausfüllt; vgl. 474).

427 Cresspahl beobachtet Lisbeths engen Umgang mit Aggie Brüshaver mit Sorge. Er »mochte es nicht, dass sie sich das Gewissen so voll lud mit den Sorgen der Kirche«.

444-448 Cresspahls Verhältnis zur Tischlerinnung und zum Innungsmeister Willi Böttcher. Von dessen Sohn Klaus  erfährt er, dass die Hitlerjugend ein von der Bündischen Jugend gebautes »Landfahrerhäuschen« am Ufer des Gneezer Sees besetzen will, und informiert seinen Lehrjungen Heine Klaproth. In der Nacht bauen die Pfadfinder und Jugendliche von der SAJ, der (verbotenen) Jugendorganisation der Sozialdemokraten, Haus und Bootssteg ab. – In der Tischlerinnung findet er allmählich Aufnahme und trifft dort auf Gleichgesinnte, die den Nazis kritisch gegenüberstehen. »Mit solchen Kollegen war doch gut umgehen, Bier trinken, über Maschinen und Material und Arbeiter reden, den Nazis Schabernack spielen, leben eben. War das doch. / Holl din Muul, Gesine. Holl din Muul.« [Halt deinen Mund, Gesine. Halt deinen Mund.]

467-471 Im März 1935 legt Cresspahl auf dem Grundstück am Ziegeleiweg einen Garten an. – Die Innung teilt die Aufträge für den Ausbau des Flugplatzes Jerichow Nord unter sich auf. Cresspahl bekommt den Auftrag für die Anfertigung von Betten, Wandschränken und Schilderhäuschen. Er stellt zusätzliche Gesellen und Arbeiter an und kauft neue Maschinen, mit Hilfe von Dr. Erdamer zu günstigen Preisen. Lisbeth möchte, dass er die Aufträge zurückgibt, um nicht mitschuldig am Krieg zu werden.

471 Ist enttäuscht über das Flottenabkommen der Engländer (vom 18.6.1935), das Hitler erlaubt, »die deutsche Flotte bis zu 35 Prozent der britischen zu verstärken«. 

474-475 Cresspahls bekommen ein Telefon, Rufnummer Jerichow 209.

497-498 Im Jahr 1936, während der Arbeiten für den Militärflugplatz Jerichow Nord, beschäftigt Cresspahl acht Angestellte in seiner Tischlerei. Er rechnet mit einem baldigen Krieg. Bürgermeister Friedrich Jansen meldet seine Äußerungen an die Gestapo in Gneez, bekommt dafür aber eine Abfuhr vom Luftwaffenamt Hamburg.

509-513 Am 1. Weihnachtstag 1936 treibt Lisbeth Cresspahl ihr zweites Kind ab und unternimmt damit zugleich einen Selbstmordversuch, ruft aber Dr. Berling zu Hilfe, der sie ins Kreiskrankenhaus nach Gneez bringt.

523-528 Über das schwierige Eheleben mit Lisbeth, über ihre wechselnden Gemütszustände und Heinrich Cresspahls Hilf- und Ratlosigkeit. »Und so oft er verglich und sich einprägte, wie ihre Zustände umschlugen, er fand nicht, was sich da in Gang setzte, oder ob er das tat. Das kam von einem Tag auf den anderen«.

527 Von seinem englischen Bankguthaben gehen monatlich Beträge an Elizabeth Trowbridge für den gemeinsamen Sohn Henry (vgl. dazu 812).

529-533 Cresspahl in den Augen der Jerichower. Sie nennen ihn ›den Engländer‹. Seine Distanz zu den Papenbrocks. »Der besorgte sich seine Arbeit allein, der brauchte und nahm dazu nicht den alten Papenbrock. Bißchen still der Mann. Mitten im Gespräch stellt der seine Augen auf Fernsicht und ist nicht mehr da. Ein Engländer.« – Über seine Vorgeschichte und Herkunft.

539-540 Heinrich und Lisbeth Cresspahl schlafen schon bald nach Gesines Geburt in getrennten Betten.

577-578 Cresspahl hat das Grundstück am Ziegeleiweg eingezäunt. Im Sommer 1937, im Vorfeld des Prozesses gegen Hagemeister und Warning, versieht er das Zufahrtstor mit einem Schloss, um Lisbeth vor ungebetenen Besuchern zu schützen. In Jerichow heißt es, er halte seine Frau in einem Gefängnis. »Wen Cresspahl zu Lisbeth durchließ, den brachte Heine Klaproth zu ihr; die anderen mußten bei ihm stehenbleiben, mit Blick auf nichts als die zugezogenen Fenster«.

579-580 Ende September 1937 macht Lisbeth erneut einen Selbstmordversuch. 

