Lexikon zu »Joseph und seine Brüder« (1933-43)
Abgeschlossene Einträge: 490 | Letzte Änderung: 21.07.2018
Ab
Im Monat Ab unternimmt Jaakob seine beschwerliche Reise in das Land Naharina zu seinem Onkel Laban: »Es war Hochsommer, im Monat Ab, eine hoffnungslose Hitze und Dürre« (IV, 218).
Der Ab ist der fünfte Monat des religiösen Jahres und der 11. Monat des Kalenderjahres, er entspricht dem Juli/August. – Vgl. dazu Susanne Galley: Das jüdische Jahr: Feste, Gedenk- und Feiertage, München 2003 (Becksche Reihe 1523), S. 24.
Letzte Änderung: 06.09.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Abdcheba
Kanaanitischer Haussklave in Labans Haus, aus einem Dorf bei Jerusalem gebürtig. Bei Jaakobs Ankunft auf Labans Hof betätigt er sich als Brotbäcker (IV, 236 f.) und besorgt zusammen mit der Magd Iltani das Abendessen für die Familie (IV, 239). Abdcheba wurde von seinen Eltern für 20 Sekel (Schekel) in die Sklaverei verkauft, ein Preis, der »offenbar sein mäßiges Selbstgefühl bestimmte« (IV, 237) und ihm beim Erzähler die Bezeichnung »Zwanzig-Schekel-Mann« einbringt (IV, 259, 271, 296). Er ist »klein, grauhaarig und hohlbrüstig« (IV, 237), eine »kraftlose Kröte«, wie Laban abfällig bemerkt (IV, 243), aber sprachgewandt, weshalb er zu Beginn von Jaakobs Aufenthalt bei Laban als Dolmetscher behilflich ist (IV, 239-244). Er fungiert auch als Zeuge bei dem ersten Dienstvertrag, den Laban mit Jaakob gleich am ersten Tag nach Jaakobs Ankunft in Charran schließt (IV, 249).
Band IV: 237-240, 242, 244, 249, 259, 271, 296.
Die Beschreibung von Abdchebas Betätigung als Brotbäcker (IV, 236) folgt Meissner (Band I, 414). – Auch Joseph wird von seinen Brüdern für 20 Schekel (Silber) an die midianitischen Kaufleute verkauft (IV, 612).
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Abel Habel
Abenteuer des Schiffbrüchigen, Die
Die Geschichte von dem »Schiffbrüchigen auf der Insel der Ungeheuer« befindet sich in Peteprês Bibliothek, aus deren reichhaltigen Beständen Joseph seinen »Lesedienst« versieht (V, 918).
Es handelt sich um eine auf dem Papyrus Leningrad 1115 überlieferte Geschichte eines Schiffbrüchigen, der auf einer Insel strandet, auf der eine Riesenschlange (ein Riesendrache) herrscht. TM kannte die Geschichte vermutlich aus den in seiner Bibliothek befindlichen Sammlungen altägyptischer Märchen (Altägyptische Erzählungen und Märchen. Ausgewählt und übersetzt von Günther Roeder. Jena: Diederichs 1927, S. 17-22; Märchen und Geschichten der alten Ägypter. Hrsg. von Ulrich Steindorff. Berlin: Propyläen [1925], S. 66-74).
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Abimelek
König der Philister in Gerar. In der zweifachen Wiederholung der sonderbaren, ursprünglich in Ägypten spielenden Geschichte, in der Abraham seine schöne junge Frau Sarai als seine Schwester ausgibt, um nicht um ihretwillen erschlagen zu werden (IV, 123-125; vgl. Genesis 12,10-20), übernimmt Abimelek die Rolle des begehrlichen Pharaos Amenemhet: Beim ersten Mal als Antagonist von Sarai und Abraham (IV, 125 f.; vgl. Genesis 20,2), beim zweiten Mal als Antagonist von Isaak und Rebekka (IV, 126-128; vgl. Genesis 26,1-11).
Der Erzähler hält es für ausgeschlossen, »daß der Abimelek, mit dem Jizchak es zu tun hatte, noch derselbe war, der sich verhindert gefunden hatte, Sarai's eheliche Reinheit zu verletzen«. Das erhelle schon aus der Verschiedenheit der Charaktere (IV, 127).
Biblischer Name: Abimelech.
Letzte Änderung: 03.05.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Abirâm Abraham
Abisai
Ein Silberschmied, bei dem Joseph auf seiner Reise nach Schekem zu den Brüdern auf Geheiß seines Vaters übernachtet. Der Mann hatte Jaakob einst besucht und seinem Gott einiges abgewinnen können. Trotzdem stellt er aus dem »Mondmetall« weiterhin Abgötter her, was Joseph ihm »weltmännisch« zugesteht (IV, 534).
Letzte Änderung: 31.08.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Abôdu (Abôt)
Abôdu ist die »Ruhestätte des Zerrissenen« (V, 934), Osiris, und da Usir »groß in der Liebe des Volkes« ist, gibt es in Ägypten – »vom hustenden Schleppsklaven der Brüche [...] bis zu Pharao« – keinen, der »nicht wünschte, zu Abôt an seiner Stätte, bei dem Grab des Zerrissenen, sein Grab zu finden, wär' es nur möglich« (IV, 690).
Für die meisten ist es nicht möglich, und deshalb gibt es den Brauch, die Toten vor ihrem Begräbnis noch einen Besuch bei dem geliebten Gott abstatten zu lassen. Auch Mont-kaw tut nach seinem ›bescheidenen Sterben‹ noch eine Schiffsreise »stromabwärts, nach Abôdu's heiligem Grabe, um dem westlichen Herrn Besuch abzulegen« (V, 1003).
Vgl. Karte von Ägypten. – Abôdu ist die große Nekropole Abydos; der Mythos erzählt, dass hier das Haupt des Osiris begraben liegt. – Über die Reise der Toten nach Abydos konnte Thomas Mann bei Erman/Ranke lesen. Danach wurde »es Sitte bei den Vornehmen, daß man die Toten vor ihrer Beisetzung auf dem heimischen Gräberfeld erst noch dem Osiris wenigstens einen persönlichen Besuch abstatten ließ« (363).
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Abraham (Abram, Abirâm, Urvater, Mann aus Ur, Ur-Mann)
Für Jaakob und die Seinen ist Abraham der Stamm- und »Urvater« des Hauses Israel. Dass er als Vater Ismaels und Midians auch Urahn der Ismaeliter und Midianiter ist, besagt in ihren Augen wenig, denn Ismael und Midian gelten ihnen als »mindere Söhne«, ihre Mütter Hagar und Ketura waren ›Wüstenfrauen‹ (IV, 587). Als den alleinigen ›rechten Sohn‹ des Urahns betrachten sie Saras spätgeborenen Sohn Isaak.
Der Gott, den Abraham »entdeckt« hatte, hatte ihm verheißen, er werde »zu einem Volke werden, zahlreich wie Sand und Sterne« (IV, 13; vgl. Genesis 12,2; 13,16 u.ö.), weshalb er seinen ursprünglichen Namen, Abram, mit einer »Ehrendehnung« (V, 1733) versehen und ihn Abraham genannt hatte, das bedeutet »Vater sehr vieler« (IV, 437; vgl. Genesis 17,5). Nach Überzeugung des Erzählers ist Abrahams »Stammvaterschaft hauptsächlich geistig zu verstehen« (IV, 129). Das »Band, das bei aller Buntscheckigkeit des Geblütes die geistige Sippschaft zusammenhielt«, sei die »forterbende Arbeit an einem Gottesgedanken« (IV, 130), weshalb fraglich sei, ob Joseph »im Fleische mit ihm verwandt war, ob sein Vater es war« (IV, 129). Die Vorstellung gar, Abraham sei Josephs Urgroßvater gewesen, sei »eine fromme Abkürzung des wirklichen Sachverhaltes«, denn zwischen Joseph und »Ur-Abraham« liege eine »Geschlechterfolge, die Jahrhunderte gefüllt haben« müsse (IV, 128).
Die zweite Verheißung, die Abrahams Stamm das Land Kanaan zu »ewiger Besitzung« und dessen ursprünglichen Bewohnern »Unterwerfung und Knechtschaft bündig zugedacht« haben soll (vgl. Genesis 13,15; 17,8; 22,17 u.ö.), ist, so der Erzähler, »mit Vorsicht aufzunehmen oder jedenfalls recht zu verstehen«, denn dabei handele es sich »um späte und zweckvolle Eintragungen, die der Absicht dienen, politische Machtverhältnisse, die sich auf kriegerischem Wege hergestellt, in frühesten Gottesabsichten rechtlich zu befestigen« (IV, 13). Tatsächlich sei Abrahams Gemüt für Politisches durchaus nicht geschaffen gewesen, und seine Niederlassung in Kanaan, einem Land mit »zersplitterte[m] Staatsleben«, zeuge für »nichts weniger als für seinen Geschmack an imperialer Größe und seine Anlage zur politischen Vision« (IV, 14). Die Verheißung sei vielmehr auf Geistliches zu beziehen, auf die Wirksamkeit seines »neuartig-persönlichen Gotteserlebnisses«, das »die Zukunft zu prägen bestimmt ist« und dem eine große Anhängerschaft angekündigt worden sei (ebd.).
Abraham hatte Gott »entdeckt« (V, 425) und »hervorgedacht« (IV, 428), »so daß dieser vor Freude seine Finger geküßt und gerufen hatte: ›Bisher hat kein Mensch mich Herr und Höchster genannt, nun werde ich so geheißen!‹« (IV, 425) Davon, wie dies geschah, berichtet der Erzähler in einem eigenen Kapitel (IV, 425-435). Ausgangspunkt sei die hohe Selbstachtung gewesen, die den »Urvater« geleitet habe, »ein Selbstgefühl, das man fast hoffärtig und überhitzt hätte nennen können« und das seine hochgemute Forderung begründete, mit der alles anfing: »Ich, Abram, und in mir der Mensch, darf ausschließlich dem Höchsten dienen.« (IV, 425) Seine Suche nach diesem Höchsten habe sich als Suche nach der letzten Ursache alles Seienden vollzogen und ihn damit notwendig zu der Erkenntnis geführt, dass es nur einen einzigen Gott geben könne, den einen »Bestimmten, von dem alles kam, das Gute und Böse, das Plötzliche und Grauenhafte sowohl wie das segenvoll Regelmäßige« (IV, 427). Insofern er so Gott seine »Verwirklichung in der Erkenntnis des Menschen bereitete«, könne man seinen Namen Abirâm, »was heißen mochte: ›Mein Vater ist erhaben‹«, wohl mit Recht auch mit »Vater des Erhabenen« übersetzen, denn »gewissermaßen war Abraham Gottes Vater«, indem er ihn »denkend verwirklichte«. Zwar seien Gottes »gewaltige Eigenschaften« ohne Frage »etwas sachlich Gegebenes außer Abraham, zugleich aber waren sie auch in ihm und von ihm; die Macht seiner eigenen Seele war in gewissen Augenblicken kaum von ihnen zu unterscheiden, verschränkte sich und verschmolz erkennend in eines mit ihnen, und das war der Ursprung des Bundes, den der Herr dann mit Abraham schloß und der nur die ausdrückliche Bestätigung einer inneren Tatsache war« (IV, 428). Dennoch, so beeilt der Erzähler sich zu versichern, seien Abraham und Gott nicht etwa ein und dasselbe, sondern »Zwei, ein Ich und ein Du, das ebenfalls ›Ich‹ sagte und zum anderen ›Du‹. Schon richtig, daß Abram die Eigenschaften Gottes mit Hilfe der eigenen Seelengröße ausmachte – ohne diese hätte er sie nicht auszumachen und zu benennen gewußt, und sie wären im Dunkel geblieben. Darum blieb Gott aber doch ein gewaltig Ich sagendes Du außer Abraham und außer der Welt« (IV, 431). Seine Erkenntnis und Heiligung aber »verstärkte und erfüllte Urvaters Ich-Aussage, und keineswegs war dieses sein gottvoll mutiges Ich gesonnen, in Gott zu verschwinden, mit Ihm eins zu werden und nicht mehr Abraham zu sein, sondern hielt sich sehr wacker und klar Ihm gegenüber aufrecht« (ebd.). Gotteserkenntnis und Subjektwerdung des Menschen sind untrennbar verbunden.
Kritischen Einwänden gegen das hohe, »fast hoffärtig« zu nennende Selbstgefühl, das Abrahams Gotteserkenntnis begründete, begegnet der Erzähler bei Gelegenheit der weihevollen Stimmung, die Jaakob erfüllt, nachdem er erfahren hat, dass Joseph lebt, der Vorstellung nämlich, dass alles Geschehene, selbst noch die jahrelange Dürre und Teuerung, die die Reise der Brüder nach Ägypten nötig gemacht hatte, einem göttlichen Plan entsprungen ist, der allein ihm und den Seinen gilt und dafür dem »Rest der Welt« große Not zumutet. Das könne man »anmaßend und ichbezogen« nennen, räumt der Erzähler ein, aber dies seien »nur verneinende Namen für ein denn doch höchst bejahenswertes und fruchtbares Verhalten, dessen schönerer Name Frömmigkeit lautet«. Denn Frömmigkeit sei »eine Verinnigung der Welt zur Geschichte des Ich und seines Heils, und ohne die bis zur Anstößigkeit getriebene Überzeugung von Gottes besonderer, ja alleiniger Kümmernis um jenes, ohne die Versetzung des Ich und seines Heils in den Mittelpunkt aller Dinge, gibt es Frömmigkeit nicht; das ist vielmehr die Bestimmung dieser sehr starken Tugend. Ihr Gegenteil ist die Nichtachtung des eigenen Selbst und seine Verweisung ins Gleichgültig-Peripherische, aus welcher auch für die Welt nichts Gutes kommen kann. Wer sich nicht wichtig nimmt, ist bald verkommen. Wer aber auf sich hält, wie Abram es tat, als er entschied, daß er, und in ihm der Mensch, nur dem Höchsten dienen dürfe, der zeigt sich zwar anspruchsvoll, wird aber mit seinem Anspruch vielen ein Segen sein. Darin eben erweist sich der Zusammenhang der Würde des Ich mit der Würde der Menschheit. Der Anspruch des menschlichen Ich auf zentrale Wichtigkeit war die Voraussetzung für die Entdeckung Gottes, und nur gemeinsam, mit dem Erfolge gründlichen Verkommens einer Menschheit, die sich nicht wichtig nimmt, können beide Entdeckungen wieder verlorengehen.« (V, 1720 f.)
