Malkisedek (Melchisedek, Malchisedek)
Mit Malkisedek, dem »Priesterkönig« von Schekem hatte Abraham einst freundschaftliche Beziehungen unterhalten und lange Gespräche geführt über Wesensähnlichkeiten zwischen dem »Gott seiner Erkenntnis« und Malkisedeks Baal-berit, dem »Bundesbaal« von Schekem (IV, 131).
Denn dieser Baal hatte Züge einer monotheistischen Gottheit, und das obwohl er »eine Form des syrischen Schäfers und schönen Herrn« war, des Tammuz oder Adonis also, denen Abraham sonst höchst reserviert gegenüberstand. Malkisedeks Tammuz-Adonis aber hatte schon zu Zeiten Abrahams »ein besonderes Gedankengepräge angenommen«, das ihm »den Namen El eljon, Baal-berit, den Namen des Höchsten also, des Bundesherrn, des Schöpfers und Besitzers von Himmel und Erde, eingetragen hatte« (IV, 71).
Eine weitere Parallele, die Abraham zwischen seinem und Malkisedeks Adon gesehen hatte, war der »Leidenszug«, der »Zug des Noch-Nicht und der Erwartung« (IV, 434). Beziehungen seines Gottes zu den »Geschichten der Natur«, zu den Liebes-, Todes- und Vegetationsgöttern hatte er zwar stets von sich gewiesen – »Bewahre es Gott, daß Er zu schaffen gehabt hätte mit derlei Geschichten!« – aber »daß er in Banden lag und ein harrender Gott der Zukunft war, das stellte immerhin eine gewisse Ähnlichkeit her zwischen Ihm und jenen leidenden Gottheiten, und es war darum, daß Abram zu Sichem mit Malchisedek, dem Hausbetreter des Bundesbaal und El-eljon, lange Gespräche geführt hatte« (IV, 435).
Dass Abraham den »Gott seiner Erkenntnis« ebenfalls El eljon genannt »und also dem Baal und Adon des Malkisedek gleichgesetzt hatte«, macht Jaakob »geneigt, in dem zerrissenen Sohn von Schekem den wahren und höchsten Gott, den Gott Abrahams, und in den Sichemiten Bundesbrüder im Glauben zu erblicken« (IV, 71), weshalb er sich nach seiner Flucht aus Charran gern im Tal von Sichem niederlässt und die räuberischen Pläne seiner älteren Söhne (zunächst) empört zurückweist (IV, 159 f.).
Nach Überzeugung des Erzählers sind Wesensbestandteile des Tammuz – wie die anderer Götter der Hirtenvölker auch – »nährend eingedrungen« in die von Abraham gestiftete monotheistische Gottesidee und haben ihr »Geistesstoff und Farbe geliefert« (IV, 131).
Bei Echnatôns Religionsgesprächen mit Joseph »mochte man sich an die gottesdiplomatischen Verhandlungen erinnert fühlen, die einst zu Salem zwischen Abraham und Malchisedek, dem Priester El-eljons, des höchsten oder auch einzigen Gottes, waren gepflogen worden« (V, 1536).
Band IV: 71 f., 131, 159, 435, 731. – Band V: 1536.
Die ›Malkisedek-Episode‹ behandelt TMs Gewährsmann Jeremias I (290-293; vgl. auch 286 f.), der auch »die Religion Malkisedeks als eine relativ monotheistische« charakterisiert (291). – In Genesis 14,18 wird Melchisedek »Priester Gottes des Höchsten« und »König von Salem« genannt; Salem wird heute meist mit Jerusalem gleichgesetzt (vgl. z.B. Rienecker, 1347). Jeremias I (291) deutet Salem (auch mit Verweis auf Genesis 33,18 in der Vulgata) als Sichem/Schekem. Er stellt auch die Verbindung zum Tammuz-Kult her und äußert die Vermutung, dass »der 'el 'eljôn des Malkisedek eine Erscheinungsform des Tamuz« ist (272).