617-619 Die ›Regentonnengeschichte‹: Im Sommer 1937 sieht Lisbeth tatenlos zu, wie die vierjährige Gesine in die Regentonne fällt. Cresspahl kann das Kind rechtzeitig herausziehen. »Er war hinter ihr um die Hausecke gekommen und hatte ihr beim Zusehen zugesehen. Er hat es mir nach dem Krieg nicht genau erzählen mögen, nur daß sie stehen blieb ›wie erstarrt‹ als er mich triefendes Bündel an ihr vorbei ins Haus trug.« Er versetzt der Tochter eine Tracht Prügel, »ich sollte mir die Regentonne merken ein für alle Male. Nur so konnte er mich vor Lisbeth schützen.«

625-626 Abschied von Arthur und Dora Semig im Dezember 1937, die sich nach Semigs Inhaftierung im Zusammenhang mit dem Prozess gegen Hagemeister und Warning schließlich doch zur Emigration entschieden haben.

631-635 Über Ostern 1938 besuchen Cresspahls die Paepckes in Podejuch. 

652-657 Cresspahl stellt sich vor, wie sich sein Leben in Jerichow im Mai 1938 in den Augen seines früheren Gesellen in Richmond, Jim Smith, ausnehmen würde. 

654 Dr. Semigs Hund Rex lebt jetzt bei Cresspahl.

656 Rex, der »verwirrt und verloren sich auf dem Hof umherdrückte und immer noch keinen festen Schlafplatz hatte nehmen mögen«, heißt nun King.

665-666 Als Bürgermeister Friedrich Jansen Semigs Hund Rex kaufen will, gibt Cresspahl an, er habe das Tier nur in Pflege, und verkauft den Hund vorsorglich an einen Ingenieur in Berlin-Grunewald. 

673-674 Cresspahls Aussehen im September 1938: »Fünfzig Jahre alt. 1 Meter neunzig Zentimeter groß. (Sechs Fuß zwei Zoll.) Von fern aufrechte Haltung, bei nahem besehen, vorsinkende Schultern; Arbeitsschaden oder Mutlosigkeit. Ein länglicher, noch voller Kopf, steingraue harte Haare, gekräuselt. Der Blick beim stummen Gesicht: so gleichmäßig, daß der Eindruck von Aufmerksamkeit jeden Ausdruck verbergen kann. Beim Reden, beim Arbeiten: auf die Sache gerichtet, streng, prüfend, scharf. Augenfarbe: Helles Blau bis Grau bis Grün. Die Lippen nicht mehr locker vorgewölbt wie Anfang der Dreißiger Jahre, eng verschlossen, so daß sie magerer scheinen. Harsche, geknickte Falten zu beiden Mundwinkeln. Der Mundausdruck zeigte nicht Erwartung, nur noch Wachsamkeit, leicht angewidert. Dennoch ahnungslos. Kleidung: In der Regel blaues Maschinistenzeug in der Werkstatt Holzpantoffeln. Das Alter hieß früher einmal die besten Jahre.«

674-679 Im Oktober 1938 fährt Cresspahl zur Beerdigung von Anna Niederdahl nach Lübeck und nimmt an dem als Leichenschmaus getarnten illegalen Treffen der Lübecker SPD-Genossen in Erwin Plaths Haus teil, die ihn, obwohl er nicht mehr Mitglied ist, mit abstimmen lassen. Ihm wird aufgetragen, nach Dänemark zu fahren, seinen Umgang mit Peter Wulff abzubrechen und dafür zu sorgen, dass Bienmüller alles bekommt, was er benötigt.

684-687 Überzeugt davon, daß die Nazis in den Krieg steuern, deckt er sich im Herbst 1938 mit Werkzeug und Material für die Werkstatt ein und verlangt auch von Lisbeth eine Liste mit unverzichtbaren Dingen für den Haushalt. 

692-695 Er entdeckt, dass Lisbeth das Kind hungern lässt, und nimmt Gesine fortan tagsüber mit sich, um ihre Ernährung sicherzustellen.

710-711 Nach der Eröffnung des Flugplatzes Jerichow Nord Ende Oktober 1938 bekommt Cresspahl keine weiteren Aufträge mehr auf dem Flugplatzgelände und hat auch sonst wenig Arbeit. In seiner Werkstatt arbeiten nur noch Alwin Paap und ein junger Geselle. »Cresspahl hatte Zeit zum Spazierengehen.«

720-721, 725-730 Am 8. November 1938, einem Dienstag, fährt Cresspahl mit Gesine nach Malchow und von dort weiter nach Wendisch Burg zu den Niebuhrs. In einem Hotel am Malchower See, in dem er mit dem Kind übernachtet, hat er ein unverhofftes Wiedersehen mit seiner Jugendliebe Gesine Redebrecht, die dort als Bedienung arbeitet. Bei seiner Schwester Gertrud  und ihrem Mann Martin Niebuhr in Wendisch Burg trifft er auch Martha und Peter Niebuhr an. Tags darauf, am Morgen des 10. November 1938, erhält er die Nachricht von Lisbeths Tod. Er reist sofort ab und lässt Gesine in der Obhut seiner Schwester zurück.

