Effi Briest (1895)

Theodor Fontane: Effi Briest. Herausgegeben von Christine Hehle. Berlin: Aufbau 1998 (Große Brandenburger Ausgabe. Das erzählerische Werk. Bd. 15) – Nachweise von Zitaten erfolgen unter Angabe der Kapitel- und Seitenzahl (z.B. 4/35 = 4. Kapitel, S. 35).

Die erzählte Geschichte erstreckt sich über etwas mehr als zwölf Jahre, beginnt kurz vor oder nach Effi Briests 17. Geburtstag und endet kurz nach ihrem 29. Geburtstag. Obwohl im Text keine Jahreszahlen genannt werden, lässt sich der Zeitraum der Handlung aufgrund einiger zeitgeschichtlicher Anspielungen (cum grano salis) auf die Jahre 1878 bis 1890 datieren. Vgl. dazu die hier beigefügte Zeittafel.

Adermann

In einem von Crampas' Briefen an Effi erwähnte alte Frau in Kessin (vgl. 27/274), in deren abgelegenem Haus »zwischen dem Kirchhof und der Waldecke« (22/223) Effi und Crampas sich treffen.

Afra

Hausmädchen in der Villa, in der Effi und Geheimrätin Zwicker in Bad Ems logieren, eine »hübsche Person« (30/295), die, aus der Bonner Gegend stammend, »sich von Jugend an daran gewöhnt hatte, die mannigfachsten Erscheinungen des Lebens an Bonner Studenten und Bonner Husaren zu messen« (30/294), ein Maßstab, dem auch der saumselige Postbote Böselager nicht standhalten kann (vgl. ebd.). Afra hilft Effi beim Packen und begleitet sie zum Bahnhof (vgl. 31/303 f.). Später überbringt sie der Zwicker im Auftrag der Wirtin den Zeitungsartikel mit der Nachricht von Innstettens Duell mit Crampas (vgl. 31/305).

Ahlemann

Eine der Adelsfamilien in der Umgebung von Kessin, denen Effi und Innstetten bald nach der Rückkehr von ihrer Hochzeitsreise »den pflichtschuldigen Besuch« abstatten (9/75). »Der Eindruck, den Effi empfing, war überall derselbe: mittelmäßige Menschen von meist zweifelhafter Liebenswürdigkeit, die, während sie vorgaben, über Bismarck und die Kronprinzessin zu sprechen, eigentlich nur Effi‘s Toilette musterten« (ebd.). Wie die Borckes in Rothenmoor und die Jatzkows in Dabergotz halten auch die Ahlemanns in Morgnitz Effi für »rationalistisch angekränkelt« (ebd.).

Beza

Keine handelnde Figur, nur im Dialog erwähnter Nachbar Innstettens in Kessin, ein aus Lissabon stammender alter Barbier und Wundarzt, der im Haus des Maschinenmeisters Macpherson wohnt (vgl. 6/52, 7/64).

Borcke

Eine der Adelsfamilien in der Umgebung von Kessin, denen Effi und Innstetten bald nach der Rückkehr von ihrer Hochzeitsreise »den pflichtschuldigen Besuch« abstatten (9/75). »Der Eindruck, den Effi empfing, war überall derselbe: mittelmäßige Menschen von meist zweifelhafter Liebenswürdigkeit, die, während sie vorgaben, über Bismarck und die Kronprinzessin zu sprechen, eigentlich nur Effi‘s Toilette musterten« (ebd.). Wie die Ahlemanns in Morgnitz und die Jatzkows in Dabergotz halten auch die Borckes in Rothenmoor Effi für »rationalistisch angekränkelt« (ebd.). Beim Festmahl zu Annies Taufe hält der alte Borcke eine markige Rede (vgl. 14/136 f.).

Böselager

Postbote in Bad Ems, der Effi den Brief ihrer Mutter überbringt, aus dem sie von Innstettens Duell mit Crampas und der bevorstehenden Ehescheidung erfährt (30/299). Er stammt aus dem Siegerland und hat, wie Hausmädchen Afra findet, »keinen Schneid« und schlecht frisiertes Haar (30/294).

Briest

Effi Briests Vater, Gutsherr und Ritterschaftsrat, ein »wohl konservierter Fünfziger von ausgesprochener Bonhommie« (2/18), der sein freies Leben als Gutsherr liebt und einer Karriere im Staatsdienst vorgezogen hat, weil nach »eigene[m] Willen schalten und walten zu können« ihm »immer das Liebste gewesen« ist (3/21). In den Augen seiner Frau Luise ist er »ein wenig prosaisch« und hat »dann und wann einen kleinen frivolen Zug« (3/19), der ihm, besonders in Weinlaune, kleine Zweideutigkeiten entlockt, mit denen er vorzugsweise seine Frau neckt (vgl. etwa 4/28; 5/39; 5/45).

Anders als Luise von Briest, die recht fest in überkommenen Normen und Gewissheiten ruht, sind seine Anschauungen von Skepsis, Humor und Selbstironie geprägt, die für eine gelassene Distanz gegenüber weltanschaulichen und normativen Festlegungen sorgen. Markantes Zeichen dieser Distanz ist die gern von ihm verwendete Redewendung »es ist ein weites Feld« (5/41 u.ö.). Mit ihr meldet er bei einigen Wahrheits- oder Moralfragen, bei Fragen danach, »was […] das Richtige ist« (15/140) oder »was man thun und lassen soll« (15/141), Widerspruch gegen solche Festlegungen an und plädiert dafür, sie offen zu lassen, weil darüber »die Akten noch nicht geschlossen« seien (15/140). Und in Fällen, in denen er überzeugt ist, dass die »Akten« sich mutmaßlich nie werden schließen lassen, erweitert er seine Lieblingsredewendung um das Adverb »zu«, die Sinnlosigkeit weiterer Diskussion andeutend: »Ach, Luise, laß… das ist ein zu weites Feld« (36/350; vgl. auch 5/47).

Seine Skepsis ist aber wohl auch der Grund dafür, dass er dazu neigt, den Dingen ihren Lauf zu lassen bzw. seiner Frau zu überlassen, wozu auch Effis Verlobung mit Innstetten zählt, die vor allem durch Luise von Briests Zuraten zustandekommt (vgl. 2/18). Erst nach der Hochzeit lässt er Zweifel hören (vgl. 5/42-44) und kommt in der Folgezeit in Gesprächen mit seiner Frau immer wieder – mehr als ein »dutzendmal« (24/253) – auf die Frage zurück, ob Effi in der Ehe wohl glücklich sei oder nicht (vgl. 24/252-255), was Frau von Briests Unwillen erregt: »das ist so Deine Art, hinterher den Weisen zu spielen. Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, decken die Ratsherren den Brunnen zu« (5/47).

Auch bei dem Entschluss, Effi nach ihrer Scheidung nicht in Hohen-Cremmen aufzunehmen, folgt Briest dem Willen seiner Frau, ist damit aber schon bald unglücklich (vgl. 34/327 f.). Als dann Rummschüttels Brief eintrifft, der von Effis Nervenzusammenbruch berichtet und dringend dazu rät, sie nach Hause zu holen, gibt er ausnahmsweise seine Passivität auf, widerspricht Luises Einwänden energisch und schickt Effi ein Telegramm: »Effi komm.« (34/328)

Während seine Frau sich vor der zu erwartenden Konsequenz dieses Schritts – der gesellschaftlichen Isolierung – fürchtet, bleibt Briest gelassen, fast gleichgültig: »kommen die Rathenower, so ist es gut, und kommen sie nicht, so ist es auch gut« (ebd.). Mit seiner Unabhängigkeit von der Zustimmung der ›guten Gesellschaft‹ bildet er einen Gegenpol nicht nur zu Luise von Briest, sondern auch zu Innstetten, der sich der ›Tyrannei‹ des »Gesellschafts-Etwas« unterwirft (vgl. 27/278). Diese Kontrastrelation wird schon am Verlobungstag in einem Gespräch Briests und Innstettens hergestellt, in dem Briest über die Freiheiten seines Lebens als Gutsherr spricht und sie gegen die Gebundenheit des Staatsdieners ausspielt, der »die Blicke beständig nach oben richten« müsse und »dann bloß immer Sinn und Merk für hohe und höchste Vorgesetzte« habe (3/21).

Briest, Dagobert von

Effis Vetter, ein junger Leutnant vom Regiment Alexander in Berlin. Er begleitet die Damen Briest während ihrer Einkaufswoche in Berlin, so oft es sein Dienst zulässt, macht seiner Cousine »sehr stark den Hof« (5/43) und führt Mutter und Tochter in Cafés, in den Zoologischen Garten oder in die Nationalgalerie, wo Effi, wie er witzelnd bemerkt, schon vor der Hochzeit die »Insel der Seligen« kennenlernen soll (3/24). Er ist ein immer gut gelaunter, »ungemein ausgelassener« junger Mann, der die besten Witze aus den »Fliegenden Blättern« sammelt (3/23) und »so wundervoll zu chaperonnieren und kleine Differenzen immer rasch auszugleichen« versteht, dass es »himmlische Tage für alle drei« werden (3/24).

Auch bei Effis Hochzeit sorgt er für Unterhaltung mit der »selbstgedichteten Rolle« als »Demuth’scher Kommis«, der der jungen Braut für die Hochzeitsreise einen Reisekoffer überbringt, der sich dann als »Riesenbonbonniere von Hövel« entpuppt (5/39). Bei der Rückkehr des Paares von der Hochzeitsreise findet er sich auf dem Bahnhof ein, um beiden den zweistündigen Aufenthalt bis zur Weiterfahrt nach Kessin mit einem Besuch des St. Privat-Panoramas und einem Gabelfrühstück zu überbrücken (vgl. 6/47 f.). Und als Effi zur Wohnungssuche in Berlin eintrifft, ist er abermals zur Stelle, macht seiner Cousine erneut Komplimente (vgl. 23/227; 231) und unterhält sie mit einem der neuerdings in Mode gekommenen Bibelwitze, dessen Auflösung sie freilich nicht versteht und »dumm« findet, dann aber als »gutes Zeichen« für ihr künftiges Berliner Leben nehmen möchte: »Leid soll mir nicht widerfahren« (23/230).

Durch Luise von Briests Frage an Effi, ob sie lieber Vetter Dagobert geheiratet hätte, was Effi weit von sich weist (vgl. 4/37 und 5/43), wird eine Kontrastrelation zwischen dem jungen, unbeschwerten Cousin und dem ältlichen und immer etwas steifen Innstetten hergestellt, die durch Anspielungen auf Dagoberts Schwäche für Effi unterstrichen wird (vgl. bes. 21/212).

Briest, Effi

Titelheldin des Romans, zu Beginn der erzählten Geschichte 17 Jahre alt, einziges, verwöhntes Kind der Briests auf Hohen-Cremmen, ein temperamentvolles junges Mädchen, in dessen Erscheinung sich »Übermut und Grazie« paaren (1/6) und dessen braune Augen eine »große, natürliche Klugheit und viel Lebenslust und Herzensgüte« verraten (1/6 f.). Weit entfernt von damenhaftem Betragen (vgl. 1/7), gekleidet in ein weites, »kittelartiges Leinwandkleid« (1/6), entfaltet sie im Spiel mit ihren Freundinnen Hulda, Bertha und Hertha ein kindliches, beinahe jungenhaftes Ungestüm (vgl. 2/14-16). »Immer am Trapez, immer Tochter der Luft« (1/7), hat sie eine Vorliebe für halsbrecherische Spiele, »am liebsten immer in der Furcht, daß es irgendwo reißen oder brechen und ich niederstürzen könnte«, und vertraut auf einen glimpflichen Ausgang: »Den Kopf wird es ja nicht gleich kosten« (4/37). Dem ausgeprägten »Hang nach Spiel und Abenteuer« (5/44) korrespondiert die tiefe Abneigung gegen einen Mangel an Abwechslung: »Was ich nicht aushalten kann, ist Langeweile.« (4/35)

Dass sie sich dennoch, dem Rat der Mutter folgend, mit dem 38-jährigen Landrat Geert von Innstetten verlobt, dessen Charakter mit dem ihren so deutlich kontrastiert, verweist auf einen gegenläufigen Wesenszug der Figur: Ihre Neigung zu naiver Anerkenntnis überkommener sozialer Normen und vorgeprägter Lebensregeln, die ihr einen Einspruch gegen die überstürzte Verlobung verbietet und nur ein »nervöses Zittern« zulässt (vgl. 2/18).

Diese Neigung schließt ein mit ähnlich naiver Selbstverständlichkeit geäußertes Standesbewusstsein ein, wie es sich etwa in ihrer Antwort auf Herthas Frage zeigt, ob Innstetten denn auch der »Richtige« sei: »Gewiß ist es der Richtige. Das verstehst du nicht, Hertha. Jeder ist der Richtige. Natürlich muß er von Adel sein und eine Stellung haben und gut aussehen.« (3/21) Die Anerkenntnis der Standesnorm ist stark genug, den Kontakt zu den eigenen Gefühlen zu unterbinden: »Wenn man zwei Stunden verlobt ist, ist man immer ganz glücklich. Wenigstens denk‘ ich es mir so.« (Ebd.) Auch das ›Genante‹, das dem unvermittelten Umschlag von Fremdheit in Intimität zwischen ihr und Innstetten anhaftet, muss der Norm untergeordnet und überwunden werden: »ich denke, ich werde darüber weg kommen« (ebd.).

Allerdings gehört Effi nach dem Urteil ihrer Mutter auch nicht zu denen, »die so recht eigentlich auf Liebe gestellt sind« (5/43 f.). Ihre Erwartungen an die Ehe sind deutlich von gesellschaftlichem Ehrgeiz und dem Bedürfnis nach Zerstreuung und Vergnügung geprägt (vgl. 4/35 und 5/44). Ihre Reaktion auf die von der Mutter ins Spiel gebrachte Frage, ob sie lieber den unterhaltsamen Vetter Dagobert heiraten würde, lässt erkennen, wieviel ihr an gesellschaftlichem Glanz liegt: Vetter Briest sei »ja noch ein halber Junge«, Innstetten dagegen »ein Mann, ein schöner Mann, ein Mann, mit dem ich Staat machen kann und aus dem was wird in der Welt« (4/37; vgl auch 5/43).