Abrahams Geschichten – seine (oder seines Vaters Terach) Wanderung von Ur nach Charran, von dort nach Kanaan und weiter nach Ägypten, wo er durch die Verleugnung Saras »silbern und gülden« wurde (IV, 117), seine Rückkehr nach Kanaan, seine Trennung von Lot und andere – lernt der junge Joseph durch Eliezer kennen, den »ältesten Knecht«, der Abraham ähnlich sehen soll (vgl. IV, 399, 419). Dabei kommen Varianten zum Vorschein, in denen der Erzähler erneut – wie schon bei Osiris und Set und den ›roten‹ Gegenbrüdern Ismael, Cham und Esau – das Prinzip der ›rollenden Sphäre‹ erkennt, der »Ergänzung und Entsprechung« (IV, 188) von göttlicher und menschlicher Sphäre, in deren Wechsel und Austausch Göttergeschichten zu Menschengeschichten werden und umgekehrt. Als Beispiel dient ihm hier die »Lieblingsprahlgeschichte der Jaakobsleute«, Abrahams Kampf gegen die Könige des Ostens zur Befreiung Lots, die sich in ihrer »himmlische[n] Form« als Kampf zweier Götter mit einer »Überzahl von Riesen oder minderen Elohim« zu erkennen gibt: »In Abram wurde Fleisch, was vorher sternenhaft gewesen war« (IV, 422 f.). Ähnliche »sphärische« Verbindungen stellt Eliezers »gespaltene Zunge« bei der Erzählung von Abrahams Geburt und Kindheit, seiner Mutter Emtelai, seiner Verfolgung durch Nimrod u.a. her, die sämtlich mit Göttergeschichten korrespondieren (vgl. IV, 436-439). Unter dem Gesichtspunkt der ›rollenden Sphäre‹ ist denn auch der Namenswechsel von ›Abram‹ zu ›Abraham‹ weniger, wie Jaakob wissen will, eine »Ehrendehnung« (V, 1733) als vielmehr ein Zeichen des Umschwungs der »Sphäre« von der Götter- zur Menschenwelt: Aus »›Abram‹, was da ›der hohe Vater‹ und ›Vater der Höhe‹ heißt, war er gedämpft und herabgesetzt worden zum ›Abraham‹, also zum Vater sehr vieler«, ohne darum aber aufzuhören, Abram zu sein: »Es war nur, daß die Sphäre rollte; und die in Abram und Abraham fein gespaltene Zunge sprach von ihm so und auch wieder so.« (IV, 437)
Bei Eliezers Geschichten um Abrahams Geburt und Kindheit und seine Verfolgung durch Nimrod verarbeitet TM Legendenmaterial, das er wohl aus Gorion kannte (vgl. v.a. II, 33-46). Die Rückführung der Legende von Abrahams Höhlengeburt auf den Kronos-Zeus-Mythos, die Abraham und seine Mutter Emtelai/Amathla teils mit Kronos und Gaia, teils mit Zeus und Rhea identifiziert (vgl. IV, 436 f.), folgt Braun (I, 275-288).
Letzte Änderung: 23.10.2015 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Abrek (Abrekh)
Der Ruf, mit dem Diener den Wagen ägyptischer Würdenträger vorauslaufen. Joseph hört ihn zum ersten Mal auf einer der Prachtstraßen in Menfe, »auf denen die Wagen der Großen dahinrollten, feurige Rosse davor, mit Federbüschen gekrönt, und atemstoßende Läufer voran, die riefen: ›Abrek!‹, ›Nimm zu dir dein Herz!‹, ›Gib Obacht!‹ Ja, ›Abrek!‹ Das mochte auch Joseph wohl zu sich sagen und sein Herz in Gewahrsam nehmen, daß es nicht unförderlicher Blödigkeit verfalle vor so viel Lebenserlesenheit« (IV, 747).
Einige Jahre später, bei seiner Einsetzung als Minister des Pharao, fährt er selbst auf einer solchen »Abrekh-Avenue« (IV, 776), und seinem Wagen voran stürmt ein »Trupp von Läufern, die ›Abrekh!‹ riefen, ›gib Obacht!‹ und ›Groß-Wesir!‹ und: ›Sehet des Landes Vater!‹« (V, 1485).
Die Übersetzung des Wortes ›'abrek‹ aus Genesis 41,43 ist nach wie vor ungesichert. TM zitiert offenbar alle Übersetzungen, die ihm zur Hand waren: »Sehet des Landes Vater« geht zweifellos auf die Lutherbibel zurück, die »Der ist des Landes Vater!« übersetzt. Bei den übrigen Varianten handelt es sich um die von Jeremias I (339) zitierten Übersetzungsvorschläge, unter denen der von Jeremias selbst als »wenig einleuchtend« verworfene Vorschlag »›dein Herz zu dir‹ = paß auf‹« (ebd., Anm. 1) TM besonders beeindruckt zu haben scheint. Er notierte ihn eigens in seinem Notizbuch (Nr. 14, S. 11; vgl. Notizbücher Bd. 2, S. 352).
Letzte Änderung: 15.10.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Absu
Das sumerische Wort »Absu« kommt im Roman in Verbindung mit Josephs Geburt und seinem Kosenamen Dumuzi-Absu (IV, 348; V, 1682) vor und wird dabei – mit der Bedeutung ›Abgrund‹ oder ›Tiefe‹ – als Metapher für den mütterlichen Schoß verwendet: Joseph ist »hervorgegangen aus dem dunkelblutigen Schoße des Lebens«, heißt darum »Dumuzi-Absu, des Abgrundes rechter Sohn« (IV, 348). Zu Benjamin sagt er: »aus demselben Abgrunde kamen wir beide, der da heißt ›Absu‹, uns aber heißt er Mami, die Süße, um die Jaakob diente« (IV, 445). Das Wort gewinnt im Zusammenhang des Tammuz-Adonis-Mythos vegetationsmythologischen Doppelsinn (Erdenschoß, Mutterschoß) und spielt zugleich auf Tod und Unterwelt an (vgl. auch V, 1295).
›Apsû‹ ist das Süßwassermeer, das sumerisch-babylonischer Kosmogonie zufolge – ebenso wie das Salzwassermeer Tiamat – vor der Erschaffung von Himmel und Erde existierte (Meissner II, 104) und dessen göttliche Hypostase der schon vor Anu anzusiedelnde Ur-Gott Apsû ist, der Gatte der Tiamat (II, 13, 16, 45 u.ö.). Nach der Erschaffung von Himmel und Erde liegt das Apsu zwischen Erde und Unterwelt (ebd. 111 f.). – »Dumuzi-abzu« ist nach Meissner (II, 24) der Name einer früheren Form des sumerischen Dumuzi und babylonischen Tammuz; ob und wie der Namenszusatz ›abzu‹ mit Apsû zusammenhängt, sagt er nicht. – Mit der Deutung des Namens »Dumuzi-Absu« als ›Dumuzi, Sohn des Abgrundes‹ folgt TM wohl Mereschkowskij (202).
Letzte Änderung: 23.02.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Abubu
Das akkadische Wort für ›Sturm‹, ›Sturmflut‹ oder ›Sintflut‹ erscheint im Roman stets in dem Kompositum »Staub-Abubu«, also als Bezeichnung eines Wüstensturms, Sandsturms.
Band IV: 430, 602, 644, 708. – Band V: 1604 f.
Letzte Änderung: 03.10.2008 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Abydos Abôdu
Achet
Erste Jahreszeit des ägyptischen Kalenders, die Zeit der Nilschwemme (vgl. IV, 839; V, 965). Ihr kalendarischer Beginn, der »amtliche ägyptische Neujahrstag«, fällt allerdings nur selten mit dem tatsächlichen Beginn der Nilschwemme zusammen (vgl. V, 1240). In den »Hitzemonaten« der Achet-Jahreszeit, Paophi und Hathyr, werden die besten Datteln geerntet (IV, 882).
Der ägyptische Kalender kennt drei Jahreszeiten mit je vier Monaten: Achet (Überschwemmung), Peret (Aussaat) und Schemu (Ernte). Die vier Achet-Monate Thot, Paophi (Phaophi), Hathyr (Athyr) und Choiak fielen im Neuen Reich ungefähr in die Zeit von Juni-September oder Juli-Oktober.
Letzte Änderung: 31.05.2015 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Achet-Atôn
Um der Sphäre des Amun und der Konfrontation mit dessen »gebieterischer Hausbetreterschaft« enthoben zu sein, baut Echnatôn eine neue Königsstadt, Achet-Atôn, »die Stadt seines Vaters, die Stadt des Horizontes«. Sie liegt »südlich von Chmunu, dem Hause des Thot« im oberägyptischen ›Hasengau‹ (V, 1692 f.).
Als Echnatôn den Hof dorthin verlegt, ist Achet-Atôn »eigentlich noch gar keine Stadt, sondern nur ein improvisiertes Hoflager von halbfertigem Luxus« (V, 1694). Sie besteht zunächst nur aus dem königlichen Palast, in dem »überall noch Verputzstreicher, Kunstmaler und Dekorateure am Werke waren«, dem von Blumendüften erfüllten Tempel des Atôn »mit sieben Höfen, prachtvollen Pylonen und herrlichen Säulenhallen«, den Kaianlagen am Nil, einigen Wohnhäusern für Beamte und »erstaunlichen Parkanlagen und Naturschutzgebieten mit künstlichen Teichen, Bäumen und Gebüschen« (V, 1694).
Die Verlegung des Hofes nach Achet-Atôn, der »einzigen Hauptstadt der Länder« (V, 1751), ist »ein harter Schlag für Nowet-Amun, Theben, die ›hunderttorige‹, die durch den Wegzug des Hofes Gefahr lief, zur Provinzstadt herabzusinken, und eine krasse Kundgebung gegen den Reichsgott zu Karnak« und seine Hausbetreterschaft (V, 1693).
Echnatôns Mutter Teje bleibt in Theben, »teils zum Zwecke der Überwachung Amuns, teils aus Anhänglichkeit an den Palast weiland König Neb-ma-rê's, ihres Gatten« (V, 1693).
Vgl. Karte von Ägypten. – Siedlungshügel und Ruinenstätte der einstigen Königsstadt heißen heute Tell el-Amarna. – Reichhaltige Informationen über den Ort bietet die Seite des Amarna-Projekts.
Letzte Änderung: 09.04.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Achmose (Mont-kaws Vater)
Der Vater Mont-kaws, ein »mittlere[r] Beamte[r] vom Schatzhause des Montu-Tempels zu Karnak«, hätte aus seinem Sohn gern »etwas Höheres, als er selbst war«, gemacht, »einen Gottespropheten, Zauberer oder Sternbeschauer«. Deshalb weihte er ihn schon mit fünf Jahren dem Thot und »gab ihn in das der Tempelverwaltung angegliederte Haus des Unterrichts, in welchem bei strenger Zucht, karger Kost und reichlichen Prügeln [...] der Beamtennachwuchs Montu's, des falkenköpfigen Kriegsgottes, herangezogen wurde« (V, 983). Der bescheidene Mont-kaw aber war schon in seiner Jugend fest entschlossen, »sich im Mäßig-Anständigen zu halten« (V, 983 f.).
Letzte Änderung: 09.01.2015 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Achmose (Pharao)
Der ägyptische Gaufürst und spätere Pharao hatte die schon von Sekenjenrê und Kemose begonnene Vertreibung der »fremde[n] Herrscher [...] von asiatischem Geblüt« vollendet, die Ägypten »durch Jahrhunderte« besetzt gehalten und von Auaris, ihrem »festen Königssitz« im Norden des Landes, aus regiert hatten. Dass Achmose das zurückeroberte Land »für sich selbst und sein Haus zu eigen nahm«, hatte ihm die Gegnerschaft vieler ägyptischer Gaufürsten eingetragen (V, 1007), darunter auch die des Teti-'an, eines Ahnherrn Mut-em-enets, dem Achmose daraufhin – wie allen rebellierenden Gaufürsten – seinen Grundbesitz entzogen hatte und den er dann mit hohen Staatsämtern an den Hof zu binden versucht hatte (V, 1008).
Die Wirtschaftspolitik Josephs, des ›Ernährers‹, wird als Vollendung der von Achmose betriebenen Entmachtung dieser »aufsässigen Menschenklasse« beschrieben. Während »Pharao Achmose, am Anfang der Dynastie,« den alten Gaufürsten noch »große Titel« und, sofern sie ihm Treue gelobten, »großen, unabhängigen Landbesitz hatte verleihen müssen«, nimmt Joseph die Gelegenheit wahr, diese »stolzen Herren ins Zeitgemäße zu nötigen« (V, 1763): Er kauft die noch in Privatbesitz befindlichen Ländereien gegen Saatkorn auf und überführt sie so in »Kronbesitz« (V, 1762).
Es handelt sich um den ersten Pharao der 18. Dynastie, Ahmose I. (Amosis I.), der die von den letzten Vertretern der 17. Dynastie, Seqenenre und Kamose, begonnene Vertreibung der Hyksos aus Ägypten vollendet und die Umwandlung der gaufürstlichen Ländereien in Kronland betrieben hat. TM stützt sich hier auf Erman/Ranke (114 f.) und Breasted (152-155). Beide Gewährsleute stellen auch den Bezug zu Josephs Landkäufen (Genesis 47,19-20) her (vgl. Erman/Ranke, S. 115, und Breasted, S. 155).
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Achwêre
Eine Freundin Mut-em-enets, »Gemahlin Kakabu's, des Schreibers der Silberhäuser, vom Silberhause des Königs«. Sie gehört zu dem immer größer werdenden Kreis von Freundinnen, die Mut-em-enet »in ihre Liebe und ihren Jammer« einweiht, bis es zuletzt »der ganze Hof, die halbe Stadt« weiß (V, 1208).
