Lexikon zu »Joseph und seine Brüder« (1933-43)

Abgeschlossene Einträge: 490   |   Letzte Änderung: 21.07.2018

K

Ka   Ke   Ki   Ko   Ku

Ka

Der alte Midianiter erfreut sich an der von Joseph erstellten Auflistung seiner Handelswaren und meint, so eine Liste sei »wie der Ka oder geistige Leib der Dinge, der neben dem Leibe ist«, weil sie die Dinge nicht in ihrer Materialität, sondern abstrakt – »geruchlos, reinlich und übersichtlich« – verfügbar mache (IV, 680).

Nach Erman/Ranke (345) ist der Ka neben der Seele ein unsterblicher Teil des Menschen, der zwar »im Menschen seine Wohnung hat«, aber nicht an den Körper gebunden ist, ein »selbständiges geistiges Wesen«, das dem Menschen »Schutz, Leben, Dauer, Gesundheit und Freude durch seine Anwesenheit verleiht«.

Letzte Änderung: 29.01.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kadaschmancharbe

Bei dem ersten Zusammentreffen Josephs mit Peteprê im Palmengarten lobt dieser sein Babylonisch: Er spreche »die Sprache des Königs Kadaschmancharbe nicht schlecht« (IV, 887).

Der Königsliste bei Meissner (II, 447) zufolge war Kadašman-Ḫarbe I. der Vorgänger Kurigalzus II., in dessen Regierungszeit Josephs Jugend fällt (vgl. IV, 10), und wie dieser ein Kassit. Meissner datiert seine Regierungszeit auf die Jahre 1426-1408 (ebd.).

Letzte Änderung: 05.06.2018  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kadischtu Kedescha

Kain (Kajin)

Erster Sohn Adams und Evas und älterer Bruder Habels, den er um ihrer beider Schwester Noema willen »auf dem Felde erschlagen« hat (IV, 115). Er ist der »Gründer des Brudermords« (V, 1283).

In der mythischen Ordnung des Romans ist Kain eines der Urbilder des üblen, ›roten‹ Bruders, der einem (meist jüngeren) Segensbruder und ›wahrhaften Sohn‹ gegenübersteht wie Cham dem Sem, Set dem Osiris, Ismael dem Isaak oder Esau dem Jaakob

Bei den Jaakobsleuten ist das Muster Kains nicht nur des Brudermordes wegen verpönt, sondern auch, weil Kain ein Ackerbauer war, kein Hirte und Mann des wandernden Mondes wie Habel, sondern ein Mann der »ackerbauenden Sonne«, dessen Gesicht aussieht »wie der Acker, wenn ihn die Sonne zerreißt, und wie die Scholle, wenn sie vor Dürre rissig wird« (IV, 102).

Das Muster der ungleichen Brüder kehrt im Stamm Abrahams regelmäßig wieder, und das ist den Betroffenen auch stets bewusst. Isaak erkennt es früh in seinen Söhnen Jaakob und Esau (IV, 200), und auch Esau selbst weiß, dass sein Verhältnis zu dem Bruder »die Wiederkehr und das Gegenwärtigwerden – die zeitlose Gegenwärtigkeit – des Verhältnisses von Kain zu Habel« ist, in dem er nun einmal die »Kainsrolle« zu spielen hat. Allerdings hat er nicht vor, sie bis zum »Letzten« zu erfüllen: »Er hatte gar keine Lust, den Habel-Bruder auch noch zu erschlagen und so ein Gleichnis auf die Spitze zu treiben, auf das die Eltern ohnehin das ganze Verhältnis von Anfang an hinausgespielt hatten« (IV, 136). Esau »scheute die Kainstat, scheute sich, durch sie noch mehr und deutlicher er selbst zu werden« (IV, 214 f.).

Auch Ruben verspürt bei aller Empörung über Josephs Bevorzugung keine Lust, dem Angeber ein Leid anzutun. »Was hätte ich davon? Habel läge erschlagen da, und ich wäre, was ich nicht sein will, Kajin, den ich nicht verstehe« (IV, 497). Anders als sein Onkel Esau ist er der Kainsrolle vollends entwachsen und weiß, »was aus des Mannes Hand nimmt seine Rache«. Es ist das Recht: »Babels Satzung und Gottes Eifer«, weltliches und göttliches Recht (IV, 550). Folgerichtig betrachtet er auch die vermeintlichen Gefahren, die ihnen von Echnatôns Minister drohen, als gerechte Strafe: »Nun fragt uns Gott: ›Wo ist dein Bruder Habel?‹« (V, 1625)

Seine Brüder allerdings liebäugeln sehr mit der Kainsrolle. Rachebrütend im Tal zu Dotan sitzend, berufen sie sich auf Lamech und Kain, um ihr Rachebedürfnis zu legitimieren. Der ›gerade Gad‹ erklärt sich entschieden »für Kain«, auch Juda ist für Kain »und mehr noch für Lamech«, der seine Strieme siebenundsiebzigmal gerächt hatte (IV, 551). Aber Ruben hindert seine Brüder daran, mit Joseph »nach dem Muster Habels oder der Böcklein« zu verfahren (IV, 565). Für Jaakob indes sind sie »der zehnköpfige Kain« (V, 1544).

Die Engel in den ›oberen Kreisen und Rängen‹ sehen in Kain ein Beispiel dafür, dass das Böse nicht selten »mit kecker Intelligenz und logischer Streitbarkeit« verbunden ist. In dem Gespräch, das Kain nach dem Brudermord mit Gott geführt hat und das in den ›Zirkeln der Umgebung‹ oft »kolportiert« wird, hat er Gott die Verantwortung für seine Tat zugeschoben mit dem Argument, dass er ihm, indem er ihn nach seinem Bilde geschaffen habe, auch seine Eifersucht mitgegeben und also sein Tatmotiv selbst zu verantworten habe: »Bist Du etwa kein eifersüchtiger Gott, und hast Du mich nicht nach Deinem Bilde erschaffen?« Die Engel sind überzeugt, dass er nur »dank seiner Logik« so glimpflich davongekommen ist. Denn tatsächlich habe ja »von Strafe überhaupt nicht die Rede sein können« (V, 1283).

