Gabriele Tergit: »Effingers« (1951)

Die Angaben zu den Lebensdaten der Figuren stützen sich auf die auf dem Vorsatzblatt der Neuausgabe 2019 abgedruckten Stammbäume, die schon der Erstausgabe 1951 beigefügt waren und von der Autorin autorisiert worden sind. Gelegentliche Widersprüche zwischen den darin genannten Daten und den im Roman selbst gegebenen Datierungen werden jeweils vermerkt. 

Frauenfiguren erscheinen unter dem Nachnamen, mit dem sie im Roman zuerst auftreten (z. B. Ricke Krautheimer, Annette Oppner). Der Index bietet Verweise von ihren früheren Geburtsnamen bzw. späteren ehelichen Nachnamen auf den Haupteintrag (z. B. Ricke Mainzer, Annette Effinger).

A   B   D   E   F   G   H     K   L   M   O   P   R   S   T   W

Anders, Edgar

Ein junger Mann aus dem »Kreis von Lebeleuten«, in dem sich James Effinger bewegt (557). Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs macht er Lotte Effinger einen prosaischen Heiratsantrag, sie verloben sich (565). Kurz vor dem Hochzeitstermin löst er das Verlöbnis (572). Später lässt James durchblicken, dass Anders homosexuell ist (637).

Anna

Hausmädchen bei Oppners, »sehr weiß, sehr hellblond, sehr rotbäckig« (108). Sie bleibt im Haus bis zu Selma Oppners Tod 1932, danach zieht sie zu ihrer Schwester (820).

Anselmi

Berühmter Regisseur, dem Lotte Effinger 1922 vorspricht und der sie sofort engagiert (713f.). Zwei Jahre später verliert er sie an Bermann.

Balthasar

Ehemaliger Hufschmied, dessen Anwesen am Stadtrand von Berlin Paul Effinger für seine Schraubenfabrik anmietet (51).

Bast

Berliner Bildhauer, der bevorzugt Siegerdenkmäler entwirft. Er bittet Eugenie Goldschmidt, ihm für eine Figuration des Friedens Modell zu sitzen (119). Im Jahr 1907 hat er sein zehntes Kaiser-Wilhelm-Denkmal vollendet (361).

Beerenburg-Haßler, Graf

Kunde des Bankhauses Oppner & Goldschmidt. Auf Empfehlung Emmanuel Oppners kauft er Aktien eines Akkumulatorenwerks, die sich noch am selben Tag als wertlos erweisen (279f.). Anders als die meisten engeren Bekannten Goldschmidts und Oppners nimmt er das Debakel im Vertrauen auf Oppners Anstand gelassen (281f.). – Einer seiner Söhne erweist sich nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten als ähnlich charakterfest, indem er Theodor Oppner einen freundschaftlichen Besuch abstattet (859).

Bermann

Berühmter Theatermann, der Lotte Effinger 1924 engagiert (740).

Billinger, Justizrat

Bekannter der Oppners und Goldschmidts, der sogar auf dem großen Familiengemälde in Ludwig Goldschmidts Haus verewigt ist (99). Er schwärmt von Eugenie Goldschmidt (90), hat überhaupt eine Schwäche für schöne Frauen, auf die er bei der Feier zur Einweihung des Hauses in der Bendlerstraße im Oktober 1885 einen Toast ausspricht (112). Billinger und Friedhof sind die einzigen Bekannten, deren Verbundenheit mit den Häusern Goldschmidt und Oppner sich in der Krise um die faulen Aktien der Akkumulatorenwerke bewährt (300).

Bittermann, Geheimrat von

Mediziner und Leibarzt des Hofes, ein Bekannter der Oppners und Goldschmidts, er schwärmt von der »liebreizenden« Eugenie Goldschmidt (90).

Blomberg, Thea

Tochter einer mit Annette und Karl Effinger befreundeten Familie Blomberg. Armin Kollmann ist in sie verliebt (430), aber auch Martin Schröder fühlt sich von dieser »sehr zierlichen, sehr süßen Person« angezogen (444), und es wird angedeutet, dass James Effinger eine »sehr viel weitergehende Beziehung« mit ihr hat (430). Vermutlich ist sie identisch mit der Dorothee, mit der James sich regelmäßig bei einer Bank im Tiergarten trifft und die im März 1913, wenige Tage, nachdem sie krank und mit hohem Fieber zu dem Treffpunkt gekommen ist (459), stirbt, woran James sich kurz vor seinem Tod erinnert (841f.).

Blumenthal, Herr

Ein Kaufmann, der der vierzigjährigen Sofie Oppner im Frühjahr 1913 einen Heiratsantrag macht, den sie ablehnt (453).

Brender, Oliver

Ein »große[r] Kunsthändler«, der lange Zeit für die Arbeiten von Sofie Oppner »die Trommel gerührt« hat, nach ihrem Tod aber kein Interesse mehr an ihrem Nachlass hat: Es sei »alles aus zweiter Hand«, urteilt er, und »nichts anderes als Geschmäcklertum« (792f.). Nach dem Bankrott des Bankhauses Oppner & Goldschmidt 1931 übernimmt er die Versteigerung von Theodor Oppners Kunstsammlung (809).

Brinner

Berliner Immobilienmakler, der den Verkauf des Mayerschen Hauses in der Bendlerstraße an Emmanuel Oppner vermittelt (40, 55).

Brode, Li

Achtzehnjähriges Mädchen, in das Erwin Effinger sich kurz nach seiner Hochzeit mit Lotte Effinger verliebt (698f.), eine, wie Lili Gallandt berichtet, »sehr hübsche junge Gans«, die Erwins Liebesbriefe herumzeige und es darauf abgesehen habe, dass er sich von Lotte scheiden lässt und sie heiratet (700).

Bürgermeister

Der Bürgermeister von Kragsheim, ein »dicker, großer Mann mit Bauch und langem, grauem Vollbart« (21), beklagt zwar die Abwanderung der Jugend aus der kleinen Residenzstadt, begegnet aber Paul Effingers Plan, in Kragsheim eine Schraubenfabrik zu eröffnen, mit Bedenken, die ihn als kurzsichtigen und rückwärtsgewandten Mann kennzeichnen (21).

Detta

Dienstmädchen bei Lotte und Erwin Effinger (780, 785).

Dongmann, Käte

Frau eines Hamburger Reeders, für die James Effinger bis zu seinem Lebensende eine »große platonische Liebe« hegt (427, 839).

Eberhard

Laufjunge in Paul Effingers Schraubenfabrik.

Effinger, Benno (Ben)

Ältester Sohn des Uhrmachers Mathias Effinger und seiner Frau Minna, geboren 1860, gestorben 1929 (?). Bruder von Karl, Paul, Helene, Willy und Bertha Effinger, Ehemann von Mary F. Potter, Vater von Reginald, Roger und June Effinger.

Benno geht früh nach England. Er will die »Kragsheimer Eierschalen loswerden« (16) und fühlt sich in England freier als im wilhelminischen Deutschland (15). Auch befremdet ihn der zunehmende Antisemitismus im Deutschen Reich (39). Er arbeitet zunächst in einer Wirkwarenfabrik in Manchester (13), später lebt er in London, wo sein Bruder Paul ihn 1883 besucht (14-17). Mit der Mitgift seiner Frau gründet er dort eine Werkzeugfabrik (38), erwirbt die englische Staatsbürgerschaft und führt ein Leben in Wohlstand (138, 195). Später wird er nobilitiert (395). Sein Bruder Paul besucht ihn 1908 erneut (395). Im Ersten Weltkrieg verliert er beide Söhne (543f.). Ein Kondolenzschreiben Pauls schickt er ungeöffnet zurück (569). Beim Tod des alten Mathias Effinger, im Januar 1925, ist davon die Rede, dass Benno vor seinem Vater gestorben sei (747).

Bennos Lebensdaten im Familienstammbaum nennen 1929 als Todesjahr.

Effinger, Bertha

Sechstes und jüngstes Kind des Uhrmachers Mathias Effinger und seiner Frau Minna, geboren 1868, gestorben 1942. Schwester von Benno, Karl, Paul, Helene und Willy Effinger. Sie heiratet spät, mit 36 Jahren, einen »alten Schlemihl«, über den sie sich beständig ärgert (396) und der früh stirbt (544). Nach dem Tod der Eltern bleibt sie allein im Elternhaus in Kragsheim. 1933 versucht Paul vergebens, sie zu einem Umzug nach Berlin oder Neckargründen zu ihrer Schwester Helene zu bewegen (866). In der Pogromnacht 1938 muss sie mitansehen, wie die Kragsheimer Synagoge zerstört wird, und findet bei ihrer Rückkehr das Elternhaus ausgeraubt und verwüstet vor (875). Mit Hilfe der Wirtsleute vom »Gläsernen Himmel«, in dem der alte Effinger einst Stammgast war, flieht sie zu ihrer Schwester nach Neckargründen, aber auch dort liegt alles in Scherben (876). Sie kommt bei ihrem Bruder Paul in Berlin unter (877). Von dort wird sie 1942 zusammen mit Paul, Klärchen und Eugenie Goldschmidt deportiert (882).

Effinger, Emmanuel

Zweites Kind von Erwin und Lotte Effinger, geboren 1929. Bruder von Susanne Effinger, Enkel von Karl und Paul Effinger. Er ist, anders als seine Schwester Susi, ein phantasiebegabtes Kind (867).

Effinger, Erwin

Viertes und jüngstes Kind von Karl und Annette Effinger, geboren 1894. Bruder von James, Herbert und Marianne Effinger, Cousin und später Ehemann von Lotte Effinger, Vater von Susanne (Susi) und Emmanuel Effinger. Erwin und seine Brüder besuchen dasselbe Gymnasium, das ihr Großvater Emmanuel und ihr Onkel Theodor besucht haben (310). Schon früh zeigt sich, dass Erwin dem großbürgerlichen Lebensstil seiner Eltern fremd gegenübersteht und sich bei seinem Onkel Paul viel wohler fühlt (320, 322f.). Später neigt er sozialistischen Ideen zu (375f., 381). In einem Streitgespräch mit seinem Freund Kurt Lewy, einem Zionisten, besteht er auf Deutschland als seiner Heimat (456f.). Trotzdem beeindruckt ihn Theodor Herzls Schrift »Der Judenstaat« sehr (460). Er sucht Rat bei seinem Großonkel Waldemar, dessen entschiedene Kritik des Zionismus ihn aber nicht davon abhält, sich Kurt Lewy enger anzuschließen (463).

Im Frühjahr 1915 erhält er seinen Gestellungsbefehl (498) und wird nach einer kurzen Ausbildung ins Feld geschickt (500). Im Laufe des Krieges verliert er seine sozialistischen Ideale (538). 1917 gerät er in französische Gefangenschaft (528f.). Im August 1919 kann er aus dem Kriegsgefangenenlager fliehen (604) und kehrt nach langer Irrfahrt nach Berlin zurück (612). Desillusioniert und von der Relativität aller Werte überzeugt, übernimmt er die ihm von Vater und Onkel zugedachte Funktion in den Effinger-Werken (666).

Im Sommer 1920 besucht er seine Cousine Lotte in Heidelberg (664), beide verlieben sich (667). Als sie schwanger wird, heiraten sie umgehend noch in Heidelberg (678). Danach gehen sie nach Berlin zurück und leben bei Erwins Eltern am Kurfürstendamm in einem Zimmer (682). Kurz vor der Geburt des Kindes gesteht er seiner Frau, dass er sich in eine Achtzehnjährige verliebt hat, obwohl er Lotte nach wie vor liebe und glücklich mit ihr sei (698f.). Bei der Geburt ihrer Tochter Susanne (1921) ist er auf Geschäftsreise (701). Nach der Geburt lebt Lotte wie geplant mit dem Kind bei ihren Eltern, so dass die Eheleute sich kaum sehen. Lottes Karriere als Schauspielerin verstärkt den Abstand zwischen beiden. Erwin hat wechselnde Liebesbeziehungen. Einer dieser Frauen stellt er Lotte vor als »meine Frau, die ich liebe, aber mit der es aus ist« (718). Sein Kind, das bei Lottes Eltern aufwächst, besucht er fast täglich (727). Als Lotte 1926 von Kipshausen schwanger wird, erklärt er sich bereit, das Kind als ehelich anzuerkennen. Lotte lässt zwar die Schwangerschaft abbrechen, kehrt aber zu Erwin zurück, beide beziehen nun erstmals eine gemeinsame Wohnung (769). 1929 wird ihr zweites Kind, Emmanuel, geboren (778). Als während der Weltwirtschaftskrise (1929 ff.) Wohnraum frei wird, zieht die Familie in eine größere Wohnung (797).

Im Februar 1933 bringt er Lotte nach Prag in Sicherheit (847). Er lässt Tochter Susi mit seiner Schwester Marianne nach Palästina gehen (867) und folgt seiner Frau bald darauf mit dem kleinen Emmanuel ins Ausland (866f.). Dabei kann er etwas Geld herausschmuggeln (866, 872). Im Frühling 1938 reist er mit Lotte und Emmanuel nach Palästina, um Susanne und Marianne in ihrem Kibbuz zu besuchen (872f.). In der Folgezeit hören die Eltern und Verwandten in Berlin kaum noch etwas von Erwin und Lotte. Sie »rutschen von Ort zu Ort und von Land zu Land«, so Paul, und kommen nicht zur Ruhe (879).