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Ada, Esaus Frau
Eine von Esaus »chetitisch-kanaanitischen Frauen«, »Baalanbeterinnen, die er schon frühzeitig nach Beerscheba heimgeführt hatte und von denen Rebekka, Bethuels Tochter, zu sagen pflegte: ›Mich verdrießt es, zu leben vor den Töchtern Heth‹« (IV, 133). Ada ist vermutlich die Mutter des Eliphas (ebd.). Die anderen Frauen Esaus sind Ahalibama, Judith und Basnath (vgl. 188, 199).
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Ada, Lamechs Frau
Eine der beiden Frauen Lamechs, des frühen Vorfahren der Jaakobsleute. Ihr gibt Sebulun die ›Schuld‹ für den zivilisatorischen Fortschritt seines Stammes, der ihn und die Brüder vor der Rache an Joseph zurückschrecken lässt. Denn sie »gebar Jabal, den Urahn derer, die in Zelten wohnen und Viehzucht treiben, Abrams Ahn, Jizchaks und Jaakobs, unseres sanften Vaters. Da haben wir den Verderb und die Bescherung, daß wir keine Männer mehr sind«, seufzt Sebulun (IV, 552).
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Adam
Auf seiner Gedankenreise durch die ›Dünenkulissen‹ der Urgeschichte zu den allerersten Anfängen der Menschheit hat der Erzähler mit dem biblischen Adam, dem Gefährten Hevas und dem Vater von Kain und Habel, augenscheinlich noch nicht »das letzte ›Zurück‹« (IV, 42) erreicht, das er sucht. Denn »die Geschichte des Menschen ist älter als die materielle Welt, die seines Willens Werk ist, älter als das Leben, das auf seinem Willen steht« (IV, 39). Ihren wahren Uranfang erzählt der »Roman der Seele« (IV, 40-44), der in einer allegorischen Legende überliefert ist, in der Geschichte von dem »vor Weltbeginn« geschaffenen Lichtwesen, das die Hebräer ›adam qadmon‹ nennen und das in einem frühen Stadium der Schöpfung (IV, 39) eine ›Affäre‹ mit der Materie hatte, aus der es von einem »zweiten Abgesandten« Gottes befreit werden musste (IV, 39 f.).
Adams Erschaffung und seine Geschichten gehören also offenbar zu einem »sekundären und schon irdischen« Geschehen. Adam ist »aus der Erkenntnis der Materie durch die Seele« (IV, 45) oder, in der Vorstellungswelt der Allegorie vom uranfänglichen Lichtmenschen ›adam qadmon‹, aus den Teilen des Lichts entstanden, die dieser bei seiner Befreiung zurückgelassen hat und die dann »zur Bildung der materiellen Welt und der Erdenmenschen mitbenutzt« worden sind (IV, 39). Daraus erkläre sich, so die Überlieferung, »die Doppelnatur des Menschen, welche die Merkmale göttlicher Herkunft und wesentlicher Freiheit mit schwerer Verfesselung in die niedere Welt unentwirrbar vereinige« (IV, 40).
Den Engeln war Adams Erschaffung von Anfang an ein Dorn im Auge: »Was ist der Mensch, o Herr, daß du sein gedenkest?« (IV, 47). Das »Reich der Strenge« betrachtet diesen Schöpfungsakt als Missgriff, weil mit ihm das Böse in die Welt kam, und vermutet, dass Semael, der Erfinder des Bösen, dabei seine Hand im Spiel gehabt hat (V, 1280 f.). Dass Gott dieser fragwürdigen Schöpfung dann auch noch eine besondere Teilnahme entgegenbringt, halten die Engel für eine »majestätische Schrulle« und sind pikiert (IV, 47). Eines Tages hatte er gar von ihnen verlangt, »sich vor Adam, seiner Vernunft wegen und weil er alle Dinge bei Namen zu nennen wußte, zu verbeugen«, was sie nur gezwungenermaßen, »teils mit heimlichem Lächeln, teils mit zusammengezogenen Brauen«, taten. Semael aber weigerte sich, »vor dem aus Staub und Erde Gemachten« niederzusinken, und wurde daraufhin gestürzt (IV, 47).
Die Geschichte vom »Baum der Erkenntnis ›Gutes und Böses‹« und von Adams Sündenfall hält der Erzähler für eine fromme Konstruktion, für einen »wohlgemeinten, aber unzutreffenden Zusatz« zum »reinen Texte«, und zwar schon deshalb, weil Gott sich schwerlich die Blöße gegeben haben wird, ein Verbot zu erlassen, dessen Übertretung er ebenso sicher sein konnte wie der Schadenfreude seiner »englischen Umgebung« (IV, 45). Vor allem aber deshalb, weil jener fromme »Zusatz« den Vorgang, um den es hier geht, viel zu spät datiert. Denn »nicht am Anfange von Zeit und Raum wurde die Frucht vom Baume der Lust und des Todes gebrochen und gekostet«, sondern vorher (IV, 38). Es war die abenteuernde Seele (allegorice: der Lichtmensch ›adam qadmon‹), die die Frucht der Erkenntnis brach und Sehnsucht hatte, sich mit der Materie zu verbinden. Und diese Sehnsucht war, wie der ›reine Text‹, der ›Roman der Seele‹, lehrt, kein Gegenstand göttlichen Zorns, sondern ganz im Gegenteil ein Gegenstand göttlichen Mitleids, wenn nicht gar der Sympathie, denn Gott war der Seele ja sogleich zu Hilfe geeilt, indem er die »Todeswelt der Formen« erschaffen hatte, »damit die Seele ihre Lust daran finden könne« (IV, 45 f.). »Alles mit Ruhe betrachtet«, kann also »von einem Sündenfall der Seele oder des uranfänglichen Lichtmenschen nur bei starker moralischer Überspitzung die Rede sein« (IV, 45). Und von dem ersten, »aus Staub und Erde« gemachten Erdenmenschen Adam ist dabei überhaupt nicht oder nur insoweit die Rede, als er neben »Staub und Erde« eben auch Spuren jenes Lichtmenschen in sich trägt.
Für Jaakob und Joseph allerdings hat jener »Zusatz«, ungeachtet solcher diffizilen Unterscheidungen zwischen Adam und ›adam qadmon‹, Bestand und Geltung, so dass Adam, besonders in Fällen moralischer Bedrängnis, als Vergleichsinstanz heranzitiert wird, und zwar bevorzugt in seiner Rolle als Opfer der Versuchung. In Jaakobs von Todesfurcht getriebenem Redeschwall vor Eliphas etwa wird die Mutter Rebekka zur Verführerin und er selbst zum verführten Adam, der den Segensbetrug nie und nimmer gewollt habe, vielmehr ein Opfer sei »von des Weibes List, Adam, verführt von Heva, der Schlange Freundin!« (IV, 138). Und Joseph erscheinen die »verschwiegenen Wünsche der armen Mut als züngelnde Versuchung [...], zu erfahren, was Gut und Böse sei, und Adams Torheit zu wiederholen« (V, 1138 f.).
Wie es zuging, als Gott seinem ersten Erdenmenschen aus dessen Rippe die Gefährtin Eva schuf, wird im Zusammenhang mit Josephs Hochzeit erzählt (V, 1512).
Zu den Quellen, aus denen TM für den »Roman der Seele« geschöpft hat, vgl. adam qadmon. – Die Charakterisierung der Engel und ihrer Eifersucht auf den Menschen, die Geschichte von ihrem Kniefall vor Adam und dessen Fähigkeit, Begriffe zu bilden, stützen sich auf Gorion I (v.a. 75-78 und 254-256).
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adam qadmon
Hebräische Bezeichnung »des ersten oder des vollkommenen Menschen«, den eine »lange, auf wahrster Selbstempfindung des Menschen beruhende« und in die »Religionen, Prophetien und [...] Erkenntnislehren des Ostens, in Avesta, Islam, Manichäertum, Gnosis und Hellenistik« eingegangene »Denküberlieferung« als das »Urbild« des Menschen beschreibt (IV, 39). In ihm glaubt der Erzähler auf seiner Gedankenreise durch die ›Dünenkulissen‹ der Urgeschichte zu den Anfängen der Menschheit »das letzte ›Zurück‹« (IV, 42), den äußersten, noch hinter den biblischen Adam zurückreichenden Uranfang erreicht zu haben.
Dieser Urmensch, so berichtet die Überlieferung, ist »zu fassen als ein Jünglingswesen aus reinem Licht, geschaffen vor Weltbeginn als Urbild und Inbegriff der Menschheit, an welches sich wandelbare, doch im Entscheidenden übereinstimmende Lehren und Berichte knüpfen« (IV, 39).
Diesen Berichten zufolge war der Lichtmensch der »erkorene Streiter Gottes im Kampfe gegen das in die junge Schöpfung eindringende Böse gewesen«, habe sich dabei aber, von »Dämonen gefesselt«, in die materielle Welt verstrickt oder sich, was dasselbe besagt, auf eine ›Affäre‹ mit der Materie eingelassen, aus der er von einem »zweiten Abgesandten« Gottes habe befreit werden müssen. Dabei habe er »Teile seines Lichtes« zurückgelassen, die dann »zur Bildung der materiellen Welt und der Erdenmenschen mitbenutzt« worden seien. (IV, 39).
Nach einer zweiten, leicht abgewandelten Variante (die dem Erzähler noch mehr zusagt), geschah die Verstrickung des Lichtmenschen in die Materie nicht im Zusammenhang mit einem göttlichen Auftrag und wider Willen, sondern sei eine freiwillige »Sehnsuchtstat« des »Gotteskindes« gewesen, das »niederschauend sein Spiegelbild in der Materie erblickt« und es »liebgewonnen« habe und »so in die Bande der niederen Natur geraten« sei (IV, 39 f.). Daraus erkläre sich nach Auskunft der Überlieferung »die Doppelnatur des Menschen, welche die Merkmale göttlicher Herkunft und wesentlicher Freiheit mit schwerer Verfesselung in die niedere Welt unentwirrbar vereinige« (IV, 40).
Aus diesem »narzisstischen Bilde voll tragischer Anmut« gewinnt der Erzähler den Schlüssel zur Allegorese der überlieferten Geschichte: Der »vor Weltbeginn« geschaffene Lichtmensch ist eine Allegorie der Seele, der »Urmenschenseele«, der zweite Abgesandte, der zu seiner Rettung geschickt wird, eine Allegorie des Geistes, und die ganze Geschichte nichts anderes als die allegorische Fassung des ›Romans der Seele‹, der dann im weiteren kurz und bündig erzählt wird (IV, 40-44).
TM stützt sich hier ganz auf Schaeder, der aus diversen persischen (v.a. zoroastrischen und manichäischen) Quellen berichtet (Großes Bundahischn, Avesta u.a.). Der Aufsatz, aus dem TM teilweise wörtlich abgeschrieben hat, ist online verfügbar in der Digitalen Bibliothek der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle.
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Adama Adapa
Adapa (Adama)
Adapa oder Adama ist »nach einer babylonischen Vers- und Lügenkunde, die Joseph teilweise sogar auswendig wußte«, der erste Mensch. Er soll von Ea, dem babylonischen Gott der »Weisheit und der Wassertiefe«, erschaffen worden sein und den Göttern »als Bäcker und Mundschenk gedient haben«. Joseph aber weiß von dem ersten Menschen »Heiligeres und Genaueres« (IV, 18).
Über die babylonische Adapa-Legende fand TM Material bei Meissner (II, 188 f.), Jeremias I (41 f.) und Jeremias II (432), die »Lügenkunde« selbst bei Ungnad (128 ff.). – Auf die Ähnlichkeit der Namen Adapa und Adam weist Jeremias I (40) hin, Mereschkowski (181) auf die Ähnlichkeit der Geschichten beider. Auf beides spielt der Umstand an, dass Jaakob beim Schafehüten an »Adapa oder Adama im Paradiesesgarten« denkt, also Adapa offenkundig mit dem ersten Menschen seiner Überlieferung identifiziert (IV, 271).
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Adar
An einem mondhellen Frühlingsabend im Monat Adar beginnt der Erzähler seine Geschichte mit der Schilderung des jungen Joseph am Brunnenrand (IV, 59).
Der Adar ist der zwölfte Monat des religiösen Jahres und der sechste Monat des Kalenderjahres, er entspricht dem Februar/März. Ihm folgt der Nissan, für den Joseph dem Vater den ersehnten Regen voraussagt (IV, 113). – Vgl. dazu Susanne Galley: Das jüdische Jahr: Feste, Gedenk- und Feiertage, München 2003 (Becksche Reihe 1523), S. 22.
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Addu
Ähnlich wie ›Baal‹ eine allgemeine Bezeichnung des jeweils höchsten Gottes in Kanaan. Erzähler und Figuren verwenden den Begriff ›Addu‹, anders als ›Baal‹, ohne pejorativen Akzent (vgl. IV, 15, 75).
Nach Jeremias I (250) ist ›Addu‹ eine »besondere Ausprägung der Gestalt des summus deus«, die in den Amarnabriefen in allen Gebieten Kanaans verwendet wurde, im engeren Sinne eine Wettergottheit, »Repräsentation des Kreislaufs in seinen Wettererscheinungen«.
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Adina
Adina ist Labans Frau und Mutter von Lea und Rahel, »eine wenig bedeutende Matrone«, die bei Jaakobs Ankunft auf Labans Hof unscheinbar, freudlos und bitter wirkt (IV, 236). Das ändert sich, als sie in schon vorgerücktem Alter noch drei Söhne, Beor, Alub und Muras, gebärt (IV, 283), was nach fester Überzeugung des Erzählers mit dem Segen zu tun hat, den Jaakob über Labans Haus und Wirtschaft bringt (IV, 282): Nach den Geburten ist sie »jünger und weniger unscheinbar« anzusehen »und putzte sich eifrig mit Kopfbinden, Gürteln und Halsgehängen, die Laban für sie einhandelte zu Charran in der Stadt« (IV, 283).