Dass Kain seinen Bruder nicht nur wegen des verschmähten Rauchopfers, sondern auch wegen Habels Zwillingsschwester erschlagen hat, geht auf eine jüdische Sage zurück, die TM bei Gorion I (134 f.) fand. Danach hatten beide Brüder jeweils eine Zwillingsschwester, die sie hernach heirateten; Habels Zwillingsschwester aber war »schöner denn alle Weiber«, und da »sprach Kain bei sich: Ich werde meinen Bruder totschlagen, und sein Weib wird mein werden.«

Letzte Änderung: 17.08.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kampf der Katzen und Gänse

Eine der »unterhaltenden Einbildungen und scherzhaften Fabeln«, die sich in Potiphars Bibliothek befinden (V, 919).

Es handelt sich um eine satirische Zeichnung auf dem Papyrus Turin 55001, die TM wohl aus Erman/Ranke kannte (Erman/Ranke, 474, Abb. 186); vgl. dazu die Abbildung bei Peteprês Bibliothek. Die Zeichnung, die bei Erman/Ranke als Darstellung eines »Kampfes« gedeutet wird, ist wohl eher eine (dem Muster der verkehrten Welt folgende) Darstellung von Katzen, die Gänse hüten, wie sie in der ägyptischen Bildwelt auch anderswo begegnet. 

Letzte Änderung: 14.04.2015  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kanaan (Kenana, Westland, Amurruland, Amoriterland, Retenu, Zahi, Zahi-Land)

Das Land Kanaan oder Palästina, »wie unsere Aufgeklärtheit das Heimatland Josephs und seiner Väter geographisch bezeichnet« (V, 1579), hat viele Namen: Die Babylonier nennen es »Westland«  (IV, 12 u.ö.) oder »Amurruland« (IV, 13 u.ö.), denn von hier stammten die einst nach Babylonien eingewanderten Amoriter, die Amurru. Die Ägypter nennen Kanaan das »Obere Retenu« (IV, 10 u.ö.), weniger freundlich, das »elende Retenu« (IV, 880 u.ö.), auch »Zahi« (IV, 699 u.ö.) bzw. »Zahi-Land« (IV, 886 u.ö.) oder »Charu« (V, 1817) bzw. »Cher« (V, 1317).

Wie schon Abraham und Jizchak (IV, 170) legt auch Jaakob Wert darauf, dass sein Stamm, der durch ihn den Namen Israel errang, »ein besonderes Volk« ist, das mit den Kanaanäern nichts gemein hat (IV, 118). Denn an Kanaan hängt »die dunkle Geschichte mit dem Großvater im Zelte« (IV, 417), d.h. die Geschichte Chams, der seinen im Weinrausch entblößten Vater Noah verspottet (entmannt) hatte (vgl. Genesis 9,22) und darauf mitsamt seinem »üblen Söhnchen« Kenaan, dem Stammvater Kanaans, verflucht wurde (V, 1143 f.).

Für den Stamm Abrahams verbindet sich der Gedanke der ›Entblößung‹ seither mit Cham und seinen Nachfahren (zu denen auch Mizraim, der Stammvater der Ägypter, gehört). Insbesondere für Jaakob sind die religiösen Vorstellungen und Sitten der Kanaanäer ein Greuel, ›Baalsgreuel‹, bei dem »der Gottesverstand in die Brüche ging und geiler Taumel an seine Stelle trat«: »Entblößung, Singreigen, Festvöllerei, dienstliche Unzucht mit Tempelweibern, Scheol-Kult – und ›Aulasaukaulala‹ und wüste Krampfkünderei: das alles war ›Kanaan‹, das gehörte zusammen, es war alles eins, und es war eine Narrheit vor Jaakob« (IV, 417).

Zu Josephs Zeit ist Kanaan Teil der syrischen Provinz Ägyptens, seine Stadtfürsten sind Ägypten tributpflichtig. Allerdings ist Ägyptens Stellung im »Retenu« nicht mehr unangefochten, denn Chatti (das Hethiterreich) im Norden steht im Begriff, »den Ammunsleuten die Herrschaft in Kanaan streitig« zu machen, wie Jaakobs Gast Jebsche berichtet (IV, 77). Joseph nutzt später sein Wissen über die wankelmütigen syrischen Stadtfürsten, um sich dem Pharao als politischer Ratgeber zu empfehlen (V, 1476).

Die Bedrohung der ägyptischen Ost-Provinzen durch die Hethiter, die die Aufsässigkeit der kanaanäischen Stadtfürsten unterstützen (wie z.B. die des Milkili in Asdod), macht dem friedliebenden Echnatôn in der Tat schwer zu schaffen und spielt seinen innenpolitischen Gegnern, den Amuns-Priestern, wirksame »Werbemittel« in die Hand (V, 1767). In dieser Lage kommen ihm die sieben Dürrejahre und Josephs Wirtschaftspolitik zu Hilfe, denn sie »nahmen dem Werberuf Amuns vieles von seiner Kraft, indem sie die wankelen Kleinkönige Asiens in wirtschaftliche Fesseln schlugen«. So wird Pharao davor bewahrt, »sein Schwert zu färben« (V, 1768).

In Ägypten gilt das Kanaanäische als »fein«, weil es »ausländisch und fremd war« und obwohl oder gerade weil das Ausländische eigentlich als minderwertig galt, eine »unfolgerichtige Schätzung«, die sich die Ägypter als »Freigeisterei« anrechnen (IV, 832 f.). Der Erzähler erkennt darin das erstmalige Auftreten einer Erscheinung, die sein Autor Dekadenz nennen würde. Joseph sei »der erste in der Welt, der es zu spüren bekam, denn zum erstenmal war die Erscheinung in der Welt. Es war die Freigeisterei von Leuten, die das elende Ausland nicht selbst besiegt und unterworfen hatten, sondern das durch Frühere hatten besorgen lassen und sich nun erlaubten, es fein zu finden« (IV, 833). Besonders fein findet man die kanaanitischen Götter Baal und Astarte, eine »schwächliche Starkgeisterei«, findet der Erzähler (IV, 834).