Effinger, Fritz

Zweites Kind von Paul und Klara Effinger, geboren 1900, gestorben 1918, Bruder von Lotte Effinger. Zu seiner Beschneidung gibt es ein Familienfest, zu dem außer Ben alle Effingers nach Berlin kommen (316f.). Als Neunjähriger wird er ein begeisterter Pfadfinder (370f.). Er ist »hochintelligent« (396), lernt leicht, »es flog ihm zu« (397). Kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs wird er noch eingezogen, kommt aber heil nach Hause. Nach dem Krieg schließt er sich den Freikorps an (562, 570). Der Vater will ihn in einen schwedischen Betrieb zur Lehre schicken, aber bevor er abreisen kann, erkrankt er an der spanischen Grippe und stirbt Ende des Jahres 1918 oder Anfang 1919 (580).

Effinger, Helene (verh. Mainzer)

Viertes Kind und ältere der beiden Töchter des Uhrmachers Mathias Effinger und seiner Frau Minna, geboren 1862. Schwester von Benno, Karl, Paul, Willy und Bertha Effinger, Ehefrau von Julius Mainzer, Mutter von Ricke, Oskar, Ruth und Walter Mainzer. Sie wirkt an dem Aufbau des Geschäfts ihre Mannes in Neckargründen tatkräftig mit. 1933 berichtet sie ihren beiden Berliner Schwägerinnen Klärchen und Annette von dem sog. ›Judenboykott‹ im April (857f.). Ob sie auch die Zerstörung des Geschäfts in der Pogromnacht 1938 (876) und den Abtransport ihres Sohnes Oskar in ein Konzentrationslager (877) miterlebt hat, bleibt unklar. In Paul Effingers letztem Brief an Lotte, Erwin und Marianne Effinger von 1942 heißt es, dass »[b]is auf die, von denen Ihr wißt, [...] all Eure Neckargründner Verwandten schon deportiert« seien (882).

Effinger, Herbert

Zweites Kind von Karl und Annette Effinger, geboren 1890. Bruder von James, Marianne und Erwin Effinger. Anders als sein älterer Bruder ist er »ein bißchen zu artig« (302). Später besuchen er und seine Brüder dasselbe Gymnasium, das ihr Großvater Emmanuel und ihr Onkel Theodor besucht haben (310). Das »sanfte, gutartige Kind« (333) ist den Anforderungen des Gymnasiums nicht gewachsen, die Eltern nehmen ihn vom Gymnasium und lassen ihn auf das Einjährige vorbereiten (334). Danach tritt er als Lehrling in das Bankhaus seines Großvaters ein (42, 355f.). Er wird von einem Mann erpresst und unterschlägt 5000 Mark in der Bank (382f.). Emmanuel Oppner schickt ihn nach Amerika (384). Bei Kriegsausbruch (1914) ruft die Familie ihn zurück nach Berlin (488). Nach der Überfahrt wird er in England als Kriegsgefangener interniert (494) und kommt erst im Frühjahr 1919 nach Berlin zurück (588). Die Eltern schicken ihn in ein Sanatorium in den Bergen. Nach seiner Rückkehr entschließt er sich, nach Amerika zurückzugehen (594). Wenig später schreibt er seinen Eltern, dass er eine Tankstelle eröffnet hat und glücklich verheiratet ist; da der Regen seine Adresse verwischt hat, weiß die Familie nicht, wo er lebt (613).

Effinger, James

Erstes Kind von Karl und Annette Effinger, geboren 1886, gestorben 1932. Bruder von Herbert, Marianne und Erwin Effinger. Er ist »bildschön« und immer guter Laune (302). Später besuchen er und seine Brüder dasselbe Gymnasium, das ihr Großvater Emmanuel und ihr Onkel Theodor besucht haben (310). Mit 16 Jahren macht er Susanna Widerklee Avancen (330). Er hat keine Ziele und entwickelt sich, wie sein Onkel Paul urteilt, zum »Nichtstuer« (336) und Frauenhelden. Tatsächlich hat er im Laufe seines Lebens zahlreiche Liebesverhältnisse, ist aber kein gewissenloser Verführer. Er übt auf Frauen einen unwiderstehlichen Zauber aus und fühlt sich seinen früheren Geliebten bis an sein Lebensende  verbunden (839f.). Mit Käte Dongmann, der Frau eines Hamburger Reeders (427), unterhält er viele Jahre lang eine platonische Liebesbeziehung. Seinen Geschwistern erklärt er, sie wäre die einzige Frau gewesen, die er geheiratet hätte (778).

Bei Beginn des Ersten Weltkriegs wird er sofort eingezogen (485) und an der Ostfront eingesetzt, wo er ein vergleichsweise angenehmes Leben führt (503, 512f.). Nach dem Zerwürfnis zwischen seiner Großtante Eugenie Goldschmidt und seiner Großmutter Selma Oppner schickt er Eugenie eine große Kiste mit Lebensmitteln, worauf Ludwig Goldschmidt ihn in seinem Testament besonders bedenkt (521f.). Diese Erbschaft bewahrt ihn in den Jahren der Depression vor der Verarmung, die seine Verwandten erleiden (819). In seinem Testament verfügt er, dass sein Vermögen an Eugenie zurückgehen soll, »woher ich es schließlich habe« (836). Nach dem Tod seines Vaters richtet er sich in der elterlichen Wohnung am Kurfürstendamm zwei Zimmer ein (824). Er stirbt früh an einer nicht näher bezeichneten Krankheit (838).

Effinger, June

Drittes Kind von Benno und Mary Effinger, geboren 1890. Schwester von Reginald und Roger Effinger. Bei der goldenen Hochzeit der Großeltern in Kragsheim verliebt sie sich in ihren Vetter James, heiratet aber kurz darauf einen jungen Engländer (405).

Effinger, Karl

Zweitältester Sohn des Uhrmachers Mathias Effinger und seiner Frau Minna, geboren 1861, gestorben 1932. Bruder von Benno, Paul, Helene, Willy und Bertha Effinger, Ehemann von Annette Oppner, Vater von James, Herbert, Marianne und Erwin Effinger, Großvater von Susi und Emmanuel Effinger.

Ende der siebziger Jahre absolviert Karl eine Banklehre in Berlin (13) und findet eine Anstellung bei Zink & Brettschneider, die allerdings 1885 in Konkurs gehen. Arbeitslos geworden, kauft er sich mit 10.000 Mark als Teilhaber in die Schraubenfabrik seines Bruders Paul ein, die durch sein Geld vor der drohenden Insolvenz bewahrt wird (69). Er versteht allerdings wenig von Betriebswirtschaft (92).

Er hat ein Verhältnis mit der Näherin Käte Winkel, das er nach seiner Verlobung mit Annette Oppner im Oktober 1885 beendet (128). Nach der Heirat kann er sich dank der monatlichen Rente seiner Frau einen aufwendigen Lebensstil leisten. In der Firma übernimmt er den Verkauf und reist dafür durch Europa. Er hat guten Erfolg, macht dabei allerdings zu Pauls Missfallen auch »enorme Spesen« (196).

Karl ist ein begeisterter Anhänger des technischen Fortschritts, macht sich wenig Gedanken um politische Ereignisse, genießt seinen Wohlstand und führt, anders als sein Bruder Paul, ein sorgloses, immer heiteres Leben. Er stirbt, wie er gelebt hat: Ein Schlaganfall (815) überrascht den »glücklichen Mann« vor seinem Ankleidespiegel beim Umkleiden für einen Theaterbesuch (817).

Effinger, Lotte

Erstes Kind von Paul und Klara Effinger, geboren 1894. Schwester von Fritz Effinger, Cousine und Ehefrau von Erwin Effinger, Mutter von Susanne und Emmanuel Effinger.

Lotte wächst mit ihren Eltern in einem Arbeiterviertel in einer Mietwohnung auf (310f.), obwohl ihr Vater inzwischen vermögend ist (313). Selbstbewusst verteidigt sie das Viertel gegen ihre Cousine Marianne, die in der vornehmen Gegend am Tiergarten aufwächst (312). Trotzdem fühlt sie sich ihr unterlegen und fühlt sich neben ihr unscheinbar und hässlich (351). Wie Marianne bedrückt auch sie das Elend des Proletariats, das sie aber, anders als ihre Cousine, nicht zu tätigem Handeln führt (352). Als Vierzehnjährige unterhält sie einige Zeit lang einen Briefwechsel mit ihrem Vetter Walter Mainzer (366f.). Kurz vor dem Ende ihrer Schulzeit schwankt sie zwischen verschiedenen Lebensentwürfen, denkt an ein Studium, aber auch an eine Heirat mit einem schönen Mann (407). Ihren heimlichen Wunsch, Schauspielerin zu werden, begräbt sie, als eine Schauspiellehrerin ihr abrät (408). Nachdem sie einen frauenrechtlerischen Vortrag über soziale Arbeit von Amalie Mayer gehört hat, möchte sie Abitur machen und studieren und danach soziale Arbeit leisten (412).

In der Tanzstunde verliebt sie sich in den Gymnasialschüler Ludwig Heesen (413f.), der sich wenig später umbringt (421f.). Der zwanzig Jahre ältere Merkel wirbt um sie; obwohl sie ihn nicht mag, lässt sie sich dazu überreden, mit auf sein Zimmer zu kommen, und gilt nun als gefallenes Mädchen. Die Eltern schicken sie im Juni 1914 zu ihrem Großvater nach Kragsheim (478), holen sie aber nach dem Kriegsausbruch wieder nach Berlin, wo sie in Mariannes Hilfsorganisation für mittellose Angehörige von Soldaten arbeitet (493). Die Arbeit wird ihr zunehmend zweifelhaft, sie bittet ihren Vater, Latein und Mathematik lernen zu dürfen (501f.). 1919 verlobt sie sich mit Edgar Anders (556), der ihr allerdings keinerlei Zärtlichkeit entgegenbringt und das Verlöbnis kurz vor der Hochzeit löst (572).

Einige Monate später nimmt sie in München ihr Studium auf (616). Dort wird sie Zeugin einer von nationalistischen Studenten anberaumten »Feier« für Graf Arco, den Mörder Kurt Eisners (622), und der Angriffe auf Professor Steindler (628). Im Sommersemester 1920 wechselt sie nach Heidelberg (646), wo sie offenbar Kunstgeschichte studiert (648). In dem Studentenführer Enkendorff findet sie den seit Jahren erwünschten Partner für »das große geistige Gespräch« (654), auch wenn er sie in ihrem Glauben an die Werte der Aufklärung verunsichert (658).

Im Sommer 1920 bekommt sie Besuch von ihrem Vetter Erwin und verliebt sich in ihn (667). Sie wird schwanger und beide heiraten umgehend noch in Heidelberg (678). Danach gehen sie nach Berlin zurück, wo Lotte ihr Studium fortsetzt. Wegen der Wohnungsnot lebt das Paar bei Erwins Eltern am Kurfürstendamm in einem Zimmer (682). Kurz vor der Geburt des Kindes gesteht Erwin seiner Frau, dass er sich in eine Achtzehnjährige verliebt hat, obwohl er sie nach wie vor liebt und glücklich mit ihr ist (698f.). Nach der Geburt lebt Lotte wie geplant mit dem Kind bei ihren Eltern, so dass die Eheleute sich kaum sehen. Ein Jahr später macht sie einen zweiten Versuch, Schauspielerin zu werden, und hat Erfolg. Als Angelika Oppen macht sie rasch Karriere (715). Das Kind wächst bei ihren Eltern auf (727). 1924 wechselt sie an das Haus des berühmten Theatermanns Bermann (740). 1926 verliebt sie sich unverhofft in Kipshausen (757), wird von ihm schwanger (769), lässt die Schwangerschaft aber abbrechen und kehrt zu Erwin zurück, der sich bereit erklärt hatte, das Kind als eheliches Kind anzuerkennen (769). Sie besucht ihre Tante Sofie in Griechenland und trifft auf der Rückfahrt Erwin in Südtirol (775), der inzwischen eine gemeinsame Wohnung in Berlin gemietet hat (776). 1929 wird ihr zweites Kind, Emmanuel, geboren (778).

Im Februar 1933 wird Lotte aus dem Ensemble ihre Theaters geworfen und muss Hals über Kopf aus Deutschland fliehen (847). Erwin bringt sie zunächst nach Prag (849). Sie bekommt Rollen in Prag und Wien (866). Erwin kommt mit Emmanuel bald nach, 1938 reisen sie zu dritt nach Palästina, um Susanne und Marianne in ihrem Kibbuz zu besuchen (872f.). In der Folgezeit hören ihre Verwandten kaum noch etwas von ihnen. Sie »rutschen von Ort zu Ort und von Land zu Land«, so Paul, und kommen nicht zur Ruhe (879).