Letzte Änderung: 09.04.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Adon (Adôn, Adoni, Adonai)
Das hebräische Wort Adon (»Herr«) wird von Erzähler und Figuren einerseits als allgemeine Bezeichnung für Gott, den »Adon des Himmels«, verwendet (IV, 50; vgl. auch IV, 71, 75, 435, 815 und V, 1273), andererseits als Bezeichnung oder Anrede hochgestellter Persönlichkeiten.
Joseph wird nach seinem Aufstieg in Ägypten von seinen Untergebenen, vom ägyptischen Volk wie auch von seinen nach Ägypten reisenden Brüdern »Adôn« genannt: »Es sei hier gleich hinzugefügt, daß dieser Name ihm, unter all seinen Titeln, besonders anhaften sollte, und daß er in ganz Ägyptenland zeit seines Lebens ›Adôn‹ genannt wurde, sowohl wenn man von ihm, als auch wenn man zu ihm sprach« (V, 1486). Unter den zahlreichen Ehrentiteln, die Echnatôn ihm bei der Amtseinsetzung und »Vergoldung« beilegt, finden sich auch die Titel »Adôn des königlichen Hauses« und »Adôn über ganz Ägyptenland« (V, 1490).
Als Gottesname taucht ›Adon‹ – neben der Pluralform Adonai (s.u.) – vor allem im Zusammenhang mit dem Tammuz-Adonis-Osiris-Mythos auf (vgl. Tammuz), besonders häufig im Kapitel »Der Adonishain« (IV, 440-459). Dort erscheint auch zweimal die Singular-Variante ›Adoni‹ (›mein Herr‹), beide Male mit Bezug auf Tammuz-Adonis (IV, 440, 445).
Anders als die Singularformen ›Adon‹ und ›Adoni‹ erscheint die Pluralform ›Adonai‹ (›großer Herr‹) ausschließlich als Gottesbezeichnung. Auch sie wird überwiegend im Zusammenhang des Tammuz-Adonis-Osiris-Mythos verwendet, gelegentlich auch regelrecht als Eigenname der speziellen Variante des Tammuz oder Adonis, der in Schekem verehrt wird: »Adonai, der zerrissene Sohn und Schäfer Malkisedeks und seiner Sichemiten« (IV, 131), ist der Hauptgott und »Bundesbaal« von Schekem.
Sogar ›Atôn‹, der Name des von Echnatôn wieder zur Geltung gebrachten (und weitergedachten) Sonnengottes Atum-Rê, wird in Beziehung zu Adon/Adonis gesetzt (V, 941; vgl. Adonis).
Vom dritten Teil an erscheint das Wort nahezu regelmäßig mit Zirkumflex (Adôn).
Über die unterschiedliche Verwendung des Begriffs fand TM Hinweise bei Benzinger (137, 287). – Vgl. auch J. Cornelis de Vos: Herr / Adonaj / Kyrios. In: WiBiLex; Henrik Pfeiffer: Gottesbezeichnungen / Gottesnamen. In: WiBiLex.
Letzte Änderung: 03.10.2008 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Adonis
Adonis, der schöne Jüngling, ist die syrisch-phönizische bzw. griechische Entsprechung des mesopotamisch-kanaanäischen Tammuz und des ägyptischen Usir (Osiris). Sein Name taucht zwar nur zweimal auf (IV, 71, 457), ist aber in den zahlreichen Bezugnahmen auf Tammuz und Osiris, mit denen er weitgehend identifiziert wird, stets gegenwärtig. »Er ist Tammuz, der Hirte, der da Adonis heißt, aber im Unterlande Usiri«, erklärt Joseph seinem Bruder Benjamin (IV, 457).
Die hebräische Gottesbezeichnung Adon (Adoni, Adonai), aus der TMs Quellen zufolge (z. B. Jeremias I, 385) der Name ›Adonis‹ abgeleitet ist, wird denn auch bevorzugt als Beiname des Tammuz und des Osiris verwendet, erscheint zudem häufig als Bestandteil fester Fügungen, so etwa in »Usir-Adonai« (IV, 32), in »Adon-Tammuz« (IV, 434) oder »Tammuz-Adoni« (IV, 440).
Auch in der Bezeichnung der Kultstätte des Tammuz-Kults in dem nahe Hebron gelegenen Myrten-Hain, dem »Adonishain«, den Joseph und Benjamin oft aufsuchen (IV, 440), sind Adonis und seine enge Verwandtschaft mit Tammuz präsent. Und die Variante des Tammuz-Mythos, die Joseph seinem kleinen Bruder dort erzählt (IV, 454-457), integriert Teile des griechischen und des syrisch-phönizischen Adonis-Mythos (aus dem der griechische abgeleitet ist).
Auf den syrisch-phönizischen Ursprung des Adonis-Mythos wird angespielt, wenn es von dem Stadtgott von Schekem heißt, dass er »eine Form des syrischen Schäfers und schönen Herrn, des Adonis und jenes Tammuz war, des blühenden Jünglings, den der Eber verstümmelte und den sie drunten im Unterlande Usiri, das Opfer, nannten« (IV, 71).
Auch Atôn, der Name des von Pharao Echnatôn wieder zur Geltung gebrachten (und weitergedachten) ägyptischen Sonnengottes Atum-Rê, wird auf den syrisch-phönizischen Adonis bezogen: Atum-Rê, so heißt es, sei in seiner »Ausdehnungslust« geneigt, »sich in Beziehung und in ein weltläufiges Einvernehmen zu setzen mit allen möglichen Sonnengöttern der Völker«. Er nenne sich – »mit eigentümlichem Anklang, der niemandem entging« – Atôn und nähere »damit seinen Namen dem Namen des vom Eber zerrissenen Jünglings an, um den die Flöte klagte in Asiens Hainen und Schluchten« (V, 941).
Die Geschichten von Tammuz, Adonis, Osiris (und – präfigurativ – Christus), insbesondere das in ihnen präsente Muster von Tod und Auferstehung, sind das ›mythische Schema‹, das der Roman der Geschichte Josephs unterlegt. Näheres bei Tammuz.
Die weitgehende Identifizierung von Tammuz, Adonis und Osiris (und Christus) fand Thomas Mann bei seinen Gewährsleuten vor, so etwa bei Jeremias I, der vor allem Tammuz und Adonis identifiziert (278 u.ö.), aber auch auf beider Nähe zu Osiris verweist (343, 385, 460 u.ö.). Ähnlich Mereschkowskij: »Tammuz – Adonis – Adonai, von Babylon bis Israel ist es immer der gleiche Hirtengott« (204). – Heute geht man davon aus, dass Adonis und Tammuz in der Tat (zumindest für Kanaan und Phönizien) gleichzusetzen sind. Vgl. J. Cornelis de Vos: Herr / Adonaj / Kyrios. In: WiBiLex.
Letzte Änderung: 23.08.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Adonisgärtchen Tammuz
Ahalibama
Eine von Esaus »chetitisch-kanaanitischen Frauen«, »Baalanbeterinnen, die er schon frühzeitig nach Beerscheba heimgeführt hatte und von denen Rebekka, Bethuels Tochter, zu sagen pflegte: ›Mich verdrießt es, zu leben vor den Töchtern Heth‹« (IV, 133). Die anderen Frauen Esaus sind Ada, Judith und Basnath (vgl. 188, 199).
Letzte Änderung: 06.09.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Akkad
Die akkadische Bezeichnung des nördlichen Babylonien begegnet im Roman nur in der Titulatur des babylonischen Herrschers Kurigalzu, »König von Schumir und Akkad« (IV, 10; IV, 343).
TM orientierte sich bei der Bezeichnung der babylonischen Landesteile (Sumer, Akkad) vermutlich an Meissner (I, 8).
Letzte Änderung: 05.06.2018 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Alaschia
Alaschia (Alašija) ist der babylonische Name für Zypern. Jaakobs Übernachtungsgast Jebsche weiß zu erzählen, »daß auf Zypern, welches er Alaschia nannte, die Pest herrsche und viele Menschen weggerafft habe« (IV, 76).
Bei Mut-em-enets »Damengesellschaft« (V, 1208-1227) schenkt Joseph nach dem Willen seiner Herrin zu dem Obst-Dessert, das den Damen zum Verhängnis wird, zyprischen Wein aus, »den Neunmalguten aus Alaschia« (V, 1216).
Vgl. Übersichtskarte.
Letzte Änderung: 03.10.2008 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Aldmodad
Einer von Jaakobs Hirten, dem ein Löwe zwei Lämmer der Herde gerissen hat. Da er es nachweisen kann, muss er es nicht, wie sonst üblich (vgl. IV, 659), beeiden (IV, 81).
Letzte Änderung: 26.07.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Alraune
In Jaakobs achtes Ehejahr »fiel das Vorkommnis mit den Dudaim« (IV, 327): Der achtjährige Ruben findet auf dem Feld eine Alraune. Er weiß von den zahlreichen zauberischen Wirkungen, die der Pflanze zugeschrieben werden. Besonders ihre Früchte, die Dudaim, sollen die Fruchtbarkeit der Frauen fördern. Er gräbt das »Zaubermännchen« aus, »fleischig-weiß, mit zwei Beinen, kinderhandgroß, bärtig und überall zäsrig behaart«, und bringt es mit Kraut und Früchten der Mutter Lea (IV, 329).
Die freut sich sehr über den Fund und vergilt dem Sohn die Gabe mit »Datteln in die Faust« und »Schmeichelworten«. Denn »Lea's Leib hielt Brache« seit der Geburt ihres Sohnes Juda. Das ist ihr großer Kummer, dem sie mit den Kräften der Alraune abzuhelfen hofft, auch wenn sie eigentlich überzeugt ist, sie nicht zu brauchen (IV, 326). Ihre Schwester Rahel bittet sie, ihr wenigstens einige der Dudaim zu überlassen, da Lea doch schon vier Kinder habe und sie selbst noch keines. Lea weigert sich, doch als Rahel ihr dafür eine Nacht mit Jaakob verspricht, überlässt sie der Schwester »mit wogender Brust« alles, »die Alraune, Kraut und Rübe, alles zusammen« (IV, 333). In der so erkauften Liebesnacht wird Leas einzige Tochter Dina gezeugt (IV, 334).
Der Zwerg Gottlieb in Potiphars Haus hat ein »Alraunengesicht« (IV, 796): »kindlich-greis, kleinfaltig, verhutzelt und alraunenhaft« (IV, 786).
Biblische Bezeichnungen: Liebesäpfel, Dudaim. – Abb.: Aus dem »Tractatus de herbis« des »Hortus sanitatis«, Straßburg 1497. Bildquelle: UB Salzburg.
Letzte Änderung: 28.01.2011 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Alte, Der Midianiter, Der alte
Alu
Ein Krankheit bringender Dämon in der mesopotamischen Mythologie. Adina legt ihrer schwangeren Tochter Rahel Salbenverbände nach alten Rezepturen auf und murmelt Formeln, die Alu und andere böse Geister vertreiben sollen: »Der böse Utukku, der böse Alu mögen beiseite treten; böser Totengeist, Labartu, Labaschu, Herzkrankheit, Bauchgrimmen, Kopfkrankheit, Zahnschmerz, Asakku, schwerer Namtaru, geht aus dem Hause, beim Himmel und bei der Erde sollt ihr beschworen sein!« (IV, 337).
Die Darstellung stützt sich auf Meissner (v.a. Band II, 199 ff. u.ö.). Adinas Beschwörungsformeln und die Zusammensetzung ihrer Salbe sind ebenfalls aus Meissner entnommen (vgl. II, 222 und 317). – Der böse Alu »stiehlt den Müden den Schlaf« (Meissner II, 200); vgl. auch Jeremias II (163 f., 410-417).
Letzte Änderung: 22.02.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Alub Beor, Alub und Muras
Amalek
Land und Volk südlich von Kanaan, westlich von Edom (V, 1817). Zwischen ihm und Kanaan herrscht »Todfeindschaft«, die Jaakobs Gott mit den kanaanäischen »Landesbaalen« teilt (IV, 396). Das »kamelzüchtende, mit Stammeszeichen bemalte Gelichter der südlichen Wüste« unternimmt Plünder- und Raubzüge gegen kanaanäische Siedlungen, an deren Abwehr Jaakobs Hofvolk sich schon mehrfach beteiligt hat (IV, 396).
Vgl. Karte von Kanaan. – Nach biblischer Überlieferung (Genesis 36,12) ist Amalek ein Sohn des Eliphas, also ein Enkel Esaus. Die Feindschaft zwischen Israel und den Amalekitern datiert nach Exodus 17,16 erst von dem Kampf mit Amalek in Refidim nach dem Auszug aus Ägypten, also sehr viel später als im Roman angenommen.
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Amathla Emtelai
Amenemhet
Der Pharao, der Abrahams schöne junge Gattin Sarai in seinen Harem aufnahm und Abraham, der sie aus Furcht als seine Schwester ausgegeben hatte, mit Gütern überhäufte, war nach Überzeugung des Erzählers Amenemhet oder Senwosret. Er glaubt auch zu wissen, welcher Art die »großen Plagen« waren, mit denen der junge Pharao von Abrahams Gott abgestraft wurde (Genesis 12,17): Als er Anstalten machte, »die Neuigkeit zu versuchen«, habe Gott ihn »mit Ohnmacht geschlagen«, und das nicht nur einmal, sondern wiederholt, und gleichzeitig sei seine ganze Umgebung, die »höchsten Würdenträger und Vorsteher des Reiches« mit demselben »schmählichen und – wenn man die höhere kosmische Bedeutung der Zeugungskraft in Betracht zieht – überaus erschreckenden Übel« bedacht worden. Nach Aufklärung der Hintergründe habe Amenemhet Abraham dann schließlich mit seiner »unversehrten Sarai« samt allen Geschenken ziehen lassen, und der Urvater habe sich eines »gelungenen Hirtenstreiches« freuen dürfen (IV, 125).
Die »Wahrheit« der Geschichte, so fügt der Erzähler (augenzwinkernd) hinzu, werde durch ihre zweifache Wiederholung am Hof des Philisterkönigs Abimelek »erhärtet« (IV, 125 f.).
Pharaonen mit Namen Amenemhet und Senwosret (d.i. Sesostris) bildeten die 12. Dynastie (um 2000 bis um 1800 v. Chr.); die Namen fand TM bei Erman/Ranke, die die 12. Dynastie auf die Jahre 2000-1788 v. Chr. datieren (659).