Dem Sinn für gesellschaftlichen Vorrang korrespondiert Effis Sinn für das Besondere, das ›Aparte‹, der bei den Einkäufen mit der Mutter in Berlin zutage tritt: »An dem Besitze mehr oder weniger alltäglicher Dinge« liegt ihr wenig, aber wenn es »ausnahmsweise 'mal wirklich etwas zu besitzen galt, so mußte dies immer 'was ganz Apartes sein« (3/24 f.). Als »was Apartes« erscheint ihr später, in Kessin, auch die bunt zusammengewürfelte Einwohnerschaft der Stadt (vgl. 6/53), mehr noch die Chinesengeschichte und besonders die Trippelli (10/100). Innstetten warnt sie vor dem ›Aparten‹: »Was Dir so verlockend erscheint […] – das bezahlt man in der Regel mit seinem Glück« (10/100 f.) – eine zweischneidige Warnung, denn es ist ja nicht zuletzt seine eigene Neigung zum ›Aparten‹ (zu Spukgeschichten), die ihrer beider Unglück mit befördert (vgl. 16/154 f.).

Seinen Ausgangspunkt hat dieses Unglück aber in dem eintönigen Leben in Kessin, das Effis Charakter und Bedürfnissen gründlich zuwiderläuft und dem entgegenzuwirken Innstetten wenig unternimmt. Auch fehlt ihm das Talent, seiner jungen Frau das einsame, ganz auf Haus und »Plantage« (15/140) eingeschränkte Leben durch »Huldigungen, Anregungen, kleine Aufmerksamkeiten« zu vergelten (13/119). Vielmehr gibt er ihr schon zwei Monate nach der Hochzeit Anlass zu der halb scherz-, halb ernsthaften Bemerkung, er sei »frostig wie ein Schneemann« (9/77). Die »Huldigungen eines guten Menschen«, auf die sie angewiesen ist, erfährt sie von Gieshübler, nicht von ihrem Mann (12/113), und Beistand in ihren Ängsten in dem »Spukhaus« (12/116) leistet Rollo, nicht Innstetten. Dessen Unverständnis und merkwürdiges Verhalten zur Frage des Spuks, mit dem er, wenn man Crampas glauben darf, ›erzieherische‹ Absichten verfolgt, kränken Effi tief (vgl. 17/157).

Ihre kurze, aber Jahre später so folgenreiche Affäre mit Crampas ist gleichwohl weder Revanche an ihrem unachtsamen Ehemann, den sie respektiert, noch Ausdruck tieferer Gefühle für Crampas, den sie nicht liebt (vgl. 33/325). Sie ist vielmehr ihrem ungestillten Bedürfnis nach Abwechslung, Aufmerksamkeit und Zuwendung geschuldet, nicht zuletzt auch ihrer Lust an Abenteuer und Gefahr. »Das Verbotene, das Geheimnisvolle hatte seine Macht über sie.« (20/199)

Obwohl sie sich »wie eine Gefangene« dieser »Macht« fühlt und sehr darunter leidet (20/198), fehlt ihr die Kraft, das Verhältnis aus eigenem moralischem Entschluss zu beenden. Erst der Umzug nach Berlin bringt die »Rettung« (27/275). »Sie läßt sich gern treiben, und wenn die Welle gut ist, dann ist sie auch selber gut. Kampf und Widerstand sind nicht ihre Sache«, bemerkt ihre Mutter, ohne zu ahnen, was der Leser schon weiß (24/255). Der Erzähler bestätigt ihr Urteil: Effi ist »keine starke Natur«, ihren Einsichten fehlt die »Nachhaltigkeit«, so dass »alle guten Anwandlungen […] wieder vorüber[gehen]« (20/199). Bei alledem bewahrt sie jedoch ihre Ehrlichkeit vor sich selbst: »sie sah alles klar und beschönigte nichts« (ebd.).

Der Umzug nach Berlin nimmt ihr die Entscheidung ab, nicht aber ihre Schuldgefühle, die sie während ihres Aufenthaltes in Hohen-Cremmen nach der Dänemark-Reise in einem nächtlichen Selbstgespräch schonungslos analysiert: Nicht die moralische Schuld belaste sie, sondern die »ewige Furcht«, dass ihr Fehltritt »doch am Ende noch an den Tag« kommen könnte (24/258). Und auch ihre Schamgefühle seien nicht in der Ordnung: Sie schäme sich nicht ihrer Untreue, sondern des »Komödienspiels« (20/199), das sie treiben musste, um die Affäre zu verheimlichen: »Ich schäme mich bloß von wegen dem ewigen Lug und Trug; immer war es mein Stolz, daß ich nicht lügen könne und auch nicht zu lügen brauche, lügen ist so gemein, und nun habe ich doch immer lügen müssen, vor ihm und vor aller Welt, im großen und im kleinen […]. Ja, Angst quält mich und dazu Scham über mein Lügenspiel. Aber Scham über meine Schuld, die hab‘ ich nicht oder doch nicht so recht oder doch nicht genug, und das bringt mich um, daß ich sie nicht habe.« (24/258)

Im Laufe der nächsten Jahre fallen die »Beängstigungen« allmählich von ihr ab. »Die Liebe, mit der ihr nicht nur Innstetten, sondern auch fernerstehende Personen begegneten«, das kurzweilige Berliner Leben und gesellschaftlicher Erfolg – Effi wird Ehrendame der Kaiserin – sorgen dafür, dass sich nach und nach alles »wie ein Nebelbild« auflöst (25/262).

Umso härter trifft sie dann, sechs Jahre später, die Scheidung, die Innstetten nach der Entdeckung der Affäre vollzieht und die ihr alle Entfaltungsspielräume nimmt. Das triste Dasein einer geschiedenen Frau, die, von der Gesellschaft gemieden und von ihrem Kind strikt getrennt, von nahezu jedem geselligen Kontakt abgeschnitten leben muss, wird durch die Weigerung der Eltern, sie in Hohen-Cremmen aufzunehmen, noch verschärft. Die Treue Roswithas und die Malstunden bei dem liebenswürdigen alten Malerprofessor können die Einsamkeit und das Leiden daran, »daß einem die Welt so zu ist« (32/315), nur oberflächlich mildern. Als sie dann drei Jahre später, nach dem Nervenzusammenbruch, den sie nach dem unglücklichen Wiedersehen mit Annie erleidet, doch noch nach Hohen-Cremmen zurückkehren darf, lebt sie zwar noch einmal auf, aber ihre Lebenskräfte sind geschwunden. »Das Hüsteln ließ nach, der herbe Zug, der das so gütige Gesicht um ein gut Teil seines Liebreizes gebracht hatte, schwand wieder hin, und es kamen Tage, wo sie wieder lachen konnte.« (34/329) Aber »auf Effis Gesundheit hin angesehen, war es doch alles nur Schein, in Wahrheit ging die Krankheit weiter und zehrte still das Leben auf« (34/330).

Sie selbst nimmt davon nichts wahr, sondern genießt das Glück, wieder in Hohen-Cremmen und mit den geliebten Eltern versöhnt zu sein (vgl. 34/330). Am Ende aber sieht sie ihrem Tod mit eigentümlicher Gelassenheit entgegen: »es hat nicht viel zu bedeuten, wenn man von der Tafel etwas früher abgerufen wird« (36/347). Sie hat ihre Bitterkeit gegen Innstetten überwunden, weiß sich »mit Gott und Menschen versöhnt, auch versöhnt mit ihm« (ebd.), und bittet ihre Mutter, Innstetten wissen zu lassen, dass sie in der Überzeugung gestorben sei, »daß er in allem recht gehandelt« habe (36/348). Ihr letztes Wort über ihn fällt freilich weniger eindeutig aus: »er hatte viel Gutes in seiner Natur und war so edel, wie jemand sein kann, der ohne rechte Liebe ist« (ebd.).

Briest, Luise von

Effis Mutter, eine »schöne, schlanke« Frau (1/7), zu Beginn der erzählten Geschichte 38 Jahre alt (vgl. 1/11), eine geborene Belling aus Schwantikow, einem Gut in der Nachbarschaft des Briestschen Gutes Hohen-Cremmen (vgl. 1/11).

Luise von Briest hat, wie sich in mehreren Gesprächen mit ihrem Mann zeigt, ein recht genaues und differenziertes Bild von Effis Charakter. Sie kennt auch Innstetten, der, als er »noch keine Zwanzig« war (ebd.), erfolglos um ihre Hand angehalten hatte und nun um die ihrer Tochter wirbt. Sie kann also die markanten Unterschiede beider Charaktere einschätzen. Dennoch rät sie ihrer Tochter, den Heiratsantrag des 38-Jährigen (den Effi zwei Tage zuvor zum ersten Mal gesehen hat) anzunehmen, und versieht diesen Rat sogar mit einigem Nachdruck (vgl. 2/18).

Zwei Gründe dürften für dieses Verhalten verantwortlich sein. Zum einen ist ihr Denken stark von den Normen und Konventionen ihres Standes bestimmt: Dass Effi durch eine Heirat mit einem erfolgreichen und ehrgeizigen Beamten wie Innstetten »mit zwanzig Jahren« da stehen wird, »wo andere mit vierzig stehen« (ebd.), ist in ihren Augen ein starkes Argument für diese Ehe, wohl das stärkste und ausschlaggebende. Denn zum anderen hat sie eine illusionslose Auffassung von dem Leben, das Frauen in der Ehe erwartet. Dass »die Frau in einer Zwangslage sei«, die ihr ein selbstbestimmtes Leben verwehrt, steht für sie fest (5/47), ja mehr: Sie ist auch überzeugt, dass jeder Mann seine Frau nolens volens »quält« schon dadurch, dass er das gemeinsame Leben an seinen Vorstellungen und Vorlieben ausrichtet (5/41). Liebe und Zuneigung scheint sie deshalb für eher nachrangige Kriterien der Partnerwahl zu halten und ist sich sicher, dass ihre Tochter von Glück sagen kann, in Innstetten doch immerhin einen »Mann von Charakter, von Stellung und guten Sitten« zu bekommen (2/18).

Darauf, dass sie sich in ihrer eigenen Ehe in einer »Zwangslage« befindet, deutet allerdings nichts hin, eher im Gegenteil. Briest ist ein gutmütiger Skeptiker, der dazu neigt, seiner Frau das Heft des Handelns zu überlassen. Das gilt insbesondere für den Entschluss, Effi nach ihrer Scheidung nicht in Hohen-Cremmen aufzunehmen (vgl. 31/301 f.), an dem Frau von Briest selbst nach Rummschüttels alarmierendem Brief noch festzuhalten geneigt scheint (vgl. 34/328).

Erst spät, erst am Grab ihres Kindes, stellt sie sich die Frage, die der Leser sich schon am Beginn der Geschichte stellt: »ob sie nicht doch vielleicht zu jung war?« (36/350)

Buddenbrook

Ein in Treptow lebender Freund von Crampas, der ihm beim Duell sekundiert. Wüllersdorf, der Buddenbrook am Tag zuvor kennengelernt hat, gibt Innstetten vor dem Duell eine kurze Charakteristik: Er sei ein »famoser Mann, schneidig und doch zugleich wie ein Kind« (28/283). Er habe sich über Innstettens Forderung kaum beruhigen können, dann aber, nachdem Wüllersdorf ihm die Gründe auseinandergesetzt habe, schließlich eingesehen: »Sie haben recht, es muß sein« (ebd.).

Chinese

Hauptfigur der Chinesen-Geschichte, von der in Kessin immer noch gesprochen wird und die Innstetten seiner Frau erzählt (vgl. 10/97-100). Der Chinese war Diener des Kapitän Thomsen, der vormals mit seiner Nichte (oder Enkelin) in Innstettens Haus lebte. Thomsen hielt »so große Stücke« auf ihn, »daß er eigentlich mehr Freund als Diener war« (10/99). Auf der Hochzeit der Nichte mit einem Kapitän verschwand die Braut auf rätselhafte Weise, kurz nachdem sie mit dem Chinesen getanzt hatte, der vierzehn Tage nach ihrem Verschwinden starb. Thomsen kaufte ein Stückchen Land in den Dünen, wo er ihn begrub. Pastor Trippel »soll gesagt haben: Man hätte ihn auch ruhig auf dem christlichen Kirchhof begraben können, denn der Chinese sei ein sehr guter Mensch gewesen und gerade so gut wie die anderen« (10/99). – Roswitha und Frau Kruse glauben, dass hinter dem mysteriösen Geschehen eine »unglückliche Liebe« steckt, »oder es kann auch eine glückliche gewesen sein und der Chinese konnte es bloß nicht aushalten, daß es alles mit einemmal so wieder vorbei sein sollte« (21/205).

Dass das Haus seit diesem Vorkommnis in der Stadt als »Spukhaus« gilt, wie Innstetten später bemerkt (28/284), hängt mit den Geräuschen oben im Saal zusammen, die Innstettens Dienerschaft nach Bezug des Hauses gehört hat und die auch Effi in ihrer ersten Nacht in Kessin ängstigen: »Es war, als tanze man oben, aber ganz leise.« (7/61) Nach einigem Rätselraten, so berichtet Johanna, habe man schließlich die Ursache gefunden: Da der Saal »etwas multrig und stockig« sei, stünden dort immer die Fenster offen, und der Zug fege »die alten weißen Gardinen, die außerdem viel zu lang sind, über die Dielen hin und her. Das klingt dann so wie seid‘ne Kleider, oder auch wie Atlasschuhe« (ebd.).