Vgl. Karte von Kanaan. – Bei der Verwendung der verschiedenen Namen Kanaans stand wohl vor allem Jeremias I (180-220) Pate. Die ägyptischen Bezeichnungen ›Retenu‹ oder ›Charu‹ (vgl. IV, 830; V, 1817), auch ›Cher‹ (vgl. V, 1317) sowie ›Zahi‹ betreffend, dürfte TM sich an Erman/Ranke (613) orientiert haben. Danach zerfiel das »Land Cher oder Rezen, d.h. die syrische Provinz Ägyptens, die sich seit den Feldzügen Thutmosis III. von der ägyptischen Grenzfestung Zel bis an den oberen Euphrat erstreckte, [...] in viele einzelne Abschnitte, die seit alters ihre besonderen Namen führten. Ihr südlichster Teil, ›das obere Rezen‹ [Retenu], auch ›Zahi‹ genannt, entsprach etwa unserem Palästina; es zerfiel in zwei Bezirke, deren südlicher Kana'an hieß, der nördliche aber Emor, d.h. das Amoriterland. Unter dem ›unteren Rezen‹ [Retenu] verstand man das syrische Tiefland.« In der ersten Auflage (Tübingen 1885) steht statt »Rezen‹ noch »Ret'enu«, statt »Cher« noch ›Charu‹ und statt »Kana'an« steht »Ken'ana« (S. 680). In der von Ranke bearbeiteten Neuauflage von 1923, die TM benutzt hat, wird angemerkt, dass »Rezen« gewöhnlich »Retenu« und »Cher« gewöhnlich »Charu« gelesen werde und »die Vokalisation dieser Namen (wie auch von ›Zahi‹) [...] völlig unbekannt« sei (613, Anm.1). – Ebenso wie die Bezeichnungen »Amurruland« oder »Amoriterland« verwendet TM den Landesnamen »Kanaan« meistens im zusammenfassenden Sinne für das ganze Palästina. Vgl. auch die Anmerkungen zu Amurru.

Letzte Änderung: 03.11.2017  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kanaan (Sohn des Cham) Kenaan

Kaschdim

Hebräische Bezeichnung der Chaldäer. Joseph pflegt die Stadt Ur »in seiner Mundart ›Ur Kaschdim‹, ›Ur der Chaldäer‹ zu nennen« (IV, 11).

Die Erläuterung zu der Wendung »Ur Kasdim« bezog TM vermutlich von Jeremias I (259).

Letzte Änderung: 03.10.2008  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kedar

Einer der beiden Söhne des alten Midianiters, der Joseph aus dem Brunnen ziehen lässt und ihn den Brüdern abkauft. Der zweite Sohn heißt Kedma  (IV, 589).

Kedar heißt auch einer der Söhne Ismaels (vgl. Genesis 25, 13).

Letzte Änderung: 03.09.2010  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kedescha (Kedesche, Kadischtu, Bestrickende)

Tempeldienerin, Tempelprostituierte (griech. Hierodule), die im Roman auch »Bestrickende« genannt wird (IV, 494, V, 1088 u.ö.). – Den von Ischtar (als Liebesgöttin) geplagten Juda (IV, 88) bringt der »Umgang mit Kedeschen und Ischtar-Huren [...] der Baals-Sphäre und ihren Greueln und Narrheiten nahe« (IV, 493). – Kedeschen tragen einen Schleier, weshalb die Brüder Joseph, nachdem der Vater ihm die Ketônet passîm geschenkt hat, derb verspotten: »Seit wann gehen Bestrickende ohne Schleier spazieren?« (IV, 494) Judas Schwiegertochter Thamar verschleiert sich als Kedescha, um ihren Schwiegervater zu verführen (V, 1572 f.).

Die verliebte Mut-em-enet, in der »Wahlklemme zwischen Geistes- und Fleischesehre« (V, 1087), müht sich, den Zwiespalt wegzudenken, indem sie sich selbst als Kedescha vorzustellen versucht, als »die Geweihte und Makellose, die Kedescha, die eine ›Bestrickende‹ war, will sagen eine Hurerin auf der Straße. Ihrer war der Schleier; und ›makellos‹ waren diese Kadischtu, wie das Tier es ist, das eben seiner Makellosigkeit wegen zum Gottesopfer bestimmt ist im Feste« (V, 1088). 

Thomas Manns Gewährsmann Jeremias I (327) erläutert mit Bezug auf Thamar und Genesis 38,14 ff.: »Thamar wird kedeša (babyl. kadištu) genannt, d.h. eigentlich ›die Geweihte‹, die Tempelprostituierte, dann Hure. [...] Die Namen Kadeš und Kedeš (Heiligtum?) bezeugen Kedešen-Kult in Kanaan. Im Babylonischen heißt kadištu auch zunächst wie šamhatu, harimtu (›die Bestrickende‹?) ›die dem Dienst der Ištar Geweihte‹ [...], dann die Straßendirne. Das Ištar-Zeichen ist der Schleier. Er gehört deshalb zur Ausstattung der kedeša.« – Weiteres bei Benzinger (128, 356 f.), Mereschkowskij (141 f.), Meissner (II, 68-71), Jeremias (II, 476 f.). – Vgl. auch Hierodule und Enitu.

Letzte Änderung: 23.02.2015  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kedma

Einer der beiden Söhne des alten Midianiters, der Joseph aus dem Brunnen ziehen lässt und ihn den Brüdern abkauft. Der zweite Sohn heißt Kedar (IV, 589). Kedma ist »ein Jüngling von ruhig-regelmäßigen Zügen und würdiger Kopfhaltung, so daß er auf die Dinge unter halb gesenkten Lidern von oben blickte« (IV, 594). Mit ihm hat Joseph während der Reise nach Ägypten am häufigsten zu tun, sie verrichten gemeinsam Arbeiten (IV, 665-667) und teilen sich nachts ein Zelt (IV, 744).

Über Josephs Frage »Wohin führt ihr mich?« macht er sich lustig: Joseph habe eine Art, sich »in die Mitte der Dinge zu stellen, daß niemand weiß, ob er sich wundern soll oder ärgern«. Joseph antwortet ihm mit seiner im Brunnen gewonnenen neuen Erkenntnis, dass die Welt nicht nur eine, sondern »viele Mitten« hat, »eine für jedes Wesen, und um ein jedes liegt sie in eigenem Kreise« (IV, 665). Aber Kedma missversteht ihn und hält ihn für überheblich. Er werde es seinem Vater sagen, »wie du Hundejunge dir zu klügeln erlaubst und steckst deine Nase in solche Weisheit, wie daß du einen Weltkreis für dich hast und wir zu deinen Führern bestellt sind« (IV, 666).

Dann aber zeigt er sich auskunftsbereit und äußert die Hoffnung, dass der Alte Joseph nicht so bald wieder verkaufen möge, »daß man noch etwas von dir vernehmen könnte über die Weltkreise der Menschen und ihre Verschränkung.« Auch erkundigt er sich mitfühlend nach Josephs Befinden und danach, ob ihm die Gelenke noch schmerzen von den Stricken, mit denen er drei Tage lang gefesselt im Brunnen gelegen hat (IV, 667).