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Amenemuje
Josephs Vorgänger im Amt des Vorlesers in Potiphars Haus, dessen Ablösung Joseph mit einigem Zartgefühl behandelt, was Mont-kaw angenehm berührt (IV, 900). Auf Josephs Anregung wird Amenemuje zum »Vorsteher der Lustbarkeiten in Peteprê's Frauenhause« ernannt, »was ein sehr guter Posten war«, und bekommt zwei Festkleider geschenkt (V, 939). Außerdem geht Joseph zu dem Abgesetzten, zeigt sich betroffen von der Ablösung und schmeichelt seiner Eitelkeit, so dass »dieser Schreiber am Ende ganz gewonnen war und aufrichtig gern seine Absetzung vom Leseamt in den Kauf nahm, um dessentwillen, daß sein Nachfolger so reizend zu ihm gewesen war« (V, 938).
Letzte Änderung: 24.09.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Amenhotep III.
Der bei Josephs Ankunft in Ägypten herrschende Pharao wird im Roman mit zahlreichen Namensvarianten bezeichnet: Neb-ma-rê, Neb-ma-Rê-Amenhotep, Amenhotep-Nebmarê, Neb-ma-rê-Amenhotpe, Neb-ma-rê-Amun-hotpe-Nimmuria und Amun-ist-zufrieden.
Amenhotep III. ist Echnatôns Vater, Gatte der ›Großen Gemahlin‹ Teje, Sohn Tutmoses IV. und der mitannischen Prinzessin Mutemweje, einer mitannischen Prinzessin (V, 971). Sein Name, Neb-ma-Rê-Amenhotep, bedeutet »Herr der Wahrheit ist Rê« und »Amun ist zufrieden«, und der »syrische Zusatz ›Nimmuria‹« trägt die Bedeutung »Er geht zu seinem Schicksal« (IV, 682).
Pharao »war dick und untersetzt«, wie Joseph, der ihn bei verschiedenen Festen einige Male zu Gesicht bekommt, feststellt, und »die Farbe seines Antlitzes war nicht die Beste« (V, 969). Er leidet am »Zahnwurm«, weil er zuviel Zuckerwerk nascht, und muss so manchen Staatsempfang mit dicker Backe absolvieren (V, 970). In Josephs zweitem Jahr in Ägypten begeht er sein dreißigjähriges Regierungsjubiläum, das mit dem Hebsed-Fest gefeiert wird (V, 970-977). Bei der prunkvollen Ausfahrt des Königs zu diesem Anlass erblickt Joseph den Pharao erneut und findet ihn »schon ziemlich greis, man sah es an seinem Munde, der einfiel, an dem mühsamen Blick seiner Augen und an seinem Rücken, der unter dem lotusweißen Linnen des Obergewandes etwas gekrümmt erschien« (V, 974).
Das mindert den Prunk des Schauspiels nicht, das ausgiebig beschrieben wird (V, 974-977). Pharao selbst ist prachtvoll angetan und geschmückt, und sein Haupt bedeckt »bis hinter die Ohren und bis in den Nacken die blaue Tiare«, an deren Stirnseite »aufgerichtet und in Emaillefarben schimmernd die giftige Blähschlange«, der Uräus, steht, »der Abwehrzauber des Rê« (V, 974 f.).
Bei dieser Gelegenheit sieht Joseph auch Echnatôn zum ersten Mal. Der künftige Amenhotep IV., der sich später Ech-n-atôn nennen wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch ein Knabe von acht oder neun Jahren, der seinem Vater, in einem eigenen vergoldeten Wagen stehend, folgt und vom Volk als der »Knabe Hor in der Locke« bejubelt wird (V, 975 f.).
Seit dem Hebsed-Fest nimmt Amenhoteps Gesundheit stark ab, was seinen mitannischen Schwager Tuschratta (dessen Schwester Giluchipa eine Nebengemahlin Amenhoteps III. ist) veranlasst, ihm ein heilbringendes Bild der Ischtar zu senden, das aber kaum Wirkung tut (V, 971).
In dieser Zeit heckt eine von Pharaos Nebenfrauen einen Anschlag auf sein Leben aus, um bei einer anschließenden Palastrevolution ihren Sohn, Noferka-Ptach, auf den Thron zu bringen (V, 1347-1352). Ihr mythisches Vorbild ist die Geschichte von Isis und Rê (vgl. Eset). Die Verschwörung, obwohl sie also »von bestem Vorbilde eingegeben war«, schlägt fehl, die zweite Isis wird kurzerhand erwürgt, und die insgesamt 72 Verschwörer, unter denen sich »eine Reihe von wirklichen Herzensfreunden des Gottes« befinden, werden »unter der Gesamtbezeichnung ›Abscheu des Landes‹« in Haft genommen (V, 1352). Unter den Verhafteten befinden sich auch Mersu-Rê, Pharaos Oberster Bäcker, und Nefer-em-Wêse, Pharaos Obermundschenk, (V, 1334), denen Joseph, der zu dieser Zeit schon in seiner zweiten ›Grube‹, im Gefängnis von Zawi-Rê, liegt, aufwarten muss (V, 1335).
Unter den politischen Leistungen Amenhoteps hebt der Erzähler die Trennung von staatlichen und geistlichen Ämtern hervor: Um die Macht der Priesterschaft des Amun zu schwächen, habe er sich »bewogen gesehen, die geistliche von der bürgerlichen Gewalt zu trennen und weltliche Männer als Wesire des Südens und Nordens einzusetzen« (V, 1376).
Nach vierzig Regierungsjahren stirbt Amenhotep III. (V, 1362) und wird mit großem Prunk begraben (V, 1362 f.). Seine Gemahlin Teje übernimmt die Regentschaft für die nach angemessener Trauerzeit jauchzend bejubelte »Folgesonne« Amenhotep IV., denn Echnaton ist zu diesem Zeitpunkt, »wenn man recht gezählt hatte«, erst fünfzehn Jahre alt (V, 1363).
Ganz recht scheint man nicht gezählt zu haben, denn wenn Echnaton beim Hebsed-Fest, dem dreißigjährigen Thronjubiläum seines Vaters, acht oder neun Jahre alt war (V, 975), müsste er bei dessen Tod im 40. Regierungsjahr (V, 1362) schon 18 oder 19 Jahre alt sein.
Die Beschreibung der äußeren Erscheinung Amenhoteps III. (Amenophis III.) folgt vermutlich Schäfer, dem zufolge »wir wissen, daß der Vater Echnatôns ein fetter, untersetzter Mann gewesen ist« (Text zu Tafel 8 im Abbildungsteil). – Auch die Aussagen über das Aussehen des gealterten Königs dürften sich auf Schäfer stützen, der die hier farbig (bei Schäfer monochrom) abgebildete Kalksteintafel mit folgendem Kommentar versieht: »Wir sehen einen Greis mit müde geneigtem Haupte, zusammengesunkenem Körper und schlaff über das Knie hängender Hand« (Text zu Tafel 7 im Abbildungsteil). – Von dem (an der Mumie des Königs festgestellten) Zahnleiden des Königs berichtet Wiedemann (33), über seine Regierungszeit und Bautätigkeit Steindorff I (80-82).
Die Darstellung des Hebsed-Festes stützt sich vermutlich auf Erman/Ranke (70-72), ebenso die Beschreibung der Ausfahrt des Königs (vgl. den hier verfügbaren Auszug aus Erman/Ranke, 68 f.). – Von Tuschrattas Sendung eines Ischtar-Bildes berichtet Meissner (II, 126).
Abb.: Amenophis III. und Teje. Kalksteintafel aus der Amarnazeit.
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Amenhotep IV. Echnâton
Amente, Der Hund von
Das gräßliche Tier, das beim Totengericht darauf wartet, diejenigen Toten, die das Gericht nicht überstehen, zu fressen, wird im Roman »Hund von Amente« genannt (V, 1298, 1449, 1451).
Es handelt sich um die in ägyptischen Totenbüchern meist als Mischwesen aus Krokodil, Löwe und Flusspferd dargestellte ›Totenfresserin‹ Ammit (Ammut). Vgl. Abbildungen und Erläuterungen zum Totengericht.
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Ammon
Das Land der Ammoniter liegt östlich des Toten Meeres und nördlich von Moab. Es ist benannt nach seinem Stammvater Ammon, einem der Söhne, die Lot nach der Zerstörung von Sodom und Gomorra mit seinen Töchtern gezeugt hatte (IV, 118). – Wie die Moabiter, Edomiter und die Nachfahren Abrahams zählen die Ammoniter zu den Ebräern (IV, 118). Abrahams »geistige Sippschaft« beansprucht indes den Stammesnamen für sich »in einem besonderen und engeren Sinne« (IV, 130), weil »Verheißung und Vertrag« nach ihrer Überzeugung »nicht allen Kindern Ebers«, sondern nur ihr zuteil geworden sind (IV, 118). Deshalb betrachtet sie Moab und Ammon als Länder der »Ausgestoßenen« (IV, 365), und auch Edom, das »Bocksland« mit dem ›Ziegengebirge‹ Seïr, wird zur Heimat eines Ausgestoßenen, um den Segen Betrogenen, Esaus.
Vgl. Karte von Kanaan. – Biblischer Name: Ben-Ammi und Ammon.
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Ammun Amun
Amor Amurru (Anm.)
Amoriter Amurru
Amorra Sodom und Gomorra
Amphiel
Der Engel aus Josephs großem Himmelstraum erscheint zunächst in der Gestalt eines Adlers, der, »wie ein Stier so groß und mit Hörnern des Stiers an der Stirn« (IV, 460), den Erwählten in seinen Fängen in den höchsten Himmel bringt. Dort angekommen, verwandelt er sich in einen Cherub von menschlicher Gestalt, »bis zum Gürtel nackt, in einem goldenen Rock bis zu den Knöcheln, mit Armspangen und Halsschmuck und einem runden Helm auf dem Haar, und die Spitzen seiner Fittiche berührten seine Fersen.« (IV, 464)
Die Figur hat ihren Namen aus der Geschichte von Henochs Entrückung (vgl. Gorion I, 297; in dem hier verfügbaren Ausschnitt Z. 84), während die Adlergestalt und Teile des Dialogs mit Joseph auf den Mythos von Etanas Himmelfahrt verweisen (vgl. Fischer 407 f.; Jeremias II, 432 f.; Ungnad, 132-139). Die Stier-Motivik und die äußere Erscheinung Amphiels als Cherub sind vermutlich den Bildvorstellungen von Cheruben und Genien geschuldet, die TM aus Jeremias II und Benzinger kannte (vgl. die Abbildungen bei Cherub). Der runde Helm schließlich mag auf Hermes anspielen.
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Amraphel Chammuragasch
Amun (Amun-Rê, Ammun)
Als Joseph hört, dass ihn die Midianiter nach No-Amun (Theben), der Stadt Amuns, bringen werden, fürchtet er sich ein wenig, woran besonders der Name Amuns schuld ist, »dieser gewaltige Name, geladen mit Einschüchterung für jedermann, gebieterisch auftretend auch dort, wo der Gott fremd war« (IV, 686). Denn Amun, soviel weiß er schon, ist der »König der Götter«, der Größte, wenn auch nur »in den Augen der Kinder Ägyptens« (IV, 687). Der alte Midianiter, der seine Größe an der »Zehrung« misst, die ihm ausgesetzt wird, nennt ihn einen »Gott sondergleichen« (ebd.).
Amun-Rê ist der »Reichsgott« Ägyptens. In der Königsstadt Theben sind ihm zwei imposante Tempelanlagen geweiht: Epet-Esowet in Karnak im Nordosten und das »Südliche Frauenhaus« im Süden. Seine Priesterschaft, angeführt vom »Ersten Propheten« des Gottes Beknechons (V, 945), bildet eine starke politische Macht, die sogar eine eigene Tempeltruppe unterhält, wie Joseph gleich bei seiner Ankunft in Theben mit Missfallen bemerkt (IV, 777 f.). Wenig später wird er erfahren, dass die Priesterschaft auf die Absetzung der regierenden Dynastie und die Einrichtung eines theokratischen Gottesstaates hinarbeitet (V, 957 f.): Es ist Amuns »geheimes Vorhaben, die Doppelkrone mit seinem Feder-Kopfputz zu vereinigen und selbst die Dynastie zu stellen« (V, 1379).
Die Machtansprüche des »schweren Kollegiums von Karnak« sind nicht neu, und ihre Abwehr ist ein »königliches Erbgeschäft alter Tage«, mit dem schon Tutmose IV. beschäftigt war (V, 1376). Wie er suchen auch sein Sohn Amenhotep III. und sein Enkel Echnatôn der Macht des Amun mit einer Stärkung des alten Sonnengottes Atum-Rê-Horachte bzw. dessen erneuerter Form Atôn zu begegnen, um »Amun-Rê aus seiner gewalttätigen Verbindung mit der Sonne, der er seine Allgemeingültigkeit verdankte, zu lösen und seine Übermacht auf den Rang einer Lokalgröße, des Stadtgottes von Wêset zurückzuführen, der er vor jenem politischen Schachzug gewesen war« (V, 1376).
Denn Amuns Macht beruht auf einer »eigenmächtige[n] Selbstgleichsetzung« mit dem Sonnengott, durch die er sich, wie die verbitterten Priester von Per-Sopd feststellen, »völkische Urtümlichkeit« angeeignet habe, obwohl er »in dem Verdachte stehe, nubischer Herkunft und ursprünglich ein Gott des elenden Kusch zu sein« (IV, 725).
Auch den alten Erntegott Min, der an verschiedenen Orten als »Sonderform höchster Sonnenkraft« verehrt wird, hat Amun sich ›einverleibt‹. Von ihm hat er den Kopfputz »hoch an Federn« übernommen (V, 1183).