Effinger, Marianne

Drittes Kind von Karl und Annette Effinger, geboren 1892. Schwester von James, Herbert und Erwin Effinger. Zum Kummer ihrer Mutter lehnt sie deren luxuriöses Leben ab, geht ihrem Großonkel Waldemar bei der Hilfe für die aus Russland fliehenden Juden zur Hand (351f.). Später arbeitet sie in einem Kinderhort in einem Arbeiterviertel (367f.) und erkennt verzweifelt, dass sie an dem sozialen Elend nichts ändern kann (368f.). Trotzdem besucht sie nach dem Ende ihrer Schulzeit die soziale Frauenschule von Fräulein Dr. Koch, die junge Mädchen für die soziale Arbeit vorbereitet (409). Sie freundet sich mit dem Studenten Martin Schröder an, einem Freund ihres Bruders Erwin, der sie bald täglich besucht (414), auf dessen Heiratsantrag sie aber vergeblich wartet. Seine politische Radikalisierung im Jahr 1918/19 befremdet sie (573). Nach dem Kriegsausbruch 1914 organisiert sie eine Hilfskommission für mittellose Angehörige von Soldaten (485) und arbeitet nach dem Krieg in einem Ministerium der neuen Regierung (597, 669). Im Sommer 1920 besucht sie zusammen mit ihrem Bruder Erwin ihre Cousine Lotte Effinger in Heidelberg (669), wo sie auch Lili Gallandt trifft, deren freizügige Ansichten über Liebe und Ehe sie erschüttern (673f.). Fehlende Erfahrung im Umgang mit Männern verleitet sie dazu, unverbindliche Aufmerksamkeiten ihres Kollegen Gans als Werbung zu missdeuten (702). Nach einigen Jahren ist sie Regierungsrätin im Wohlfahrtsministerium (830). In ihrer äußeren Erscheinung distanziert sie sich von den »luxuriös angezogenen Damen« durch betonte Schlichtheit von Kleidung und Frisur (827). 1932 trifft sie Martin Schröder auf der Straße wieder, der sich nun deutlich als Antisemit entpuppt (831-835). Trotzdem ist sie erneut tief von seinen Ansichten beeindruckt und stellt ihre eigene Weltsicht und die ihrer Familie grundsätzlich in Frage (832).

Im Februar 1933 wird sie von SA-Leuten aus dem Amt geworfen, Dr. Gans und Dr. Koch sehen dabei, anders als ihr Kollege Trümpler, ungerührt zu (853). Danach erwacht ihr Interesse am Judentum, sie arbeitet für die Jüdische Gemeinde, beschäftigt sich mit der Geschichte des Judentums, neigt dem Zionismus zu und bereitet Ihre Auswanderung nach Palästina vor (860f.). 1938 lebt sie mit ihrer Nichte Susanne in einem Kibbuz, in dem Lotte und Erwin sie besuchen (872f.). 1946 sendet ihr die alte Frieda den letzten Brief, den Paul Effinger an Lotte, Erwin und sie geschrieben hat (882, 885).

Effinger, Mathias

Uhrmacher in Kragsheim (1830-1925), Ehemann von Minna Effinger, Vater von Benno, Karl, Paul, Helene, Willy und Bertha Effinger. Er führt ein sparsames Leben nach festen Regeln (25). 1909 feiern er und seine Frau ihre goldene Hochzeit, zu der alle Kinder mit ihren Familien anreisen (400). Er hat durch sein sparsames Leben 100.000 Mark zurückgelegt, die er seinen Kindern vererben möchte (544). 1920 feiert er seinen 90. Geburtstag (629). Die Stadt beschlagnahmt vier der sieben Zimmer seines Hauses, um Bedürftige unterzubringen (633), darunter eine »schrecklich keifende Familie« (641). Er stirbt Anfang des Jahres 1925 (746). Dass sein angespartes Geld durch die Inflation verlorengegangen ist, hat er nicht mehr erfahren (748f.).

Effinger, Minna

Ehefrau des Uhrmachers Mathias Effinger in Kragsheim (1833-1924), Mutter von Benno, Karl, Paul, Helene, Willy und Bertha Effinger, eine »große, knochige Frau« (12). In den in Kragsheim spielenden Kapiteln bleibt die Figur eher im Hintergrund.

Ihr Tod ist im Stammbaum auf 1924 datiert. Im Roman wird er nicht erwähnt.

Effinger, Paul

Drittältester Sohn des Uhrmachers Mathias Effinger und seiner Frau Minna in Kragsheim, geboren 1861, gestorben 1942. Bruder von Benno, Karl, Helene, Willy und Bertha Effinger, Ehemann von Klärchen Oppner, Vater von Lotte und Fritz Effinger.

Paul, ein »kleiner, unscheinbarer, hellbraunhaariger« Mann (8), absolviert eine Lehre in einem Eisenwerk im Rheinland (7, 13). Danach möchte er in Kragsheim eine Schraubenfabrik gründen, stößt aber bei dem konservativen Bürgermeister auf wenig Gegenliebe (21f.). Er geht nach Berlin, wo er die Fabrik, zunächst als »Unterabteilung« von Schlemmers Maschinenfabrik (49f.), am 1.10.1884 in einer gemieteten ehemaligen Hufschmiede eröffnet (52). Nach einem halben Jahr steht er kurz vor dem Bankrott, löst den für ihn ungünstigen Vertrag mit Schlemmers Maschinenfabrik und zahlt Schlemmer aus (68). Dass sein Bruder Karl zu diesem Zeitpunkt seine Arbeit verliert und mit einem Kapital von 10.000 Mark in die Schraubenfabrik eintritt, rettet ihn vor dem Konkurs (69). Ein öffentlicher Großauftrag, den er nicht erfüllen kann, weil seine aus England importierte Schraubenmaschine nicht funktioniert, bringt ihn erneut an den Rand des Ruins (81). Ein Kredit seines Schwagers Julius Mainzer hilft ihm aus der Bredouille (82).

Während sein Bruder Karl mit seiner Frau Annette, der »Luxusdame« (167), ein Leben in Wohlstand genießt, was ihm missfällt, praktiziert er selbst die »jahrtausendealte Sparethik der Effingers«, die sich gegen die »Wechselfälle des Daseins« wappnet (171). Von 1889 an beginnt er, Gasmotoren nach den Entwürfen des Ingenieurs Rothmühl zu bauen (216f.). Bei seinen Planungen für einen »schienenlosen Wagen« kommt ihm Carl Benz zuvor (218). Er wandelt den Betrieb in eine Aktiengesellschaft um (229) und baut eine eigene Fabrikanlage in Berlin-Weißensee, die im März 1893 eröffnet wird (269). Karl lässt sich in dem neuen Gebäude ein pompöses Büro einrichten, Paul behält seine alten Büromöbel aus der Hufschmiede.

Der Konkurs gegangene Bankier Mayer ist bemüht, ihn mit seiner Tochter Amalie zusammenzubringen, aber Paul findet sie »überspannt« (220). Er hat seit langem eine starke Sympathie für Klara Oppner, schreckt aber vor einer Verbindung mit Familie Oppner und ihrem Hang zum Luxus zurück, er möchte eine »Hausfrau« (ebd.) und hat zudem Sorge, er könnte als Mitgiftjäger erscheinen (287). Schließlich aber bittet er Klärchen um ihre Hand (297), beide heiraten. Er  führt mit seiner Familie ein sparsames Leben in einer Mietwohnung in einem Berliner Arbeiterviertel (310f.), obwohl er inzwischen vermögend ist (313). Später (1907) zieht die Familie dann doch um und wohnt in der Bendlerstraße gegenüber von Klärchens Eltern (353, 355). Trotz seines unternehmerischen Erfolgs findet Paul nicht in die Rolle eines Großindustriellen, träumt vielmehr weiter von einem beschaulichen Leben in Kragsheim, wie es sein Vater führt (400).

1908 (oder 1909) pachtet er ein Grundstück in London, auf dem er eine Dependance seiner Auto-Fabrik errichten lässt (397). Bei einem Autorennen in London gewinnt ein Effinger-Wagen (399). Im Ersten Weltkrieg wird die Fabrik beschlagnahmt (495). Der Krieg bringt Paul um die Realisierung seiner Wünsche nach einem sorgenfreien Leben (496, 499). Nach dem Tod seines Sohnes Fritz (1918) verliert er die Lebensfreude (589). Zudem macht ihm das gesellschaftliche Klima der Nachkriegsjahre zu schaffen, das in seinen Augen von »Rücksichtslosigkeit, Gemeinheit und Unkultur« und einem »Mangel an Ehrlichkeit und Ehrgefühl« geprägt ist (640). Sein fester Glaube an die Legitimität und Anständigkeit der Obrigkeit (vgl. 485, 489, 495, 514f.) bleibt davon unberührt. Im Betrieb gerät er zeitweise in Meinungsverschiedenheiten mit seinem Neffen und Schwiegersohn Erwin, der ihm vorwirft, die durch die Inflation veränderte Wirtschaftslage nicht verstanden zu haben (691-693). Selbst 1923 glaubt er noch daran, dass man sein Geld zur Bank bringen muss, um Zinsen zu erwirtschaften (727).

Mit seinem Ingenieur Rothmühl entwickelt er einen Kleinwagen, das »Volksauto« (694f.). Ein Herr Stiebel, der sich anbietet, einen Reklamefeldzug für das neue Auto zu machen, wird engagiert (697). Paul plant eine Erweiterung der Fabrik in Niederschönhausen mit einer Arbeitersiedlung (721). Stiebel verrät Pauls Pläne an den jungen Hartert (722), so dass Paul für den Ankauf des Geländes einen um 30 Prozent erhöhten Kaufpreis zahlen muss (728). Die Arbeitersiedlung wird von den Arbeitern als Trick betrachtet, den Lohn zu drücken (729).

Nach dem Zusammenbruch des Bankhauses Oppner & Goldschmidt (1931) und dem Tod seines Bruders Karl (1932) muss er für die mittellosen Verwandten sorgen (824f.). Nach der Machtergreifung wird er mit fadenscheinigen Gründen verhaftet (854). Noch bevor sein Prozess beginnt, sind die Effinger-Werke ›arisiert‹ (864). Im Prozess wird er freigesprochen (866). Weder diese Erfahrungen noch die Flucht seiner Tochter Lotte lassen ihn, anders als seine Frau, erkennen, welche Gefahren den in Deutschland lebenden Juden drohen (867). Klärchens Wunsch nach Auswanderung begegnet er noch nach der Pogromnacht 1938 mit der Überzeugung, dass man »zwei alten Leuten wie uns« nichts tun wird (877). In seinem letzten Brief an Lotte, Erwin und Marianne Effinger 1942 bereut er dies zutiefst. »Ich habe an das Gute im Menschen geglaubt. Das war der tiefste Irrtum meines verfehlten Lebens.« (882) Kurz nach Abfassung des Briefes, der seine Adressaten dank der alten Frieda 1946 erreicht (885), wird er zusammen mit Klärchen, Bertha und Eugenie Goldschmidt deportiert (882).

Effinger, Reginald

Erstes Kind von Benno und Mary Effinger, geboren 1886, gestorben 1916. Bruder von Roger und June Effinger. Er fällt im Ersten Weltkrieg (543).

Effinger, Roger

Zweites Kind von Benno und Mary Effinger, geboren 1887, gestorben 1917. Bruder von Reginald und June Effinger. Er fällt im Ersten Weltkrieg (543).

Effinger, Susanne (Susi)

Erstes Kind von Erwin und Lotte Effinger, geboren 1921 in Berlin (703). Schwester von Emmanuel Effinger, Enkelin von Karl und Annette sowie Klara und Paul Effinger. Die künstlerischen Talente ihrer Mutter gehen ihr ab, sie ist, wie Lotte urteilt, »ohne jede Phantasie«, dafür praktisch begabt, »korrekt und fleißig« und »ein prachtvoller Kerl« (798). Mit neun oder zehn Jahren tritt sie in den Jüdischen Wanderbund ein (ebd.). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten geht sie mit ihrer Tante Marianne nach Palästina und lebt mit ihr in einem Kibbuz, in dem ihre Eltern und ihr kleiner Bruder sie 1938 besuchen (870). Da ist sie mit Josef, einem Kibbuz-Mitglied, verlobt (872f.).

Effinger, Willy

Fünftes Kind und jüngster Sohn des Uhrmachers Mathias Effinger und seiner Frau Minna, geboren 1864. Bruder von Benno, Karl, Paul, Helene und Bertha Effinger.

Zu Beginn der achtziger Jahre absolviert Willy eine Uhrmacherlehre bei seinem Vater, dessen Uhrenladen er übernehmen soll (13). Er ist aber, wie der Vater bald feststellt, »kein rechter Uhrmacher« und möchte lieber eine Vertretung für Schweizer Uhren übernehmen (83). Ungefähr vierzig Jahre später stellt der Mann seiner Nichte Ricke fest, dass er »seiner Lebtag auf keinen grünen Zweig« kommt (626). Seine Frau kam durch einen Motorradunfall ums Leben (ebd.).

Emma

Köchin bei Emmanuel und Selma Oppner (125).

Enkendorff

Kommilitone von Lotte Effinger in München und später auch Heidelberg. In München ist er Führer der Studentenschaft. In einer Rede spricht er sich gegen Rationalismus und Fortschritt aus, bekennt seinen Glauben an die »mystischen Kräfte einer Führerschaft« und plädiert für einen »deutschen Sozialismus« (616f.). In Heidelberg, wohin ihm der Ruf vorauseilt, die »bedeutendste Begabung seiner Generation« zu sein (654), hält er zwar weiterhin an seiner antiaufklärerischen Einstellung fest, scheint nun aber differenzierter zu denken (654f.). Er entstammt einer Offiziersfamilie, hat ein knappes Budget und empfindet Bitterkeit gegen die »jüdischen Industriekinder« Lotte Effinger und Werner Wolff (657). Für Lotte ist er der seit langem ersehnte Partner für »das große geistige Gespräch« (654), auch wenn er sie in ihrem Glauben an die Ideen der Aufklärung verunsichert (658). Er verabscheut die Tiefenpsychologie – Freud ist für ihn der »Wiener seelische Schmutzfink« – und ist überzeugt, dass die Kenntnis des Unbewussten handlungsunfähig macht (661).

