Sykomore (Maulbeerfeigenbaum)
In Ägypten sind Sykomoren allgegenwärtig. Schon bei seinem »Eintritt in Scheol« sieht Joseph sie im »Marschenland« von Gosen vereinzelt stehen (IV, 720); ein »Hain alter Sykomoren« umgibt den Bastet-Tempel in Per-Bastet (IV, 727); beim Apis-Fest in Memphis ›küssen‹ (»wie sie für ›essen‹ sagten«) die Zuschauer »schwatzend und lachend Sykomorenfeigen und Zwiebeln« (IV, 753), und in Peteprês Garten, in dem Joseph den Eltern seines Herrn als ›Stummer Diener‹ aufwartet, stehen neben Dornakazien, Dattel- und Dumpalmen, Feigen-, Granat- und Perseabäumen auch die »schönsten Sykomoren« (IV, 852).
Die Sykomorenfeigen, die Peteprês Garten liefert, werden in großen Mengen in die Stadt, vor allem in die Totenstadt im Westen verkauft, »wo man die Früchte für die Opfertische der Totentempel und als Grabbeigabe und Zehrung für die Verstorbenen massenweise benötigte« (V, 933).
Die starke Nachfrage bringt Joseph auf die Idee, »von den Töpfern des Hauses in Ton gearbeitete Modelle und Nachahmungen der Frucht herstellen zu lassen, die in natürlichen Farben bemalt wurden und in den Gräbern ihren Zweck ebensogut erfüllten wie die natürlichen Früchte. Ja, da dieser Zweck magisch war, erfüllten sie ihn als magische Andeutungen sogar noch besser« (V, 933). Josephs »Zauberfeigen« finden schon bald reißenden Absatz und tragen in »unverächtlichem Maße« zur Bereicherung des Hausherrn bei (ebd.). Der sterbende Mont-kaw bittet Joseph, ihm davon »reichlich« ins Grab zu legen (V, 999).
Zu den zahlreichen Steuern, die die Ägypter entrichten müssen, zählen auch die Steuern »für die Sykomoren, die auf ihrem befruchteten Grunde wuchsen« (V, 1503).
In Kanaan scheint die Sykomore keine vergleichbare Rolle zu spielen. Erwähnt wird nur eine Truhe aus Sykomorenholz, die in Jaakobs ›härenem Haus‹ steht und »deren Wände mit blauglasierten Toneinlagen geschmückt« sind (IV, 472). Auf seiner Reise zu Laban sieht Jaakob Sykomorenwälder in Syrien (IV, 220).
TM folgt Erman/Ranke, soweit es den vereinzelten Stand wild wachsender Sykomoren (18), die Sykomore als bevorzugten Gartenbaum (209) und ihre Besteuerung (172) betrifft. – Dass er Joseph zum Erfinder der tönernen Sykomorenfeigen macht, ist ein Privatwitz. Dabei stützt er sich auf Wiedemann (276), dem zufolge Sykomorenfeigen in »hohen Haufen« bei den Opfergaben aufgeschichtet und »ihre in Ton gearbeiteten Modelle im Grabe niedergelegt« wurden.
Abb.: Ernte von Sykomorenfeigen. Aus dem Grab des Chnumhotep in Beni Hasan (Altes Reich). Zeichnung aus Lepsius II (Ausschnitt). Bildquelle: Digitalisat des Lepsius-Projekts der Universitätsbibliothek Halle (Lepsius II, 127). – Diese Abbildung kannte TM aus Erman/Ranke (229, Abb. 75). – Fotografien der Früchte des Ficus sycomorus L. finden sich in dem elektronischen Führer West African plants des Forschungsinstituts Senckenberg Frankfurt/Main. Einige Fotografien des Baumes bei WikimediaCommons.