Das Bildnis des Gottes in der »heiligste[n] Dunkelkammer« des Tempels von Karnak ist »ein eigentümlich unförmiges Hockepüppchen«, das »heilig versteckt in seiner verschleierten Kapelle« auf einer »widderkopfgeschmückten Barke« sitzt. Beim Neujahrsfest wird die Barke »auf langen Schulterstangen von vierundzwanzig Blankschädeln in gestärkten Überschürzen« ans Licht getragen und zusammen mit den Barken der Gattin Amuns Mut und beider Sohn Chonsu in feierlicher Prozession zum ›Südlichen Frauenhaus‹ gebracht (V, 1245).
Die weltläufige Priesterschaft des alten Sonnengottes Atum-Rê-Horachte zu On geht mit Amuns Usurpationen gelassener und scharfsinniger um als die vergrämten Priester von Per-Sopd. In ihren Augen ist Amuns Vereinigungsstreben ein plumpes, geistloses Machtgebaren und theologisch völlig indiskutabel. Schon gar nichts habe es mit der zu On gepflegten ›Theologie der Zusammenschau‹, der (monotheistischen) ›Wissenschaft vom Dreieck‹ (vgl. Atum-Rê-Horachte) zu tun, denn es »geschehe nicht im Geiste des Dreiecks und der Versöhnung«, sondern »vielmehr in dem Sinn, als ob Amun den Rê besiegt und verzehrt« habe, – eine »brutale Handhabung der Lehre« und »engstirnige Anmaßung« (IV, 736).
Mit der Weltoffenheit und Toleranz des »Horizontbewohners« Atum-Rê-Horachte, mit seinem ›heiter-lehrhaften‹ und ›beweglichen Sonnensinn‹ (V, 941) hat Amun denn auch nichts gemein. Ihm fehle, so die Sonnenpriester zu On, »jede spekulative Anlage«, und sein Horizont sei »in der Tat so eng [...], daß er nicht nur nichts kenne und wisse als Ägyptenland, sondern auch hier wieder, statt gelten zu lassen, nichts könne als verzehren und einverleiben, indem er sozusagen nicht über seine eigene Nase hinaussehe« (IV, 736).
Amun-Rê »war von allem, was Atum-Rê war, das Gegenteil. Er war starr und streng, ein verbietender Feind jeder ins Allgemeine ausschauenden Spekulation, unhold dem Ausland und unbeweglich beim nicht zu erörternden Völkerbrauch, beim heilig Angestammten verharrend – und dieses alles, obgleich er viel jünger war als der zu On, also, daß hier das Uralte sich als beweglich und weltfroh, das Neuere aber sich als unbeugsam bewahrend erwies, eine konfuse Stellung der Umstände« (V, 942).
Amun will die Welt »eins machen [...] in der Dienstbarkeit starren Schreckens«, resümiert Echnatôn. Atôn dagegen wolle »seine Kinder vereinigen in Freude und Zärtlichkeit« (V, 1450).
Zum Zeichen, »daß Atum-Rê aufgegangen sei in Amun«, trägt Beknechons das Leopardenfell, das eigentlich nur dem »Ersten Propheten des Atum-Rê zu On« zusteht (V, 947 f.). Eine ähnliche Anmaßung ist in Bezeichnung und Kleidung der Damen vom ›Hathoren-Orden‹ in Amuns ›Südlichem Frauenhause‹ enthalten, die sich ›Hathoren‹ nennen und bei ihren Auftritten den Kopfputz der Hathor tragen. Sie folgen darin Amuns Gattin Mut, die es ihrem Gatten gleichtut und sich mit Atum-Rês Gattin, »der bezwingenden Hathor« gleichsetzt (V, 945 f.).
Joseph, für den Amun »nur ein Götze« ist (V, 948), neigt stark der Sicht der Sonnenpriester von On zu. Er hält den Amunskult für abstoßend rückständig, zumal er gehört hat, dass Amun nicht nur als Widder dargestellt wird, wie die vom ›Südlichen Frauenhaus‹ zum Amun-Tempel in Karnak führende »Widder-Sphinxallee« anzeigt (IV, 772), sondern auch im »greuliche[n] Bocksgau«, in Djedet (V, 1293), ein Schafbock als seine ›lebende Wiederholung‹ verehrt wird, Bindidi, dem beim alljährlichen ›Bespringungsfest‹ eine Jungfrau zugeführt wird (IV, 687 f.). Für Joseph ist dieser Brauch, von dem ihm schon der Vater erzählt hatte (IV, 97), nicht »ehrwürdig«, wie der alte Midianiter behauptet, sondern »einfach bloß überständig« und »verrottet«, ein »Greuel vor Gott und ein Unflat« (IV, 688).
Die durch den Dienst an Atum-Rê bzw. Atôn geprägte weltoffen-tolerante Gesinnung des Hofes, die auch das Hauswesen des »Wedelträgers zur Rechten des Königs« Potiphar prägt, begünstigt Josephs Karriere in dessen Haus (V, 940 f.). Amun dagegen, in der Gestalt seines ›Ersten Propheten‹ Beknechons, »blickt scheel auf Joseph« (V, 937). In Potiphars Haus hat er seinen »Stützpunkt hauptsächlich im Frauenhause« (IV, 831), denn Mut-em-enet gehört dem Hathoren-Orden an und Beknechons geht bei ihr ein und aus (V, 945 f.).
Die Charakterisierung Amuns stützt sich vor allem auf Erman (104-108, vgl. auch das Kapitel über die ›Ketzerzeit‹ genannte Regierungszeit Amenhoteps III. und Echnatôns, 109-130). – Die sodomitische Geschichte von Bindidi hat TM von Mereschkowskij (45). Sie beruht, wie Assmann II (92-97) betont, auf Fehldeutungen seines Gewährsmannes Herodot (94).
Die nachdrückliche Betonung der totalitären Tendenzen der Amuns-Priesterschaft, ihrer engstirnig nationalistischen und rückständigen Gesinnung legt nahe, ihre Charakterisierung als Anspielung auf den Nationalsozialismus wie auch umgekehrt die ihrer aufgeklärten, weltoffenen Gegenspieler in On als Anspielung auf die westlichen Demokratien zu lesen.
Abb.: (1) Die Dreiheit von Theben. Ausschnitt aus dem ›Papyrus Harris‹. – (2) Die Barke des Amun im Totentempel Sethos I. in Abydos – (3) Bronzefigur des Amun (18. Dynastie)..
Letzte Änderung: 17.05.2018 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Amun-ist-zufrieden Amenhotep III.
Amurru (Amoriter)
Die Amurru oder Amoriter sind die Bewohner des ›Westlandes‹, namentlich Kanaans (IV, 12), das deshalb häufig »Amurruland« oder »Amoriterland« genannt wird (IV, 13, 17 u.ö.). Auch Joseph ist ein »Amurru-Knabe« (IV, 24). Lange vor Josephs Zeit, ja schon vor Hammurabis Zeit sind Amoriter nach Mesopotamien gewandert (IV, 132).
Zu Josephs Zeit gilt in Ägypten alles Kanaanäische als besonders fein. Deshalb lässt Potiphar sein Vieh aus Amoriterland kommen, was der Erzähler »angesichts des liebenswerten einheimischen Rinderschlages mit den Leierhörnern« für eine »modische Verschrobenheit« hält (IV, 833).
TM orientiert sich mit seiner Begriffsverwendung an Jeremias I (180, 202, 241 u.ö.). Danach verweist die aus dem Akkadischen stammende Bezeichnung ›Amurru‹ (Jeremias I, 180) auf die babylonische Perspektive des Namens: Die im 3. Jahrtausend aus dem ›Westland‹ ins Zweistromland eingewanderten Amoriter gründeten die erste babylonische Dynastie, zu deren prominentesten Vertretern Hammurabi gehörte (Jeremias I, 183 f.). – Der von TM einige Male (IV, 183, 834; V, 1817) verwendete Landesname ›Emor‹ mit der Bedeutung ›Amoriterland‹ folgt Erman/Ranke (613), die dafür halten, dass nur das nördliche Palästina ›Amoriterland‹, das südliche Palästina dagegen ›Kanaan‹ genannt wurde; gelegentlich wird auch die Namensform »Amor« verwendet (IV, 699, 723; V, 1476). Mit den Bezeichnungen »Amoriterland« oder »Amurruland« sind im Roman aber immer beide Landesteile und sogar bevorzugt der kanaanitische gemeint (vgl. z.B. IV, 12, 24, 229, 249, 312 f.). – Vgl. auch die Anmerkungen zu Kanaan.
Letzte Änderung: 03.10.2008 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Anchsenpaatôn
Dritte Tochter Echnatôns und Nofertitis (V, 1694).
Nach TMs Gewährsmann Weigall (61) wird sie noch in Theben, kurz vor der Übersiedelung Echnatôns in seine neue Hauptstadt, Achet-Atôn, geboren. Die sechs Töchter Echnatons sind neben Anchsenpaatôn (Anchesenpaaton) Merytatôn (Meritaton), Meketatôn (Maketaton), Nefernefruatôn (Neferneferuaton), Nefernefrurê (Neferneferure) und Setepenre (letztere wird im Roman nicht erwähnt). – Dass Echnaton mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einen Sohn hatte, Tutanchamun, wusste man zur Entstehungszeit des Romans noch nicht.
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Anu
Der oberste Himmelsgott und »Götterkönig« (V, 1296) des sumerisch-babylonischen Pantheon wird im Roman vornehmlich im Zusammenhang mit dem Gilgamesch-Epos erwähnt, in dem erzählt wird, wie er, dem Rachewunsch der Ischtar entsprechend, den »feuerschnaubenden Himmelsstier« sandte (V, 1133; IV, 298).
Laban und seine Söhne nennen ihn, meist zusammen mit Ellil, in formelhaften Anrufungen (IV, 353, 359). Josephs Brüder bestellen neben El eljon, dem Gott ihrer Väter, zur Sicherheit auch noch »Anu von Uruk«, Ellil, Sin und einige kanaanäische Landesbaale zu »Eideshelfern« bei ihrem Schwur, über ihre Tat an Joseph zu schweigen (IV, 628).
Über das sumerisch-babylonische Pantheon orientierte TM sich vornehmlich bei Meissner (II, 4-51) und Jeremias II (348-391). – Die Wendung »Anu von Uruk« verweist auf den Hauptkultort des Gottes (Meissner II, 4).
Letzte Änderung: 06.06.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Anubis Anup
Anunnaki
Joseph verwendet den Begriff ähnlich wie den Begriff Baale als Sammelbegriff für alle Gottheiten Mesopotamiens (IV, 100).
Nach Meissner (II, 41) sind die Anunnaki alle Götter der Erde, des Wassers und der Unterwelt im Unterschied zu den Himmelsgöttern, den Igigi.
Letzte Änderung: 23.02.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Anup
Der ägyptische Totengott, Führer in die Unterwelt und Totenwächter Anubis, dargestellt als Schakal oder Hund oder als Menschengestalt mit Hunds- oder Schakalskopf, ist ein Verwandter des griechischen Hermes und eine der zahlreichen Hermesgestalten des Romans. Ihm geht allerdings viel von dem Witz und den Reizen ab, die dem »Herrn der Stückchen« (V, 1429), dem »Schalksgott« und »diebsschlauen Weltkind« eigen sind (V, 1471). Zwar hat er eine schöne Gestalt und schlanke Läuferbeine, aber der hässliche Hundskopf verdirbt alles (IV, 288 f.), und das »Stückchen«, das er immerhin auch zu erzählen weiß (s.u.), ist »unflätig« (IV, 293).
Für Jaakob ist Anup ein abstoßendes »beizendes Tier der Wüste, ein Hundsknabe mit schönem Bein« (V, 1793). Er begegnet dem Hundsköpfigen auf seiner Reise nach Charran zu seinem Onkel Laban, nachdem er bei Damaschki den »Westpunkt der Wende« erreicht hat, von dem aus es »in der Welt Höllenunteres« geht, in die Wüste, die er »mit Furcht und Abscheu« erblickt. Da läuft ihm einige Zeit ein Schakal voraus, »lang, spitzohrig und schmutziggelb, die Rute waagerecht ausgestreckt, eines traurigen Gottes Tier, eine anrüchige Larve.« Das Tier verbreitet einen »beizende[n] Dunst«, wendet zuweilen seinen Kopf nach Jaakob und lässt »ein kurzes Lachen« hören (IV, 221).
Sieben Jahre später, kurz vor seiner Hochzeit, hat er einen Traum, in dem er erneut durch die Wüste reitet und abermals einem Schakal begegnet, der vor ihm her trabt und sein eigentümliches Lachen hören lässt, sich dann aber in eine Menschengestalt mit einem Hundskopf verwandelt, die auf einem Stein dasitzt wie der Hermes des Lysippos (vgl. Abb. 2). Aber an den Schultern »begannen dem Gotte Haare zu wachsen und wurden zum lehmgelben Pelz des Hundskopfes [...], der ihm anstand, wie eben ein blödes Haupt einem stattlichen Körper ansteht: entwertend und traurig, so daß dies alles, Bein und Brust, nur lieblich gewesen wäre, es aber mit diesem Haupte nicht war« (IV, 288 f.). Jaakob erkennt ihn sofort: »Du bist Anup, der Führer und Öffner der Wege, ich weiß es« (IV, 289).
Jaakob weiß noch mehr, denn das ›Stückchen‹, das er sich im Traum von Anup erzählen lässt, ist die Geschichte von der vertauschten Braut, die ihm selbst unmittelbar bevorsteht: Anup erzählt ihm die Geschichte seiner Zeugung, die das Ergebnis einer Verwechslung war. Usir (Osiris) zeugte ihn »aus Versehen« mit Nebthot (Nephthys), seiner Schwester und Gattin seines ›roten Bruders‹ Set (IV, 289-291). Jaakob findet die Geschichte, ihre Fortsetzung zumal (IV, 292 f.), abscheulich, und der Traum »verwischte sich ihm bald« (IV, 293). Später aber wird ihm die falsche Braut Lea ›hundsköpfig‹ vorkommen (IV, 357). Auch die oben zitierte Bemerkung über das Missverhältnis zwischen einem schönen Körper und ›blöden Haupt‹ korrespondiert mit einer sehr ähnlichen Bemerkung des Erzählers über Lea (vgl. IV, 237). Dass dagegen auf Josephs schönem Jünglingskörper keineswegs ein »Hundskopf, sondern etwas sehr Gewinnendes, mit annähernd göttlichem Menschenmund Lächelndes sitzt«, wird eigens vermerkt (IV, 395).