Feld, Dr. Erich

Freund von James Effinger, der im Ersten Weltkrieg mit ihm an der Ostfront dient. Bei einem Urlaub in Berlin verliebt er sich in James' Tante Sofie Oppner, für die er der erste und einzige Mann wird, den sie wirklicht liebt (505, 508). Das Paar verbringt drei Tage und Nächte zusammen (507f.). Im Sommer 1918 fahren beide für zwei Wochen in die Berge (539-541). Dann verliert Feld das Interesse, zieht sich immer mehr von ihr zurück und heiratet schließlich eine andere, jüngere Frau (732), während Sofie unbeirrt an ihrer Liebe festhält und leidet. Als sie sich im Mai 1930 das Leben nimmt, wird er von Annette Effinger ins Haus der Sterbenden zitiert und erweist sich als Schwächling (789f.).

Fischl

Ehemaliger Lehrlingskollege von Paul Effinger. Beide treffen sich in Berlin wieder. Paul geht mit ihm zum Essen in die Volksküche, wo er von Fischls Kollegen als Kapitalist beschimpft wird. Fischl »gab ihn bald preis« (76).

Frieda

Dienstmädchen bei Eugenie und Ludwig Goldschmidt, »eine von Eugenies Perlen« (102). Nach der Weltwirtschaftskrise, in der Eugenie ihr Vermögen verliert, ist sie die einzige verbliebene Hausangestellte (761). Auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bleibt sie bei Eugenie (879) bis zu deren Deportation im Jahr 1942 (882). »Sie hatte alle gesehen, bis sie weggebracht worden waren.« (885). Nach dem Krieg lebt sie im Souterrain des Goldschmidtschen Hauses, dem einzigen Geschoss, das die Bombenangriffe überlebt hat, und baut im Garten Gemüse an. Paul Effingers letzten, kurz vor der Deportation verfassten Brief an Lotte, Erwin und Marianne Effinger von 1942 schickt sie im Frühjahr 1946 an Marianne: »Wer das mitangesehen hat, Fräulein Marianne, der wundert sich nicht, daß es so kommen mußte, wie es gekommen ist.« (885)

Friedhof

Alter Sanitätsrat, Hausarzt von Emmanuel und Selma Oppner. Von Eugenie Goldschmidt wird er geschnitten, weil er seit Jahren ein Verhältnis mit einer Schneiderin und mit ihr zwei uneheliche Kinder hat (112f.). Er wird auch zur Geburt von Annette und Karl Effingers erstem Kind gerufen (143f.) und steht Sofie Oppner bei ihrer Fehlgeburt bei (303). Friedhof und Billinger sind die einzigen Bekannten, deren Verbundenheit mit den Häusern Goldschmidt und Oppner sich in der Krise um die faulen Aktien der Akkumulatorenwerke bewährt (300).

Gallandt, Lili (verh. Vermehren)

Freundin von Lotte Effinger. Sie besucht mit ihr nach dem Krieg die Veranstaltungen der Frauenschule von Fräulein Koch (559f.), lässt sich das Haar kurz schneiden und raucht auf der Straße Zigaretten (567). Sie ist mit einem jungen Mann, Vermehren (671), verheiratet, der aus dem Krieg mit einem »Knacks« zurückgekommen ist und ihr die Verantwortung für das gemeinsame Leben aufbürdet (568). Ein Jahr später lebt sie in Heidelberg, ist geschieden (671) und hat ein Verhältnis mit einem 24-jährigen Medizinstudenten (651f.), dessen sie bald überdrüssig wird, weil er »zuviel Naturtrieb und zuwenig Gehirn« hat (673). Als ihr ererbtes Vermögen nicht mehr genug Zinsen einbringt, nimmt sie eine Stelle in einer Bank in Berlin an (699).

Gans, Regierungsrat

Kollege von Marianne Effinger und Fräulein Koch im Wohlfahrtsministerium. Marianne missversteht seine kollegialen Gesten als Zeichen für Zuneigung (702). Im Februar 1933 bangt er um seine Zukunft, weil er jahrelang Mitglied der SPD war (852). Als Marianne Effinger von SA-Leuten aus dem Amt geworfen wird, rührt er keinen Finger, begegnet ihrem Widerstand vielmehr mit der harschen Aufforderung, den Kollegen keine »Ungelegenheiten« zu machen (853).

Georg

Ein Münchener Maler, der Sofie Oppner liebt und vergeblich um sie wirbt (348f.).

Gerstmann, Udo

Berliner Unternehmer, Leutnant der Reserve, Ehemann von Sofie Oppner, ein derber, lauter Mann. Er tritt als Mitinhaber in die Maschinenfabrik Schlemmer ein und schnappt den Brüdern Effinger einen Großauftrag für 30 Gasmotoren durch Dumpingpreise vor der Nase weg (273). Er bringt das Vermögen seiner Frau durch (305) und zieht große Mengen Geldes aus der Firma Schlemmer, um seine Spielschulden zu begleichen (306f.). Emmanuel Oppner holt seine Tochter nach Hause, die Ehe wird geschieden (307).

Goldschmidt, Eugenie (geb. Soloweitschick)

Ehefrau von Ludwig Goldschmidt, geboren 1856, gestorben 1942. Schwägerin von Waldemar Goldschmidt und Selma Oppner, Tante von deren Kindern Annette, Theodor, Klara und Sofie.

Die schöne Eugenie entstammt einer russischen Industriellenfamilie, spricht mehrere Sprachen, ist weltgewandt und führt, anders als ihre Schwägerin Selma, ein offenes Haus, in dem viele und ganz unterschiedliche Leute ein- und ausgehen (98).

Im vorletzten Kriegsjahr bricht die lange schwelende Feindschaft zwischen Eugenie und ihrer Schwägerin Selma offen aus: Eugenie macht Selma heftige Vorwürfe, weil sie ihre üppigen Lebensmittelvorräte nicht mit der Familie teilt (519f.). Daraufhin schickt James ihr ein großes Lebensmittelpaket, das sie mit ihren Nichten Annette und Klara teilt (522). Kurz darauf stirbt ihr Mann (522). Etwa um dieselbe Zeit wird ihr Bruder Alexander Soloweitschik bei dem Versuch, das Vermögen der Familie in den Wirren der russischen Revolution nach London zu bringen, von Revolutionären ermordet (530f.), wovon sie jedoch nicht erfährt. Sie lässt nach dem Krieg vergeblich nach ihm suchen (653). In der großen Inflation 1923 und vollends in der Weltwirtschaftskrise verliert sie ihr Vermögen und bewohnt in ihrem Haus zuletzt nur noch ein Zimmer (761, 822f.). 1942 wird sie zusammen mit Klara, Paul und Bertha Effinger deportiert (882).

Goldschmidt, Ludwig

Berliner Bankier (1845-1917), Ehemann von Eugenie Goldschmidt, Bruder von Waldemar Goldschmidt und Selma Oppner, Schwager von Emmanuel Oppner, Onkel von dessen Kindern Annette, Theodor, Klara und Sofie.

Ludwig Goldschmidt, ein »kleiner, dicker Mann« (40), lebt mit seiner Familie in einer Villa in der Tiergartenstraße. Er ist ein frommer Jude und sehr wohltätig (38). Er ist überzeugt, dass Reichtum verpflichtet, muss aber feststellen, dass diese Einstellung unter den Wohlhabenden im Schwinden begriffen ist, so dass er für seine sozialen Projekte nur wenig Unterstützung findet (100). Anders als sein Bruder Waldemar und sein Schwager Oppner glaubt er, dass die »zunehmende Verelendung der arbeitenden Massen« in einer »furchtbarsten Katastrophe« enden wird (101). Als er im vorletzten Kriegsjahr stirbt, ist die Familie nach einer Konfrontation zwischen Eugenie und Selma zeitweise zerstritten (522).

Goldschmidt, Markus

Verstorbener Vater von Ludwig Goldschmidt, Selma Oppner und Waldemar Goldschmidt. Berliner Bankier, geboren 1810.

Goldschmidt, Waldemar

Jurist und Privatdozent in Berlin (1850-1942), Bruder von Ludwig Goldschmidt und Selma Oppner, Schwager von Emmanuel Oppner, Onkel von dessen Kindern Annette, Theodor, Klara und Sofie.

Um an einer preußischen Universität eine Professur zu bekommen, müsste Waldemar sich taufen lassen. Obwohl er der christlichen Lehre nähersteht als der jüdischen, verweigert er diesen Schritt, weil er ihn »aller Selbstachtung und Menschenwürde« berauben würde (73). Später ist er aber Professor und Geheimrat, wie es dazu kam, wird nicht deutlich.

Waldemar ist ein Mann der Aufklärung, ein vorurteilsloser, liberal denkender Mensch, der, anders als sein Bruder Ludwig, Tradition und Herkommen nicht fraglos übernimmt, sondern nüchtern prüft (101f.). Der Tod Kaiser Friedrichs im Juni 1888 geht ihm sehr nahe. Mit ihm sterbe die Hoffnung seiner Generation (192) auf eine »gütigere, lichtvollere Welt« (194). Er ist Mitbegründer eines Hilfsvereins deutscher Juden, die die vor den Pogromen während der russischen Revolution 1905 flüchtenden Juden unterstützt (352). Während des Ersten Weltkriegs verliert er zunehmend sein Vertrauen in den Fortschritt (524f.).

Er liebt Susanna Widerklee, auch sie liebt ihn, aber sie kann sich nicht für ihn entscheiden (160). Bevor sie sich mit Graf Sedtwitz verlobt, trägt sie sich Waldemar an, der aber ablehnt, weil er nicht glaubt, dass sie ihm treu sein kann (182f.). Beide bleiben in freundschaftlicher Verbindung. Als sie nach dem Tod ihres Mannes in den zwanziger Jahren in Not gerät, nimmt er sie bei sich auf (724f.). Dank seines eigenen Vermögens kann er auch nach dem Zusammenbruch des Bankhauses Oppner & Goldschmidt noch einige Zeit in Wohlstand leben und seinen Verwandten helfen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten werden ihm die Lehrbefugnis und der Geheimratstitel aberkannt und eine Tätigkeit als Jurist untersagt (857). Zuletzt zieht er mit Susanna und Riefling in eine »armselige Wohnung« in Moabit (880), aus der er 1942, nun über 90 Jahre alt, von SS-Schergen zur Deportation abgeholt wird (881).

Von einer Heirat mit Susanna Widerklee, wie sie der Familienstammbaum angibt, ist im Text nicht die Rede. – Kurz vor seiner Deportation beziffert Waldemar sein Alter auf 95 (880); nach den im Stammbaum genannten Lebensdaten ist er zum Zeitpunkt der Deportation 92 Jahre alt.

Hartert

Lehrling im Bankhaus Oppner & Goldschmidt (40). Der »picklige junge Mann« ist selig über die Einladung zum Einweihungsfest des Oppnerschen Hauses in der Bendlerstraße im Oktober 1885 und tanzt mit allen Mädchen, die sitzenbleiben (120), darunter auch mit Fräulein Schulte, Tochter eines Baumwollfabrikanten (120). Später heißt es, dass er sie geheiratet hat und in die Firma ihres Vaters eingetreten ist (243). Etwa 15 Jahre später gibt er seinen Sohn bei Oppner & Goldschmidt in die Lehre; er ist inzwischen Bankdirektor, »Kragen hoch, Haarschur knapp, ›Es ist erreicht‹-Schnurrbart« (342), und ein begeisterter Anhänger der aggressiven nationalistischen Politik Wilhelms II. (343). Emmanuel Oppner bereut sogleich, den Jungen als Lehrling angenommen zu haben: »Das scheinen mir ja gefährliche Leute zu sein.« (Ebd.) Dieser Eindruck bewahrheitet sich Jahre später: Hartert junior bereichert sich an der Erweiterung der Effinger-Werke (722), und Hartert senior verweigert Theodor Oppner im April 1931 die Verlängerung eines Kredits, wohl wissend, dass er das Bankhaus Oppner & Goldschmidt damit vernichtet (806). Neid auf die Oppners und die fixe Idee, dass die Juden »alles Geld« haben, sind die Grundlage eines radikalen Antisemitismus, der ihn zum Parteigänger der Nationalsozialisten macht (807). Um Theodor vollends zu ruinieren, gräbt er dessen jugendliche Liebesbeziehung mit Wanda Pybschewska aus (807) und lanciert einen üblen Hetzartikel über ihn und das Bankhaus in einem Nazi-Blatt (812). Trotzdem spricht er im Sommer 1932 am Grab von Karl Effinger (816f.). Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten eignet er sich Theodors Villa an (859), steuert die ›Arisierung‹ der Effinger-Werke (856f.) und wird an Waldemar Goldschmidts Stelle Vorsitzender des Aufsichtsrats (863).

Hartert (Junior)

Sohn von Bankdirektor Hartert,der mit 14 Jahren als Lehrling ins Bankhaus Oppner & Goldschmidt eintritt (343). In den zwanziger Jahren bereichert er sich mit Hilfe des Reklamechefs der Effinger-Werke Stiebel an dem geplanten Erweiterungsbau der Effinger-Werke in Niederschönhausen (722).