738-744 Imaginiertes Gespräch zwischen Cresspahl und Kriminalkommissar Vick in Gneez am Donnerstag, 10. November 1938. Vick hatte den aus Wendisch Burg zurückkehrenden Cresspahl in Güstrow aus dem Zug holen und nach Gneez zum Verhör bringen lassen. Von ihm erfährt Cresspahl einige nähere Umstände von Lisbeths Tod.

745-750 Cresspahl bleibt nach dem Verhör in Gneez. Er kauft bei Innungsmeister Böttcher bestes Holz für Lisbeths Sarg und übernachtet im Hotel Stadt Hamburg, von wo er Telegramme mit der Todesnachricht verschickt. Am nächsten Morgen, es ist Freitag, 11. November 1938, versucht er vergeblich, Lisbeth, deren Leichnam zur Obduktion ins Krankenhaus Gneez gebracht worden ist, noch einmal zu sehen; man lässt ihn nicht zu ihr. Er fährt nach Jerichow, besichtigt die Reste seiner niedergebrannten Werkstatt und sucht in Haus und Garten nach Spuren, die ihm Aufschluss über Lisbeths letzte Wege geben könnten.

753-759 Danach geht er zu Pastor Brüshaver, um von ihm Näheres über Lisbeths letzte Stunden zu erfahren und die Trauerfeier für Montag, 14. November 1938, zu bestellen. Für die »Zeremonie am Grab« überreicht er Brüshaver ein aus der Hotelbibel im Hotel Stadt Hamburg ausgerissenes Blatt mit dem 39. Psalm. Noch am Vormittag fährt er zurück nach Gneez, um in Böttchers Werkstatt Lisbeths Sarg zu tischlern. Dort sucht Brüshaver ihn am Abend auf, um mit ihm noch einmal über Lisbeth und seine Überzeugung zu sprechen, dass Lisbeth Selbstmord begangen hat. »Brüshaver betrachtete mit einer Art Entsetzen den Mann, der seiner Frau solchen Tod nachsagte, der den Verlust der Versicherungssumme für Werkstatthaus und Maschinen in Kauf nehmen wollte, damit sie diesen ihren Tod für immer behielt.« Am Sonnabend, 12. November 1938, erscheint seine Todesanzeige im Gneezer Tageblatt. »Da stand: Lisbeth Cresspahl ist aus dem Leben gegangen.« An demselben Tag wird Lisbeth nach Jerichow überführt und im Haus aufgebahrt. Cresspahl lässt niemanden ins Haus.

761-768 Lisbeths Beerdigung am Montag, 14. November 1938, zu der auch Mr. Smith aus Richmond angereist ist.

780-783 In den Tagen nach Lisbeths Beerdigung lässt Cresspahl durch das Bauunternehmen Koepcke die Ruine seiner Werkstatt abtragen und das Grundstück in Ordnung bringen. Von Sonnabend, 19. November 1938, an verschwindet er mit Gesine aus der Stadt, niemand weiß wohin. Für die Zeit seiner Abwesenheit führt Altgeselle Alwin Paap das Regiment auf seinem Anwesen.

784-788 Marie diskutiert mit Gesine über die Frage, wo Heinrich Cresspahl während seiner mysteriösen Abwesenheit zwischen dem 19. November und Ende Dezember 1938 gewesen sein könnte. 

808 Nach seiner Rückkehr richtet Cresspahl in einer Ecke des Wohnhauses eine kleine Werkstatt ein, »die für Reparaturen an Möbelstücken ausreichte«. Er lässt Pastor Wallschläger, den Nachfolger des verhafteten Brüshaver, von Alwin Paap vor die Tür setzen.