Für Effi hat ein Chinese schon an und für sich »immer was Gruseliges« (6/52), so dass sie, noch bevor sie Näheres über Kapitän Thomsens Chinesen gehört hat, schon durch dessen bloße Erwähnung (vgl. 6/51) und erst recht durch das kleine Papierbildchen eines Chinesen beunruhigt ist, das Johanna und Christel an die Lehne eines alten Binsenstuhls im leerstehenden Obergeschoss des Kessiner Hauses geklebt haben (vgl. 8/69, 9/87). Der Chinese, den sie in ihrem Albtraum an sich vorbeihuschen fühlt (vgl. 9/86 f.), hat denn auch die Gestalt des Chinesen auf dem Papierbildchen (vgl. 10/91). Erst am Tag nach dieser ›Spuknacht‹ erzählt Innstetten ihr die Geschichte von der Nichte des Kapitäns und dem Chinesen, der fortan zum Kristallisationspunkt ihrer Ängste wird, denen entgegenzuwirken Innstetten merkwürdig wenig unternimmt. Wenn man Crampas glauben darf, benutzt er den vermeintlichen Spuk als »Erziehungsmittel«, als »eine Art Angstapparat aus Kalkül«, um seine Frau »in Ordnung zu halten« (17/157).

Effi ist allerdings ehrlich genug, Projektionen ihrer Schuldgefühle als solche zu durchschauen: »›Ich weiß schon, was es ist; es war nicht der‹, und sie wies mit dem Finger nach dem Spukzimmer oben. ›Es war 'was anderes ... mein Gewissen ... Effi, du bist verloren.‹« (20/199)

Nach dem Umzug nach Berlin zeigt sich, dass Johanna das Papierbildchen des Chinesen mitgenommen hat und in ihrem Portemonnaie verwahrt (vgl. 24/245).

Christel (Kristel)

Köchin in Innstettens Kessiner Haushalt. Sie und Johanna haben das Chinesenbildchen an den Binsenstuhl in einem der unbenutzten Zimmer im Obrgeschoss geklebt, vor dem Effi sich fürchtet (vgl. 8/69, 9/87). Zu Johannas Missfallen ist Christel nicht sehr gesprächig (vgl. 9/84), und Roswitha findet die Köchin langweilig (vgl. 21/207). Den Wechsel nach Berlin macht Christel nicht mit, sie fühlt sich dafür zu alt (vgl. 24/241). In Berlin übernimmt Roswitha die Küche (vgl. 24/243).

Von Kapitel 13 an wechselt die Schreibung des Namens mit einer Ausnahme (21/207) zu »Kristel« (S. 124 u.ö.).

Crampas, Frau von

Ehefrau des Majors von Crampas, 45 Jahre alt und, wie Effi in einem Brief an ihre Mutter betont, »keine Geborene«, d. h. bürgerlicher Herkunft (13/122). Als das Paar sich mit seinen zwei Kindern »von zehn und acht Jahren« (ebd.) im April in Kessin ansiedelt, hofft Effi auf Milderung des »gesellschaftlichen Notstand[s]«, in dem sie sich in Kessin befindet (13/121). Doch die Verbindung der beiden Ehepaare kommt nicht in Gang. Das liegt an Frau von Crampas, die, wie Effi ihrer Mutter schreibt, »immer verstimmt, beinahe melancholisch« ist, »und das alles aus Eifersucht« (13/122).

Zu Eifersucht hat sie allerdings auch allen Anlass, denn Crampas hat den Ruf, »ein Mann vieler Verhältnisse« zu sein (ebd.). Beim ersten Besuch des Paares in Innstettens Haus beobachtet sie ihren Mann und Effi scharf. Auch ein späterer Versuch Effis, mit ihr auf einen »Umgangsfuß« zu kommen, scheitert (16/148). Bei der Aufführung des Theaterstücks möchte die Majorin Effi am liebsten »vom Erdboden vertilgen«, und Crampas ist dadurch »wie befangen« (18/171). Nach Innstettens Beobachtung ›eskamotiert‹ er seine Frau und »erfindet immer etwas, sie zu Hause zu lassen« (18/172).

In ihrer melancholischen Verstimmung erinnert Frau von Crampas Effi an die gemütskranke Frau Kruse (vgl. 13/122). Auch Innstetten zieht diesen Vergleich, aber Effi erkennt dann doch einen Unterschied zwischen beiden: »Die arme Majorin ist unglücklich, die Kruse ist unheimlich.« (18/171)

Crampas, Major von

Der neue »Landwehrbezirkskommandeur« in Kessin (13/121), »verheiratet, zwei Kinder von zehn und acht Jahren« (13/122), »ein schöner Mann« (20/196) mit »rotblonde[m] Sappeurbart« (20/192), zu Beginn der Geschichte 44 Jahre alt, »die Frau ein Jahr älter« (13/122). Ihm eilt der Ruf voraus, »ein Mann vieler Verhältnisse« zu sein (ebd.). Dass er »um eben solcher Dinge willen« ein Duell gehabt hat, von dem eine dauerhafte Beeinträchtigung seines linken Arms herrührt, imponiert Effi (ebd.). Innstetten kennt ihn von früher, beide waren im Deutsch-Französischen Krieg in derselben Brigade (vgl. 13/123).

In Gegenwart seiner stets eifersüchtigen Frau verlegen oder befangen, kann Crampas in ihrer Abwesenheit »ausgelassen und übermütig« sein. »Vollkommener Kavalier, ungewöhnlich gewandt«, urteilt Effi (13/123). Dass er einiges Talent hat, seine »arme Frau zu eskamotieren«, und »immer etwas [erfindet], sie zu Hause zu lassen«, findet sie zwar »häßlich« (18/172), zeigt sich aber für seinen Charme durchaus empfänglich (vgl. 15/144-148). Ein »guter Causeur« (16/152), unterhält er sie bei den gemeinsamen Ausritten mit anspielungsreichen Plaudereien, mit Gedichten und Geschichten seines Lieblingsdichters Heine, steht aber auch nicht an, »Anekdoten und kleine Charakterzüge von Innstetten« zu erwähnen (ebd.), die ein wenig schmeichelhaftes Bild des ehemaligen Kameraden zeichnen und Effi nahelegen, Innstettens Umgang mit den Spukgeschichten um den Chinesen als bewusste ›erzieherische‹ Maßnahme zu deuten (vgl. 16/155-157).

Gesellschaftliche Normen haben für Crampas keine bindende Kraft. Ihre Geltung hält er für »zufällig« und ist überzeugt, dass das Glück gerade »jenseits davon« liegt (27/274). »Gesetzlichkeiten« findet er »langweilig« (16/150), plädiert für »Leichtsinn«, ohne den »das ganze Leben keinen Schuß Pulver wert« sei, und vertraut darauf, dass »der Himmel […] nicht gleich einstürzen [wird]« (16/151). In Innstettens Augen ist er eine »Spielernatur«: »Er spielt nicht am Spieltisch, aber er hazardiert im Leben in einem fort« (18/172).

Seine Liebesaffäre mit Effi bestätigt diese Einschätzung. Er nimmt sie als ein riskantes Spiel, dessen Gewinn den hohen Einsatz lohnt: »Leichtsinn ist das beste, was wir haben.« (27/275) Aus dem Spiel Ernst zu machen, wie Effi wünscht, liegt ihm fern, und der Grund, den er dafür angibt, die Rücksicht auf seine Frau, wird durch seinen Tod im Duell – wenn nicht schon durch das Leiden seiner Frau an seinen zahlreichen Affären – ad absurdum geführt (vgl. ebd.).

Als er nach Jahr und Tag, als Wüllersdorf ihm Innstettens Forderung überbringt, den Spieleinsatz zahlen muss, ringt er nur kurz um Fassung, »und von da ab«, berichtet Wüllersdorf erschüttert, »war alles an ihm wehmütige Resignation. Es ist mir ganz sicher, er hat das Gefühl, aus der Sache nicht heil herauszukommen, und will auch nicht. Wenn ich ihn richtig beurteile, er lebt gern und ist zugleich gleichgültig gegen das Leben. Er nimmt alles mit und weiß doch, daß es nicht viel damit ist« (28/282 f.).

Innstettens Kugel trifft ihn tödlich, sterbend möchte er seinem Kontrahenten noch etwas sagen, bringt aber nur noch die Worte »Wollen Sie ...« hervor (28/286). Der Blick des Sterbenden geht Innstetten nach, er scheint ihm sagen zu wollen: »Innstetten, Prinzipienreiterei ... Sie konnten es mir ersparen und sich selber auch.« Und Innstetten »klingt so 'was in der Seele«, dass er »vielleicht recht [hatte]« (29/287).

Die charakterlichen Merkmale der drei Hauptfiguren des Romans sind präzise aufeinander bezogen: Crampas‘ Neigung zu »Leichtsinn« korrespondiert mit Effis Lust an Abenteuer und Gefahr (vgl. 4/37), sein Vertrauen darauf, dass »der Himmel […] nicht gleich einstürzen« wird, mit ihrer Zuversicht, dass es den »Kopf […] ja nicht gleich kosten« wird (4/37). Innstetten, der »Mann von Prinzipien« (4/38), steht mit seiner unbedingten Korrektheit und seiner entschiedenen Anerkenntnis gesellschaftlicher Normen in deutlichem Gegensatz zu beiden. Die Merkmalsrelationen zwischen den drei Figuren illustriert beispielhaft der kurze Disput über die Robbenjagd (16/150 f.).

Engelbrecht

Ein Husarenleutnant, der auf Effis und Innstettens Polterabend zusammen mit Hulda Niemeyer an der Aufführung der ›Holunderbaumszene‹ aus Kleists »Käthchen von Heilbronn« als Wetter vom Strahl mitwirkt (vgl. 4/27).

Eschrich

Konsul in Kessin, der die Rettungsaktion für die Besatzung eines vor dem Kessiner Hafen havarierten englischen Schiffes leitet (vgl. 20/196 f.).

Flemming

Adelsfamilie in der Umgebung von Kessin, mit der Innstetten und Effi verkehren (vgl. 12/155, 13/118 u.ö.).

Friedrich

Innstettens Bursche, der ihm seit vielen Jahren dient (vgl. 6/55) und in Kessin als Hausdiener wirkt. Hausmädchen Johanna findet ihn langweilig, er sei so »dusig« (d.h. schläfrig, töricht) und »auch so vorsichtig und will mit der Sprache nicht heraus« (9/84). Ähnlich urteilt auch Roswitha (vgl. 21/207). Wie Köchin Christel lehnt auch Friedrich es ab, mit der Familie nach Berlin umzuziehen, dafür sei er zu alt (vgl. 24/241).

Gellenhagen, Roswitha

Dienstmädchen der Witwe Rode, das nach dem plötzlichen Tod der Witwe verlassen an deren Grab auf dem Kessiner Friedhof sitzt, wo Effi sie trifft und spontan als Kindermädchen für Annie engagiert (vgl. 13/131 f.). Die »gute, robuste Person« (13/129) war ihr schon vorher aufgefallen: »Gute braune Augen, die einen treu und zuversichtlich ansehen. Aber ein klein bißchen dumm.« (13/125) Was Roswitha an Intelligenz fehlt, macht ihre Herzensbildung wett. Sie ist der einzige Mensch, der Effi auch nach der Scheidung die Treue hält. Sie gibt ihre Stellung in Innstettens Haushalt auf und teilt Effis bescheidenes Leben in Berlin, ist auch in Hohen-Cremmen an ihrer Seite und sorgt mit einem Bittbrief an Innstetten dafür, dass Rollo, den Effi bei ihren einsamen Spaziergängen vermisst, nach Hohen-Cremmen kommt.

Roswitha stammt aus dem Eichsfeld, sie ist eine »Kattolsche«, die es im protestantischen Norden schwer hat (13/131). Als junges Mädchen wurde sie schwanger, der Vater, ein Schmied, ging mit einer glühenden Eisenstange auf sie los, der sie mit knapper Not entkam. Nach der Entbindung nahm man ihr das Kind weg, und sie verdingte sich als Amme in Halle (vgl. 21/208 f.; 13/132). Das traumatische Erlebnis belastet sie dauerhaft. »Mitunter träume ich noch davon, und dann bin ich den andern Tag wie zerschlagen. Solche grausame Angst ...« (21/208)

Roswitha mildert mit ihrer bloßen Gegenwart Effis Furcht vor dem ›Spuk‹ und nimmt ihr die Angst vor der Niederkunft (vgl. 14/134 f.). Das besondere Vertrauensverhältnis, dass Effi zu ihr unterhält, verschafft ihr eine leicht bevorzugte Stellung gegenüber Johanna, die es aber nicht zu Rangstreitigkeiten kommen lässt, weil sie, die ihrerseits Effis volle Wertschätzung genießt, sich der »halb bäurisch gebliebene[n]« Roswitha überlegen fühlt (26/267).

Dass Effi nach der Scheidung sparsam leben muss, schreckt Roswitha nicht davon ab, die gut bezahlte Stellung bei Innstetten aufzugeben und fortan Effi als Hausmädchen zu dienen. »Für Roswitha ist alles gut, was sie mit der gnädigen Frau teilen muß, und am liebsten, wenn es 'was Trauriges ist.« (32/312)

Ihren rührenden Bittbrief an Innstetten, Rollo betreffend, kommentiert Wüllersdorf kurz und trocken: »Ja, […] die ist uns über.« (35/339) Innstetten wühlt dieser Brief tief auf und provoziert ihn zu dem Geständnis, dass sein Leben »verpfuscht« sei (35/340).

Die identischen Anlaute der Namen Rollo und Roswitha sind wohl kein Zufall: Roswitha verkörpert in ihrer schlichten, gesellschaftliche Normen unterlaufenden Treue zu Effi das, was Fontane den »natürliche[n] Mensch[en]« nennt (Brief an Georg Friedländer vom 1. Mai 1890), Rollo die (als sittliche Qualität gedachte) Natur selbst.

