Ladalinski, Alexander von
Polnischer Adeliger, Vater von Kathinka und Pertubal, Geheimrat in preußischen Diensten, »ein Sechziger, groß und schlank«, mit vollem kurzgeschnittenem grauem Haar und Adlernase, dessen Erscheinung »etwas entschieden Distinguirtes« hat (III, 3/32). Geboren auf Bjalanowo, dessen Güter teilweise im angrenzenden Schlesien liegen, hatte er eine ausgezeichnete Erziehung genossen, in Wien und Paris gelebt und in Berlin die preußische Komtesse Sidonie von Pudagla, Schwägerin von Gräfin Amelie, kennengelernt und geheiratet. Das Paar lebte auf Schloss Bjalanowo, Tubal und Kathinka wurden geboren, dann, 1792, lief ihm seine Frau mit einem benachbarten Gutsherrn, Graf Miekusch, davon. Nach der Auflösung Polens beschloss Ladalinski, »sich zu expatriiren« und seinen polnischen Besitzungen den Rücken zu kehren (III, 3/39). Er lebte zunächst auf seinen schlesischen Gütern und trat dann in preußische Dienste, zuerst im Auswärtigen Amt, später im General-Oberfinanzdirektorium.
Fest entschlossen, nie wieder in die Heimat zurückzukehren, ist ihm die ›Borussifizierung‹ seiner Familie zum Lebensinhalt geworden, die er durch seinen Übertritt zum Protestantismus befördert. Er ist »preußischer als die Preußen selbst« (III, 3/39). Dass er ein Windspiel, Lieblingshunderasse Friedrichs II., als Haushund hält, ist wohl kein Zufall.
Die von seiner Schwägerin Amelie gewünschte Doppelhochzeit seiner Kinder mit den beiden jungen Vitzewitz auf Hohen-Vietz entspricht ganz seinen eigenen Wünschen, könnte sie doch die Verwurzelung seiner Familie in Preußen befördern. Beunruhigt durch einen Brief Amelies, die das Interesse Tubals und insbesondere Kathinkas an dieser Verbindung bezweifelt, stellt er Kathinka am Tag nach der Soirée in seinem Haus zur Rede und erhält eine unzweideutige Antwort: Sie habe Lewin lieb, aber sie liebe ihn nicht (vgl. III, 8/121). Er respektiert ihre Gefühle, lässt aber keinen Zweifel daran, dass er eine Verbindung mit ihrem Verehrer Bninski entschieden ablehnt, auch wenn er den Grafen persönlich schätzt. »Die Ladalinskis sind aus Polen heraus, und sie können nicht wieder hinein.« (III, 8/123) Er fürchtet zudem, das Vertrauen des preußischen Hofes zu verlieren und gar als halber Spion dazustehen, wenn er einer Verbindung seiner Tochter mit einem preußenfeindlich gesinnten Polen zustimmt (vgl. III, 8/124). Bninskis Antrag lehnt er freundlich, aber entschlossen ab (vgl. III, 16/212). Kathinkas Flucht erschüttert ihn zutiefst. An Lewins Bett zeigt er sich überzeugt, dass Lewin genesen werde, er selbst aber nicht (vgl. IV, 2/250). Den noch unzerstörten Rest seiner Hoffnungen, die Verbindung Tubals mit Renate von Vitzewitz, erlegt er Renate auf: »Nein, Renate, es liegt bei Dir. Ein Herz zwingt das andere.« (IV, 2/252).
Nach Tubals Tod kommt er nach Hohen-Vietz, um seinen Sohn zu sehen und ihn nach Bjalanowo zu überführen. »Alle Ladalinskis stehen dort. Das Leben hat seine Forderungen, aber auch der Tod.« (IV, 25/471) Hirschfeldt möchte ihm Tubals Wunsch, in Hohen-Vietz beerdigt zu werden, mitteilen, aber Berndt von Vitzewitz hindert ihn daran. Es ist schon dunkel, als Ladalinski, nur begleitet von dem alten Kubalke, dessen einfache Frömmigkeit ihn bewegt, zur Hohen-Vietzer Kirche hinaufgeht, vor deren Altar Tubal aufgebahrt liegt. Das überwunden geglaubte »alte katholische Gefühl« wird in ihm wieder lebendig, er legt den Kruzifix vom Altar auf den Sargdeckel (vgl. IV, 25/475 f.). Am nächsten Morgen reist er, dem von Pachaly gefahrenen Schlitten mit Tubals Sarg folgend, nach Bjalanowo ab, einer Gruft zu, »die nicht mehr die seine war und an deren Thür er um Gastlichkeit bitten mußte für seinen Todten. Das war mehr als er tragen konnte. Scharf und leise klang das Glöckchen, und scharf und leise fielen seine Tränen.« (IV, 26/480)