Kedma heißt auch einer der Söhne Ismaels (vgl. Genesis 25,15).

Letzte Änderung: 03.09.2010  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kemach

Jaakob bewirtet seinen Gast Jebsche mit einem gebratenen Zicklein, Oliven und »dem guten Brote Kemach als Zukost« (IV, 74).

Nach Benzinger (64) bezeichnet ›Kemach‹ das »gewöhnliche Mehl«, das »mit Wasser zum Brotteig [...] geknetet, gesalzen [...] und mit Sauerteig (se'ôr) gesäuert« wurde.

Letzte Änderung: 30.04.2012  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Keme

Keme bedeutet »schwarz« und ist neben Mizraim eine der Landesbezeichnungen für Ägypten, die Joseph schon als Kind lernt (vgl. IV, 10). Jaakob leitet den Namen, »[w]ortdeuterisch ganz falsch« von Cham ab, »dem Vaterschänder und Schamentblößten«, weil es seinen »überschwengliche[n] Vorstellungen« von der »greulichen Narrheit der Landeskinder in Dingen von Zucht und Sitte« entspricht, tatsächlich aber bezieht sich der Name auf die schwarze fruchtbare Erde rechts und links des Nils (V, 1140).

Nach dem mächtigen Schlammstreifen am Nil haben, so Erman/Ranke, »die alten Ägypter auch ihr Land Kême, d.h. ›das schwarze‹, genannt, im Gegensatz zu dem unfruchtbaren ›roten‹ Lande der umgebenden Wüsten« (Erman/Ranke, 15).

Letzte Änderung: 22.03.2015  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kenaan (Kanaan)

Kenaan (Kanaan) ist der Stammvater des Landes Kanaan. Sein Vater ist Cham, der seinen im Weinrausch entblößten Vater Noah verhöhnt (entmannt) hatte (Genesis 9,22) und darauf mitsamt seinem »üblen Söhnchen« Kenaan verflucht worden war (V, 1143 f.). An anderer Stelle wird die Tat dem »üblen Söhnchen« selbst zugeschrieben: »Es war ›Kanaan‹, an dem die dunkle Geschichte mit dem Großvater im Zelte hing und der nackt gehen sollte mit bloßer Scham, nachhurend den Landesbaalen.« (IV, 417) Den Abrahamsleuten und besonders Jaakob gilt ›Kanaan‹ seither als Inbegriff der Schamlosigkeit und religiösen »Narrheit«: »Entblößung, Singreigen, Festvöllerei, dienstliche Unzucht mit Tempelweibern, Scheol-Kult – und ›Aulasaukaulala‹ und wüste Krampfkünderei: das alles war ›Kanaan‹« (ebd.). Nicht besser ergeht es Ägypten, dem Stammland von Kenaans Bruder Mizraim (IV, 685 u.ö.).

Die Zuschreibung der Tat an Kenaan entnahm TM den »Sagen der Juden«: »Da kam Kanaan und sah die Blöße seines Vaters Vaters; er trat an ihn heran und verschnitt ihn.« (Gorion I, 230) – Die Verurteilung zu Nacktheit ist nach den »Sagen der Juden« Cham zugedacht: »dafür, daß er seines Vaters Blöße nicht zugedeckt hatte, sollte er selber nackend herumgehen mit bloßer Scham« (Gorion I, 229).

Letzte Änderung: 26.03.2015  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kenana Kanaan
 

Kesem Gosen

Ketônet passîm

Der prachtvolle Brautschleier, den Laban für die Hochzeit seiner Töchter in einer Truhe verwahrt (IV, 294), den Jaakob später seinem Lieblingssohn vor der Zeit übereignet (IV, 483), den die Brüder bei ihrem Angriff auf den »Hätschelhans« zerreißen (IV, 555-557) und von dem sie schließlich einen Fetzen in Schafblut tränken (IV, 612 f.) zum Zeichen für den Vater, dass Joseph von einem wilden Tier zerrissen worden sei (IV, 631), ist Thomas Manns Version des ›bunten Rockes‹ der biblischen Josephsgeschichte (Genesis 37, 3).

Es ist ein großes, ›weitläufiges‹ Gewand, »ein Kleid und Überkleid, mit weiten Ärmeln zum Hineinfahren, wenn man wollte, und so geschnitten, daß ein Teil davon verhüllend über das Haupt zu ziehen oder auch um Haupt und Schultern zu winden war, oder man mochte es über den Rücken hinabhängen lassen« (IV, 297). Es ist »leicht und schwer zugleich«, denn sein »blaßblaues Grundgewebe, so fein gesponnen, als sei es ein Hauch der Luft«, ist mit schweren Bildstickereien versehen, »die es bunt und glitzernd bedeckten, ausgeführt in dichter, erhabener Arbeit, golden, bronzen, silbern und in allerlei Farbe des Fadens« (ebd.). Laban hat das kostbare Gewand »von einem Wandernden gekauft« und weiß zu berichten, dass es einst einer Königstochter gehört haben soll, »und soll gewesen sein das Jungfrauengewand eines Fürstenkindes« (IV, 294). 

Die bunt glitzernden Motive, mit denen es »über und über bestickt« ist (ebd.), entstammen überwiegend der babylonischen Bildwelt, untermischt mit einem ägyptischen Bildmotiv und mit zwei Motiven, die der moderne Leser – zumindest auf den ersten Blick – der jüdisch-christlichen Vorstellungswelt zuordnet.

Die babylonische Bildwelt ist durch »allerlei Zeichen der Ischtar und des Tammuz« (IV, 294) und durch Motive des Gilgamesch-Epos vertreten. Vor allem Ischtar ist »oft und in verschiedener Ausführung dargestellt, nackt und klein, wie sie mit den Händen Milch aus ihren Brüsten preßt, Sonne und Mond zu ihren Seiten. Überall kehrte vielfarbig der fünfstrahlige Stern wieder, der ›Gott‹ bedeutet, und silbern glänzte öfters die Taube, als Vogel der Liebes- und Muttergöttin, im Gewebe.« Tammuz erscheint als bunter Vogel, Gilgamesch als Held, der den Löwen erdrosselt, und die übrigen Geliebten der Ischtar erscheinen als die Tiere, in die sie sie verwandelt hat. Der »feuerhauchende Himmelsstier, den Anu entsandte gegen Gilgamesch um Ischtars [...] willen« (vgl. Gilgamesch-Epos, 6. Tafel) ist dargestellt, ebenso das »Skorpionmenschenpaar, das am Ende der Welt das Tor bewacht, durch welches die Sonne zur Unterwelt eingeht« (Gilgamesch-Epos, 9. Tafel), und ein Lebensbaum, »an dem standen zwei bärtige Engel gegeneinander und berührten ihn zur Befruchtung mit den schuppigen Zapfen der männlichen Blüte.« (IV, 297 f.)