809-814 Gesine erzählt Marie von Cresspahls Arbeit für den britischen Geheimdienst. »Wann Cresspahl damit anfing, habe ich zu fragen vergessen; im September 1939 arbeitete er schon einige Monate für die britische Abwehr.« Als Beweis kann Gesine ihrer ungläubigen Tochter einen Half Penny von 1940 vorweisen, den man ihr nach Cresspahls Tod aus Jerichow geschickt hatte. Sie nimmt an, dass die Engländer ihn mit seinem (von dem rachsüchtigen Albert A. Gosling ausfindig gemachten) englischen Bankkonto zur Mitarbeit nötigen konnten, weil er das Konto den deutschen Behörden bei Strafe hätte melden müssen. Zudem glaubt sie, dass sein Verbindungsmann Fritz ihm in Aussicht gestellt hat, ihm zur Erstattungszahlung der Brandversicherung zu verhelfen. »Sobald er angenommen hatte, kam das Geld von der Brandversicherung.« Gesine: »Erpreßt und gekauft und sicher. Nur daß er sich aus eigenem entschlossen hatte und seine Freiheit zuverlässig behalten hatte.«

827-830 Nach Lisbeth Cresspahls Tod bringt Cresspahl die fünfjährige Gesine für ein halbes Jahr bei den Paepckes in Podejuch unter. Er will sie nicht »unter die Fuchtel von Oma Papenbrocks Religion geben«, weil er überzeugt ist, dass seine »eigene Frau davon gelernt hatte, zu Grunde zu gehen«.

831-836 Auf Vorschlag von Innungsmeister Willi Böttcher wird Cresspahl auf dem Flugplatz Jerichow Nord als Tischler angestellt. Die meisten Tischler der Innung stimmen Böttchers Vorschlag zu: »Der Mann hatte die Frau verloren, und die Werkstatt obendrein. Arbeit muß er haben, sonst wird er uns noch brägenklüterig [verrückt, verwirrt].« Gesine ist überzeugt, dass Cresspahl die Anstellung genutzt hat, um Informationen für die britische Abwehr zu sammeln.

841 Nachdem Gesine die Sommerferien 1939 mit den Paepckes in Althagen verbracht hat, holt Cresspahl sein Kind wieder nach Hause.

853-856 Cresspahl beschäftigt verschiedene Haushälterinnen: Zuerst Oma Klug, die schon im Oktober 1939 stirbt, dann Frieda Dade, die nach vier Wochen wieder geht, zuletzt Grete Selenbinder, die er wegschickt, nachdem sie Gesine ungerecht behandelt hat. Danach bleibt er mit Gesine allein, nur Amalie Creutz kommt noch zweimal pro Woche zum Saubermachen, »aber gekocht wurde bei Cresspahl für lange Zeit nicht mehr«, Gesine bekommt ihr Mittagessen nach der Schule auf dem Flugplatz. – Kurz nach Grete Selenbinders Weggang werden französische Kriegsgefangene, »die für die Ziegelei angefordert worden waren«, und ein Wachtposten bei Cresspahl einquartiert. 

859-862 Marie und Gesine debattieren erneut über die Frage, ob Heinrich Cresspahl wirklich für die Britische Abwehr gearbeitet hat. 

860 Im März 1942 besuchen Cresspahl und Gesine die Paepckes in Podejuch. Cresspahl und Alexander hören Sendungen des B.B.C. 

869 Am Abend des 30. April 1942 trifft Bürgermeister Tamms Cresspahl beim gemeinsamen Abendessen mit zwei französischen Kriegsgefangenen an. »Es war bei Strafen verboten, mit Kriegsgefangenen an einem Tisch zu essen; Tamms erwähnte den Verstoß nicht, gab zwar den Franzosen nicht die Hand, bot ihnen jedoch die Tageszeit in ihrer Sprache.« 

872-873 Imaginiertes Streitgespräch Gesines mit ihrem Vater über die Luftangriffe auf Lübeck (März 1942), Coventry und Birmingham und die Frage der Schuld. 

884-886 Im Sommer 1942 besucht Cresspahl Gesine und die Paepckes in ihren Ferien in Althagen, trifft dort seinen Verbindungsmann Fritz. Er bezahlt Alexander Paepckes Schulden; er »verließ sich darauf, daß Gesine ein Anteil an Paepckes althäger Haus überschrieben würde, wenn Alexander es von seinem Großonkel erben sollte«.

891-894 Lässt sich im September 1942 einen französisch abgefassten Brief Dora Semigs von Kliefoth übersetzen. Kliefoth versteckt den Brief bei sich. Am Tag darauf durchsucht die Gestapo Cresspahls Haus nach dem Brief.

895 Schenkt seiner Tochter Nazi-Bücher zur Tarnung: »Cresspahl bekam seine Mimikry. Das Kind bekam seine Verletzungen.«

909-910 Trifft seinen Verbindungsmann Fritz in dessen Villa am Deich von Rande, in der Leslie Danzmann seit 1942 als Hausdame lebt.

912 Cresspahls Arbeit als angestellter Tischler auf dem Flugplatz Jerichow Nord.

936-937 Das Zusammenleben des Witwers Cresspahl mit seiner Tochter, der Fahrschülerin Gesine. 