Gieshübler, Dr. Alonzo

Inhaber der »Mohrenapotheke« in Kessin, »ein kleiner, schiefschultriger und fast schon so gut wie verwachsener Herr« (8/70), »unsere beste Nummer hier«, wie Innstetten bemerkt, »Schöngeist und Original und vor allem Seele von Mensch« (6/58). Er macht Effi gleich an ihrem ersten Tag in Kessin seine Aufwartung und erliegt ihr augenblicklich (vgl. 8/71-74). Fortan ist er ihr ergebener Freund, lässt ihr durch seinen Diener, den er nach einem afrikanischen »Räuberhauptmann« Mirambo nennt, fast täglich kleine Aufmerksamkeiten – Blumen, Konfekt, Zeitungsausschnitte, Modejournale – bringen und ist für sie der einzige Lichtblick in der ansonsten wenig attraktiven Kessiner Gesellschaft: »Ich steh‘ und falle mit Gieshübler. Es klingt etwas komisch, aber er ist wirklich der einzige mit dem sich ein Wort reden läßt, der einzige richtige Mensch hier.« (9/78)

Gieshübler ist Junggeselle, sein »romantischer Name« (8/73), Alonzo, widerspricht seinem prosaischen Nachnamen wie seinem verwachsenen Körper, der ihm von Jugend an Entsagung zugedacht hat. Er sei »eigentlich nie jung gewesen«, lässt er Effi wissen, und das sei »das traurigste« an seinem Los. »Man hat keinen rechten Mut, man hat kein Vertrauen zu sich selbst, man wagt kaum, eine Dame zum Tanz aufzufordern, weil man ihr eine Verlegenheit ersparen will, und so gehen die Jahre hin, und man wird alt, und das Leben war arm und leer.« (vgl. 8/72)

Dennoch geht ihm jede Neigung zu Bitterkeit ab. Gieshübler, ein Menschenfreund, kompensiert sein Defizit mit kultivierten Umgangsformen (vgl. 11/105), einem ausgeprägten Sinn für die gute Küche (vgl. 11/106) und mit einer sorgfältig gepflegten Liebe zum Schönen, zum Naturschönen – er zieht Blumen in seinem Treibhaus – wie zum Kunstschönen. Sein ganzer Stolz ist Marietta Trippelli, seine »enthusiastisch« geliebte »Künstlerfreundin« (11/105), deren Gesangstalent er früh erkannt und gefördert hat (vgl. 10/100) und die er auch weiterhin unterstützt (vgl. 15/141 f.). Er ist Stadtrat und Magistratsmitglied und Mitglied der städtischen Ressource.

Effis Schicksal erschüttert ihn tief. »Er konnte sich nicht beruhigen, und zuletzt brach der kleine Mann in Tränen aus«, berichtet Wüllersdorf nach dem Duell (29/289). »Der liebenswürdigste Pucklige, den ich je gesehen. […] Es wäre zu wünschen, daß es mehr Gieshübler gäbe. Es giebt aber mehr andere.« (Ebd.)

Gizicki, Herr und Frau

Junges Ehepaar, das in Berlin im Stockwerk über Effis und Innstettens Wohnung in der Keithstraße wohnt und das Innstetten häufiger zu abendlichen Plaudereien einlädt. Gizicki ist Landgerichtsrat, seine »kluge, aufgeweckte Frau« eine geborene von Schmettau (25/261). Das Paar hat bis vor kurzen in einer kleinen oberschlesischen Stadt gelebt, so dass man sich lebhaft über kleinstädtisches Leben austauscht (vgl. 25/261 f.). Gizicki, »ein sehr gütiger Herr«, verfasst auf Roswithas Bitte ein Begrüßungsgedicht, das Annie bei Effis Rückkehr von der Kur aufsagen soll (26/268).

Golchowski

Inhaber des Gasthauses »Zum Fürsten Bismarck«, das in der Nähe der Bahnstation Klein-Tantow an einer Gabelung der Chaussee liegt, an der es rechts nach Kessin und links nach Dorf und Schloss Varzin geht, einem Wohnsitz Bismarcks. Als Effi und Innstetten am Ende ihrer Hochzeitsreise Mitte November vom Bahnhof Klein-Tantow nach Kessin fahren, steht er in Pelz und Pelzmütze vor seinem Gasthof und grüßt den Landrat, indem er seine Pelzmütze »mit vieler Würde« abnimmt (6/49). Effi meint, er sehe aus wie ein Starost, und Innstetten bestätigt, er sei »auch so 'was«, ein »halber Pole« (6/49). Innstetten hält ihn für einen »ganz unsichere[n] Passagier«, traut ihm nicht über den Weg und vermutet, dass er »viel auf dem Gewissen hat« (ebd.). Auch Bismarck schätze den Mann nicht, berichtet er weiter, aber man brauche ihn als Agenten im Wahlkampf, denn er habe »hier die ganze Gegend in der Tasche« und verstehe die »Wahlmache wie kein anderer« (ebd.). Er gilt als wohlhabend und verleiht Geld zu Wucherzinsen.

Einen Monat später kehren Effi und Innstetten während einer Spazierfahrt in Golchowskis Gasthof ein und werdem mit einem »vorzügliche[n] Déjeuner« bewirtet (11/101). Zum Dessert bittet Innstetten den Wirt an den Tisch und lässt sich von ihm die neuesten Geschichten aus der Gegend berichten. Anschließend führt Golchowski das Paar auf Effis Wunsch zu dem Bahndamm hinter seinem Anwesen, wo sie den Schnellzug von Danzig nach Berlin vorbeifahren sehen (vgl. 11/102 f.).

Als Effi ein gutes Jahr später Kessin verlässt, steht Golchowski wie bei ihrer Ankunft wieder vor seiner Türe (vgl. 22/225).

Grasenabb

Eine der Adelsfamilien in der Umgebung von Kessin, denen Effi und Innstetten bald nach der Rückkehr von ihrer Hochzeitsreise »den pflichtschuldigen Besuch« abstatten (9/75). »Der Eindruck, den Effi empfing, war überall derselbe: mittelmäßige Menschen von meist zweifelhafter Liebenswürdigkeit, die, während sie vorgaben, über Bismarck und die Kronprinzessin zu sprechen, eigentlich nur Effi‘s Toilette musterten« (ebd.). Die in Kroschentin sitzenden Grasenabbs halten Effi für eine Atheistin (ebd.). Zwar versucht die alte Frau von Grasenabb, eine »Süddeutsche (geborene Stiefel von Stiefelstein)«, Effi immerhin »für den Deismus zu retten«, aber ihre Tochter Sidonie schneidet jede Diskussion barsch ab: »einfach Atheistin, kein Zoll breit weniger, und dabei bleibt es« (ebd.).

Grasenabb, Sidonie von

Tochter der alten Grasenabbs in Kroschentin, eine »dreiundvierzigjährige alte Jungfer« (9/75), deren jederzeit zur Schau getragene Strenggläubigkeit als Verbrämung eines engherzigen, missgünstigen und bornierten Charakters ins Bild gesetzt wird. Bei Effis und Innstettens Antrittsbesuch in Kroschentin fasst sie sofort eine lebhafte Abneigung gegen die junge, schöne Baronin und nennt sie eine Atheistin (vgl. ebd.). Auch sonst lässt sie an ihren Mitmenschen selten ein gutes Haar, bemängelt etwa Pastor Lindequists Predigten (vgl. 14/136), hält sich über die kokette Förstertochter Cora Ring auf (vgl. 18/176, 19/178 f.) und sieht mit ihrem »Kassandrablick« (19/180) allenthalben einen Mangel an »Zucht« um sich greifen, der »die Signatur unserer Zeit« sei (18/176). Auf der Rückfahrt von der Gesellschaft bei Oberförster Ring quartiert sie sich in dem landrätlichen Schlitten ein und plagt Effi mit ihren tadelsüchtigen Reden (vgl. 19/184 f.).

Güldenklee

Eine der Adelsfamilien in der Umgebung von Kessin, denen Effi und Innstetten bald nach der Rückkehr von ihrer Hochzeitsreise »den pflichtschuldigen Besuch« abstatten (9/75). »Der Eindruck, den Effi empfing, war überall derselbe: mittelmäßige Menschen von meist zweifelhafter Liebenswürdigkeit, die, während sie vorgaben, über Bismarck und die Kronprinzessin zu sprechen, eigentlich nur Effi‘s Toilette musterten« (ebd.). Der Besuch bei den Güldenklees auf Papenhagen am 2. Dezember ist der letzte Antrittsbesuch des Paars. Dabei verwickelt der alte Baron Güldenklee Innstetten ohne Rücksicht auf die Damen in politische Themen und schwadroniert über Louis Napoléon und den Deutsch-Französischen Krieg (vgl. 9/76 f.). Der Alte, der als der »beste Redner des Kreises« gilt und deshalb bei Festlichkeiten »nicht leicht fehlen« darf (18/175), mokiert sich in seiner Rede bei Oberförster Ring über die »Judengeschichte« von den »drei Ringen« (d.i. die Ringparabel in Lessings »Nathan der Weise«), die »wie der ganze liberale Krimskrams« nur »Verwirrung und Unheil« gestiftet habe und noch stifte (19/181). Der Beifall, den er erntet, geht über in das Absingen des Preußenliedes (vgl. 19/182).

Hannemann, Dr.

Arzt in Kessin, ein Däne, der in seiner Jugend »Schiffschirurgus auf einem Grönlandfahrer« war (18/175), dann lange auf Island gelebt und ein Buch über einen Vulkanausbruch auf Island geschrieben hat (vgl. 6/52). Nach Annies Geburt, bei der Effi sich dem »guten alten Doktor« (6/52) anvertraut, meint er, Effis Hand tätschelnd: »Wir haben heute den Tag von Königgrätz; schade, daß es ein Mädchen ist. Aber das andere kann ja nachkommen, und die Preußen haben viele Siegestage.« (14/135) – Hannemann nimmt an der »Weihnachtsréunion« (19/180) bei Oberförster Ring teil und begutachtet die Verletzung, die Mirambo durch ein ausschlagendes Pferd erlitten hat (vgl. 19/182).

Die »Kur«, die er Effi im zweiten Kessiner Winter verordnet (20/199), bietet Effi eine willkommene Gelegenheit, die Einladungen der Borckes, Flemmings, Grasenabbs und Güldenklees auszuschlagen (vgl. 20/199 f.), und sein Rat zu »Bewegung und frische[r] Luft« (20/200) liefert ihr den Vorwand zu Spaziergängen, bei denen sie Crampas heimlich trifft (vgl. 20/200 f., 21/204 f.).

Jahre später übernimmt Hannemann beim Duell von Innstetten und Crampas den Part des Arztes (vgl. 28/285).

Innstetten, Annie von

Effis Tochter, geboren im Juli des ersten Ehejahres. Ihre Pflege und »fast auch Erziehung« liegt zunächst bei Roswitha, später, in Berlin, auch bei Johanna, die ihr vor allem Anstandsregeln beibringt, was nicht schwerfällt, weil Annie schon als kleines Mädchen eine »ganz entschiedene Neigung« hat, »das vornehme Fräulein zu betonen« (26/267 f.).

Ihr Sturz auf der Treppe (vgl. 26/269 f.) ist der Auslöser für die Entdeckung der Briefe, die Effis Ehebruch offenlegen (vgl. 27/273). Nach der Scheidung wird sie »in einer Art Abwehr« gegen die Mutter erzogen (36/348), wie ihr Verhalten bei dem drei Jahre später stattfindenden Wiedersehen von Mutter und Tochter zeigt. Annie, inzwischen zehn Jahre alt, bleibt steif und kalt und begegnet jedem Vorschlag der Mutter für künftige Unternehmungen mit dem stereotypen, offenbar eingeübten Satz »O gewiß, wenn ich darf« (33/324), so dass Effi sie zuletzt fortschickt und einen Zusammenbruch erleidet.

Innstetten, Geert von

Effis Ehemann, preußischer Baron, Landrat im pommerschen Kessin, später Ministerialrat in Berlin, ein »schöner Mann« (4/37), »schlank, brünett und von militärischer Haltung« (2/18). Als junger Leutnant der Ziethenschen Husaren in Rathenow hatte er, »noch keine Zwanzig«, erfolglos um Luise von Briest geworben (1/11). Gleich danach hatte er den Abschied genommen und Juristerei studiert. Nachdem er am Deutsch-Französischen Krieg teilgenommen und das Eiserne Kreuz erhalten hatte, wurde er, gefördert durch Bismarck, Landrat im Kreis Kessin.

Nun, zu Beginn der Geschichte, fast 20 Jahre nach seiner vergeblichen Werbung um Luise von Briest, hält der inzwischen 38-Jährige um die Hand ihrer 17-jährigen Tochter Effi an, nachdem beide sich zwei Tage zuvor zum ersten Mal gesehen haben (vgl. 2/18). Gleich nach der am selben Tag vollzogenen Verlobung reist er zurück nach Kessin und sieht seine Braut erst am Hochzeitstag wieder. Die etwa dreimonatige Verlobungszeit überbrückt er mit täglichen Briefen, die Effi schon bald langweilen (vgl. 4/33 f.). Sie halten »das rechte Maß« (4/37), für Effis Geschmack zu sehr, denn, so lässt sie ihre Mutter wissen, das meiste darin »könnt‘ ich auf dem Schulzenamt anschlagen lassen« (4/36).

Innstetten ist das Muster eines preußischen Beamten, pflichtbewusst, korrekt, »ein Mann von Charakter, ein Mann von Prinzipien«, was Effi freilich mehr Furcht als Bewunderung einflößt (4/38), dazu ehrgeizig, zwar kein Streber, denn »dazu ist er zu wirklich vornehm«, aber ein »Carrieremacher« (5/44), dem die Gunst Bismarcks über alles geht.

Damit kann er zwar Effis Ehrgeiz befriedigen, nicht aber ihren »Hang nach Spiel und Abenteuer« (5/44), für den er wenig Sinn hat. »Für die stündliche kleine Zerstreuung und Anregung, für alles, was die Langeweile bekämpft, diese Todfeindin einer geistreichen kleinen Person, dafür wird Innstetten sehr schlecht sorgen«, befürchtet Luise von Briest schon am Tag nach der Hochzeit, und diese Befürchtung erweist sich als ebenso berechtigt wie ihre Vermutung, dass Innstetten »sich nicht einmal recht mit der Frage beschäftigen [wird], wie das wohl anzufangen sei« (ebd.).