Heesen, Ludwig

Gymnasialschüler aus wohlhabender Familie, den Lotte Effinger in der Tanzstunde kennenlernt, ein schmaler junger Mann mit einem »nervösen, leidenden Gesicht« (413). Beide verlieben sich ineinander, doch er leidet daran, nichts aus eigener Kraft zu leisten und »nur der Sohn meines Vaters« zu sein, und bringt sich um (420).

Henderström

Ein Schriftsteller, den Lotte Effinger 1922 in Berlin kennenlernt und der sie ermutigt, Schauspielerin zu werden (712).

Hennig

Besitzer einer der zahlreichen Gärtnereien in der Nachbarschaft der neuen Fabrik der Brüder Effinger in Weißensee. Er gehört zu den wenigen Gärtnern, die nicht darauf spekulieren, ihre Ländereien als Bauland für die Industrie herzugeben (270). Jahre später verkaufen seine Söhne das Terrain für einige Millionen (799f.).

Bei der zweiten Erwähnung der Figur (799) wechselt der Name zu Henning.

Hitler

Im Frühjahr 1920 besuchen Lotte Effinger, Fräulein von Karstens, deren Freund und Doktor Wilken einen Auftritt Hitlers im Zirkus Krone, bei dem er ausgiebige Judenhetze betreibt. Wilken nennt ihn einen »gefährliche[n] Verrückte[n]«, Fräulein von Karstens zeigt sich beeindruckt (644f.).

In dem 1919 eingeweihten festen Haus des Zirkus Krone, dem ›Kronebau‹ in der Münchner Marsstraße, hielten die Nationalsozialisten von Anfang an zahlreiche Veranstaltungen ab.

Hoff

Alter Malermeister, der an der Renovierung des von Emmanuel Oppner gekauften Mayerschen Hauses in der Bendlerstraße mitwirkt und über das englische Watercloset, das Oppner einbauen lässt, den Kopf schüttelt: »Keen lieber Gott mehr, aber Wasserspülung« (62).

Josef

Verlobter von Susanne Effinger, 19 Jahre alt, Mitglied des Kibbuz, in dem Susanne mit ihrer Tante Marianne lebt. Er ist der Sohn eines Arztes aus Süddeutschland und ist noch nicht sicher, ob er in Palästina bleiben wird, weil er die in Deutschland lebenden Eltern nicht allein lassen mag (872f.).

Kärnichen

Junger Schreinergeselle, der in dem von Emmanuel Oppner gekauften Mayerschen Haus in der Bendlerstraße neue Fensterrahmen einbaut und dem alten Malermeister Hoff erklärt, warum er Sozialist ist: »Zwölf Stunden Arbeit, und wenn de krank bist, liegste auf der Straße, [...] und wenn de bettelst, lochen se dir in. Und wenn de injelocht warst, kriegste keene Arbeit mehr« (62f.).

Karstens, Elvira von

Eine junge Kunstgewerblerin, Bewohnerin eines Zimmers in der Münchner Pension, in der auch Lotte Effinger während ihres Studiums in München wohnt, eine »schmale, große Frau mit einem riesigen Mund in einem knochigen Gesicht«, die sich zu Lottes Befremden schminkt (617). Sie hilft Lotte, eine sehr freizügige Party zu verlassen (635). Von einem Auftritt Hitlers im Frühjahr 1920 zeigt sie sich beeindruckt (644f.).

Kelchner, Fräulein

Vormalige Erzieherin der vier Kinder von Emmanuel und Selma Oppner, die nun als Hausdame im Oppnerschen Haus fungiert (105). Sie stirbt 1920 (641, 682).

Kipshausen, Otto von

Baron und Gutsherr, um die 50 Jahre alt, den Lotte Effinger 1923 auf einem Maskenball in Berlin kennenlernt (718f.) und mit dem sie einige Jahre eine lose Verbindung unterhält (755). Bei einem Treffen mit ihm in Paris verliebt sie sich plötzlich in ihn (757), wird von ihm schwanger, lässt die Schwangerschaft aber unterbrechen und kehrt zu ihrem Mann zurück (769).

Kleffel, Jürgen

Berliner Unternehmer, der einen Großauftrag für 30 Gasmotoren ausschreibt und die Maschinenfabriken damit nötigt, entweder auf Gewinn zu verzichten oder minderwertige Ware zu produzieren (272-274). Paul Effingers Angebot ist ihm zu teuer, den Zuschlag bekommt Gerstmann als Mitinhaber der Maschinenfabrik Schlemmer (273). Nach der Enteignung der Effinger-Werke 1933 bewirbt er sich um die Übernahme der Werke, er ist »[a]ltes Parteimitglied« (857).

Kleinler

Rennfahrer, der bei einem Autorennen in London einen Wagen von Paul Effinger fährt. Er verlangt dafür 25.000 Reichsmark und besteht darauf, dass der Wagen mit Reifen der Eidechsenreifenwerke ausgestattet wird, die ihm dafür 50.000 Reichsmark Schmiergeld zahlen (397). Er gewinnt das Rennen (399).

Koblank, Frau

Hebamme, die Annette Effinger bei der Geburt ihres ersten Kindes (143f.), Klärchen Effinger bei der Geburt des Sohnes Fritz (316) und Sofie Oppner bei ihrer Fehlgeburt (304) beisteht und sich bei den Wöchnerinnen über ihr Schicksal beklagt: Ihr erster Mann habe ihr Geld durchgebracht (304) und der zweite erst nach der Hochzeit eingestanden, dass er zuckerkrank sei. »Manche hat schon kein Glück.« (316)

Koch, Fräulein Doktor

Eine »berühmte Frauenrechtlerin«, Gründerin und Leiterin der »Kochschen Schule«, einer sozialen Frauenschule, die Marianne Effinger um 1910 besucht. Die Revolution 1918/19 hält sie für eine Katastrophe (556). Später arbeitet sie im Innenministerium, während Amalie Mayer die Frauenschule leitet (669). Zu Beginn der 30er Jahre bekennt sie sich zum Nationalsozialismus und ist »hingerissen von Hitler« (803). Im Februar 1933 sieht sie ihn schließlich als göttlichen Erlöser (852). Als Marianne Effinger im Februar 1933 von SA-Leuten aus dem Amt geworfen wird, verzieht sie keine Miene (853).

Gabriele Tergit besuchte vor ihrem Studium die 1908 gegründete erste soziale Frauenschule in Berlin. Deren Gründerin, Alice Salomon (1872-1948), wurde 1933 von den Nationalsozialisten aus ihren Ämtern gedrängt und 1937 zur Emigration gezwungen, hat also mit der fiktiven Figur des Fräulein Koch nichts gemein.

Kohler, Fräulein

Eine Kommilitonin von Lotte Effinger in Heidelberg, eine schöne junge Frau, die »hoffnungslos« in Peter Merk verliebt ist (647). In den Augen ihres Kommilitonen Werner Wolff gehört sie zu den »erfreulichen Studentinnen, die wissen, daß sie in erster Linie Frau sind«, eine Bemerkung, die Lotte Effinger verärgert (648).

Koller, Frau

Inhaberin einer Schneiderei, die auch für Goldschmidts und Oppners arbeitet. Eine ihrer Näherinnen ist Käte Winkel, die mit Karl Effinger bis zu dessen Verlobung mit Annette Oppner eine Liebesbeziehung hat (94).

Kollmann

Rechtsanwalt, der zu Theodor Oppners Kummer erfolgreich um Marie Kramer wirbt (108), obwohl er schon »mindestens 35 Jahre alt« ist (110). Er ist der Vater von Armin und Margot Kollmann.

Kollmann, Armin

Sohn von Marie Kollmann, Freund von Erwin Effinger, mit dem er die Distanz zu seinem Herkunftsmilieu teilt. Die Eltern schicken ihn zum Studium nach Oxford, er bliebe wegen eines Mädchens, Thea Blomberg, lieber in Berlin (430f., 438). Nach dem Krieg arbeitet er als Einkäufer für Schulz (667), in dessen Tiergartenvilla er ein Zimmer im Dachgeschoss bewohnt und für den er teure Bücher und Kunstwerke kauft (683). Der Krieg hat ihn desillusioniert, für ihn zählt nur noch die Liebe, die er von den Frauen bekommt, die Schulz zu seinen Gelagen einlädt (683f.). In Erwin Effingers Augen läuft er vor der Wahrheit davon (685) und ist längst »gestorben« (686). Zu Beginn der 30er Jahre hat er eine gescheiterte Ehe hinter sich und betreibt einen kleinen Briefmarkenladen (804).

Kollmann, Margot

Tochter von Marie Kollmann, Schwester von Armin Kollmann, Freundin von Lotte Effinger, der sie 1911 und 1912 Briefe aus dem Urlaub schreibt (432, 446). Nach dem Krieg ist sie Schauspielerin in Rostock und finanziert ihre Kostüme durch Prostitution (686). Als Lotte Effinger sie in den zwanziger Jahren auf einem Künstlerball in Berlin trifft, sieht sie heruntergekommen aus (718).

Kramer, Arnold

Sohn von Kommerzienrat und Kommerzienrätin Kramer, Bruder von Marie Kramer, Gast bei dem Fest zur Einweihung des Oppnerschen Hauses in der Bendlerstraße im Oktober 1885. Er mokiert sich über die Ansichten seines Vaters (117). Die jungen Mädchen lieben ihn (121), er gilt bald als »Schwerenöter« (171). Die 15-jährige Sofie Oppner schreibt ihm im März 1887 einen kindlichen Liebesbrief (155) und verliert damit ihren guten Ruf (187). Im Jahr 1893 fällt er auf einen Börsenbetrug herein und nimmt sich das Leben (283).

Kramer, Kommerzienrat

Inhaber einer Jutespinnerei, Vater von Marie und Arnold Kramer. Beim Fest zur Einweihung des Oppnerschen Hauses in der Bendlerstraße im Oktober 1885 äußert er sich abfällig über den Vorbesitzer des Hauses, den Bankrott gegangenen Bankier Mayer (113f.), und gibt sich auch sonst als illiberal denkender Mann zu erkennen (116f.). Als Emmanuel Oppner auf Kramers eigenes Betreiben Aktien der Akkumulatorenwerke für ihn kauft, die sich später als Schwindel erweisen, überhäuft er ihn mit Vorwürfen (283).

Kramer, Kommerzienrätin

Ehefrau von Kommerzienrat Kramer, Mutter von Marie und Arnold Kramer. Mit ihren dünkelhaften Bemerkungen über Amalie Mayer (114) erweist sie sich als Spiegelbild ihres Mannes. Sie hängt den kindlichen Liebesbrief, den die 15-jährige Sofie Oppner an ihren Sohn schreibt (155), an die große Glocke und genießt es, vor Selma Oppner von der »frühen Verdorbenheit« ihrer Tochter zu reden (184f.).

Kramer, Marie (verh. Kollmann)

Tochter von Kommerzienrat und Kommerzienrätin Kramer, Freundin von Annette Oppner. Annettes Bruder Theodor liebt sie (107f.), aber sie heiratet den 20 Jahre älteren Rechtsanwalt Kollmann (151). Zwanzig Jahre später ist sie, anders als ihre Freundin Annette, eine »verblühte und etwas spießige Person« (430). Sie hat zwei Kinder, einen Sohn Armin und eine Tochter Margot.

Krautheimer, M.

Ehemann von Ricke Krautheimer (geb. Mainzer), ein »riesig netter Mann«, wie Lotte Effinger bei ihrem Besuch in München im Winter 1919/20 feststellt (624). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kann er offenbar nach Großbritannien oder Amerika fliehen, worauf die Bemerkung hindeutet, dass er für seinen Schwager Oskar Mainzer ein Affidavit gegeben hat (877).

Krautheimer, Ricke (geb. Mainzer)

Älteste Tochter von Julius und Helene Mainzer (geb. Effinger), geb. 1880. »Wie kann man ein Kind Ricke nennen«, fragt sich Helenes Bruder Benno Effinger (396). Nach der Heirat mit Krautheimer lebt sie mit ihrer Familie in München. Zur goldenen Hochzeit ihrer Großeltern (1909) kommt sie mit ihren zwei kleinen Kindern nach Kragsheim (403). Ihre Cousine Lotte Effinger besucht sie während ihres Aufenthaltes in München 1919 (624-626). Der Umstand, dass ihr Mann für ihren Bruder Oskar ein Affidavit ausgestellt hat (877), lässt darauf schließen, dass sie mit ihm und ihren Kindern rechtzeitig aus Deutschland herausgekommen ist.

Lazar, Beatrice von (verh. Oppner)

Ehefrau von Theodor Oppner, geboren 1884. Mutter von Harald Oppner. Wie Susanna Widerklee schon bei der Verlobung und Theodor erst in der Hochzeitsnacht feststellt, ist sie »sehr dumm« (324), dazu eitel und kalt (329). Das Paar lebt nebeneinander her. Sie meidet die Zusammenkünfte der Familien Oppner und Goldschmidt, hat zahlreiche Affären. Nach dem Krieg trifft Lotte Effinger sie unverhofft in München, wo sie sich von Herren ausführen lässt und, weil nun auch im Haus Oppner das Geld knapp geworden ist, Kleidungsstücke verkauft, um an Geld zu kommen (620f.). Zurück in Berlin lässt sie sich teuren Schmuck von Schulz schenken (706). Schließlich verlässt sie Theodor im Januar 1924 (738), um Schulz zu heiraten. Als Theodor sie nach dem Zusammenbruch des Bankhauses Oppner & Goldschmidt (1931) um Unterstützung ihres Sohnes Harald bittet, lehnt sie ab (826).