941-945 Im März 1968 schreibt Leslie Danzmann an Gesine Cresspahl in New York: »Gesine, du glaubst es nicht. Der Ziegeleiweg soll umbenannt werden. In Cresspahlweg. Und an euer Haus soll eine Tafel, Bronze, und der Kindergarten, den sie darin untergebracht haben, der soll Heinrich-Cresspahl-Kindergarten heißen. [...] Nun muß die D.D.R. auch ihre Kundschafter haben. Und Cresspahl soll einer gewesen sein. Nicht für die Sowjets, das ginge doch übers Bohnenlied; aber für die Engländer, gegen die Nazis eben«.  

963-969 Die letzten Monate des Krieges in Jerichow: Cresspahl lässt sich »ertappen bei einem überraschten, dann deftigen Lachen«, als Gesine die Mär von der Wunderwaffe V2 aus der Schule heimbringt. Seither weiß das Kind, dass der Krieg bald vorbei sein wird. – Die Briten interessieren sich nicht mehr für Cresspahls Berichte über den Flugplatz Jerichow Nord. Seit 1944 wünschen sie von ihm Informationen über Flugzeugwerke in Mecklenburg. Cresspahl fügt seinen Berichten »Angaben über die mecklenburgischen Konzentrationslager bei, damit wohl die heinckelschen [recte: heinkelschen] Betriebsauslagerungen getroffen wurden, nicht aber die ausländischen Zwangsarbeiter bei Krakow, in Retzow bei Rechlin, in Neustadt-Glewe, Rövershagen, Reiherhorst bei Wöbbelin und besonders in der Comthurey bei Alt-Strelitz«. – Cresspahl entgeht der Einziehung zum Volkssturm, indem er sich zur Luftwaffe einziehen lässt. »Auf dem Flugplatz würde der Krieg still zu Ende gehen, und er war wieder einer von denen, die ohne Schießen und Erschossenwerden durchkommen sollten.«

980-981 Zu Beginn des Passahfestes 1968 in New York erinnert sich Gesine, dass Cresspahl zu Ostern 1939 einen jüdischen Flüchtling namens Gronberg weggeschickt hat. »Er erklärte mir nach dem Krieg, er habe um dieses Einen willen nicht seine Sache mit den Engländern (gegen die Deutschen) gefährden dürfen. Oft glaubte ich, dies zu verstehen. Ich wünschte sehr, Cresspahl auch hierin zu verstehen.«

986-987 Im Juni 1945 machen die Briten Cresspahl zum Bürgermeister von Jerichow. 

984 Im Januar 1945 endet Cresspahls Arbeit für die britische Abwehr. 

993-994 Cresspahls Arbeit als Bürgermeister im Frühjahr 1945. Er hat Leslie Danzmann als Sekretärin eingestellt.

994 Cresspahls Haus ist voller Flüchtlinge aus Pommern und Ostpreußen. Gesine und Hanna Ohlerich sind an Typhus erkrankt. Cresspahl übergibt sie der Pflege von Frau Abs.

998 Am 1. Juli 1945 übernehmen die Sowjets Jerichow.

1002 Die Sowjets richten ihre Kommandantur in der Ziegeleivilla gegenüber von Cresspahls Haus ein. Ihr Angebot, Cresspahls Haus von Flüchtlingen zu räumen, schlägt Cresspahl aus.

1040-1048 Die Jerichower machen Cresspahl für nahezu alles verantwortlich, was unter sowjetischer Militärverwaltung geschieht, selbst dafür, dass die Sowjets überhaupt nach Jerichow gekommen sind: »Cresspahl war schuld an den Russen.«

Anhang I-XVIII »Mit den Augen Cresspahls«: Antworten Cresspahls auf Fragen seiner Tochter im Jahr 1949. 

1059-1065 Cresspahls Verhältnis zum Jerichower Stadtkommandanten K. A. Pontij.

1076-1079 Seine schwierige Arbeit als Bürgermeister. »So ein Bürgermeister steht immer mit einem Bein im
Gefängnis.«

1098-1106 Cresspahls Bemühungen, die Ernährung der Stadt sicherzustellen.

1123-1125 Bei Albert Papenbrocks Verhaftung im Juli 1945 schickt man nach seinem Schwiegersohn, dem Bürgermeister Cresspahl, »der so langsam gegangen kam, als könne er bei solcher Verwandtschaft erst recht nicht helfen«. Die Jerichower nennen ihn »Russenknecht« und »Volksverräter«.

1160 Cresspahl spielt mit dem Gedanken, aus Jerichow wegzugehen. Er befürchtet, »ins Gefängnis [zu] müssen für die Straftaten, mit denen er die Befehle des Herrn Stadtkommandanten ausführte, von der verrutschten Buchführung bis zum Schwarzhandel im Amt, mal zu Gunsten mal zu Lasten der Stadt«.