Auf Anups Aufgabe, die Mumifizierung der Toten zu überwachen oder auch selbst vorzunehmen, spielt Potiphars Mutter, die alte Tuij, an, wenn sie gegen ihren Brudergatten Huij Verwunderung äußert darüber, dass sie immer noch am Leben sind, statt schon längst mumifiziert und »mit hochragenden Füßen« auf »Löwenschragen« im Tempel zu ruhen, »und über uns beugt sich Anup mit spitzen Ohren« (IV, 859). Wenig später kommen die beiden Alten auch auf das Totengericht zu sprechen, bei dem Anup als Führer des Toten und als Aufseher der Waage agiert (IV, 860 f.). – Beim Ritual der Mundöffnung, das Joseph sich vom Bäckermeister Bata in Menfe erklären lässt, fällt Anup (bzw. einem Priester in Hundsmaske) die Aufgabe zu, die Mumie aufrecht zu halten (IV, 758 f.; V, 988).
Auf der Reise nach Ägypten, als die Karawane des alten Midianiters in der Wüste bei Menfe in der Nähe der großen Sphinx ihr Lager aufschlägt und Joseph zu nächtlicher Stunde noch einmal vor die Sphinx tritt, heulen von ferne Schakale (IV, 744). – Auch während des unterweltlichen Liebeszaubers, den Tabubu, die Kuschitin, für Mut-em-enet veranstaltet, hört man »aus der gebleichten Wüste des Ostens das Heulen von Schakalen« (V, 1232).
Bei öffentlichen Anlässen tragen die Pharaonen einen Schakalschwanz, ein tierisches »Attribut, das aus irgendwelchen vergessenen, aber im Dunkel aufbewahrten und heiliggehaltenen Ur-Gründen zum altstrengsten Ornat des Königs gehörte«. Dem jungen Echnatôn verursacht das Tragen des Schwanzes Übelkeit (V, 1375). Nicht verwunderlich, dass Anup neben Amun, Usir, Eset, Chnum, Thot, Set und Ptach zu den Göttern gehört, deren Gedächtnis er ausradieren möchte (V, 1812).
In dem Märchen von den zwei Brüdern, das Mai-Sachme bei Josephs Ankunft im Gefängnis bruchstückhaft erzählt (V, 1313 f.), heißt einer der Brüder Anup (V, 1313 f.). Das Verhältnis der Figur zum Totengott bleibt offen.
Abb.: (1) Blatt aus dem Totenbuch des Schreibers Hunefer (Ausschnitt). – (2) ›Ruhender Hermes‹. Bronze nach Lysippos aus Herculaneum. – (3) Wandbild aus dem Grab des Sennedjem in Deir el-Medina (13. Jh. v. Chr.).
Letzte Änderung: 08.08.2013 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Arabia
Arabia ist der griechische Name des 20. unterägyptischen Gaus mit dem Hauptort Per-Sopd. In ihm liegt auch die Landschaft Gosen, in der Joseph seinen Vater und seine Brüder ansiedelt (IV, 720; V, 1585,1690).
Vgl. Karte von Ägypten. – Per-Sopd (arab. Saft el-Henneh, Saft el-Henna oder Saft el-Hinna; griech. Phakusa) ist der Sitz des Gaugottes Sopdu.
Letzte Änderung: 22.02.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Araboth
Der höchste der sieben Himmel, die Joseph in seinem Himmelstraum (IV, 459-468) in den Fängen des Adlers und Engels Amphiel durchfliegt. Hier, am »Siebenten Söller« endet seine Himmelsreise, denn Araboth, der Sitz des Herrn, war deren Ziel. Amphiel setzt ihn auf dem Boden ab, der »licht und weich« ist und sich so ›hold‹ anfühlt, »daß es ganz durch mich aufstieg bis in die Augen und ich weinte«. Joseph sieht es »schimmern von Waffen und Fittichen bis in alle Weite und unendliche Scharen, gelagert um ihre Feldzeichen und singend aus voller Kehle das Lob und den Krieg, und schwamm alles vor mir dahin wie Milch, Gold und Rosen« (IV, 464 f.).
In der Mitte des Araboth ist ein Berg, auf dem ein »aus dem Lichte des Saphirs« errichteter Palast steht, dessen »Säle waren voll von Boten, Wächtern und Waltern«. Er zieht mit seinem Führer und zahlreichen Engeln als Gefolge in den »Säulensaal der Mitte« ein und wird, vorbei an einem Spalier von Cherubim, zum »Stuhl der Herrlichkeit« geführt, der von Seraphim umdrängt wird, »die deckten mit zwei Flügeln ihre Füße und mit zweien ihr Antlitz, aber sie lugten etwas hindurch durch das Gefieder«. Joseph tut es ihnen nach, schlägt die Hände vor die Augen und sieht »zwischen den Fingern hindurch« Gott »im Saphirlicht auf dem Stuhl« sitzen »in vertraulicher Majestät«. Er trägt die Züge Jaakobs, des Vaters (IV, 465). Hier nun geschieht die unerhörte Erhöhung des Menschenkindes zum Metatron und ›Kleinen Gott‹ (IV, 466-468).
Die jüdische Lehre von den sieben Himmeln, wonach Araboth der siebente und höchste Himmel ist, fand TM bei Gorion I (38 ff.; vgl. hier den Auszug aus Gorion I, IV). – Vgl. auch die übrigen namentlich erwähnten Himmel Rakia, Schejakim und Sebul. – Josephs Traum ist Wiederholung der Geschichte von Henochs Entrückung und Erhöhung, die in den apokryphen Henoch-Schriften erzählt wird. TM kannte sie aus Gorion I (293-308; vgl. den hier verfügbaren Auszug).
Letzte Änderung: 21.03.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Aralla
»Aralla« ist das »Reich der Toten«, die Unterwelt (V, 1295).
Das vermutlich assyrische Wort wird nur an einer Stelle verwendet zusammen mit anderen Bezeichnungen der Unterwelt aus dem Umfeld des Tammuz-Mythos (Etura, Bôr). – Thomas Manns Gewährsleute schreiben »Arallu« (Jeremias I, 523, 568), »Arallû« (Meissner II, 143), oder »Aralû« (Jeremias II, 130).
Letzte Änderung: 01.09.2010 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Aram, Aram Naharaim Naharina
Arbath
Das »Mägdlein Arbath« ist Benjamins, des jüngsten Jaakobsohns, zweite Frau, mit der Jaakob ihn bald nach der Hochzeit mit der ersten, Mahalia, verheiratet. Arbath ist »eines Mannes Tochter, der Simron hieß, und den man geradezu als einen ›Sohn Abrahams‹ bezeichnete«. Allerdings gab es »in Dingen der Abstammung von Jaakobs Schwiegertöchtern manche Beschönigungen und Einbildungen«, die »auf schwachen Füßen standen« (V, 1540).
Die Namen von Benjamins Frauen und ihren Vätern entnahm TM Gorion III (197).
Letzte Änderung: 03.11.2017 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Asakku
Ein Krankheit bringender Dämon in der mesopotamischen Mythologie. Rahels Mutter Adina legt der schwangeren Tochter Salbenverbände nach alten Rezepturen auf und murmelt Formeln, die Asakku und andere böse Geister vertreiben sollen: »Der böse Utukku, der böse Alu mögen beiseite treten; böser Totengeist, Labartu, Labaschu, Herzkrankheit, Bauchgrimmen, Kopfkrankheit, Zahnschmerz, Asakku, schwerer Namtaru, geht aus dem Hause, beim Himmel und bei der Erde sollt ihr beschworen sein!« (IV, 337).
Die Darstellung stützt sich auf Meissner (v.a. Band II, 199 ff. u.ö.). Adinas Beschwörungsformeln und die Zusammensetzung ihrer Salbe sind ebenfalls aus Meissner entnommen (vgl. II, 222 und 317). – Asakku war »der Erreger einer schlimmen, auszehrungsartigen Krankheit« (Meissner II, 200); vgl. auch Jeremias II (163 f., 410-417).
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Aschdod Asdod
Ascher
Ascher ist der achte der zwölf Söhne Jaakobs. Seine Mutter ist Silpa, die Magd Leas, mit der Jaakob zwei Söhne, Gad und Ascher, zeugt (Genesis 30,13).
Der »genäschige Ascher« (IV, 487) ist ein »Vielfraß« (IV, 88), leckt sich oft die Lippen und redet gern »aller Welt nach dem Munde« (IV, 72). Er ist »neugierig auch im Grame«, weshalb er auch als erster den im Prachtkleid herannahenden Joseph entdeckt (IV, 554), der seinen Brüdern auf den Weideplätzen bei Dotan einen Besuch abstattet, um »nach dem Rechten zu sehen« (IV, 555).
Anders als sein Bruder Joseph ist Ascher von Individuation weit entfernt. Er liebt es, »mit anderen einer Meinung und eines Gefühles zu sein und solche Einigkeit durch das Wort, das der allgemeinen Gesinnung gerecht wurde, recht innig zu verfestigen, daß man sich warm durch dasselbe zusammengebündelt fand und gemeinsam Zufriedenheit dampfte noch in der Wut, – das hing mit seiner Leckermäuligkeit, seinen feuchten Augen und Lippen zusammen« (IV, 487 f.).
Deshalb gefällt ihm auch der Eid, mit dem die Brüder, nachdem sie Joseph an die Midianiter verkauft haben, einander die Geheimhaltung ihrer Tat schwören: »›Und muss dieser Eidschwur uns Zehne zusammenbinden und -bündeln, daß wir wie ein Körper sind und wie ein Schweigen, als ob wir nicht einzeln wären, da und dort, sondern ein Mann, der die Lippen zusammendrückt und tut sie auch im Tode nicht auf, sondern stirbt, den Mund verbissen vor seinem Geheimnis.‹« (IV, 627)
Auch viele Jahre später, als die Brüder in Ägypten, noch unwissend, wieder vor ihrem Bruder Joseph stehen, ist Ascher immer noch, wie Joseph spöttelt, »ein Bundesschwätzer und ein Gemeinplatz«, der zuständig ist, »wenn es unsre Gemeinschaft gilt und daß wir gebündelt sind« (V, 1602 f.).
Ascher heiratet »ein braunes Kind vom Stamme Ismael« (V, 1540), von der es heißt, sie sei eine Urenkelin Ismaels (V, 1703), eine in des Vaters Augen bedenkliche Verwandtschaft (V, 1540).
Aschers zwölfjährige Tochter Serach bringt dem Großvater Jaakob als erste die Kunde, dass Joseph noch lebt, in Form eines selbst erdachten Liedes (V, 1706 ff.). – Die musikalische Begabung der Tochter gibt dem Erzähler Anlass zu allerlei Mutmaßungen über deren Herkunft. Hatte Serach »von dem schönen und wilden Halbbruder Isaaks etwas ins Blut bekommen, das sie singen machte?« Oder waren vielleicht »Vater Aschers leckere Lippen und feuchte Augen, seine Neugier und seine Lust zur Gefühls- und Gesinnungsbündelei in der kleinen Serach zum Musikantentum geworden?« (V, 1703)
Jaakobs Segen für Ascher würdigt beides: Von Ascher, dem Leckerlippigen, »kam Wohlgefühl und die Lust des gepflegten Leibes, die auch etwas ist. ›Ascher, du wirst auch etwas sein. Und ist Gesang von dir kommen und süße Verkündigung, des sei gepriesen vor deinem Bruder Naphtali, den ich nun unter meine Hand rufe.‹« (V, 1801 f.; vgl. Genesis 49, 20)
Band IV: 72, 88, 157, 246, 327 f., 442, 484, 487-489, 506, 552, 554, 626 f., 658.
Band V: 1540, 1602 f., 1618, 1620, 1655, 1673, 1702 f., 1716, 1747, 1797, 1801 f.
Vgl. Übersicht zur Genealogie und Karte der Stammesgebiete Israels. Nach Ascher ist das Stammesgebiet Ascher benannt (V, 1797), ein Küstenstreifen zwischen Sidon und Achschaf in Nordisrael. – Bibl. Name: Asser.
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Aschera, Aschirat, Aschirta, Aschrath, Aschtarti Ischtar
Asdod (Aschdod)
Asdod ist neben Ekron, Askalun und Gaza eine der »menschenreichen und tempelhütenden Großstätten« (IV, 694 f.) des Philisterlandes, vor deren Toren die Midianiter auf ihrem Weg von den Weideplätzen bei Dotan nach Ägypten ihren Handel aufschlagen, um ihre »transjordanischen Kramwaren« feilzubieten (IV, 695). Ihr neu erworbener Jungsklave Joseph-Usarsiph macht dabei den Schreiber und verzeichnet die Geschäfte (ebd.).
Die Stadt liegt zwei Stunden von der Küste entfernt, mit der es durch eine »von Geschrei erfüllte, mit Ochsenkarren und Pferdegespannen bedeckte Hafenstraße« verbunden ist (ebd.). Ihr Stadtgott ist der Fischgott Dagon.
Je mehr sich die Karawane dem Philisterland nähert, um so »höher von Tag zu Tag« schlägt Joseph das Herz, weil er weiß, »daß bald der Punkt erreicht sein mußte, wo er [...] nur noch um einen seitlichen Abstand [...] vom Vaterherde entfernt sein würde« und von dem an sich dieser Abstand täglich wieder vergrößern würde. »Bei Asdod ungefähr [...] war es so weit« (IV, 695).
Asdod ist Ägypten tributpflichtig. Sein Stadtfürst, Milkili, ist aber, wie Echnatôn klagt, »mehr als wankel« und »von Gesinnung so häßlich, daß er Pharao nicht von ganzer Seele liebt und auf Verrat und Abfall sinnt« (V, 1477). Josephs Wirtschaftspolitik bringt ihn wie viele aufrührerische Stadtkönige in den Ost-Provinzen zur Räson und erspart es dem zartbesaiteten Pharao, »sein Schwert zu färben« (V, 1768).