Tatsächlich fehlt ihm das Verständnis für Effis Bedürfnisse, er nimmt sie zwar wahr, aber nicht ernst (vgl. etwa 20/202) und ordnet sie ganz seinen dienstlichen Verpflichtungen unter, denen er selbst noch die gemeinsamen Abende opfert (vgl. 13/120). So lässt er seine junge Frau vermissen, was sie am meisten braucht: »Huldigungen, Anregungen, kleine Aufmerksamkeiten« (13/119). Er ist »lieb und gut«, aber kein Liebhaber. »Er hatte das Gefühl, Effi zu lieben, und das gute Gewissen, daß es so sei, ließ ihn von besonderen Anstrengungen absehen.« (Ebd.) Effi selbst deutet seine Zurückhaltung als Ausdruck seiner Korrektheit und gesellschaftlichen Ambitionen: »Du bist eigentlich […] ein Zärtlichkeitsmensch und unterm Liebesstern geboren […]. Du willst es bloß nicht zeigen und denkst, es schickt sich nicht und verdirbt einem die Karriere.« (15/143)

Seinem Umgang mit ihren Ängsten in seinem »Spukhaus« (12/116) fehlt freilich jede Zärtlichkeit. Er versagt ihnen das nötige Verständnis, ja mehr: Wenn man Crampas glauben darf (wofür einiges spricht), benutzt er die Chinesengeschichte und den vermeintlichen Spuk als »Erziehungsmittel«, als »eine Art Angstapparat aus Kalkül«, der seine Frau während seiner Abwesenheit »in Ordnung […] halten« soll (17/157). Diese Kränkung wird Effi, so sehr sie sich auch darum bemüht, nie ganz vergessen (vgl. 18/173; 20/202; 21/215; 33/325).

Nach seiner Beförderung zum Ministerialrat und dem Umzug nach Berlin ist Innstetten »ernsthaft gewillt«, Effi ein »gesellschaftlich angeregteres« Leben zu bieten (25/260 f.), was nach anfänglichen Schwierigkeiten auch gelingt (vgl. 25/262 f.). Das Paar verlebt glückliche Jahre, genießt die allseitige Sympathie der ersten Gesellschaft.

Als Innstetten mehr als sechs Jahre später durch Zufall von Effis Verhältnis mit Crampas erfährt (vgl. 27/273-275), sieht er sich vor eine Entscheidung gestellt, die ihm nur die Wahl zwischen zwei Übeln übriglässt. Zwar ist sein »Lebensglück« in beiden Fällen »hin« (27/277), aber doch auf unterschiedliche Weise. Duell und Ehescheidung bringen Unglück über ihn und alle Beteiligten, entsprechen aber der Standesnorm und sichern ihm damit die Anerkennung seines gesellschaftlichen Umfelds und seiner Karriere. Stille Hinnahme des Treuebruchs würde zwar, solange sie geheim bleibt, die äußere gesellschaftliche Position nicht gefährden, wohl aber die innere. Denn gesellschaftliche Normen sind in Innstettens Augen nichts nur Äußerliches, sondern Teil der persönlichen Identität, weshalb gesellschaftliche Achtung und Selbstachtung eng zusammenhängen. Ein Leben in dem Bewusstsein, etwas in den Augen der Gesellschaft Verächtliches getan zu haben, würde deshalb am Ende zu Selbstverachtung führen: »die Gesellschaft verachtet uns, und zuletzt thun wir es selbst und können es nicht aushalten und jagen uns die Kugel durch den Kopf« (27/278). Dieses Übel erscheint ihm größer als das andere, er entscheidet sich für die normenkonforme Variante, für Duell und Ehescheidung.

Diese Entscheidung fällt er »ohne jedes Gefühl von Haß oder gar von Durst nach Rache« gegen Crampas, und er fällt sie, obwohl er Effi liebt und sich, »mir selbst zum Trotz, in meinem letzten Herzenswinkel zum Verzeihen geneigt« fühlt (27/277). Aber »jenes, wenn Sie wollen, uns tyrannisierende Gesellschafts-Etwas, das fragt nicht nach Charme und nicht nach Liebe und nicht nach Verjährung. Ich habe keine Wahl. Ich muß.« (27/278)

Allerdings fällt Innstetten seine Entscheidung übereilt und nimmt sich dadurch selbst die Möglichkeit, sie zu revidieren. Das gibt ihr einen ironischen Akzent. Bis zu dem Augenblick, da er nach Wüllersdorf schickt, um ihn darum zu bitten, ihm beim Duell zu sekundieren (vgl. 27/275 f.), hatte er, wie er zu spät erkennt, »das Spiel noch in der Hand, konnt' ich noch das eine und noch das andere, da war noch ein Ausweg. Jetzt nicht mehr, jetzt stecke ich in einer Sackgasse« (27/279). Denn nun hat »mein Unglück und, was schwerer wiegt, der Fleck auf meiner Ehre einen halben Mitwisser und nach den ersten Worten, die wir hier gewechselt, hat es einen ganzen. Und weil dieser Mitwisser da ist, kann ich nicht mehr zurück« (27/279).

Diesem Argument kann sich selbst Wüllersdorf, der ihm bis dahin eindringlich abgeraten hat, nicht verschließen: »Ich finde es furchtbar, daß Sie recht haben, aber Sie haben recht. […] Die Welt ist einmal, wie sie ist […]. Das mit dem ›Gottesgericht‹, wie manche hochtrabend versichern, ist freilich ein Unsinn, nichts davon, umgekehrt, unser Ehrenkultus ist ein Götzendienst, aber wir müssen uns ihm unterwerfen, solange der Götze gilt.« (27/280)

Nach dem Duell beschleichen Innstetten sogleich wieder Zweifel, der Blick des sterbenden Crampas geht ihm nach, der ihm nach seinem Eindruck hatte sagen wollen: »Innstetten, Prinzipienreiterei ... Sie konnten es mir ersparen und sich selber auch.« Und ihm »klingt so ‘was in der Seele«, dass er »vielleicht recht« hatte (29/287).

Die Zweifel hindern ihn freilich nicht, seiner Tochter Annie Vorbehalte gegen ihre Mutter einzupflanzen und sie für den von der Ministerin, der Gattin seines Vorgesetzten, erwirkten Besuch bei Effi abzurichten »wie einen Papagei« (33/325), so dass die Begegnung von Mutter und Tochter missglückt.

Sein Dasein aber ist »leer und öde« (35/338). Am Tag seiner Ernennung zum Ministerialdirektor steht für ihn fest: »Mein Leben ist verpfuscht« (35/340). Die Auszeichnung freut ihn nicht mehr, seine Einstellung zu »Gunstbezeugungen von oberster Stelle« (35/337) hat sich verändert, und an »das, was man ›das Glück‹ nenn[t]«, mag er nicht mehr glauben. Der mit gleicher Post bei ihm einlaufende Brief Roswithas mit der Bitte, Rollo nach Hohen-Cremmen zu schicken, belehrt ihn jedoch »schmerzlich, daß es ein Glück gebe, daß er es gehabt, aber daß er es nicht mehr habe und nicht mehr haben könne« (35/338).

Seinem Kollegen Wüllersdorf bekennt er, daß er aus »dieser ganzen Geschichte« heraus möchte, womit er die Gesellschaft selbst meint, die er als die letzte Ursache seines Unglücks betrachtet und mit deren »Strebungen und Eitelkeiten« er deshalb am liebsten »überhaupt nichts mehr zu thun haben« möchte. Er versteigt sich zu der Idee, nach Afrika zu gehen, »weg von hier, weg und hin unter lauter pechschwarze Kerle, die von Kultur und Ehre nichts wissen. Diese Glücklichen! Denn gerade das, dieser ganze Krimskrams ist doch an allem schuld.« (35/340)

Wüllersdorf hält dagegen, plädiert für »hier bleiben und Resignation üben« (35/341) und dafür, das »kleine Glück« zu suchen, das etwa im Anblick blühender Veilchen oder des blumengeschmückten Luisendenkmals, in einem Ballettabend oder drei Seideln Bier liege, lauter »Hülfskonstruktionen«, die den Tag zu überstehen helfen könnten. Innstetten »nickte halb zustimmend« (35/342).

Bei allem Mitgefühl, das der Erzähler auch für Innstetten postuliert, überlässt er das letzte Wort über ihn doch seiner Heldin, die zuletzt, kurz vor ihrem Tod, zwar festgestellt wissen will, dass Innstetten »in allem recht gehandelt« habe, ihre Würdigung seines Charakters aber mit einer Einschränkung versieht: »er hatte viel Gutes in seiner Natur und war so edel, wie jemand sein kann, der ohne rechte Liebe ist« (36/348).

Jahnke

Kantor und Lehrer in Hohen-Cremmen, ein ganz »auf Hansa, Skandinavien und Fritz Reuter eingeschworene[r]« Mann (1/8), Vater der Zwillingsschwestern Bertha und Hertha, die er nach dem Vorbild der Zwillinge Mining und Lining aus einem Reuter-Roman benannt hat. Auf Effis und Innstettens Polterabend lässt er die beiden als Mining und Lining mit einem von ihm verfassten niederdeutschen Text auftreten, der allerdings im Schluchzen der Zwillinge untergeht (vgl. 4/27; 5/39). Zum ersten Weihnachtsfest in Kessin schickt er Effi Reinetten von dem Baum, den er vor Jahren mit ihr gemeinsam okuliert hatte (vgl. 12/112). Nach der Verheiratung der Zwillinge lebt er »ganz in seinen Töchtern« (24/256).

Bei ihrem Aufenthalt in Hohen-Cremmen nach der Dänemark-Reise erzählt Effi ihm von Thora von Penz und ihrer »typisch skandinavisch[en]« Schönheit, »wobei sich Jahnke verklärte und einmal über das andere sagte: ›Ja, so sind sie; rein germanisch, viel deutscher als die Deutschen‹« (24/256).

Am Ende des Romans, nach Effis Rückkehr nach Hohen-Cremmen, gehört Jahnke zu den Wenigen, die freundlichen Umgang mit ihr pflegen, ja, Effi steht zu diesem »alten Freunde« sogar »besser denn je« (34/331), auch wenn er »nur ein einfacher Mann« ist und ihr die Gespräche mit Pastor Niemeyer noch »um vieles lieber« sind (34/332).

Mining und Lining sind die Zwillingstöchter des Gutspächters Jochen Nüßler in Fritz Reuters Roman »Ut mine Stromtid« (1862).

Jahnke, Bertha und Hertha

Zwei Jugendfreundinnen Effi Briests, Zwillingstöchter von Kantor Jahnke aus dem Schulhaus nebenan. Ihre Vornamen verdanken sie der »Fritz-Reuter-Passion« (4/27) ihres Vaters, der sie ihnen nach dem Vorbild der Zwillinge Mining und Lining aus einem Reuter-Roman gegeben hat (vgl. 1/8). Sie sind zwei »kleine, rundliche Persönchen« mit »krausem rotblondem Haar«, Sommersprossen und immer guter Laune (1/8).

Bei Effis Begegnung mit ihrem künftigen Verlobten Innstetten im Gartensalon von Hohen-Cremmen erscheinen die beiden Rotschöpfe am offenen Fenster des Gartensalons, und Hertha ruft übermütig »Effi, komm!« (2/18) – ein Bild und ein Ruf, die Innstetten nachgehen (vgl. 3/22). Hertha sorgt sich, ob Innstetten »denn auch der Richtige« ist (3/21).

Auf Effis Polterabend treten die Schwestern als Mining und Lining mit einem vom Vater verfassten niederdeutschen Gedicht auf, müssen dabei aber so heftig schluchzen, dass sie kaum zu verstehen sind (vgl. 4/27; 5/39). Zum ersten Weihnachtsfest nach der Hochzeit schicken sie ihrer Freundin braune Puls- und Kniewärmer nach Kessin (vgl. 12/112). Bei Effis Sommeraufenthalt in Hohen-Cremmen im darauffolgenden Jahr spielen die drei Freundinnen wie früher, und »mehr als einmal« kommt es Effi dabei ganz aus dem Sinn, dass sie verheiratet ist (15/138). 

Nach »Jahr und Tag« heiraten sie zwei Lehrer aus demselben Ort, »große Doppelhochzeit mit Festbericht im ›Anzeiger fürs Havelland‹« (24/255), und »der ganz in seinen Töchtern lebende« Jahnke freut sich auf seine ersten Enkel (24/256).

Mining und Lining sind die Zwillingstöchter des Gutspächters Jochen Nüßler in Fritz Reuters Roman »Ut mine Stromtid« (1862).

Jatzkow

Eine der Adelsfamilien in der Umgebung von Kessin, denen Effi und Innstetten bald nach der Rückkehr von ihrer Hochzeitsreise »den pflichtschuldigen Besuch« abstatten (9/75). »Der Eindruck, den Effi empfing, war überall derselbe: mittelmäßige Menschen von meist zweifelhafter Liebenswürdigkeit, die, während sie vorgaben, über Bismarck und die Kronprinzessin zu sprechen, eigentlich nur Effi‘s Toilette musterten« (ebd.). Wie die Ahlemanns in Morgnitz und die Borckes in Rothenmoor halten auch die Jatzkows in Dabergotz Effi für »rationalistisch angekränkelt« (ebd.).

Johanna

Innstettens Hausmädchen, eine »hübsche, nicht mehr ganz jugendliche Person« von »stattliche[r] Fülle« und dichtem, flachsblondem Haar (6/55), die Effi auch als Zofe dient. Sie stammt aus der Pasewalker Gegend (vgl. 6/56), hat aber einen »ausgesprochenen großstädtischen Schick« (24/241) und einen ausgeprägten Sinn für Vornehmheit. In Kessin munkelt man, dass sie das Kind einer inzwischen »längst pensionierte[n] Größe der Garnison Pasewalk« sei, was ihre »vornehme Gesinnung« und »die besondere Plastik ihrer Gesamterscheinung« erkläre (24/243).