Rahel entdeckt noch einen anderen heiligen Baum, zu dessen Seiten ein Mann und eine Frau sitzen und »nach dessen Früchten sie die Hände streckten; aber im Rücken des Weibes bäumte sich eine Schlange« (vgl. Genesis 3,2-6). Und sie liest die ebenfalls eingestickten Sprüche, darunter den Spruch »Ich habe mein Kleid ausgezogen, soll ich's wieder anziehen?« aus dem Hohelied Salomos 5,3 (IV 298).

Das ägyptische Motiv zu entdecken, ist Joseph vorbehalten: Im oberen Teil des Gewandes erkennt er eine »Dattelpalme, aus der eine Göttin die Arme streckt mit Speise und Trank« (IV, 482; vgl. Thomas Manns Bildvorlagen zur Ketônet passîm).

Der Hochzeiter Jaakob, der ausnahmsweise damit einverstanden ist, dass Ischtar diesen besonderen Tag beherrscht und sein Gott »die Herrschaft der verwirklichten Stunde hingeben mußte den Sonder- und Abgöttern der Leiblichkeit, in deren Zeichen die Stunde stand«, küßt das in Rahels Brautgewand gestickte Bildnis der nackten Ischtar, »der Gott die Stunde gegeben« (IV, 301 f.).

Als er viele Jahre später seinem ›Dumuzi‹ das Gewand zeigt und dieser es sich mit viel (weiblichem) Geschick anlegt, tritt Josephs »Ähnlichkeit mit der Mutter« so sehr hervor, dass Jaakob die Augen übergehen. Der Schleier macht ihn »dermaßen hübsch und schön, daß es schon nicht mehr geheuer war und tatsächlich ans Göttliche grenzte«: »Lächelnd stand im Knaben die Muttergöttin vor ihm und fragte: ›Ich habe mein Kleid angezogen, soll ich's wieder ausziehen?‹«. Da ist es um Jaakob geschehen: »›Nein, behalt es, behalt es!‹ sagte der Vater; und während der Gott entsprang, hob jener Stirn und Hände, und seine Lippen bewegten sich im Gebet« (IV, 483).

Joseph nimmt die Ketônet heimlich mit auf die Reise zu seinen Brüdern, er brennt darauf, »sich der weiteren Welt darin zu zeigen« (IV, 530), und es fällt ihm nichts Besseres ein als sich auch den Brüdern in dem prachtvollen Gewand zu zeigen und damit deren Zorn ins Maßlose zu steigern (IV, 554 f.). Was Wunder, dass sie ihn nicht nur grün und blau prügeln, sondern ihm vor allem das Schleiergewand vom Leibe reißen und zerfetzen, bis er nackt daliegt (IV, 555-558).

Joseph sieht sich von den Brüdern entschleiert »wie Liebe die Braut entschleiert im Bettgemach«. Er empfindet darüber »Todesscham«, denn: »In seinem Geist wohnten die Gedanken ›Entschleierung‹ und ›Tod‹ nahe beisammen«. Zugleich aber erfüllt ihn »Verstandesfreude« über die »Bewährung, die jene Gedankenverbindung durch das Geschehen erfuhr, darin sie sich vergegenwärtigte« (IV, 582).

Die Motive und die Bildvorlagen, die bei der Gestaltung des Gewandes Pate gestanden haben dürften, sind – soweit rekonstruierbar – auf der gesonderten Seite Thomas Manns Bildvorlagen zur Ketônet passîm zusammengestellt.


Die hebräische Bezeichnung des Gewandes, Ketônet passîm, fand TM in dieser Form bei Jeremias III (30). Jeremias I (331) hat ketonet paspasîm, Benzinger (77, Anm. 3) kuttônet passîm.

Die Anregung zur Umdeutung des Lutherschen ›Bunten Rocks‹ in ein prachtvolles Schleiergewand dürfte, wie Berger (S. 128) überzeugend darlegt, von Bemerkungen herrühren, die TM bei Jeremias I (331) und Benzinger (S. 77, Anm. 3) fand. Beide bringen dort Josephs ›bunten Rock‹ mit Verweis auf das (in 2. Samuel 13,18-19 mit demselben Wort bezeichnete) ›Ärmelkleid‹ der Tamar (der Tochter Davids) und deren »Ištar-Charakter« mit dem Ischtar-Tammuz-Mythos in Verbindung: Josephs Gewand »ist das Ištar-Tamuz-Schleiergewand«, schlussfolgert Jeremias, und Benzinger kommt zu dem Ergebnis, dass man in Tamars wie Josephs Kleid »eine Anspielung auf das Gewandmotiv (wird) erblicken müssen, das im Istar-Tammuzmythus eine hervorragende Rolle spielt.« – Dass TM dieser Verknüpfung gefolgt ist, ist angesichts der ganz auf den Ischtar-Tammuz-Mythos gerichteten Gestaltung des Prachtgewands nicht zu bezweifeln. Zudem lässt Labans Rede von dem »Jungfrauengewande eines Fürstenkindes« (IV, 294) darauf schließen, dass TM Jeremias' und Benzingers Herleitung aus der Geschichte der Davidstochter Tamar sehr genau nachvollzogen hat, von deren ›Ärmelkleid‹ es in 2. Samuel 13,18 heißt: »denn solche Kleider trugen des Königs Töchter, solange sie Jungfrauen waren.«

Auch die andere Thamar, Judas Schwiegertochter, der im Roman ein ganzes Kapitel gewidmet ist, trägt eine Ketônet passîm, als sie ihrem Schwiegervater als Kedescha entgegentritt (vgl. V, 1572). Zur Übereinstimmung der Bezeichnungen von Brautschleier und Kedeschenkleid vgl. Jeremias I, 327 und Thamar.

Nach Jeremias I (682) sind Verschleierung und Entschleierung »Motive des Lebens und des Todes (der in die Unterwelt Steigende entschleiert sich und umgekehrt)«. Die (von Joseph erzählte) Variante von Ischtars Unterweltsfahrt, bei der sie an jedem der sieben Tore der Unterwelt ein Kleidungsstück ablegen muss (IV, 455 f.; vgl. Tammuz-Mythos), deutet Jeremias entsprechend als Entschleierung und damit als Todesmotiv (Jeremias III, 13 f.).

