Vitzewitz, Berndt von
Herr auf Hohen-Vietz, früh verwitwet, Vater von Lewin und Renate von Vitzewitz, Bruder der Gräfin Amelie, ein »hoher Fünfziger« (I, 4/32) von »gedrungener Gestalt«, dunklem Teint und schwarzem Haar (I, 4/36). Er hatte fast dreißig Jahre im Dragonerregiment Knobelsdorff gedient, dann aber 1795, nach dem Basler Frieden, den er nicht verwinden konnte, seinen Abschied genommen. Die Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt 1806 und der Tod seiner geliebten Frau Madeleine wenige Tage später hatten sein Gemüt, das ohnehin vom grüblerisch-brütenden »Familiencharakter« der Vitzewitz geprägt ist (I, 2/24), »völlig ins Finstere gewandelt« (I, 4, 34). Sein Trost und Gegenstand seiner Liebe und Fürsorge sind seine beiden Kinder, deren von der Mutter ererbte heitere und leichtbewegliche Charaktere seine Hoffnung begründen, dass sich durch sie eine dauerhafte Veränderung des aus den Tagen des alten Matthias von Vitzewitz herrührenden Vitzewitzschen »Familiencharakters« vollziehen wird (vgl. I, 4/36).
Sein tiefer Hass auf Napoleon und die »Pariser Schreckensmänner« (I, 4/32) hatte ihn nach Jahren »brütenden Trübsinn[s]« (I, 4/34) wieder aufleben lassen. Nichts Geringeres als die Wiederherstellung der Ehre Preußens ist sein Ziel, und da sich der preußische König nicht zu einem Bruch mit Napoleon durchringen kann und Berndt auch bei Minister Hardenberg, den er in den Weihnachtstagen 1812 in Berlin aufsucht, nichts erreicht (vgl. II, 7/209-212), beginnt er damit, auf eigene Faust geführte Überfälle auf napoleonische Soldaten zu planen, von denen er sich eine Fanalwirkung erhofft. Auf sein Betreiben werden auf den umliegenden Gütern Volkssturm-Kompanien rekrutiert.
Zuvor unternimmt er mit Schulze Kniehase, Lewin, Tubal und einigen Bauern die Suche nach den Dieben, die in Hohen-Vietz und den umliegenden Dörfern mehrere Einbrüche verübt haben, fest davon überzeugt, es handele sich um französische Marodeure. Tatsächlich sind es zwei Taugenichtse aus der Gegend, Muschwitz und Rosentreter.
Am Morgen nach dem Brand des Saalanbaus, in dem einst Matthias von Vitzewitz seinen Bruder erstochen hatte und seither umgehen soll, äußert er die Zuversicht, dass nun »andere, bessere Zeiten kommen. Für uns, für alle« und zitiert lächelnd den alten Spruch: »Und eine Prinzessin kommt ins Haus, / Ein Feuer löscht den Flecken aus – « (III, 9/132 f.). Auch seine Kinder empfinden den Verlust des Gebäudes eher als Erleichterung. Durch den Tod seiner Schwester wachsen ihm zudem Mittel zu, um Hohen-Vietz wieder herzurichten (vgl. IV, 8/302).
Anfang Februar gewinnen Berndts politisch-militärische Pläne konkrete Gestalt, weniger durch den ›Aufruf‹ der von Potsdam nach Breslau verlegten Regierung, der ihn mit seinen »Halbheiten« eher enttäuscht (IV, 10/325), als durch die von Turgany überbrachte Nachricht von zwei in Frankfurt aus Russland eingetroffenen französischen Regimentern und den an die Organisatoren des ›Volkssturms‹ gerichteten Wunsch der Frankfurter Bürgerschaft nach Gegenwehr (vgl. IV, 13/346 f.). Ein Überfall auf die Besatzer, der sie am Überschreiten der Oder hindern soll, wird geplant: Drosselstein übernimmt die Aufgabe, die Unterstützung des russischen Generals Tschernitscheffs sicherzustellen, und Berndt und von Bamme unternehmen eine »Rekognoszirungsfahrt« nach Frankfurt, wo sie den prospektiven Schauplatz des Geschehens besichtigen und mit Othegraven die Details ihres Vorgehens besprechen. Der Überfall misslingt, weil die russische Unterstützung ausbleibt, es gibt Tote, Lewin wird gefangengenommen, und Berndt geht hart mit sich selbst ins Gericht (vgl. IV, 20/423). Mit Hirschfeldt, Tubal und Kniehase befreit er Lewin aus dem Gefängnis (vgl. IV, 23).
Lewins Verlöbnis mit Marie bewegt ihn, und er freut sich »des Glückes der Glücklichen« (IV, 24/460). Marie, so meint er zu Lewin, »wird uns freilich den Stammbaum, aber nicht die Profile verderben, nicht die Profile und nicht die Gesinnung. Und das beides ist das Beste, was der Adel hat.« (IV, 27/488)