Auch wenn Roswitha Effis Herzen näher steht als sie, genießt sie doch Effis wie Innstettens Wertschätzung, »weil sie sehr geschickt und brauchbar und der Männerwelt gegenüber von einer ausgesprochenen und selbstbewußten Reserviertheit« ist (ebd.). Sie lebt »ganz in dem Hochgefühl, die Dienerin eines guten Hauses zu sein« (26/267), und fühlt sich der übrigen Dienerschaft des Hauses überlegen, nicht zuletzt Roswitha, die in ihren Augen eine »komische Figur« ist, gegen die Neid zu hegen »nichts anderes gewesen [wäre], wie wenn sie Rollo um seine Freundschaftsstellung beneidet hätte« (14/135). Auf diesem »Überlegenheitsgefühl« fußt die »Freundschaft«, die sie mit Roswitha hält (26/266) und die durch die gemeinsame Liebe zu Annie und den Umstand befördert wird, dass beide sich die »Behandlung und fast auch Erziehung« des Kindes teilen. Dabei fällt Roswitha das »poetische Departement, die Märchen- und Geschichtenerzählung« zu, Johanna »dagegen das des Anstands«, so dass es auch hier nicht zu Rangstreitigkeiten kommt (26/267).

Beim Umzug nach Berlin nimmt Johanna das Chinesenbildchen mit, das sie einst an einen ausgedienten Stuhl im Obergeschoss des Kessiner Hauses geklebt hatte, und verwahrt es in ihrem Portemonnaie (vgl. 24/245). Bei der Suche nach einem Verband für Annie veranlasst sie Roswitha, Effis Nähtischchen aufzubrechen, wodurch Effis Korrespondenz mit Crampas entdeckt wird (vgl. 26/270).

Dass Innstetten sie nach dem Duell als erste ins Vertrauen zieht und sie beauftragt, Annie den Verlust der Mutter vorsichtig beizubringen, bewegt sie tiefer als das Mitgeteilte selbst, dies umso mehr, als Innstetten sie bittet, darauf zu achten, »daß Roswitha nicht alles verdirbt«. Erfüllt »von Stolz und Überlegenheit […], ja beinah von Glück«, küsst sie Instettens Hand. Effis Schicksal scheint sie zwar nicht ganz kalt zu lassen, aber was sie »über jedes andere hinaus« beschäftigt, ist doch »der Triumph einer gewissen Intimitätsstellung zum gnädigen Herrn« (29/289). Als Roswitha ihr wenig später auf den Kopf zusagt, dass sie »in den gnäd'gen Herrn verliebt« sei, schlägt sie »eine krampfhafte Lache auf« (29/293).

Nach Roswithas Weggang ist sie allein für Annie zuständig. Drei Jahre später, beim Wiedersehen von Mutter und Tochter, begleitet sie Annie bis zu Effis Wohnung, lehnt es aber ab, mit hinaufzugehen, sondern wartet auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf ihre Rückkehr (vgl. 33/323).

Knut

Bursche von Crampas, ein »alter Treptower Ulan«. Er und Innstettens Kutscher Kruse werden bei den herbstlichen Ausritten ihrer Herrschaft »zu Reitknechten umgewandelt […], allerdings ziemlich unvollkommen, indem sie, zu Effi's Leidwesen, in eine Phantasie-Livree gesteckt wurden, darin der eigentliche Beruf beider noch nachspukte« (16/149). Als Innstetten die Ausritte wegen der Wahlkampagne aufgeben muss, können Effi und Crampas die Ausritte fortsetzen, weil Knut und Kruse »als eine Art Ehrengarde« dabei sind (16/152). Beim letzten Ausritt fehlt Knut, weil er an Ziegenpeter (Mumps) erkrankt ist (vgl. 17/158).

Kruse

Innstettens Kutscher in Kessin. Er bewohnt mit seiner wunderlichen Frau die zwischen Pferdestall und Wagenremise gelegene Kutscherwohnung des Anwesens (vgl. 8/68). Er und Crampas‘ Bursche Knut werden bei den herbstlichen Ausritten ihrer Herrschaft »zu Reitknechten umgewandelt […], allerdings ziemlich unvollkommen, indem sie, zu Effi‘s Leidwesen, in eine Phantasie-Livree gesteckt wurden, darin der eigentliche Beruf beider noch nachspukte« (16/149). Als Innstetten die Ausritte wegen der Wahlkampagne aufgeben muss, können Effi und Crampas die Ausritte fortsetzen, weil Knut und Kruse »als eine Art Ehrengarde« dabei sind (16/152).

Kruse, der »meist den Würdigen« spielt, gerät bei einer Plauderei mit Roswitha »in einen mehr und mehr schäkrigen Ton«, unterbricht sich aber, als er Effi kommen sieht (21/206), die sich genötigt fühlt, Roswitha zu ermahnen und daran zu erinnern, dass Kruse verheiratet ist (vgl. 21/207).

Beim Umzug nach Berlin trennt Innstetten sich von seinem Kutscher, weil in der Keithstraße kein Platz für Gespann und Kutscherwohnung ist (vgl. 24/241).

Kruse, Frau

Frau des Kutschers Kruse, die einzige Bedienstete in Innstettens Kessiner Haus, die sich bei Effis Ankunft nicht sehen lässt (vgl. 6/55). Sie ist gemütskrank, sitzt in der Regel und oft bis in die tiefe Nacht stumm vor sich hinbrütend in ihrer überheizten Stube und hat dabei ein schwarzes Huhn auf dem Schoß. Obwohl Effi sich vor ihr fürchtet, empfindet sie auch Mitleid und besucht sie in ihrer Stube, bekommt aber kaum Antwort (vgl. 9/79).

Frau Kruse erzählt Roswitha die Geschichte vom Chinesen, die wohl nur eine von vielen unheimlichen Geschichten ist, die sie kennt: »Sie hat immer bloß solche Geschichten in ihrem Kopp«, bemerkt ihr Mann, der auch andeutet, dass ihre Gemütskrankheit erst in Kessin begonnen hat (21/206).

Als sie Anstalten macht, an den Vorbereitungen zu Annies Geburt mitzuwirken, wehrt Effi entschieden ab: »Geert, daß nur die Frau Kruse nichts anfaßt; da kann nichts werden, und ich ängstige mich schon gerade genug.« (13/124)

Frau von Crampas erinnert Effi an Frau Kruse (vgl. 13/122). Auch Innstetten zieht diesen Vergleich, aber Effi widerspricht: »es ist doch ein Unterschied zwischen den beiden. Die arme Majorin ist unglücklich, die Kruse ist unheimlich« (18/171).

Kulicke

Alter Nachtwächter in Hohen-Cremmen. Am letzten Abend ihres Aufenthalts in Hohen-Cremmen nach der Dänemark-Reise hört Effi ihn mit plärrender Stimme die Stunden zählen (24/259).

Lindequist

Pastor in Kessin, der Annie tauft und an einigen Festlichkeiten teilnimmt. Bei Gieshüblers Soirée begleitet er Marietta Trippelli am Klavier (vgl. 11/107), genießt die ungenierten Reden der Trippelli mit »allersichtlichste[m] Behagen« (11/106) und macht sich, »Ironikus«, der er ist, den Spaß, sie nach ihrer »kirchlichen Richtung« zu fragen (12/110 f.). Bei dem Festmahl nach Annies Taufe lässt er Mutter und Kind »in einem liebenswürdigen und allseitig bewunderten Toaste leben« (14/136). Sidonie von Grasenabb, die seine Predigten für unverantwortlich und ihn selbst für »lau« und »verworfen« hält 14/136), begegnet er mit Humor (vgl. 19/179). Für die heimwehkranke Effi reicht Lindequist, »so gut er ist«, nicht an Pastor Niemeyer heran (13/128).

Macpherson

Keine handelnde Figur, nur im Dialog erwähnter Nachbar Innstettens in Kessin, ein aus Schottland stammender »Maschinen- und Baggermeister«, dessen Garten an Innstettens Grundstück grenzt (6/52).

Malerprofessor

Nach dem Umzug in die Königgrätzerstraße nimmt Effi Malstunden bei einem »ganz alten Malerprofessor«, einem frommen Mann, der Effi sofort in sein Herz schließt. »Hier, so gingen wohl seine Gedanken, war eine Seele zu retten« (32/316).

Michelsen

Pfefferküchler in Kessin, der sich entschieden gegen die Pläne ausspricht, Kessin zu einer Garnisonsstadt zu machen. Es »verderbe die Sitten der Stadt, und wer eine Tochter habe, der möge sich vorsehen und Gitterfenster anschaffen«, lässt der Vater dreier Töchter wissen, die allerdings, wie Innstetten zu Effis Erheiterung feststellt, »sämtlich hors concours« seien (20/198).

Ministerin

Gattin von Innstettens Dienstherrn in Berlin, eine »selbst noch junge Frau«, die eine »beinah zärtliche Freundschaft« für Effi hegt (25/262). Diese Freundschaft bewährt sich auch nach Effis Scheidung, als Effi sie drei Jahre später darum bittet, Innstetten dazu zu bewegen, ein Wiedersehen mit Annie zu erlauben (vgl. 32/318-321), was dann auch geschieht (vgl. 33/321).

Mirambo

Apotheker Gieshüblers »Kohlenprovisor und Faktotum« (10/95), d.h. Gehilfe, der die Öfen im Haus versorgt und darüber hinaus alle möglichen Aufgaben – etwa als Hausdiener, Bote oder Kutscher – versieht. Seinen Namen verdankt er dem »echten Mirambo«, einem »Räuberhauptmann in Afrika… Tanganika-See« (10/94 f.). Mirambo bringt Effi regelmäßig die Modejournale, Blumen und sonstige Aufmerksamkeiten, mit denen Gieshübler sie versorgt. Während des Festes bei Oberförster Ring wird er von einem Pferd getreten und muss in Uvagla bleiben. Gieshüblers Schlitten fährt Innstetten nach Kessin zurück (vgl. 19/182 f.).

Mirambo, eigtl. Mytela Kasanda (ca. 1840-1884), auch ›Napoleon von Afrika‹ genannt, war ein Warlord im Gebiet der Nyamwezi, der um 1870 weite Teile im Binnenland Tanganyikas (heute Tansania) kontrollierte. Fontane kannte seine Geschichte aus Henry Morton Stanleys Buch »Through the Dark Continent« (1878).

Niemeyer

Pastor in Hohen-Cremmen, Vater von Hulda, zu Beginn der Geschichte 56 oder 57 Jahre alt (vgl. 13/128), ein allseits beliebter Seelenhirte, der mit seinem Patronatsherrn Briest auf freundschaftlichem Fuß steht (vgl. 4/28). Er hat Effi schon getauft und konfirmiert und vollzieht auch ihre Trauung mit Innstetten. Seine Traupredigt wird allseits bewundert. Er habe gesprochen wie ein Hofprediger, heißt es nachher (vgl. 5/40), und das wohl nicht zum ersten Mal, denn auch vorher schon hat es »bei jeder größeren Feierlichkeit« geheißen, dass der alte Dorfpastor »das Zeug [habe], an den ›Dom‹ berufen zu werden« (13/118). Dass er gleichwohl »immer zurückhaltend und anspruchslos« auftritt, kommt Effi mit Wehmut in den Sinn beim Anblick einiger Pastoren auf den Adelsgütern im Kessiner Umland, die sich »wie kleine Päpste« benehmen (ebd.).

Dass er orthodoxen Lehren fern- und dem Leben nahesteht, lässt seine Bemerkung über Frauen, die Effi zu Innstettens Erheiterung referiert (vgl. 15/144), ebenso vermuten wie der von Frau von Briest – zuletzt, bei der Suche nach Mitschuldigen – beklagte Umstand, dass er »alles in Zweifel läßt« (36/350). Dem Zweifel korrespondiert der moralische Grundsatz, den er Effi gelehrt hat: dass es auf ein »richtiges Gefühl« ankomme (24/259). Und das feste »Ja, Effi, du wirst«, mit dem er, göttliches Urteil vorwegnehmend, ihre Frage beantwortet, ob sie in den Himmel kommen werde, offenbart vollends den unorthodoxen Theologen. Die zahlreichen Spaziergänge und Plaudereien mit dem alten Pastor helfen Effi, ihre einsamen Tage zu bestehen (vgl. 34/332).

Niemeyer, Frau

Ehefrau von Pastor Niemeyer, Huldas Mutter, über deren »Thorheit und Anmaßung« (4/32) man sich im Hause Briest – bei aller Sympathie für ihren Mann – einig ist. Auf die Nachricht von Effis Verlobung reagiert sie missgünstig: »Natürlich. Wenn's die Mutter nicht sein konnte, muß es die Tochter sein. Das kennt man. Alte Familien halten immer zusammen, und wo ‘was is, da kommt ‘was dazu.« (3/20) Pastor Niemeyer, den ihre Reden genieren, »beklagte 'mal wieder, eine Wirtschafterin geheiratet zu haben« (ebd.). Nach Effis Rückkehr nach Hohen-Cremmen als geschiedene Frau schlägt die Pastorsfrau »vollends hohe Töne an, trotzdem sie, nach Ansicht der Gemeinde, selber nicht ganz einwandsfrei war« (34/332).