Dieses Motiv wendet TM auf Josephs erste ›Fahrt in die Grube‹ an und verknüpft es mit dem Eros-Thanatos-Motiv: Das Zerreißen der Ketônet passîm ist Liebesakt (Defloration) und Tod in einem, und Joseph selbst erkennt den (doppelten) mythischen Sinn des Geschehens (vgl. IV, 582). – In Genesis 37,23 ziehen die Brüder Joseph den ›bunten Rock‹ aus, zerreißen ihn aber nicht. – Auch die zweite Fahrt in die »Grube« ist mit einem Entschleierungsmotiv verbunden: Joseph entkommt der Versuchung mit knapper Not, aber er muss sich dazu aus seinem ›Obergewand‹ herauswinden, das Mut-em-enet in Händen behält (V, 1260).

Zum Motiv des Schleiers im Josephsroman vgl. auch Berger (131-140). – Zur Deutung des Schleiers (als textiles Modell eines ›synkretistischen kulturellen Gedächtnisses‹) vgl. Assmann II (S. 71-77). – Eine auf Bergers Motivrekonstruktion gestützte Deutung gibt Werner Frizen: »Venus Anadyomene«. In: Thomas Mann und seine Quellen. Festschrift für Hans Wysling. Hg. von Eckhard Heftrich und Helmut Koopmann. Frankfurt a.M. 1991, S. 189-223, hier S. 196-223.

Letzte Änderung: 03.08.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Ketura

Nach Saras Tod hatte Abraham noch weitere Kinder gezeugt, und zwar »unwählerischerweise mit Ketura, einem kanaanitischen Weibe, während er doch nicht wollte, daß sein Jizchak kanaanitisch heiratete« (IV, 130). Abrahams und Keturas Söhne Medan, Midian, Jaksan, Simran, Jesbak »und wie sie hießen« (IV, 436) waren nach der Ordnung des Abrahamsstammes »mindere Söhne«,  »Wüstenkinder«. Sie gehörten zur Wüstenunterwelt der ›Roten‹ und wurden arabische Stammväter und Herren der Wüste wie ihr Halbbruder Ismael, der Sohn der Ägypterin Hagar (IV, 437).

In einer der Geschichten, die Eliezer dem jungen Joseph erzählt, behauptet der Alte, Keturas Söhne »hätten ›geglänzt wie Blitze‹, und Abram habe ihnen und der Mutter eine eiserne Stadt gebaut, so hoch, daß niemals die Sonne hineinschien und nur Edelsteine ihr leuchteten.« Dass mit dieser Stadt die Unterwelt gemeint ist, »als deren Königin also Ketura in dieser Darstellung erschien«, ist für den Erzähler sonnenklar (IV, 437).

Überhaupt hält er Eliezers Darstellung für »unangreifbar«, denn es sei eine dieser Geschichten, die nach dem Gesetz der ›rollenden Sphäre‹ zu betrachten seien. Sie kämen von oben herab »so, wie ein Gott Mensch wird«, sie »verbürgerlichen gleichsam und werden irdisch, ohne daß sie darum aufhörten, auch droben zu spielen und in ihrer oberen Form erzählbar zu sein« (IV, 436). Die Behauptung, die Söhne der Ketura hätten wie Blitze geglänzt, sei deshalb lediglich ein Zeichen dafür, dass Eliezer sie angemessenerweise nicht nur mit einem, sondern »mit beiden Augen« betrachtet habe: »im Zeichen des Zugleich und der Einheit des Doppelten: als Bedu-Häuptlinge also und Unbehauste und als Söhne und Fürsten der Unterwelt, wie Ismael, der unrechte Sohn, einer war« (IV, 437).

Die Nachkommen von Keturas Sohn Midian leben südlich von Edom am Rande der arabischen Wüste (IV, 130). Nach Midian sind die Midianiter (oder – nach Ismael – die Ismaeliter) benannt, die Joseph nach Ägypten bringen (IV, 586 f.).

Josephs Bruder Sebulun heiratet eine Midianiterin. In Jaakobs Augen war das »korrekt [...] nur insofern, als Midian ein Sohn der Ketura, Abrahams zweiter Frau, gewesen war« (V, 1540).

Eliezers Erzählung von den ›blitzenden‹ Söhnen Keturas ist jüdischer Sagenstoff, den TM in den »Sagen der Juden« (Gorion II, 341) und bei Braun, Naturgeschichte (S. 287 f.) fand.

Letzte Änderung: 03.10.2008  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kirjath Arba Hebron

Kirjath Sefer

Der zwischen Hebron und Beerscheba gelegene Ort ist, wie Gebal im Norden, eine Buchstadt, eine »Stätte der Urkundensammlung«, wo Joseph auf Grund seiner ausgeprägten Schrift- und Sprachbegabung »als Schreibämtling hätte dienen können, wenn an die Zustimmung Jaakobs zu einer solchen Berufsübung hätte gedacht werden können« (IV, 91). – Über Kirjath Sefer führt der Reiseweg Jaakobs und seiner Sippe nach Ägypten (V, 1729). 

Vgl. Karte von Kanaan. – Biblische Namen: Kirjath-Sefer und Debir. – Über die Buchstädte Gebal und Kirjath-Sepher handelt Jeremias I (245-247).

Letzte Änderung: 03.10.2008  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kislew

Im Kislew, »noch zur Zeit der Winterregen«, eröffnet Rahel ihrem Mann, dass sie zum zweiten Mal (mit Benjamin) schwanger ist (IV, 379).

Der Kislew ist der neunte Monat des religiösen Jahres und der dritte Monat des Kalenderjahres, er entspricht dem November/Dezember. – Vgl. dazu Susanne Galley: Das jüdische Jahr: Feste, Gedenk- und Feiertage, München 2003 (Becksche Reihe 1523), S. 22.

Letzte Änderung: 30.08.2009  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kittim

Zu den »siebzig oder wahrscheinlich zweiundsiebzig« Völkern des Erdkreises, über die Joseph von Eliezer unterrichtet wird, gehören auch die Bewohner von »Kittim, das meinte Sizilien«. Dorthin, so lernt Joseph, waren die Leute von Sidon und Gebal über das »Große Grüne«, das Mittelmeer, gefahren »und hatten dort Niederlassungen gegründet« (IV, 406 f.). 