Lehmann, Frau

Luftschutzwartin des Mietshauses in Moabit, in dem Waldemar Goldschmidt und Susanna Widerklee zuletzt leben (880). Sie ordnet an, dass Waldemar im Luftschutzkeller abgetrennt von den übrigen Bewohnern hinter einem Vorhang sitzen muss, und beschimpft Susanna als »Judenhure« (881).

Lewy, Kurt

Freund von Erwin Effinger, ein Zionist, der nach Palästina auswandern will (456f.).

Liebmann

Alter Angestellter des Bankhauses Oppner & Goldschmidt, der dem Haus schon seit 50 Jahren dient (382). Er entdeckt Herbert Effingers Unterschlagung, informiert Emmanuel Oppner darüber und tut alles, um den Vorfall geheimzuhalten (383). Als das misslingt, bittet er Oppner um seine Pensionierung (384). Als das Bankhaus 1931 in den Konkurs geht, ist Theodor Oppner froh, dass Liebmann schon tot ist: »Er hätte den Schlag nicht überlebt.« (808)

Die Schreibung des Namens wechselt von Liebmann (382) zu Liepmann (808).

Mackenzie

Geschäftsführer der Effinger-Werke in London (397). Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges versichert er Paul Effinger seiner Loyalität (487).

Maiberg, Theophil

Berliner Journalist und Dichter, Gast bei der Feier zur Einweihung des Oppnerschen Hauses in der Bendlerstraße im Oktober 1885, wo der 35-Jährige von den Damen der Gesellschaft belagert und gebeten wird, eines seiner banalen Gedichte zu rezitieren (115f.). Als Emmanuel Oppner auf den Börsenschwindel der Akkumulatorenwerke hereinfällt, genügt es ihm nicht, dass Oppner ihm und allen davon betroffenen Kunden den Schaden in voller Höhe ersetzt, sondern verlangt auch noch Zinsen (282).

Mainzer, Julius

Kaufmann und Inhaber eines Manufakturladens in Neckargründen bei Heidelberg, zu Beginn der Geschichte 27 Jahre alt (12). Er heiratet 1878 oder 1879 Helene Effinger, das Paar hat vier Kinder, Ricke, Oskar, Ruth und Walter. Mitte der achtziger Jahre hilft er seinem vom Konkurs bedrohten Schwager Paul Effinger mit einem Kredit (82). Er baut seinen Laden nach und nach zu einem großen Warenhaus aus. Er stirbt Mitte der 20er Jahre, sein Sohn Oskar führt das Warenhaus weiter (746).

Mainzer, Oskar

Zweites Kind von Julius und Helene Mainzer (geb. Effinger), geb. 1883. Er tritt in das Geschäft seines Vaters ein. 1909 hat er dessen Leitung inne (403). 1919 heiratet er (624) eine Frau »aus der feinsten Familie von Mannheim« (626). Nach der Machtergreifung muss er alle jüdischen Angestellten entlassen und dem christlichen Personal zwei Monatsgehälter im Voraus zahlen (857). Gleichzeitig greifen die Boykott-Maßnahmen des Regimes gegen jüdische Geschäfte, Kunden werden beim Betreten des Warenhauses fotografiert, so dass das Geschäft binnen Kurzem »ganz tot« ist, worauf Oskar einen Selbstmordversuch macht (858). In der Pogromnacht 1938 wird das Geschäft ausgeraubt und zerstört (876). Oskar wird in ein Konzentrationslager gebracht, wo er schwer misshandelt wird. Nach seiner Entlassung kommt er bei seinem Onkel Paul in Berlin unter (877). Sein Schwager Krautheimer hat ihm ein Affidavit ausgestellt, das ihm aber vermutlich nichts mehr nützen wird (ebd.). Sein weiteres Schicksal bleibt ungewiss.

Der Familienstammbaum nennt 1940 als sein Todesjahr.

Mainzer, Ruth

Drittes Kind von Julius und Helene Mainzer (geb. Effinger), geb. 1886. Sie arbeitet im Warenhaus ihres Vaters als Hauptkassiererin (404). Bei der goldenen Hochzeit ihrer Großeltern in Kragsheim entfernt sie sich mit einem jungen Mann von der Feier, was ihre Mutter nicht beunruhigt (403). Sie heiratet spät einen »sehr netten älteren Mann von einer Bierbrauerei in Kulmbach« und hat mit ihm zwei Kinder (625). In Paul Effingers letztem Brief an Lotte, Erwin und Marianne Effinger von 1942 heißt es dann, dass »[b]is auf die, von denen Ihr wißt, [...] all Eure Neckargründner Verwandten schon deportiert« seien (882).

Mainzer, Walter

Jüngstes Kind von Helene und Julius Mainzer, geboren 1891, gestorben 1920. Mit siebzehn Jahren tritt er in das Geschäft seines Vaters in Neckargründen ein und wird bald ein »erstklassiger Leiter« der Textilabteilung (404). Im Sommer 1908 besucht er seine vierzehnjährige Cousine Lotte Effinger jeden Sonntag in Kragsheim und unterhält nach ihrer Rückkehr nach Berlin einige Zeit lang einen Briefwechsel mit ihr (366f.). Im Krieg verliert er ein Bein (625). An den Folgen der Amputation stirbt er im Sommer 1920 (653).

Mayer

Berliner Bankier, dessen Haus in der Bendlerstraße Emmanuel Oppner 1884 kauft (54-59). Mayer, ein »feiner Bankier der alten Schule« (55), hat in den Bau des Gotthard-Tunnels investiert und dabei Bankrott gemacht. Nun arbeitet er als Versicherungsvertreter (114, 160f.). Seine Hoffnung, seine Tochter Amalie mit Paul Effinger zu verheiraten (222), erfüllt sich nicht (286).

Mayer, Amalie

Tochter des Bankrott gegangenen Bankiers Mayer, die das geringe Einkommen der Familie durch Klavierstunden für reiche Töchter aufbessert (114). Beim Fest zur Einweihung des Oppnerschen Hauses in der Bendlerstraße im Oktober 1885 wird sie als Tochter eines Bankrotteurs von den jungen Leuten geschnitten (118). Ihr Vater lädt Paul Effinger ein in der Hoffnung, ihn als Schwiegersohn zu gewinnen, sie wäre auch bereit, »nach Geld« zu heiraten (222), aber Paul findet sie »überspannt« (220) und hält sie für »die reinste Frauenrechtlerin« (286). Bald darauf heißt es, Amalie sei in der Frauenbewegung aktiv und halte Vorträge (313). Jahre später hören die Cousinen Marianne und Lotte Effinger einen kämpferischen Vortrag der inzwischen ergrauten Amalie in der »Kochschen Schule« (409f.). Nach dem Krieg übernimmt sie die Leitung der Schule von Fräulein Koch und wird Stadtverordnete (669).

Merk, Peter

Ein Kommilitone von Lotte Effinger in Heidelberg, ein schöner junger Mann, Sohn eines Landgerichtsrats (679), der »für jede Lage des Lebens eine Lösung« aus dem Marxismus bezieht (647). An einem Sommerabend konsultiert er Lotte mit der Frage, ob er mit seiner Kommilitonin Kohler, die ihn liebt, schlafen darf oder nicht (660f.).

Merkel, Doktor

Gast auf dem Maskenball, den Annette Effinger am Ende des Winters 1911/12 für die Jugend der Familie gibt. Obwohl zwanzig Jahre älter, macht er Lotte Effinger den Hof und erklärt ihr, dass die Ehe die »Amortisation der Liebe« sei (443). Zuletzt ergreift Lotte vor ihm die Flucht (445). Er kommt aus »miserablen Verhältnissen« und ist nach Klärchen Effingers Urteil »kein netter Mensch« (452). Nachdem er Lotte überredet hat, mit auf sein Zimmer zu kommen, verliert er augenblicklich jedes Interesse an ihr (476). Bei Kriegsausbruch verabschiedet er sich von ihr mit einem Brief, in dem er ihr »alles« verzeiht (485).

Meta

Hausmädchen bei Emmanuel und Selma Oppner (122).

Meyer

Korrespondent in Paul Effingers Schraubenfabrik, »sommersprossig mit roten Haaren« (52).

Miermann

Ein Freund Theodor Oppners, Theaterkritiker, Schüler von Erich Schmidt (232). Er verliebt sich in Theodors Schwester Sofie, schreibt ihr einen überschwenglichen Liebesbrief und hält um ihre Hand an (239-241), ohne Erfolg. Jahre später, 1902, kommt er zu Thedors Hochzeit. Er ist inzwischen Feuilletonredakteur (326) und immer noch in Sofie verliebt (325). Später heiratet er »eine liebe Frau« und wird ein »bedeutender Theaterkritiker an einer bedeutenden Zeitung« (596). Im April 1931 schreibt er einen ehrenvollen und für Theodor tröstlichen Nachruf auf das bankrott gegangene Bankhaus Oppner & Goldschmidt (811f.).

Miermann, Doktor

Bruder des Theaterkritikers Miermann, ein Arzt, den Klärchen Effinger im November 1918 an das Bett ihres kranken Sohnes Fritz ruft (577). Er behandelt auch Selma Oppner (817f.).

Milchmann

Beobachtet 1923 am Stadtrand von Berlin einen Mord und meldet ihn der Polizei. Doch die Behörden werden nicht tätig. Da bekommt der Mann Angst, »er forschte nicht mehr, er schwieg« (735).

Mück

Obmann der von Stiebel gegründeten NS-Zelle in den Effinger-Werken, ein »unfähiger Mensch aus dem Kalkulationsbüro«, der im Frühjahr 1933 im Fabrikhof antisemitische Parolen ausgibt, während Paul Effinger festgenommen wird (854). Nach der ›Arisierung‹ der Effinger-Werke wird er Direktor (864).

Oppen, Angelika

Künstlername, unter dem Lotte Effinger von 1922 an als Schauspielerin Karriere macht, u.a. als Salome in Oscar Wildes gleichnamigem Einakter (715).

Oppner, Annette (verh. Effinger)

Älteste Tochter von Emmanuel und Selma Oppner, geboren 1867. Schwester von Theodor, Klara und Sofie Oppner, Ehefrau von Karl Effinger, Mutter von James, Herbert, Marianne und Erwin Effinger.

Die achtzehnjährige Annette, eine Schönheit »mit langen roten Locken« (105), hat, anders als ihre jüngere Schwester Klara, eine pragmatische Einstellung zum Leben und zur Liebe. Sie möchte vor allem »sehr vornehm« leben, ein großes Haus führen und an mondäne Orte reisen (105). Im Oktober 1885 verlobt sie sich mit Karl Effinger (125). Der Besuch seiner Eltern in Kragsheim stellt sie auf eine harte Probe, sie findet das kleinbürgerliche Milieu »gräßlich« (134). Nach der Hochzeit führt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern ein sorgloses, luxuriöses Leben, zeigt aber in Notsituationen auch Hilfsbereitschaft gegen ihre Familie (579). Nach Karls Tod (1932) richtet James sich in der elterlichen Wohnung am Kurfürstendamm zwei Zimmer ein, und Annette vermietet zwei Zimmer der Hinterwohnung (824). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten weist sie jeden Gedanken an Auswanderung strikt zurück (866). Sie hat, wie Paul Effinger in seinem letzten Brief an Lotte, Erwin und Marianne Effinger 1942 schreibt, das »Glück«, noch vor der Deportation zu sterben, sie erliegt im jüdischen Krankenhaus einem Darmkrebs (882).

Oppner, Emmanuel

Berliner Bankier (1830-1908), Ehemann von Selma Oppner, Vater von Annette, Theodor, Klara und Sofie Oppner, Schwager von Ludwig und Waldemar Goldschmidt. Er ist »groß und schlank, ein heiterer Viveur, ein Mann für Frauen, mit langen, weißen, schmalen Händen, mit wehenden Favoris« (99).

Als junger Mann nahm Oppner an der Märzrevolution 1848 teil, hält es jetzt aber »mit den herrschenden Mächten« (101). Er lebte nach 1848 etwa 20 Jahre in Paris, kehrte 1866 als »begeisterter Deutscher« nach Berlin zurück, trat nach der Heirat mit Selma Goldschmidt in das Bankhaus Goldschmidt ein (38) und führt das Bankhaus nun gemeinsam mit seinem Schwager Ludwig Goldschmidt.

1893 fällt er auf Börsenbetrüger herein, die Aktien für ein gar nicht existierendes Akkumulatorenwerk verkaufen. Er ersetzt allen betroffenen Kunden anstandslos den Schaden (282), darunter auch mehreren Leuten aus dem engeren Bekanntenkreis der Familien Oppner und Goldschmidt (wie Kommerzienrat Kramer, Wendlein und Maiberg), die sich wie »Hyänen« aufführen (283). Nur die Freundschaften mit Billinger und Friedhof bewähren sich (300). Die Scheidung seiner Tochter Sofie von Gerstmann, für dessen Schulden er aufkommen muss, bringen ihm weitere Verluste (306f.). Dennoch bleibt das Bankhaus stabil und profitiert von der Hochkonjunktur um 1900. Im Spätherbst 1908 stirbt Emmanuel Oppner im Beisein seiner Familie (392).