Niemeyer, Hulda

Einziges Kind von Pastor Niemeyer, neben Bertha und Hertha Jahnke die dritte Jugendfreundin Effi Briests. Hulda ist »damenhafter« als Bertha und Hertha, »dafür aber langweilig und eingebildet«, eine »lymphatische Blondine«, deren vorspringende Augen »beständig nach 'was zu suchen schienen« und damit Anlass zu Witzeleien geben: »Sieht sie nicht aus, als erwarte sie jeden Augenblick den Erzengel Gabriel?« (1/8). Sie hat ein geziertes Auftreten (vgl. 5/46, 18/177) und neigt zu Sentimentalität (vgl. 5/44, 9/80, 12/144). Gegen ihre Freundinnen kehrt sie die Ältere, Vernünftige heraus und handelt sich damit Effis Spott ein: »Immer Gouvernante; Du bist doch die geborne alte Jungfer.« (1/10)

Obwohl sie sehr darauf aus ist, möglichst bald verheiratet zu sein, und gern mit Verehrern prahlt, »die gar nicht da sind« (12/112), bewahrt sie bei der Nachricht von Effis Verlobung ihre Fassung und überlässt »die Bezeugung von Unmut und Ärger ihrer Mutter« (3/20).

Auf Effis Polterabend tritt sie als Käthchen von Heilbronn in der Holunderbaumszene auf und ist in ihrem Kostüm, das ein »sehr eng anliegendes Sammetmieder« hat (4/28), »das Entzücken aller jungen Offiziere« (5/38). Am Hochzeitstag macht Leutnant Nienkerken ihr den Hof, was Frau von Briest, anders als ihr Mann, nicht begreift. Sie stößt mit dem Leutnant so kräftig auf das Brautpaar an, dass ihr Weinglas zerbricht (vgl. 5/45).

Als Effi im Sommer darauf einige Wochen in Hohen-Cremmen verbringt, ist der Umgang mit Hulda schwierig. Hulda kann es nicht verwinden, dass sie immer noch keinen Bräutigam hat (vgl. 15/138). Ein Jahr später, bei Effis zweitem Sommeraufenthalt in Hohen-Cremmen, ist sie nicht anwesend, sondern hält sich in Friesack zur Pflege einer alten Erbtante auf. Von dort schreibt sie »immer zufriedene Briefe, nicht weil sie wirklich zufrieden war (im Gegenteil), sondern weil sie den Verdacht nicht aufkommen lassen wollte, daß es einem so ausgezeichneten Wesen anders als sehr gut ergehen könne« (24/256).

Nienkerken

Leutnant, Gast bei Effis und Innstettens Hochzeit, auf der er Hulda Niemeyer den Hof macht, was Frau von Briest, anders als ihr Mann, nicht begreift. Hulda stößt mit ihm so kräftig auf das Brautpaar an, dass ihr Weinglas zerbricht (vgl. 5/45).

Paaschen

Frau des Amtsdieners im Kessiner Landratsamt, mit der Johanna sich an dem Abend, an dem Effi erstmals allein im Haus ist, beim Gang zum Briefkasten verplaudert. »Natürlich über die junge Frau.« (9/83) Beide sind sich einig, dass Effis jugendliches Alter für die Dienerschaft nur von Vorteil ist, denn die Jungen, so die Paaschen, »sind noch nicht so, daß sie draußen immer die Lichtstümpfe zählen und einem nicht gönnen, daß man einen Kuß kriegt, bloß weil sie selber keinen mehr kriegen« (ebd.). Nur dass Innstetten Effi so lange allein lässt, wundert sie.

Padden, Frau von

Ritterschaftsrätin aus der Kessiner Gegend, die beim zweiten Kessiner Silvesterball neben Effi sitzt, eine »vorzügliche alte Dame« von »wendisch-heidnische[r]« Gesichtsbildung, die sie, »in allen Stücken ein Original«, durch »christlich-germanische Glaubensstrenge« auszugleichen sucht (20/193 f.). Diese Strenge wird allerdings durch ihren ausgeprägten Humor gemildert, den »alten Paddenhumor«, der seit langem »wie ein Segen auf der Familie ruhte« und Freunde wie Gegner »herzlich erfreute« (20/194).

Effi fasst sofort Vertrauen zu ihr, obwohl die Padden ihr mit großer Offenheit Fragen zu ihrer Ehe stellt und ihr mütterliche Ratschläge erteilt, wie mit »Anfechtungen« umzugehen sei: »Man muß immer ringen mit dem natürlichen Menschen. Und wenn man sich dann so unter hat und beinah' schreien möchte, weil's weh thut, dann jubeln die lieben Engel!« (Ebd.) Während sie ihr die Lektüre von Luthers ›Tischreden‹ empfiehlt, tritt Effis ›Anfechtung‹, Major von Crampas, an den Tisch der Damen, und Effi ist augenblicklich »wie mit Blut übergossen« (20/195). Frau von Padden, sogleich im Bilde, stellt fest: »ein schöner Mann. Ein bißchen zu sicher. Und Hochmut kommt vor dem Fall ...« (20/196)

Effi schreibt ihr von Berlin aus einen Abschiedsgruß mit einer »Liebeserklärung« (24/240). Innstetten, der ihr vor seiner Abreise nach Berlin einen Abschiedsbesuch macht, rät sie, seine »reizende Frau« gut zu hüten, und setzt, »halblaut und beinahe wie abwesend«, hinzu: »Ein junges Lämmchen weiß wie Schnee.« (24/241)

Penz, Thora von

Tochter einer dänischen Adelsfamilie, die Effi und Innstetten während ihrer Ferienreise in ihrem Hotel in Kopenhagen kennenlernen, eine »bildschöne« junge Frau mit »großen, blauen Augen« und »flachsblonde[m] Haar«, die Innstettens und Effis »beinah bewundernde Aufmerksamkeit« auf sich zieht (24/250). Aus Effis Bemerkung, dass sie sich, wäre sie ein Mann, in Thora verlieben würde, entspinnt sich eine kleine eheliche Neckerei (vgl. 24 /251). Die Familie lädt das Paar in ihr Schloss Aggerhuus am Limfjord ein, wo Effi und Innstetten dann auch im weiteren Verlauf ihrer Dänemark-Reise drei Tage zu Gast sind (vgl. 24/252). Bei dem anschließenden Aufenthalt in Hohen-Cremmen erzählt Effi Kantor Jahnke von Thoras »typisch skandinavisch[er]« Schönheit, »wobei sich Jahnke verklärte und einmal über das andere sagte: ›Ja, so sind sie; rein germanisch, viel deutscher als die Deutschen‹« (24/256).

Pink

Gutsinspektor auf Hohen-Cremmen, nur im Dialog erwähnt: Briest muss ihn entlassen, weil er ein Verhältnis mit der Gärtnersfrau hatte. Briest tut es ungern, »Pink war sonst ein ungewöhnlich tüchtiger Mann, hier leider am unrechten Fleck« (4/26).

Ring

Oberförster in Uvagla in der Nähe von Kessin, »ein stattlicher, militärisch dreinschauender Herr von Mitte Fünfzig« (18/175), verheiratet, zwei Töchter. Am Tag nach dem Weihnachtsfest (dem zweiten, das Effi in Kessin verbringt), findet bei ihm eine ›Weihnachtsréunion‹ statt (vgl. 19/180), zu der er Vertreter des Landadels und Honoratioren der Stadt geladen hat, darunter auch Effi und Innstetten. Die »weit über oberförsterliche Durchschnittsverhältnisse« hinausreichende, »beinahe an Glanz streifende Wohlhabenheit«, die seine Einrichtung und Bewirtung verraten, verdankt er seiner Frau, die aus einem »reichen Danziger Kornhändlerhause« stammt (19/178). Dennoch hat sie ein scheues, befangenes Auftreten, das den »überaus eitlen« Mann (18/176), der selbst aus kleinen Verhältnissen stammt (vgl. 19/180), sichtlich verdrießt. Seine hübschen Töchter, die er verzieht, schlagen ganz nach ihm, besonders die ältere, Cora, die ihrem Vater in Selbstbewusstsein und Eitelkeit nicht nachsteht.

Ring, Cora

Die ältere der beiden Töchter des Oberförsters Ring, zwei »bildhübsche[n] Backfische[n]«, die »ganz nach dem Vater« schlagen und von ihm verzogen werden (18/176). Cora ist erst 14 Jahre alt, weiß aber ihre Reize schon wirkungsvoll einzusetzen und kokettiert sogleich mit Crampas und Innstetten. Beim nachmittäglichen Spaziergang setzt sie sich mit den Rehen des väterlichen Wildgeheges gekonnt in Szene. »Es war eigentlich reizend, ganz wie ein Märchen. Aber die Eitelkeit des jungen Dinges, das sich bewußt war, ein lebendes Bild zu stellen, ließ doch einen reinen Eindruck nicht aufkommen« (ebd.). Am Abend, beim abschließenden Punsch, sitzt das »unausstehliche Balg«, wie die sittenstrenge Sidonie von Grasenabb sie nennt (19/178), gar auf »›Onkel Crampas'‹ Schoß« (19/181).

Effi, die sich mit ihr vergleicht und zunächst meint, mit 14 Jahren ein ebenso verwöhntes, kokettes Geschöpf gewesen zu sein, korrigiert sich beim Anblick des gekünstelten ›lebenden Bildes‹ am Wildgehege: »Nein […], so bin ich doch nicht gewesen. […] Man war zu Haus zu gütig gegen mich, man liebte mich zu sehr. Aber das darf ich doch wohl sagen, ich habe mich nie geziert. Das war immer Hulda's Sache.« (18/176 f.)

Ring, Frau

Ehefrau des Oberförsters Ring, deren Herkunft aus einem »reichen Danziger Kornhändlerhause« die für einen Försterhaushalt ungewöhnliche Wohlhabenheit erklärt, in der die Familie lebt (19/178). Trotz dieser Herkunft ist die Oberförsterin eine »von Natur sehr ängstliche, zum mindesten aber sehr befangene Frau«, deren scheues Auftreten ihren eitlen Mann ärgert (18/175 f.).

Rode, Frau Registrator

Die »verwitwete Registrator Rode« (13/124) aus Berlin gehört zu den ersten Badegästen, die schon Mitte Juni nach Kessin kommen. Sie ist zum wiederholten Mal in Kessin und wohnt immer in derselben Wohnung. Dieses Mal ereilt die kränkliche Frau nach nur einer Woche der Tod. Am Johannistag wird sie auf Wunsch ihrer Berliner Verwandten, die sich schon in der Nacht vor ihrer Beerdigung um das Erbe streiten (vgl. 13/130), auf dem Dünenfriedhof begraben (vgl. 13/125 f.). Ihre Dienerin, Roswitha, die Effi an ihrem Grab auf dem Kirchhof trifft, kann nicht viel Gutes über ihre Dienstherrin sagen: Sie »taugte nichts und war zänkisch und geizig«, ein »Menschenschikanierer«, und ihre Verwandten taugten »erst recht nichts«, seien »happig und gierig und hartherzig« und hätten Roswitha den ihr zustehenden Lohn »barsch und unfreundlich« ausgezahlt, »bloß weil sie mußten« (13/130).

Rollo

Innstettens Hund, über dessen Wesen Innstetten seine Frau bei der Rückkehr von der Hochzeitsreise mit einer für ihn ungewöhnlichen Wärme ins Bild setzt: »Du denkst dabei, vorausgesetzt, daß Du bei Niemeyer oder Jahnke von dergleichen gehört hast, an den Normannenherzog, und unserer hat auch so ‘was. Es ist aber bloß ein Neufundländer, ein wunderschönes Tier, das mich liebt und Dich auch lieben wird. Denn Rollo ist ein Kenner. Und so lange Du den um Dich hast, so lange bist Du sicher und kann nichts an Dich heran, kein Lebendiger und kein Toter.« (6/53) Bei der Ankunft legt Rollo seinem Herrn mit einem »Freudenblaff« die Pfoten auf die Schultern und umschmeichelt die Hand der ihm noch fremden Effi (6/56).

Innstettens Vorhersage über Rollos Verhältnis zu Effi bewahrheitet sich schon bald. In der Nacht, die Effi erstmals allein im Haus verbringen muss, ist Rollo, als sie mit einem Angstschrei erwacht, zur Stelle und sucht mit dem Kopf nach ihrer Hand (vgl. 9/86 f.). An den langweiligen Winterabenden, an denen Innstetten seine junge Frau sich selbst überlässt, leistet Rollo ihr Gesellschaft »als ob er sagen wolle: ›Muß nur ‘mal wieder nach Dir sehen; ein anderer thut's doch nicht‹« (13/120). Auch bei ihren Spaziergängen begleitet er sie an Innstettens Stelle (vgl. 15/139 f.), was den alten Briest, halb im Scherz, halb im Ernst, zu der Bemerkung veranlasst, man könne »beinah‘ glauben, Rollo sei Dir mehr ans Herz gewachsen als Mann und Kind«. Und als Effi schwach abwehrt – Rollo sei ja »bloß ein Hund« und zuerst kämen natürlich die Menschen – äußert er Zweifel: »Das mit der Kreatur, damit hat's doch seine eigene Bewandtnis, und was da das Richtige ist, darüber sind die Akten noch nicht geschlossen. Glaube mir, Effi, das ist auch ein weites Feld.« (15/140)

Zu Roswitha fasst Rollo gleich bei der ersten Begegnung Vertrauen und Sympathie, blickt ihr aufmerksam ins Gesicht und legt ihr schließlich zu ihrer Freude den Kopf auf die Knie, während sie über ihrer beider »sonderbaren Namen« spricht: Rollo, Roswitha (13/131).

Für Effi ist das freundliche Tier seit der Schreckensnacht im ersten Kessiner Winter »mein guter Freund und mein ganz besonderer Verlaß« (15/140). Und auch Rollo schließt sich ihr mehr und mehr an, verhält sich gegen Innstetten zurückhaltender und legt ihm bei der Begrüßung nicht mehr die Pfoten auf die Schultern (vgl. 21/211).