1160-1164 Im August 1945 kommt Erwin Plath über die grüne Grenze nach Jerichow. Er und Cresspahl begehen das Wiedersehen »wie Kinder, eifrig, ohne Mißtrauen, einer am anderen vergnügt«. – Zuletzt rückt Plath mit dem eigentlichen Zweck seines Besuchs heraus: Er möchte Cresspahl dazu bewegen, die anstehende Neugründung der Kommunistischen Partei zu übernehmen, um dabei möglichst viele alte SPD-Genossen darin unterzubringen, weil er voraussieht, »daß die Kommunisten die sozialdemokratische Partei nur aufbauen wollten, um sie später in einem Bündnis zu schlucken«. Er sei »nun gekommen, die richtigen Leute gleich bei den Kommunisten unterzubringen. [...] Kommunisten der ersten Stunde, und doch heimliche Posten der Sozialdemokratie.« Mit Alfred Bienmüller habe er schon gesprochen, der »wollte das Opfer bringen«. Cresspahl will nicht heran und ist enttäuscht. »Er hatte gedacht, Plath wäre einmal seinetwegen gekommen, nicht der Sache zuliebe.«

1180-1181 Cresspahl und Peter Wulff reden wieder miteinander, nachdem die Lübecker Parteileitung der SPD ihnen vor mehr als sechs Jahren einen Streit verordnet hatte. »Mit der S.P.D. waren sie immerhin so weit, daß sie der Partei solche Personalpolitik in stillschweigendem Einvernehmen nicht nachsehen wollten. Es war genug übrig, beide begingen gerne den Feierabend gemeinsam, bald nicht mehr nur den früheren Zeiten zuliebe, auch verbündet in der Absicht, das verrutschte Jerichow auf anderen Kurs zu kriegen.« – Auf Peter Wulffs Vorschlag macht Cresspahl den Opportunisten Fritz Schenk  zum Polizeichef von Jerichow. Peter Wulff »empfahl diesen eher, damit er sich reinritt«. 

1186-187 Cresspahl lädt den jungen KPD-Aktivisten Gerd Schumann nach Jerichow ein in der Hoffnung, ihm das Bürgermeisteramt von Jerichow übertragen zu können.

1192-1199 Cresspahl und das Leben in seinem Haus 1945 aus der Sicht von Frau Abs.

1208 Am 22. Oktober 1945 wird Cresspahl von den Sowjets verhaftet.

1214-1222 Über Cresspahls erste Haftzeit in Gneez und Schwerin und die wechselnden Anschuldigungen gegen ihn. Im August 1946 wird er in ein Lager im Südwesten Mecklenburgs verbracht. »Es war ein Lager zum Warten.«

1281-1285 Cresspahls Leben in dem »Lager an der Westgrenze Sowjetmecklenburgs«. Er wird genötigt, mehrfach seinen Lebenslauf zu schreiben.

1285-1298 Im Februar 1947 wird er in das Lager Fünfeichen verlegt. Über sein Leben dort.

1341-1342 Über Cresspahls Leben im Lager Fünfeichen.

1510-1516 Im Mai 1948 wird Cresspahl aus Fünfeichen entlassen und schlägt sich in den Jerichower Winkel durch. Er geht zuerst zu Johnny Schlegel und badet dort stundenlang in einem Wassertrog. Mittags lässt Johnny Schlegel Gesine vom Schulzug abholen, am Abend bringt Axel Ohr Vater und Tochter nach Jerichow. »Jedermann mit Augen im Kopf, wenn auch kaum ein Mädchen wie Cresspahls Tochter, konnte im Dunklen erfassen, daß sie ihren Vater kaputt zurückbekommen hatte, reinweg krank; da gehörte sich Fahren im Schritt.«

1522-1528 Cresspahls erste Wochen in Jerichow: »Als sei er in dem Halbtagesbad bei Johnny nicht rein genug geworden, saß er noch oft in einer Wanne voll Wasser in der Küche, wenn wir aus dem Haus waren.« – Marie und Gesine Cresspahl über die möglichen juristischen Gründe seiner Entlassung. – Der von der Haft gezeichnete Cresspahl ist nicht mehr der Alte, er ist ängstlich und anpassungsbereit. »Saß stumm und höflich an Lisbeths Sekretär, am Küchentisch, auf der Milchbank.« Vater und Tochter kommen einander nur langsam wieder näher. – »Mit Jakob konnte Cresspahl viel besser sprechen; Jakob war der geschicktere Arzt.« – Um die sowjetische Zone zu verlassen, »war er zu beschädigt«.