Oppner, Harald

Sohn von Beatrice und Theodor Oppner, geboren 1904. Jüngster Enkel von Emmanuel und Selma Oppner. Mit siebzehn Jahren, 1921, betreibt Harald offenbar erfolgreich Spekulationsgeschäfte, geht elegant gekleidet und ist Mitglied eines Klubs von jungen Leuten, »die Geld machen« (705). Nach dem Zusammenbruch des väterlichen Bankhauses und der Machtübernahme der Nationalsozialisten geht er nach Kolumbien (871).

Oppner, Klara (Klärchen; verh. Effinger)

Drittes Kind von Emmanuel und Selma Oppner, geboren 1870, gestorben 1942. Schwester von Annette, Theodor und Sofie Oppner, Ehefrau von Paul Effinger, Mutter von Lotte und Fritz Effinger.

Klara ist das genaue Gegenteil ihrer älteren Schwester Annette. Sie gibt wenig auf Äußerlichkeiten, ist frei von Dünkel, empathisch und hilfsbereit (139). Damit erwirbt sie sich schon als Fünfzehnjährige die Sympathie der Effingers (137), lange bevor eine Verbindung zwischen ihr und Paul Effinger ins Blickfeld kommt. Nach der Heirat führt sie mit ihm und ihren Kindern ein sparsames Leben in einer Mietwohnung in einem Arbeiterviertel (310f.), obwohl Paul inzwischen vermögend ist (313). Später zieht die Familie auf ihren Wunsch in die Bendlerstraße um, in ein Haus direkt gegenüber dem der Eltern.

Seit dem Beginn des Ersten Weltkriegs nimmt Klärchen eine zunehmend kritischer werdende Haltung zur deutschen Politik ein, insbesondere misstraut sie den Berichten über das Kriegsgeschehen, was Paul missbilligt (485, 489, 495, 515). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten möchte sie auswandern, aber auch damit stößt sie bei ihrem Mann auf Widerstand (877). 1942 wird sie zusammen mit Paul, ihrer Großtante Eugenie Goldschmidt und Pauls Schwester Bertha deportiert (882).

Oppner, Selma (geb. Goldschmidt)

Ehefrau von Emmanuel Oppner, Mutter von Annette, Theodor, Klara und Sofie Oppner, Schwester von Ludwig und Waldemar Goldschmidt, geboren 1847, gestorben 1932. Anders als ihre weltgewandte Schwägerin Eugenie Goldschmidt kann sie dem geselligen Leben wenig abgewinnen, empfindet jede Abweichung vom Alltag als Belastung, ja »das ganze Leben« erscheint ihr von »demütig ausgeübten Pflichten erfüllt«, auch das eheliche Leben (122). Ihre Kinder haben noch im Erwachsenenalter ein engeres Verhältnis zu Fräulein Kelchner, ihrer Erzieherin, als zu ihrer Mutter (315).

Nach Emmanuels Tod (1908), wohnt sie weiter in der Bendlerstraße, um 1913 zieht Sofie wieder bei ihr ein (443). Während des Ersten Weltkrieges hat sie, anders als die übrige Familie, eine gut gefüllte Speisekammer. Dass sie ihren Brüdern nichts davon abgibt, führt zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen ihr und Eugenie (519f.). Ähnlich kalt begegnet sie dem Wunsch ihres Enkels Erwin Effinger, angesichts der Wohnungsnot nach dem Krieg im leerstehenden Obergeschoss ihres Hauses eine Wohnung für sich und die schwangere Lotte einzurichten (682f.). Auch einer Vermietung von Zimmern verweigert sie sich lange (813f.). Sie stirbt 1932 kurz nach ihrem Schwiegersohn Karl Effinger an Herzversagen (818).

Oppner, Sofie (verh. Gerstmann)

Viertes und jüngstes Kind von Emmanuel und Selma Oppner, geboren 1872, gestorben 1930. Schwester von Annette, Theodor und Klara Oppner, (geschiedene) Ehefrau von Udo Gerstmann.

Sofie hat künstlerische Talente, besonders im Zeichnen, die aber nicht gefördert werden. Als Fünfzehnjährige verliebt sie sich in Arnold Kramer und schreibt ihm einen Liebesbrief (155). Arnolds Mutter entdeckt den Brief und übergibt ihn Selma Oppner (184f.). Sofie gilt nun – auch bei ihren Eltern – als »verdorben« (185) und wird zusammen mit Klara in ein Pensionat verbannt. Nach ihrer Rückkehr bringt ihre Schwester Annette sie mit Gerstmann zusammen, den sie schließlich heiratet, obwohl sie ihn nicht mag (249) und viel lieber Riefling heiraten würde (250). Sie möchte ihrem Vater alles recht machen (255). Gerstmann behandelt sie schlecht und bringt ihr Vermögen durch. Sie wird schwanger und erleidet eine Fehlgeburt (303). Schließlich holt Emmanuel Oppner seine Tochter nach Hause, die Ehe wird geschieden (307).

Auf Vorschlag ihrer Tante Eugenie besucht sie deren Bruder Alexander Soloweitschik in Paris, beschäftigt sich dort mit Mode und besucht ein Maleratelier (309). Später (1902) zieht sie nach München (318) und hat Erfolg als Malerin und Modedesignerin (344). Sie kommt zu Theodors Verlobungsfeier, wo sie sofort zum Mittelpunkt wird. Sie kleidet sich extravagant und gibt sich zeitgemäß als Nervöse (321f.). In Theodors Augen ist alles an ihr künstlich (325f.). Sie bekommt zahlreiche Heiratsanträge, die sie sämtlich ablehnt (453).

Später, etwa ab 1913, wohnt sie wieder in Berlin bei ihrer Mutter in der Bendlerstraße (443, 452). Sie verliebt sich in den jungen Dr. Feld, einen Freund ihres Neffen James Effinger, und fühlt sich dabei zum ersten Mal wieder so »natürlich« und frei wie in ihrer Jugend (508). Sie hält an dieser Liebe fest, obwohl Feld sichzurückzieht und schließlich eine andere heiratet (732). 1926 wird sie von einem »bedeutenden Mann« nach Griechenland eingeladen, von dem sie »wie nur je« geliebt wird (771). Ihre Liebe gilt jedoch weiterhin Dr. Feld (773). In Griechenland führt sie ein einfaches Leben, ihre Nichte Lotte Effinger besucht sie dort (771). Einige Jahre später ist sie durch eine Schönheitsoperation stark verändert, scheint verwirrt und unglücklich (777). Im Mai 1930 nimmt sie sich das Leben und hinterlässt nur einen Abschiedsbrief: an Dr. Feld (788-790). Über ihre Kunst gibt »der große Kunsthändler« Oliver Brender zuletzt das abschließende Urteil ab: »Es ist alles aus zweiter Hand« (792). Der Koffer mit ihren Zeichnungen landet auf dem Dachboden (794).

Oppner, Theodor

Zweites Kind und einziger Sohn von Emmanuel und Selma Oppner, geboren 1868, gestorben 1939. Bruder von Annette, Klara und Sofie Oppner, Ehemann von Beatrice von Lazar, Vater von Harald Oppner.

Theodor, »der Aesthet« (60), steht als junger Mann unter dem Eindruck des Darwinismus (106), liest Dramen und Romane des Naturalismus (Ibsen, Zola) und hadert mit dem Leben und der Welt. Er leidet an seiner unerwiderten Liebe zu Marie Kramer (108), beginnt im Oktober 1885 ein Verhältnis mit Susanna Widerklee (121, 163f.), die die Beziehung 1887 beendet, als sie sich mit dem Grafen Sedtwitz verlobt (164, 181). Das Straßenmädchen Wanda tröstet ihn (164f.), er beginnt ein Verhältnis mit ihr. Als sie ein Kind erwartet, will er sie heiraten (208), aber sein Vater schickt ihn für ein Jahr auf Reisen und zahlt dem Mädchen eine Abfindung. Nach seiner Rückkehr ist Theodor »gewillt, sich einzufügen« (228). Jahre später, 1902, heiratet er die 18-jährige Beatrice (319). Er hofft, wie er seinem Freund Miermann gesteht, »durch sie wieder natürlicher zu werden« (325). Schon in der Hochzeitsnacht wird er tief enttäuscht: Beatrice ist dumm und eitel und liebt ihn nicht (329). Das erste Kind beider ist geistig behindert und wird, als sich das zweite Kind, Harald, ankündigt, in einer Anstalt untergebracht (344, 373). Beatrice hat wechselnde Liebhaber.

Zu Beginn des neuen Jahrhunderts kauft Theodor ein verwildertes Gartengrundstück in einer Nebenstraße der Bendlerstraße und baut dort eine klassizistische Villa, deren Räume er mit erlesenen Antiquitäten aus Italien einrichtet (356-359, 364). Nach dem Tod seines Vaters (1908) übernimmt er die Führung des Bankhauses. Nach dem Krieg fährt er nach Schweden, um mit Hilfe dubioser Geschäftsleute das Familienvermögen der Soloweitschicks für seine Tante Eugenie zu retten (586f.), was letztendlich misslingt (665). Einen Berliner Partner dieser Geschäftsleute, Schulz (586), nimmt er in das Bankhaus Oppner & Goldschmidt auf, weil er glaubt, »mit der Zeit gehen« zu müssen (667). Bald schon geht Beatrice bei Schulz ein und aus (706). Im Januar 1924 verlässt sie Theodor endgültig und heiratet Schulz (738).

Im April 1931 führt Hartert gezielt den Ruin des Bankhaus Oppner & Goldschmidt herbei, indem er einen Kredit nicht verlängert (806). Theodor lässt seine Kunstsammlung und das gesamte Inventar seines Hauses versteigern, um den Schaden für seine Kunden und Gläubiger gering zu halten, und steht am Ende mittellos da (809, 811). Er zieht mit seinem Sohn zur Mutter in die Bendlerstraße (809) und betreibt einen kleinen Handel mit Weinen und Likören (818). Nach Selmas Tod lebt er mit Harald in dem Haus (818f.), in dem er nach Haralds Auswanderung nach Kolumbien allein zurückbleibt. Im Sommer 1939 lebt er nicht mehr, über die Umstände seines Todes erfährt man nichts (878).

Der Familienstammbaum datiert seinen Tod auf das Jahr 1939.

Potter, Mary F. (verh. Effinger)

Ehefrau von Benno Effinger, Mutter von Reginald, Roger und June Effinger.

Pybschewska, Wanda

Junges Straßenmädchen, das in der »Weinstube« von Erna Schmidt, einem Bordell, arbeitet. Sie tröstet Theodor Oppner über den Verlust Susanna Widerklees hinweg (164f.). Sie wird seine Geliebte, er besorgt ihr eine Unterkunft. Sie hat hinter seinem Rücken ein Verhältnis mit ›Plinker-Emil‹, den sie liebt. Als sie schwanger wird, weiß sie nicht, welcher der beiden Männer der Vater des Kindes ist (211). Theodor will sie heiraten (208), wird aber von seinem Vater für ein Jahr auf Reisen geschickt. Wanda bekommt eine ›Abfindung‹ und heiratet Emil, arbeitet aber trotzdem wieder als Straßenmädchen (228).

Rawerk

Inhaber des Eisenwerks im Rheinland, in dem Paul Effinger seine Lehre absolviert (7). Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts werden die »Rawerkschen Stahlwerke« zu einer »Großmacht« (728). In den frühen 20er Jahren trifft Paul den Sohn seines Lehrherrn auf einer Sitzung des Industrieverbandes (728f.).

Riefling

Kustos an der Berliner Universität. Im November 1887 besucht er Waldemar Goldschmidt, um ihn dazu zu bewegen, Teile seiner privaten Gemäldesammlung für ein Museum zu stiften (191). Er verliebt sich in Waldemars Nichte Sofie Oppner (251), macht einen vergeblichen Versuch, mit ihm darüber zu sprechen (252f.), und verpasst seine Chance. Kurz darauf wird Sofie mit Gerstmann verlobt. Riefling bleibt Waldemar Goldschmidt lebenslang verbunden. Nach der Machtergreifung wirft man ihm vor, den »Nichtariern, den Niederrassigen, zuviel Raum im Museum gegeben« zu haben, und fordert ihn auf, deren Werke sowie die der »neueren ›arischen‹ Maler« zu entfernen. Er weigert sich und soll an ein »Provinzmuseum« versetzt werden, was er ablehnt (857). Zuletzt wohnt er mit Waldemar und Susanna Widerklee in einer ärmlichen Wohnung in Moabit (880).

Rothmühl

Ingenieur, Erfinder eines Gasmotors, dessen Fertigung Paul Effinger übernimmt (199f.). Mit immer neuen Veränderungen seiner Entwürfe macht er Paul das Leben schwer (216f.). Bei der ›Arisierung‹ der Effinger-Werke schlägt er sich auf die Seite der Nationalsozialisten (863).

Safte

Berliner Goldschmied, bei dem Emmanuel Oppner einen Brillantschmuck für seine Frau kauft, den er aber wieder zurückbringen muss, weil Selma Oppner sich weigert, Brillantschmuck zu tragen (131). Ein gutes Jahr später verkauft er Karl Effinger einen teuren Brillantring als Geschenk für Annette zur Geburt ihres ersten Kindes (144f.).