Nach Jeremias I ist Kittim »Süditalien, besonders Sizilien, das [...] das Hauptgebiet phönizischer Kolonien darstellt« (155). – Nach der Völkertafel in Genesis 10,4 sind die Kittäer Nachfahren Jafets.

Letzte Änderung: 28.08.2010  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kokabim

Das hebräische Wort für die (großen) Sterne begegnet im Roman im Zusammenhang mit Josephs Traum, in dem Sonne, Mond und elf Kokabim (Tierkreiszeichen) sich vor ihm neigen (IV, 519; V, 1773), und zu Beginn des Romans bei der Beschreibung des Nachthimmels, an dem Ischtar als Abendstern »feuriger als [...] das ganze Heer der Kokabim« leuchtet (IV, 61).

TM fand den Begriff wohl bei Jeremias I (330), der sie als Bezeichnung der zwölf Tierkreiszeichen versteht und den Zusammenhang zwischen Josephs Traum und Jakobs Segen mit seinen Bezugnahmen auf den Tierkreis herstellt (344).

Letzte Änderung: 09.10.2017  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kosen Gosen

Kudur-Laomer

König von Elam, einer der »Könige aus Osten«, die Abraham einst bis über Damaskus trieb, um Lot zu befreien (IV, 103; vgl. Genesis 14).

Üblichere Namensform: Kedor-Laomer (vgl. z.B. Genesis 14,5).

Letzte Änderung: 26.02.2015  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kur

Babylonisches Hohlmaß: Jaakob handelt für Laban 5 Kur Saatgerste ein, wobei das Kur mit 250 Sila (einem weiteren Hohlmaß) berechnet wird (IV, 274).

Nach Meissner (I, 357), dem TM hier wohl folgt, entsprach ein Kur (»kurru«) »im alten Babel 300 Sila (= 121 l), im neuen dagegen 180 (= 72,7 l).«  Ein Sila entspricht 0,4 Litern (ebd.).

Letzte Änderung: 14.11.2009  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kurigalzu

Josephs Jugend wird zu Beginn des Romans auf die Regierungszeit des babylonischen Herrschers Kurigalzu datiert: Sie fällt in die Zeit, »als Kurigalzu, der Kossäer, zu Babel saß«. Kurigalzu nennt sich »Herr der vier Gegenden, König von Schumir und Akkad« und ist »ein zugleich strenger und üppiger Gebieter, dessen Bartlöckchen so künstlich gereiht erschienen, daß sie einer Abteilung gut ausgerichteter Schildträger glichen (IV, 10). – Der »Kassit von Babel« hat, wie Jebsche zu berichten weiß, einigen Anlass, »vor dem Priesterfürsten von Assur zu zittern [...], welcher seine Macht aus dem Reiche des Gesetzgebers [d.i. Hammurapi] zu lösen und am Strome Tigris ein besonderes Staatswesen zu gründen strebe« (IV, 77). – Jaakob trägt »gegen den Nimrod von Babel [...] eine tiefe, vom Urwanderer her vererbte Ironie im Herzen« (IV, 343).

Die Titulatur des Königs übernimmt TM vermutlich von Hommels Beschreibung Kurigalzus I. (Hommel, 429). Dessen Regierungszeit datiert Hommel allerdings auf die Zeit um 1570 v. Chr., also weit vor Josephs (vom Erzähler vermutete) Lebenszeit (um 1400). Mit dem ›Kassiten von Babel‹ scheint demnach Kurigalzu II. gemeint zu sein, dessen Regierungszeit nach Hommel auf die Jahre um 1400 fällt (Hommel, 427, Anm. 1, und 435). Meissner (II, 447) datiert seine Regierungszeit auf die Jahre 1407-1389. Für Kurigalzu II. spricht auch, dass er (wiederum nach Hommel) deutlich mehr Anlass hatte, vor Assur zu ›zittern‹: Der assyrische Fürst Bel-Nirârî bereitete ihm um 1390 v. Chr. eine bittere Niederlage (Hommel, 435). 

Die ›Kossäer‹ oder Kassiten, ursprünglich wohl ein Bergvolk aus dem Zagros-Gebirge, drangen nach dem Sturz der altbabylonischen Dynastie (um 1530 v. Chr.) nach Babylonien ein und begründeten die lange Periode der Kassitenherrschaft in Babylon, die bis ca. 1155 v. Chr. dauerte. Jebsches Rede über die Bedrohung des babylonischen Reiches durch Assur spielt auf die wiederkehrenden Kämpfe zwischen Babyloniern, Hethitern und Assyrern um die Vorherrschaft in Mesopotamien an.

Die auffällige Beschreibung der Bartlöckchen des Kurigalzu dürfte durch die zahlreichen Abbildungen babylonischer und assyrischer Herrscher inspiriert sein, die TM in seinen Quellenwerken zur babylonischen und assyrischen Kultur (Meissner I, Bezold, Hommel u.a.) vorlagen (vgl. Abb.).

Abb.: Ausschnitt aus einem (bei Hommel, 457 u.a. abgebildeten) Stich nach einem Kudurru aus der Zeit des Marduk-nadin-ahhe (reg. 1099-1082 v. Chr.). – Näheres zu diesem Bild bei den Bildvorlagen zur Ketônet passîm.

Letzte Änderung: 03.08.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kurnugia

Jaakob nennt Mesopotamien und speziell Naharina »bei sich selbst das Land Kurungia [recte Kurnugia]«, das »Nimmerwiederkehr-Land«, und zwar »erstens, weil es überhaupt und von vornherein Unterweltsland für ihn war, wohin er flüchtig hatte wandern müssen, dann aber, weil sich mit den Jahren herausstellte, daß dieses stromumschlossene Land seinen Mann festhielt und offenbar nie wieder herausgab« (IV, 245).

Kurnugia oder Kurnugea (›Land ohne Wiederkehr‹) ist in der sumerisch-babylonischen Mythologie einer der (sumerischen) Namen der Unterwelt. TM stützt sich vermutlich auf Meissner (II, 112, 143). Vgl. auch Ungnad (142).

In den meisten Auflagen steht fälschlich »Kurungia«. Nach Fischer (368) handelt es sich um einen Druckfehler schon der Erstausgabe, der in der 3. Auflage korrigiert wurde, danach aber in sämtlichen folgenden Ausgaben wieder auftauchte.

Letzte Änderung: 03.10.2008  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kusch (Kasi)

Über das ›elende Kusch‹ hört Joseph erstmals von seinem alten Lehrer Eliezer. Es ist eines der »Negerländer nilaufwärts gen Mittag«, das die Ägypter unterworfen haben (IV, 407).