1530-1533 Cresspahl wurde entlassen mit der Auflage, sich regelmäßig zu melden, und mit dem Auftrag, eine Tischlerwerkstatt aufzubauen und treuhänderisch zu verwalten. Davon wird er befreit durch den Umstand, dass ihm während seiner Haft sämtliche Maschinen gestohlen worden sind, und durch einen Brand, bei dem die benachbarte Ziegelei samt dem Schuppen in Flammen aufgeht, in dem er die Werkstatt hätte einrichten sollen.

1533-1535 Die Währungsreform in der Sowjetischen Besatzungszone im Juni 1948 ist für Cresspahl ohne Belang, weil er kein Geldvermögen mehr hat. Es reicht nicht einmal für die »Kopfquote von siebzig Mark, die im Postamt gegen Scheine mit aufgeklebten Coupons eingetauscht wurden«. – Seine Schwiegermutter Louise Papenbrock dagegen verliert ihr ganzes Vermögen; sie überwindet ihren Widerwillen gegen Cresspahl und sucht ihn zum ersten Mal seit 1943 in seinem Haus auf, weil sie einen Rat von ihm erhofft.

1554-1555 Cresspahl würde Gesine gern auf eine Schule in England schicken, wo sie von seinem Guthaben bei der Richmond Bank of Surrey leben könnte. Er nimmt ihre Ablehnung mit einem bloßen Nicken hin.

1566-1572 »Weil Cresspahls dumme Gesine sich sträubte gegen ein Leben in England, mußte er sich darauf einrichten, sie durchzubringen in jenem Mecklenburg vor zwanzig Jahren«: Er nimmt wieder Kontakt zu Innungsmeister Willi Böttcher auf, der sich ausgiebig vor ihm zu rechtfertigen versucht. Cresspahl bringt ihn auf die Idee, den einflussreichen Emil Knoop für die Befreiung seines Sohnes Klaus aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft einzuspannen, und sichert sich damit Böttchers Dankbarkeit. Kurz vor Weihnachten 1948 kehrt Klaus Böttcher nach Hause zurück. Und Cresspahl bekommt von Knoop »einen Posten finnischer Bretter« geliefert, aus denen er hinter dem Haus eine kleine Werkstatt baut, »eine große Stube auf Stelzen im rechten Winkel zu Lisbeths Schlafzimmer«. Er bekommt Aufträge für Restaurationsarbeiten vom Landesmuseum Schwerin und von Antiquitätenhändlern. »Von da an hat er nur noch allein gearbeitet.« 

1595-1599 Im Spätsommer 1948 nimmt Aggie Brüshaver wieder regelmäßigen Kontakt mit den Cresspahls auf. Cresspahl »war es zufrieden, daß sie ihn mit seiner Tochter und Frau Abs in der Küche zugange sah, wie von einer Familie behütet, und gab sich abweisend mit der Frage, was denn zu Diensten sei«. Als Aggie aber berichtet, dass ihr Mann sich geweigert hatte, Kriminalkommissar Vick christlich zu beerdigen, da »waren die zehn Jahre zwischen ihnen
vergangen und verfallen; wie unter sich sprachen sie nun«. Und am nächsten Tag geht Cresspahl ins Pastorat, um ein Fenster zu reparieren: Er »ging wahrhaftig ein Stück in die Stadt, unter Leute, zum ersten Mal seit dem Oktober vor drei Jahren, seit dem Mai von diesem. Ging zu einer Arbeit.« Dabei kommt er auch wieder mit Brüshaver ins Gespräch.

1603 Als Gesine aus Brüshavers Konfirmandenunterricht flüchtet und sich in einer Telefonzelle versteckt, weil sie die Ubiquitätslehre verabscheut, holt Cresspahl sie heraus und geht mit ihr ins Bruch, »wo nur Hasen und Füchse unbesorgt hören durften, daß ihr die leibliche Gegenwart Christi im Abendmahl kannibalisch vorkomme. Es war das letzte Mal, daß er sie hielt und führte wie ein Vater; von seinen Tröstungen hat sie die behalten, die sie freisprach: You gave him a chance. Versucht hast du's, Gesine.«

1687 Als Albert Papenbrock 1950 verurteilt und hingerichtet wird, trägt Cresspahl »keinen Trauerflor wegen des Menschen, den er erinnern mochte als seinen Schwiegervater«.

1689 Auf Betreiben von Aggie Brüshaver lädt Kreismedizinalrat Schürenberg Cresspahl im Dezember 1950 vor und schreibt ihn »arbeitsunfähig, in die Rente«. – Im Jahr 1950 »wurde zum ersten Mal seit 1937 in Cresspahls Haus das Silvester begangen«. Es gibt Krebse. Cresspahl zieht »Striche in seinen letzten berufstätigen Büchern« und sagt zu Frau Abs: »Bliwen Se man bi uns, Fru Abs.« [Bleiben Sie man bei uns, Frau Abs.]