Als er zuletzt, dank Roswithas Eingreifen (vgl. 35/339), nach fast vierjähriger Trennung in Hohen-Cremmen eintrifft, nimmt er das Wiedersehen mit Effi ganz ruhig auf, »weil er entweder kein Organ für Zeitmaß hatte oder die Trennung als eine Unordnung ansah, die nun einfach wieder behoben sei«. Alt und in seinen Zärtlichkeiten und Freudenbezeugungen »sparsam« geworden, ist er »in seiner Treue […] womöglich noch gewachsen«. Er weicht Effi nicht von der Seite, behandelt den Jagdhund des Hauses »wohlwollend, aber doch als ein Wesen auf niederer Stufe«, schläft nachts auf einer Binsenmatte vor Effis Schlafzimmertür und begleitet sie bei ihren Spaziergängen, bei denen er, wieder jung werdend, ausgelassen vorausjagt (36/343).

Nach Effis Tod liegt er, »den Kopf in die Pfoten gesteckt«, an ihrem Grab auf dem Rondell. »Sieh‘, Briest, Rollo liegt wieder vor dem Stein. Es ist ihm doch noch tiefer gegangen als uns. Er frißt auch nicht mehr.« Und Briest nimmt seine Reflexionen über die »eigene Bewandtnis«, die es mit der »Kreatur« hat, noch einmal auf: »Ja, Luise, die Kreatur. Das ist ja, was ich immer sage. Es ist nicht so viel mit uns, wie wir glauben. Da reden wir immer von Instinkt. Am Ende ist es doch das beste.« (36/349)

Der »Normannenherzog«, auf den Innstetten anspielt, ist Rollo, der Wikinger (ca. 846-932). – Die identischen Anlaute der Namen Rollo und Roswitha sind wohl kein Zufall: Roswitha verkörpert in ihrer schlichten, gesellschaftliche Normen unterlaufenden Treue zu Effi das, was Fontane den »natürliche[n] Mensch[en]« nennt (Brief an Georg Friedländer vom 1. Mai 1890), Rollo die (als sittliche Qualität gedachte) Natur selbst.

Rummschüttel

Berliner Arzt und Geheimrat, den Frau von Briest zu Rate zieht, als Effi nach der Wohnungssuche in Berlin »schulkrank« wird, um nicht mehr nach Kessin zurückkehren zu müssen (23/235). Rummschüttel hat Luise von Briest schon vor mehr als zwanzig Jahren behandelt, damals war er »ein Damenmann, aber in den richtigen Grenzen« (23/234). Inzwischen ist er ein »feiner, liebenswürdiger, alter Herr« (24/240), der, wie Mutter und Tochter übereinstimmend feststellen, »trotz seiner beinah Siebzig noch etwas Jugendliches« hat (23/236). Er durchschaut Effis Komödie sofort, spielt sie aber mit (vgl. 23/235). Effi, die bemerkt, »daß er ihrer Komödie mit einer Komödie begegnet«, schämt sich (23/236). Der Umstand, dass ihr seine weiteren Besuche Verlegenheit bereiten, nimmt ihn für sie ein und überzeugt ihn, dass sie gute Gründe für ihr Handeln hat (vgl. ebd.).

Obwohl Effi sich auch späterhin ihres »Lügenspiel[s]« schämt (24/258) und obwohl Rummschüttel nicht als herausragender Mediziner gilt (vgl. 24/240), bleibt er Effis Arzt auch nach dem Umzug nach Berlin, verordnet ihr die Kur in Schwalbach und Ems (vgl. 25/263) und behandelt auch Annie nach dem Sturz auf der Treppe (vgl. 27/272).

Nach Effis Scheidung schaut er, nun schon »ausgangs siebzig«, in regelmäßigen Abständen nach der »armen jungen Frau«, der er »nicht bloß die nun weit zurückliegende Rheumatismus- und Neuralgie-Komödie, sondern auch alles, was seitdem sonst noch vorgekommen war, längst verziehen hatte, wenn es für ihn der Verzeihung überhaupt bedurfte. Denn Rummschüttel kannte noch ganz anderes.« (32/306) Als Effi nach Annies Besuch zusammenbricht, fordert er ihre Eltern in einem Brief auf, sie nach Hohen-Cremmen zurückkehren zu lassen (vgl. 34/326 f.).

Schweigger

Nur im Dialog erwähnter Arzt in Berlin, den Luise von Briest wegen eines Augenleidens konsultiert. Auf sein Anraten absolviert sie eine Kur (vgl. 22/218).

Karl Schweigger (1830-1905) war seit 1871 Direktor der Abteilung Augenheilkunde der Berliner Charité und seit 1873 ordentlicher Professor an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin.

Stojentin, Grete von

Ein »schönes Fräulein«, das an dem zweiten Kessiner Silvesterball teilnimmt und »ohne Zweifel die Ballkönigin« ist (20/195), wie Crampas bemerkt, der kurz darauf mit ihr tanzt.

Thomsen, Kapitän

Akteur in der Geschichte vom Chinesen, von der in Kessin immer noch gesprochen wird und die Innstetten seiner Frau erzählt (vgl. 10/97-100). Thomsen war vormals Besitzer des Hauses, in dem Innstetten wohnt. Als »sogenannter Chinafahrer« zu Vermögen gekommen, hatte er sich mit etwa sechzig Jahren in Kessin zur Ruhe gesetzt und lebte mit seiner Nichte (oder Enkelin) Nina und einem Chinesen als Diener in dem Innstettenschen Haus, dessen wunderliche Einrichtung teilweise noch von ihm herstammt (10/97). Er verheiratete seine Nichte mit einem Kapitän und richtete eine große Hochzeit aus. Während des Hochzeitsfests verschwand die Braut auf mysteriöse Weise, kurz nachdem sie mit dem Chinesen getanzt hatte. Der Chinese starb vierzehn Tage später. Thomsen kaufte ein Stückchen Land in den Dünen, wo er ihn begrub.

Trippel, Frau

Witwe des vormaligen Kessiner Pastors Trippel, Mutter von Marietta Trippelli, deren ungenierte Reden sie an dem Abend bei Gieshübler in arge Verlegenheit bringen (vgl. 11/106).

Trippel, Pastor

Akteur in der Geschichte vom Chinesen, von der in Kessin immer noch gesprochen wird und die Innstetten seiner Frau erzählt (vgl. 10/97-100). Trippel, Vater der Trippelli und vormals Pastor in Kessin, ein Berliner, war nach Auskunft seiner Tochter ein »Rationalist […], fast schon ein Freigeist« (12/111) und hatte in Kessin »viel Anfeindung« (10/98), die sich nach dem Tod des Chinesen gefährlich steigerte. Denn nach dessen Begräbnis in den Dünen soll er gesagt haben, dass man ihn ruhig auf dem christlichen Kirchhof hätte begraben können, weil er »ein sehr guter Mensch« und »gerade so gut wie die anderen« gewesen sei (10/99). Das trug ihm vollends die Gegnerschaft der Stadt und des Konsistoriums ein, so dass er, wäre er nicht »drüber hin« gestorben, seine Stelle verloren hätte (ebd.).

Trippelli, Marietta

Konzertsängerin und »enthusiastisch« geliebte »Künstlerfreundin« Gieshüblers (11/105), geboren als Marie Trippel in Kessin, Tochter des verstorbenen Kessiner Pastors Trippel. Sie macht auf der Durchreise nach St. Petersburg für einen Tag Station in Kessin, Gieshübler gibt ihr zu Ehren eine Abendgesellschaft, bei der sie ein kleines Privatkonzert mit Liedern von Löwe, Schumann u.a. gibt.

Gieshübler, den sie »Onkel« nennt, hatte ihr Gesangstalent früh erkannt und ihr einen mehrjährigen Aufenthalt in Paris ermöglicht, wo sie bei der »berühmten Viardot« Unterricht nahm (10/100). Dort lernte sie auch den russischen Fürsten Kotschukoff kennen, der sie »in die Trippelli transponiert[e]« und mit dem sie ein Verhältnis hat (ebd.).

Sie ist »Anfang der Dreißig, stark, männlich und von ausgesprochen humoristischem Typus« (11/104). Zu Gieshüblers Kummer ist ihr »von gesellschaftlicher Feinheit nur ein bescheidenes Maß zuteil geworden« (11/105). Sie nimmt – getreu ihrer Devise »immer frei weg« (ebd.) – kein Blatt vor den Mund, redet ungeniert und bringt damit ihre Mutter »aus einer Verlegenheit in die andere« (11/106).

Ihr sicheres Auftreten beeindruckt Effi tief, sie fragt sie nach ihren Erfahrungen mit Spuk und Geistererscheinungen und erhält die wenig beruhigende Auskunft, dass sie dergleichen auch kenne. »Überhaupt, man ist links und rechts umlauert, hinten und vorn. Sie werden das noch kennen lernen.« (11/109)

Am nächsten Tag reist die Trippelli nach St. Petersburg weiter und schickt Effi ein Telegramm, eine formvollendete »Komödie«, wie Innstetten entzückt feststellt: »Alles berechnet für dort und für hier, für Kotschukoff und für Gieshübler. Gieshübler wird wohl eine Stiftung machen, vielleicht auch bloß ein Legat für die Trippelli.« (12/112)

Die »berühmte Viardot« (11/100) ist die Mezzosopranistin Pauline Viardot-García (1821-1910), vgl. Kommentar 442.

Wiesike, Dr.

Arzt aus Friesack, der Effi von klein auf kennt, schon bei ihrer Geburt Beistand geleistet hatte und sie nach ihrer Rückkehr nach Hohen-Cremmen ärztlich betreut. Er schlägt eine Reise in die Schweiz oder nach Mentone vor. »Reine Luft und freundliche Eindrücke, die das Alte vergessen machen ...« (35/334) Aber Effi lehnt energisch ab, und Wiesike lenkt ein: »Das müssen wir respektieren, denn das sind keine Launen; solche Kranken haben ein sehr feines Gefühl und wissen mit merkwürdiger Sicherheit, was ihnen hilft und was nicht.« (35/335)

Wilke

Das »alte Briest‘sche Haus- und Familienfaktotum«, ein gutmütiger Alter, der an dem übermütigen »Fräulein« seine Freude hat (1/13). Er wirkt still im Hintergrund, serviert das Essen, räumt den Tisch ab, überbringt Post und Zeitungen oder lässt die Kutsche vorfahren. Am Ende des Romans heißt es, dass seine Gamaschen immer weiter werden (vgl. 36/349).

Wüllersdorf, von

Kollege Innstettens in Berlin, Ministerialdirektor und Geheimrat, Junggeselle. Innstetten bittet ihn darum, ihm bei dem Duell als Sekundant zur Seite zu stehen (vgl. 27/275). Wüllersdorf erklärt sich bereit, gibt sich aber alle Mühe, zum Guten zu reden und Innstetten von seinem Vorhaben abzubringen. Innstettens letztem Argument – dass er nicht mehr zurück könne, weil er in Wüllersdorf einen Mitwisser seiner Ehrenkränkung habe (vgl. 27/279 f.) – gibt er sich dann schließlich geschlagen: »Ich finde es furchtbar, daß Sie recht haben, aber Sie haben recht. Ich quäle Sie nicht länger mit meinem ›muß es sein?‹. Die Welt ist einmal, wie sie ist, und die Dinge verlaufen nicht wie wir wollen, sondern wie die andern wollen. Das mit dem ›Gottesgericht‹, wie manche hochtrabend versichern, ist freilich ein Unsinn, nichts davon, umgekehrt, unser Ehrenkultus ist ein Götzendienst, aber wir müssen uns ihm unterwerfen, solange der Götze gilt.« (27/280)

Wüllersdorf reist nach Kessin, überbringt Crampas die Forderung, begleitet Innstetten am nächsten Morgen zum Duell in den Dünen und regelt danach die nötigen Formalitäten. Dabei trifft er auch mit Gieshübler zusammen, dessen Menschlichkeit ihn tief beeindruckt. »Es wäre zu wünschen, daß es mehr Gieshübler gäbe. Es giebt aber mehr andere.« (29/289)

Einige Jahre später gesteht Innstetten seinem Kollegen, dass sein Leben »verpfuscht« sei (35/340). Seine verzweifelten Phantasien von einem Leben in Afrika weist Wüllersdorf energisch zurück und plädiert dafür, »Resignation [zu] üben« und das ›kleine Glück‹ zu suchen: »In der Bresche stehen und aushalten, bis man fällt, das ist das beste. Vorher aber im kleinen und kleinsten so viel herausschlagen wie möglich, und ein Auge dafür haben, wenn die Veilchen blühen oder das Luisendenkmal in Blumen steht oder die kleinen Mädchen mit hohen Schnürstiefeln über die Korde springen.« (35/341)

Offenbar weiß Wüllersdorf, wovon er redet, denn auch er hat sein »Päckchen zu tragen« (ebd.) – welcher Art es ist, wird nicht gesagt – und hat erfahren, dass es »überhaupt nicht ohne ›Hülfskonstruktionen‹« geht (35/342).

Zwicker, Sophie

Witwe eines Geheimrats, eine Frau in den Vierzigern, die ausersehen wird, Effi bei ihrem Kuraufenthalt in Schwalbach und Ems zu begleiten (vgl. 25/264). Sie ist, wie Effi ihrem Mann schreibt, »etwas frei, wahrscheinlich sogar mit einer Vergangenheit, aber höchst amüsant« (26/265) und liest neben Zolas »Nana« auch »noch ganz anderes« (26/266). Innstetten befürchtet, sie könnte schlechten Einfluss auf Effi nehmen.

Die Zwicker ist dabei, als Effi den Brief ihrer Mutter mit der Nachricht von Innstettens Duell mit Crampas erhält. Obwohl Effi sich nach Möglichkeit verstellt, ahnt sie sofort, dass es sich um eine erotische Affäre – ihr Spezialgebiet – handeln muss, und verbreitet sich darüber genüsslich in einem Brief an eine Berliner Freundin. Als sie dann, noch während sie an dem Brief schreibt, durch eine Zeitungsnotiz von dem Duell erfährt, stellt sie befriedigt fest, dass sie sich nicht geirrt und Effis Verstellung sogleich durchschaut habe: »Ein schwächerer Diagnostiker hätte sich doch vielleicht hinters Licht führen lassen.« (31/305)

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