Thot (Djehuti, Tut)
Der ägyptische Gott der Schreibkunst entspricht dem babylonischen Nabu und dem phönizischen Taut (IV, 27) und ist ein »Bruder« des griechischen Hermes (V, 1424, 1758). Sein Hauptheiligtum steht in Chmunu (Schmun), weshalb er auch »Herr von Chmunu« (V, 1399) oder »Thot von Schmun« (IV, 27) genannt wird. Thot wird mit einem Ibiskopf oder auch als Pavian, als »Affe mit weißem Haare« (IV, 27, 411) dargestellt.
Thot ist wie Nabu und Hermes-Merkur »ein leichter, beweglicher Gott, als welcher zwischen den Dingen zum Guten redet und fördert den Austausch«. Das gefällt Joseph (IV, 108). Überhaupt hat er eine starke Vorliebe für »diesen wahrhaften, mäßigen und sorgsamen Gott«, den »Erfinder der Zeichen«, »Chronisten der Uranfänge«, »Briefschreiber der Götter und Schutzherrn der Wissenschaft« (IV, 26 f.), was auch daran liegt, dass Thot, »ganz nach Josephs Sinn, sehr zarte und feierliche Beziehungen zum Mondgestirn unterhielt« (IV, 27). Denn der Mond ist das »Himmelsbild Thots, des weißen Pavians«, und deshalb verbindet Joseph mit dem Mond nicht nur den Gedanken der Schönheit, sondern auch und »ebenso enge« die »Idee der Weisheit und des Schrifttums« (IV, 411).
Für Mont-kaw, Potiphars Hausverwalter, hängt die Idee des Schönen ebenfalls »denkgesetzlich« mit der Vorstellung des Mondes und diese wiederum mit Djehuti zusammen, dessen »Himmelserscheinung« der Mond ist. Als er Joseph zum ersten Mal sieht, fügen sich die Schönheit und Klugheit des Knaben »beunruhigend« in diese Gedankenverbindung, und obwohl er sich bewusst ist, dass der »junge Bedu und Asiat« keinen Ibiskopf hat und »also selbstverständlich ein Mensch, kein Gott, nicht Thot von Chmunu« ist, scheint er ihm doch »gedanklich mit ihm zu tun« zu haben. Der schöne Jüngling kommt ihm »zweideutig« vor, er erblickt in ihm halb und halb eine »Erscheinungsform« des Gottes (IV, 797). Auch der alte Midianiter, der Joseph nach Ägypten bringt, stellt eine Beziehung zu Thot her, wenn er halb im Scherz mutmaßt, dass Thot »diesem Sumpfknaben selbst die Binsen gespitzt und ihn unterwiesen« hat (IV, 610). Nach seiner Überzeugung sind für die Ägypter weder Amun noch Osiris der höchste Gott, auch wenn sie es behaupten: »ich kenne sie besser, im Grunde ist's Tut, der Schreiber« (IV, 710).
Thot versieht (wie Hermes) auch die Aufgabe eines Totenführers (V, 1758), und beim Totengericht notiert er das Ergebnis der Wägung des Herzens und schreibt den Toten im positiven Fall »von den zweiundvierzig Sünden« frei (IV, 860). Bei der Gerichtsverhandlung über Joseph ruft Peteprê den ›Ibisköpfigen‹ an (V, 1270).
Thot gehört neben neben Amun, Usir, Eset, Anup, Chnum, Set und Ptach zu den Göttern, deren Gedächtnis Echnatôn ausradieren möchte (V, 1812), obwohl er doch der »vollendeteren Ausbildung dieses Gottescharakters«, Hermes, große Sympathien entgegenbringt (V, 1758).
Abb.: (1) Thot als Schreiber beim Totengericht (vgl auch die Gesamtansicht des Blattes). – (2) Thot als Schreiber beim Totengericht, dargestellt als Pavian.