1703 »Heinrich Cresspahl, Ziegeleiweg in Jerichow, wurde die Rente beschnitten, wegen treulich angemeldeter Einkünfte aus der Heilung von Truhen und sideboards; seine Tochter fuhr wahrhaftig nach Westberlin, ihm Schnitzmesser zu besorgen, solche mit ausfahrbarer Klinge«.

1750 Im Juli 1951 »machte die Staatssicherheit Haussuchung bei Cresspahl. Der Vorwand war, daß er inzwischen viel Geld bekam für seine Arbeit, mehr als die Rente. In Wahrheit ging es dem Staat über den Verstand, daß er einem Menschen Unrecht zufügen kann ein zweites und ein drittes Mal, und immer noch hütet dieser Cresspahl sich vor dem Gesetz.«

1751-1752 Gesine glaubt sich zu erinnern, dass sie und ihr Vater im Sommer 1950 eine Segeltour nach Dänemark gemacht haben: Weil Cresspahl an Emil Knoop »ein dänisches Geschäft gescho – vermittelt hatte, wird auch Gesine zum Begießen eingeladen auf ein Boot, eine Yacht im Hafen von Wismar«.

1828-1829 Im Spätsommer 1952 geht Gesine aus dem Haus zum Studium nach Halle. »Der Abschied 1952 war wie 1944 zum ersten Mal. Cresspahl brachte seine Tochter an die Haustür, lehnte am Rahmen, redete ein letztes Wort mit ihr. Binde dich ein Schaol um dein Hals. Als ginge es bloß zum Gustav Adolf-Lyzeum in Gneez, statt zu einer Martin Luther-Universität an der Saale.« – Er finanziert das Studium seiner Tochter ohne staatliche Beihilfen: »Für Cresspahl war der Staat jemand, mit dem hatte er keinen Vertrag; der besaß bloß Macht über seine Arbeit. Von dem wollte er keine Studienbeihilfe für seine Tochter geschenkt.«

1844 Im Sommer 1953 geht Gesine Cresspahl in den Westen. Nach einer langen nächtlichen Diskussion mit Cresspahl und Frau Abs besorgt Jakob ihr eine Fahrkarte nach Halle, die über Berlin führt. »Cresspahl hoffte, das Kind werde sich besinnen. Er sprach von einer Erholung. ›Ferien bei Anita‹ sollten es sein.«

1867-1868 Im November 1956 stirbt Jakob Abs. »Das Begräbnis hat Cresspahl ausgerichtet. Frau Abs und seiner Tochter gab er erst Bescheid, als Jakob unter der Erde war.«

1868-1871 Im April 1958 fährt Cresspahl nach Düsseldorf, um seine Tochter und seine im Juli 1957 geborene Enkelin Marie zu besuchen. – Er legt sein immer noch auf dem englischen Konto in Richmond liegendes Geld für Marie an. »Cresspahl, mit seinen bald neunundsechzig Jahren, er steigt zum ersten Mal in ein Flugzeug, einen Kontoauszug nach Düsseldorf zu bringen.« Und er fährt zum Headquarter der britischen Airforce bei Mönchengladbach, um sich seinen Lohn für die Geheimdiensttätigkeit während des Krieges bezahlen zu lassen. Cresspahl »baute in einem Testament zu Düsseldorf zwei große Haufen Pfund in einen Kasten aus Gesetzesstäben, den knackst weder du noch ich; allenfalls ein Vormund mit testamentarischer Vollmacht«. – Er richtet Gesine »eine Gartenwohnung ein am Lohauser Deich; dem Kind zuliebe. Er bezahlte die Miete ein Jahr im voraus, da die Mutter noch einmal eine Lehre begann, in einer Bank; dem Kind zuliebe.«

1875 Cresspahls Tod im Herbst 1962. »Cresspahls Tochter lebte in New York, als er starb im Herbst 1962. Amerika ist mir zu weit zum Denken. Fœundsœbentich is nauch.« [Vierundsiebzig ist genug.]

Heinrich Cresspahl ist neben Jakob Abs, Gesine Cresspahl, Jonas Blach und Hauptmann Rohlfs eine der Hauptfiguren in »Mutmaßungen über Jakob« (1959). – In »Karsch und andere Prosa« (1964) wird er mehrfach erwähnt. – Auch in »Begleitumstände« (1980) ist von ihm die Rede (vgl. B 123 f., 415, 428 u.ö.).