Schlemmer

Berliner Fabrikant, Inhaber der Maschinenfabrik C. L. Schlemmer (29), den Paul Effinger bei seiner ersten Reise nach Berlin im Zug kennenlernt (28f.). Einige Wochen später richtet Paul seine Schraubenfabrik als »Unterabteilung« der Schlemmerschen Maschinenfabrik gegen Gewinnbeteiligung ein (49f.), löst den für ihn ungünstigen Vertrag mit Schlemmer aber schon nach einem halben Jahr (68). Später tritt Gerstmann als Mitinhaber in Schlemmers Betrieb ein und bringt ihn an den Rand des Ruins (306f.).

Schröder, Martin

Älterer Freund von Erwin Effinger, Student der Nationalökonomie, der sich mit Erwins Schwester Marianne anfreundet, ihre Ansichten über den Kapitalismus (»unmöglich«) und die zeitgenössische Literatur teilt, sie mit in die Vorlesungen bei Professor Wegmann nimmt, dessen bester Schüler er ist, und sie schon bald fast täglich besucht (414). Auf dem Maskenball im Haus Effinger umwirbt er Thea Blomberg (444). Anders als die meisten Mädchen hält Lotte Effinger ihn für einen ›ekelhaften Kerl‹ und versteht nicht, dass ihre Cousine Marianne »diesem Hans in allen Gassen« nachläuft (455).

Im Ersten Weltkrieg arbeitet er in einer Waffenfabrik im Rheinland und kann so dem Dienst an der Waffe entgehen (497). Bei Kriegsende wirkt er »maßgebend« an der Revolution in München mit (555) und bekennt in einem Brief an Marianne seine glühende Liebe für Russland und die russische Revolution (574). Ein Jahr später ist er »ein prominenter Antisozialist« und »Syndikus mit einem Riesengehalt bei den Industriellen« (597). Er hält den Sozialismus nun für »undeutsch« und spricht sich für einen »nationalen Sozialismus« aus (614). Später heiratet er eine reiche Frau und führt ein luxuriöses Leben (750). Als Marianne ihn 1932 zufällig auf der Straße trifft, ist er mehr für ›National-Kapitalismus‹ (831), dem Hitler, den er als »wilde[n] Mann« verachtet, den Boden bereiten soll (833), und macht aus seinem Antisemitismus kein Hehl (834). Vermutlich ist er zu diesem Zeitpunkt längst Mitglied der NSDAP, denn er hat, wie er an anderer Stelle bemerkt, eine »sehr frühe Parteinummer« (856). Nach der Machtergreifung wirkt er an der ›Arisierung‹ jüdischer Betriebe mit (ebd.).

Schulte, Fräulein

Tochter eines Berliner Baumwollfabrikanten, Gast bei dem Fest zur Einweihung des Oppnerschen Hauses in der Bendlerstraße im Oktober 1885. Beim Tanz wird sie selten aufgefordert, nur der Lehrling Hartert tanzt mit ihr (120). Später heißt es, dass er sie geheiratet hat und in die Firma ihres Vaters eingetreten ist (243).

Schulz

Geschäftsmann, den Theodor Oppner 1920 in das Bankhaus Oppner & Goldschmidt als Kompagnon aufnimmt, weil er »mit der Zeit gehen« möchte, denn Schulz gehört zu den »neuen Leuten«, die Aktien »nur paketweise« kaufen, Konsortien bilden und reihenweise Betriebe aufkaufen (667). Privat führt er ein ausschweifendes Leben (683) und »kauft alles« (667). Als Einkäufer hat er Armin Kollmann angestellt, der ihm die luxuriöse Ausstattung seiner Tiergartenvilla besorgen muss (684). Bald schon geht Beatrice Oppner bei ihm ein und aus (706). 1923 gehört ihm die gesamte deutsche Textil- und Lederindustrie und er hat die Kontrolle über Verlage. Er lässt sich ein luxuriöses Haus bauen, an dessen Planung Beatrice beteiligt ist (736), die bald darauf mit ihm durchbrennt. Am Ende der Krise kommt er vorübergehend in Geldverlegenheit, weil er Sachwerte, aber kein Geld hat (738). In den späteren 20er Jahren verlegt er seinen Wohnsitz offenbar ins Ausland (812).

Sedtwitz-Miskowitz, Graf Aribert

Schlesischer Graf, der mit Susanna Widerklee ein Verhältnis hat und sie schließlich heiratet (183). Er ist mit seiner Frau Gast bei Theodor Oppners Verlobungsfeier (322).

Smith, Mr.

Monteur in Paul Effingers Schraubenfabrik, der die aus England importierte Schraubenmaschine betreuen soll, »ein Herr, der mit tiefer Verachtung auf alles herabsah, die Pfeife nicht aus der Schnauze ließ und großartige Frühstückspausen machte« (52). Er erweist sich allerdings als unfähig, die Schraubenmaschine richtig zu bedienen (78).

Soloweitschick, Alexander

Bruder von Eugenie Goldschmidt, der die Textilwerke der Familie bei Warschau führt (195). Sofie Oppner besucht ihn nach ihrer Scheidung für einige Monate in Paris (309). Er fürchtet und erhofft zugleich eine Revolution in Russland. 1910 bringt er den größten Teil des Familienvermögens außer Landes nach Warschau (406). Später, gegen Ende des Ersten Weltkriegs, wird er bei dem Versuch, das Vermögen nach London zu bringen (523), von russischen Revolutionären angeschossen und aus dem Zug geworfen. Um einem qualvollen Verbluten zu entgehen, kriecht er auf die Bahngleise und lässt sich von dem nächsten Zug überfahren (530f.).

Steffen

Kassierer in Paul Effingers Schraubenfabrik, ein »pedantischer, kluger Mann« (52). In Effingers Autofabrik bringt er es später zum Prokuristen. Firmenchef und Aufsichtsrat bedenken den »äußerst fleißige[n] und treue[n]« Mitarbeiter bei seinem 25-jährigen Jubiläum (um 1913) mit Geschenken (468).

Steindler, Professor

Professor der Philosophie an der Münchner Universität, der im Wintersemester 1919/20 in seiner Vorlesung scharfe Kritik an rechtsnationalen Studenten übt, die kurz vorher eine Feinerstunde für Graf von Arco, den Mörder Kurt Eisners, organisiert hatten (627). Am nächsten Tag wird seine Vorlesung von 1500 Studenten gestört (628).

Vorbild der fiktiven Figur ist zweifellos Max Weber, der sich gegen die zunehmende Radikalisierung rechtsnationaler Studentengruppen und ihre Verehrung des Eisner-Attentäters gestellt hatte.

Stiebel, Herr

Wird von den Karl und Paul Effinger engagiert, um einen Reklamefeldzug für das neue »Volksauto« der Effinger-Werke zu organisieren (697). Der kleine runde Mann gibt an, Charles Chaplins »Propagandachef« gewesen zu sein und ihn zu Weltruhm geführt zu haben (695). Allzu groß ist sein Erfolg nicht (721). Er sticht mit Hartert Junior, dem Sohn von Bankdirektor Hartert, durch, um sich an dem geplanten Erweiterungsbau der Effinger-Werke in Niederschönhausen zu bereichern (722). Paul Effinger, der daraufhin einen um 30 Prozent erhöhten Kaufpreis für das Grundstück zahlen muss, kommt ihm nicht auf die Schliche (728). Seine Werbemethoden missfallen Paul zunehmend (762f.). Anfang der 30er Jahre gründet Stiebel einen »Effinger-Autoklub«, an dem sein Bruder und sein Schwager verdienen; gleichzeitig schreibt er antisemitische Schmähartikel über diesen Klub in einem »Naziblatt« und gründet in der Belegschaft der Effinger-Werke eine »Nazizelle« (798f.). Nach der Machtergreifung liefern Stiebel und Mück unter der Ägide von Hartert Material für die Anklage gegen Paul Effinger und übernehmen nach dessen Verhaftung die Geschäftsleitung der Effinger-Werke (856). Nach der ›Arisierung‹ der Werke wird er Fabrikleiter (864).

Stiebel, Rechtsanwalt

Bruder des Reklamechefs der Effinger-Werke Stiebel, von dessen Machenschaften im Werk er profitiert (799). 1932 agiert er als Rechtsvertreter eines nationalsozialistischen Klubs, der Räume der Oppnerschen Villa in der Bendlerstraße als Klubräume anmieten will. Dabei wirft er Theodor Oppner grobe antisemitische Beleidigungen an den Kopf (842). 1933 wird er Justizminister (856).

Stöpel

Berliner Droschkenkutscher, den Ludwig Goldschmidt stets für seine Fahrten engagiert (41).

Trottke

Lieferant des Festdiners, das Selma und Emmanuel Oppner zur Einweihung des Hauses in der Bendlerstraße im Oktober 1885 geben. Die Verhandlung mit Trottke über die Speisenfolge nimmt Eugenie Goldschmidt ihrer Schwägerin Selma ab (103f.).

Trümpler

Kollege von Marianne Effinger im Wohlfahrtsministerium, ein Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei (803). Als Marianne 1933 von SA-Leuten aus dem Amt geworfen wird, ist er der einzige Kollege, der offen sein Bedauern zeigt (853).

Weckerle, Franz

Ehemaliger Schulkamerad von Paul Effinger, der im Tuchgeschäft seines Vaters arbeitet und mit der Tochter des Hofbäckermeisters verlobt ist. Paul besucht ihn während seines Aufenthalts in Kragsheim nach seiner Englandreise 1883 und beneidet ihn um sein beschauliches Leben in der Heimat (20). Einige Jahre später hört er, dass Franz' Ehe geschieden wurde (197).

Wendlein, Professor

Berliner Kunstprofessor, der sich mit Historienmalerei einen Namen gemacht hat. Er verachtet die moderne Kunst und nennt ihre Vertreter »Schmierer« (90). Von ihm stammt auch das riesige Wandgemälde in Ludwig Goldschmidts Haus, auf dem er die Familien Goldschmidt und Oppner als flandrische Kaufleute des 17. Jahrhunderts porträtiert hat (99). Die Familien Oppner und Goldschmidt versorgen ihn mit zahlreichen Aufträgen, was ihn nicht hindert, Emmanuel Oppner lautstark Betrug vorzuwerfen, als dieser auf den Börsenschwindel der Akkumulatorenwerke hereinfällt (281). Nachdem Oppner ihm und allen davon betroffenen Kunden den Schaden in voller Höhe zu ersetzen verspricht, möchte er sich sogleich wieder seiner Freundschaft versichern (282).

Widerklee, Susanna (verh. Gräfin Sedwitz)

Berliner Operettensängerin und große Liebe Waldemar Goldschmidts. Bei der Feier zur Einweihung von Emmanuel und Selma Oppners Haus in der Bendlerstraße im Oktober 1885 erregt sie bei den Damen der Gesellschaft Anstoß, weil die jungen Männer sie umlagern, statt mit den jungen Mädchen zu tanzen (119f.). Auch Theodor Oppner verliebt sich in sie und beginnt ein Verhältnis mit ihr (119f.). Sie liebt Waldemar Goldschmidt, kann sich aber nicht für ihn entscheiden (160). Bevor sie sich mit Graf Sedtwitz verlobt, trägt sie sich Waldemar noch einmal an, der aber ablehnt (182f.). Jahre später, 1902, ist sie mit ihrem Mann Gast bei Theodors Verlobungsfeier (322).

In den zwanziger Jahren gerät sie nach dem Tod ihres Mannes in Not, Waldemar hilft ihr, sie zieht bei ihm ein und lebt mit ihm bis zu beider Ende (724f.). Zuletzt wohnt sie mit ihm und Riefling in einer ärmlichen Wohnung in Moabit (880). Als Waldemar 1942 von SS-Schergen zur Deportation abgeholt wird, kehrt sie nicht mehr in die Wohnung zurück und wirft sich vor einen Zug (881).

Von einer späten Eheschließung mit Waldemar, wie sie der Familienstammbaum angibt, ist im Text nicht die Rede.

Wilken, Doktor

Ein Münchner Bekannter Lotte Effingers, der sie und Fräulein von Karstens und deren Freund zu einem Auftritt Hitlers im Zirkus Krone mitnimmt (644f.). Bei Lottes Berliner Gastspiel als Salome geht er mit ihr zu einem Künstlerfest (716).

Winkel, Käte

Näherin in der Schneiderei Koller, Geliebte Karl Effingers. Sie hofft auf eine dauerhafte Beziehung, aber er beendet die Verbindung nach seiner Verlobung mit Annette Oppner (128). Nach mehr als einem Jahr leidet sie immer noch an der Trennung (152f.). Für ihr Vorhaben, sich als Schneiderin selbständig zu machen, bekommt sie unverhoffte Hilfe von Eugenie Goldschmidt (155). Später lässt auch Annette Effinger bei ihr arbeiten, was Karl beunruhigt (173).

Wolff, Werner

Ein Kommilitone von Lotte Effinger in Heidelberg, ein »etwas kümmerlicher junger Mann, großnasig und picklig im Gesicht« (646). Er ist Fabrikantensohn, weiß aber noch nicht, ob er die Fabrik seines Vaters übernehmen will: »Ich finde Fabrikant zu sein kein Ziel.« (679)

Wolgast, Lischen

Näherin in der Schneiderei Koller, Kollegin von Käte Winkel, die ihr über ihre Beziehung zu Karl Effinger das Herz ausschüttet (94f.). Lischen hat einen illusionslosen Blick auf Verhältnisse mit ›feinen Herren‹ (96).

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