Bei der Ankunft im Hafen von Theben beobachtet Joseph einen allgemeinen Auflauf, der einer »Gruppe ebenholzschwarzer Mohren mit unglaublich gepolsterten Lippenbergen und Straußenfedern auf den Köpfen« gilt, »Männern und tieräugigen Weibern mit Brüsten wie Schläuchen und lächerlichen Kindern in Körben auf den Rücken«. Es handelt sich um eine Abordnung aus dem Lande Kusch, die neben »scheußlich miauende[n] Panther[n]«, Pavianen, Giraffen und Windhunden allerlei wertvolle Gegenstände »aus Gold vermutlich und Elfenbein« mit sich führt. Wie Joseph von den Umstehenden hört, will der »Vorsteher der südlichen Länder, Vizekönig und Fürst von Kusch« Pharao damit für sich einnehmen und seine Absetzung verhindern, die Leute aus Pharaos Umgebung »wegen des kostbaren Postens« betreiben (IV, 774 f.).

Joseph nimmt das alles mit Interesse auf, »weil er es als förderlich erachtete, von den inneren Geheimnissen und Vertraulichkeiten dieser Welt, wie daß der Prinz von Kusch um sein Amt zitterte, die Höflinge ihn hechelten und Pharao sich gern überraschen ließ, unter der Hand etwas in Erfahrung zu bringen« (IV, 775). Schon gleich nach seinem Eintritt in Potiphars Haus bringt er das frisch erworbene Wissen an, um »so zu tun, als ob er alles im voraus schon loshabe«. Den in Ägypten üblichen Spottnamen für die ›nubischen Mohren‹ hat er dabei auch parat: »Gummiesser« (IV, 831).

Aus dem ›elenden Kusch‹ stammt auch die »Gummiesserin« Tabubu, »Kammersklavin vom Dienste der Schminktiegel« in Potiphars Hauswesen, die Mut-em-enet in ihrem Liebesleiden zur Vertrauten macht und die ihrer Herrin mit einem unterweltlichen Liebeszauber zu helfen versucht (V, 1116 f.).

Männer aus dem Kusch tun in Ägypten Dienst als Wachpersonal und Soldaten, so etwa an den östlichen Grenzanlagen als »Bogenschützen mit Straußenfedern im Haar« (IV, 709), als Palmwedel tragende »Exekutoren«, die die Steuereintreiber begleiten (IV, 730), als Haussklaven und Wächter in den Häusern der Reichen (IV, 783) oder als Leibwächter Pharaos (V, 1485).

Die verbitterten Priester des Gottes Sopdu in Per-Sopd trauern den »gerechten Urzeiten« nach, in denen das Deltagebiet Unterägyptens noch als das »eigentliche und wahre Ägyptenland« gegolten habe, während Oberägypten samt der Hauptstadt Theben noch »beinahe dem elenden Kusch und den Negerländern beigerechnet« worden sei. Deshalb stehe der Reichsgott Amun auch im Verdacht, »nubischer Herkunft und ursprünglich ein Gott des elenden Kusch zu sein« (IV, 724 f.).

Nach Jeremias I entspricht Kuš »dem antiken Begriff Äthiopien« und umfasst »das heutige Nubien und ein Stück des Sudan bis etwa Chartum« (156). – Nach der Völkertafel in Genesis 10,6 ist Kusch ein Sohn Hams und Bruder Mizrajims und Kanaans. – Die häufig wiederkehrende (aus zeitgenössischen Schriften stammende) Wendung vom »elenden Kusch« fand TM bei Erman/Ranke (593) und Steindorff I (48, 68, 104), die Variante »Kasi« (V, 1317) bei Jeremias I (204).

Den Spottnamen »Gummiesser« kannte TM wohl, wie Fischer (542) vermutet, aus der Erzählung »Der Kampf um das Stiftungsgut des Amon von Theben« (Altägyptische Erzählungen und Märchen. Ausgewählt und übersetzt von Günther Roeder. Jena: Diederichs 1927, S. 234). Er bezieht sich auf den Konsum von Gummi arabicum, das in Nubien schon zur Zeit des alten Ägypten aus dem Harz von Akazien gewonnen wurde. Eine andere, ebenfalls in TMs Bibliothek vorhandene Ausgabe der Erzählung übersetzt den Begriff mit »Harzfresser« (Märchen und Geschichten der alten Ägypter. Hrsg. von Ulrich Steindorff. Berlin: Propyläen [1925], S. 161).

Die Beschreibung der Tribut bringenden nubischen Delegation und ihres Anführers, des ›Prinzen von Kusch und Vorstehers der südlichen Länder‹, stützt sich ganz auf Steindorff (I, 100-102), der dafür einen reich bebilderten Wandfries aus einem Grab bei Theben auswertet (Steindorff I, 67, Abb. 58; hier Abb. 2). Die Rede von den Frauen mit »Brüsten wie Schläuchen und lächerlichen Kindern in Körben auf den Rücken« folgt einer Bemerkung Steindorffs (I, 101) über die Wirkung eines solchen Delegationszuges im Stadtbild von Theben: »Wie mag dieser seltsame Zug von den Bewohnern der Hauptstadt angestaunt worden sein, vor allem die Negerinnen, die ihre nackten Knaben an der Hand führen und von denen eine sogar noch ihr jüngstes Kind in einem Korbe auf dem Rücken schleppt« (Steindorff I, 101). Die zuletzt erwähnten Figuren finden sich in der oberen Reihe links (vgl. hier Abb. 3). Nubierinnen mit Kindern in Körben zeigt auch eine bei Erman/Ranke abgebildete Zeichnung (S. 596, Abb. 252; hier Abb. 1).

Abb.: (1) Nubische Frauen mit Kindern. – (2) Tributbringende Nubier (Grabmalerei aus einem Grab in Theben). – (3) Detail aus Abb. 2 (Nubierinnen mit Kindern).

Letzte Änderung: 21.09.2015  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Kuzach

Gott der Seïr-Leute, eine »gewittrige und pfeilschiessende Gottheit« (IV, 134). Nachdem Esau mit den Seïrim »Jagd- und Glaubensfreundschaft« geschlossen hat, frönt er, »des Sinnes bar für Abrams hohes Erbe«, offen dem Gewittergott (IV, 199; vgl. auch IV, 188).

Bei der Deutung der edomitischen Gottheit Kôs oder Kuzah als Wettergott folgt TM Jeremias I (327).

Letzte Änderung: 06.09.2009  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

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