Vgl. Karte von Kanaan. – Asdod ist mit Ekron, Askalun, Gath und Gaza Mitglied des philistischen Fünfstädtebundes, von dem die Bibel berichtet (vgl. Josua 13,3; Richter 3,3 und 1. Samuel 6,7) und worauf die Rede von einem »Fürstenbund« anspielt, dessen Haupt Gaza sei (IV, 694). – Biblischer Name: Aschdod. – Heutige Namen: Aschdod oder Ashdod; vgl. Wikipedia-Artikel.
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Askalotten (Askalunzwiebeln)
Würzige kleine Zwiebeln, die bei Askalun wild wachsen und die der alte Midianiter einsammeln lässt, um sie in Ägypten zu verkaufen (IV, 699). Beim Verkauf Josephs bietet er sie Potiphars Hausmeier Mont-kaw als »Dreingabe und Zuwaage der Freundschaft« an (IV, 803).
Es handelt sich um die Schalotten (Allium ascalonium).
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Askalun (Askaluna)
Hafenstadt am Mittelmeer nördlich von Gaza im Philisterland. Askalun hat auf Josephs älteren Bruder Sebulun so großen Eindruck gemacht, dass er seither lieber Seefahrer als Hirt wäre (IV, 72). Joseph stichelt ihn deswegen (IV, 495).
Die Karawane der Midianiter, die Joseph nach Ägypten bringt, macht auch in Askalun Halt: »Bis sie dahin kamen, wo der niedrige Küstensaum zur jäh aufragenden Felsenwand aufstieg, auf deren Gipfel Askalun lag, neigte sich schon der Sommer« (IV, 699).
Askalun ist »heilig und stark«: Es beherbergt eine sehr alte »Astarothwohnung« und ein Heiligtum des Dagon, und es ist eine »Felsenfeste« (IV, 695). Die »Quadern seiner Ringmauern [...] schienen von Riesen gestemmt« (IV, 699). Hauptgöttin der Stadt ist Derketo.
In und um Askalun gibt es eine »wild unter Palmen im Sande« wachsende »würzige Sorte von kleinen Zwiebeln«. Der alte Midianiter »ließ sie in Säckchen sammeln und schrieb in ägyptischer Schrift darauf: ›Feinste Askalunzwiebeln‹« (IV, 699). Später bietet er sie Potiphars Hausvorsteher Mont-kaw zum Kauf an (IV, 793).
Unter den ausländischen Abgesandten, die in den sieben Dürrejahren bei Joseph Korn kaufen, ist auch ein Gesandter aus Askalun. Der »schrie vor ihm für seine Stadt und wurde beliefert, wenn auch nicht billig« (V, 1585).
Vgl. Karte von Kanaan. – Die Zwiebeln von Askalun sind die Schalotten (Allium ascalonium). – Askalun ist mit Ekron, Asdod, Gath und Gaza Mitglied des philistischen Fünfstädtebundes, von dem die Bibel berichtet (vgl. Josua 13,3; Richter 3,3 und 1. Samuel 6,7) und worauf die Rede von einem »Fürstenbund« anspielt, dessen Haupt Gaza sei (IV, 694). – Heutige Namen: Askalon, Ashqelon, Aschkelon. Biblischer Name: Aschkelon.
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Asnath
Josephs Frau, Tochter des Potiphera, des Sonnenpriesters von On. Echnatôn selbst wählt sie für Joseph aus, und er »hätte nicht höher greifen können« (V, 1514), denn die Tochter des obersten Sonnenpriesters ist die »Jungfrau der Jungfrauen«, der »Inbegriff des Mädchens«, dessen Jungfräulichkeit »mit einem besonderen Panzer und Schilde der Heiligkeit« umgeben ist (V, 1515). Deshalb gilt die Heirat mit der »Schildjungfrau« (V, 1518) als etwas »nahezu Unerhörtes und grenzte ans Sakrileg« (V, 1514): Der Bräutigam »beging nach allgemeiner Auffassung ein göttliches Verbrechen – wobei die Hauptbezeichnung durch das Beiwort gemildert, veredelt und gewissermaßen aufgehoben wurde« (V, 1515). Den Eltern der »Sonnentochter«, insbesondere der Mutter obliegt bei den Hochzeitsfeierlichkeiten die Attitüde schwerer Trauer und tiefen Grolls über den »Raub«, und ein Ehevertrag wird aufgesetzt mit der Bestimmung, dass die Tochter »für einen gewissen, gar nicht geringen Teil des Jahres zu den Sonneneltern zurückkehren solle, um wieder als Jungfrau bei ihnen zu leben« (ebd.).
Asnaths Name hat mit der Göttin Neith von Sais im Delta zu tun, er bedeutet »Die der Neith Gehörige«. Als »erklärte Schutzbefohlene dieser Gewappneten« schmückt Asnath Haar und Kleidung mit dem Zeichen der Göttin, einem »Schild mit zwei kreuzweise darauf genagelten Pfeilen« (V, 1516). Trotz dieser Insignien der Wehrhaftigkeit ist die »Schildjungfrau« ein überaus »sanftes und fügsames« Mädchen, »und gerade die Vereinigung heilig-spröder Versiegeltheit mit einer ausgesprochenen Neigung zum Mit-sich-geschehen-Lassen und zum duldenden Hinnehmen ihres weiblichen Loses war das Kennzeichen für Asnaths Charakter« (V, 1516).
Ihr Gesicht ist »einmalig-lieblich«, und lieblich ist auch ihr Körperbau mit einer »schmal und wespenartig eingezogene[n]« Taille und »ausladendem Becken«. Ihr »starrender Busen und Arme von schlankem Ebenmaß mit großen Händen, die sie gern völlig ausgestreckt trug, vollendeten das bernsteinfarbene Bild dieser Jungfräulichkeit« (V, 1517).
Dass sie, wie einige Schriftgelehrte behaupten, gar nicht das Kind Potipheras sei, sondern ein Findelkind, nämlich das von Jaakob verstoßene Kind Dinas und Sichems, hält der Erzähler für eine »Interpolation und fromme Finte« (V, 1519), erfunden und erdichtet, um den heiklen Punkt an Josephs Heirat zum Verschwinden zu bringen, den Umstand, dass es eine »Heirat mit Scheol, eine Ismael-Heirat« ist (V, 1518).
Joseph und Asnath sind einander »vom ersten Augenblick an sehr zugetan und ein Wohlgefallen das eine dem anderen«, so dass auch die Liebe, die »bei einer solchen von anderen beschlossenen Staatsheirat [...] nicht am Anfang der Dinge« stehen kann, sich mit der Zeit findet (V, 1526). Dass Asnath nach Menasse und Ephraim auch weiterhin nur Söhne zur Welt bringt, betrübt sie sehr. Sie ist »geradezu versessen« auf eine Tochter und »hätte am liebsten lauter Töchter gehabt. Denn begierig war sie, die Schildjungfrau wiederzugebären, die sie gewesen, war«. Ihre wie ihrer Mutter Unzufriedenheit in diesem Punkt sorgt für eine »leichte, aber dauernde, wenn auch natürlich in den Schranken der Rücksicht und Zuneigung gehaltene Eheverstimmung« (V, 1533).
Die Deutung des Namens fand TM bei Jeremias I (340), den Hinweis auf Neiths Schild-Zeichen bei Steindorff I (144). Die Figur ist eine Komposition aus ägyptischen und griechischen Mythologemen, zu der TM vor allem durch Karl Kerényis Aufsatz über Kore/Persephone (Kore: Zum Mythologem vom göttlichen Mädchen. In: Paideuma, 1/1940, Heft 8, S. 341-380) angeregt wurde, wie sein Brief an Kerényi vom 7. September 1941 bezeugt: Dass bei Josephs Hochzeit »Jungfräulichkeit auf Jungfräulichkeit trifft, schien mir Grund genug, eine Art Mysterium daraus zu machen, bei dem ich kecklich oder, wenn Sie wollen, unverfroren, einiges Demetrisch-Eleusinische benutze« (Kerényi/Mann, 99). Das Motiv der geraubten Jungfrau ist dem Raub der Persephone aus dem Demeter-Hymnus nachgebildet, ebenso die im Ehevertrag festgelegte Heimkehr des Mädchens zu seinen Eltern für eine bestimmte Zeit im Jahr. Die »fromme Finte« von Asnaths Identifikation mit Dinas Tochter kannte TM vermutlich aus Gorion (III, 236 ff.), auch wenn dort nicht von einem Schilfkorb die Rede ist. Näheres und Weiteres zu den zahlreichen mythologischen Bezügen der Figur wie auch der Hochzeitszeremonien bei Berger (237-242). – Die Beschreibung der äußeren Erscheinung Asnaths ist unverkennbar von der kleinen Statuette der Imeret-Nebes inspiriert (s. Abb.).
Abb.: Holzstatuette der Imeret-Nebes (12. Dynastie) aus dem Rijksmuseum van Oudheden (Leiden).
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Asnaths Mutter
Josephs Schwiegermutter, die Gemahlin des Potiphera, Sonnenpriesters zu On, würdigt der Erzähler keines Namens, obwohl er ihr bei der Erzählung von Josephs Verheiratung einige Aufmerksamkeit widmet. Das mag damit zu tun haben, dass sein Interesse weniger ihrer Individualität als vielmehr dem Ritual gilt, das den Eltern der »Sonnentochter« obliegt. Sie haben die Verheiratung ihres Kindes nach der Konvention als gewalttätige Beraubung zu beklagen (vgl. 1514 f., 1518), und der Mutter kommt dabei die Rolle der besonders Betroffenen zu. Asnaths Mutter erfüllt diese Rolle offenbar vorbildlich. Schon bei dem eigentlich höchst ehrenvollen und durchaus willkommenen Antrag »war oder stellte [sie] sich völlig verzweifelt und außer sich« (V, 1514). Und bei der Hochzeitsfeier, zu der sie mit ihrem Mann »tief gebeugt von wegen des unfaßlichen Raubes« nach Menfe reist (V, 1521), spielt sie, »ganz in ein dunkel veilchenfarbenes Gewand gehüllt und von tragischer Erscheinung«, die »zürnende und drohende Mutter« (V, 1522 f.) und nimmt an dem »Spiraltanz« teil, bei dem in ebenfalls veilchenfarbene Frauenkleider gehüllte Männer mit furchterregenden Masken drohend die Fäuste schütteln (V, 1523 f.). Die »Trösterin«, eine auf einer trächtigen Sau reitende Alte, sucht die »Gramvolle« mit der Zuflüsterung obszöner Scherze zum Lachen zu bringen, was ihr auch hin und wieder gelingt. »Da nun aber Jammer und Zorn der Mutter größtenteils auf Konvention beruhten und nur dargestellt wurden, so ist anzunehmen, daß auch ihr Kichern nichts als ein Zugeständnis an die Sitte bedeutete, während sie, wenn es nach ihr gegangen wäre, sich von den Heimlichkeiten der ›Trösterin‹ nur angewidert gefühlt hätte.« (V, 1526)
Dass Asnath, die sich sehnlichst eine Tochter wünscht, um in ihr »die Schildjungfrau wiederzugebären, die sie gewesen war«, nur Söhne zur Welt bringt, verstimmt die Mutter nicht weniger als Asnath selbst (V, 1533).
Das Motiv der geraubten Jungfrau ist dem Raub der Persephone aus dem Demeter-Hymnus nachgebildet (vgl. Asnath), Asnaths Mutter spielt also die Rolle der Demeter und die »Trösterin« die Rolle der Baubo, die Demeter nach dem Raub der Tochter mit lasziven Scherzen aufzuheitern sucht. Dass sie auf einer trächtigen Sau reitet, verweist zwar wohl auch auf das Schwein als Opfertier der Demeter, spielt aber vor allem auf die ein »Mutterschwein« reitende Baubo in der Walpurgisnacht aus Faust I an (v. 3962 f.). – Am 27.8.1944 schreibt TM an Jonas Lesser: »Uebrigens sind die Hochzeitszeremonien dreist unaegyptisch und überall hergenommen aus der Welt alter Bräuche. Der Fackeltanz ist Labyrinth-Symbol. Auch die ›Trösterin‹ hat es gegeben, nur daß ich sie mit Baubo durcheinandergebracht habe.« (Selbstkommentare, 274) Die Informationen über vergleichbare ägyptische Bräuche stammen u.a. aus Braun (v.a. Bd. 2, 261). – Weiteres zu den mythologischen Bezügen der Hochzeitszeremonien bei Berger (237-242).
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Asser Ascher
Assur
Assur nennt der Erzähler sowohl die alte assyrische Königsstadt am Tigris wie auch das (noch) am mittleren Tigris liegende assyrische Reich. Gleich zu Beginn des Romans erfährt man, dass Joseph zu einer Zeit lebt, in der »Assur zunahm durch die Kraft seiner Götter« (IV, 10), durch seine Priesterkönige nämlich, die Babylons Vormachtstellung in Mesopotamien mehr und mehr in Frage stellen. Deshalb hat auch, wie Jebsche zu berichten weiß, der »Kassit von Babel«, Kurigalzu, »vor dem Priesterfürsten von Assur zu zittern begonnen [...], welcher seine Macht aus dem Reiche des Gesetzgebers [d.i. Chammuragasch] zu lösen und am Strome Tigris ein besonderes Staatswesen zu gründen strebe« (IV, 77).
Über diese Anspielungen auf die politischen Machtverschiebungen hinaus ist von Assur nur am Rande und meist bei bloßen Aufzählungen die Rede (z.B. IV, 102, 118). – Als Stammvater Assurs gilt den Jaakobsleuten der gleichnamige zweite Sohn Sems (vgl. IV, 102 f. und Genesis 10,22).
Vgl. Übersichtskarte (Stadt Assur). – Hommel (479) lokalisiert das ursprüngliche Gebiet des assyrischen Reiches vor dem (von ihm auf ca. 1410 v. Chr. datierten) Beginn der assyrischen Expansionspolitik auf das Gebiet östlich des Tigris zwischen Ninive und dem Kleinen Zab (Fluss).
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Assurbanipal
Bei einer seiner erzählerischen Meta-Reflexionen über »Küstenkulissen und Brunnenschlund«, d.h. über die unendlichen Vergangenheiten, in die die alte Geschichte von Joseph und seinen Brüdern führt, gedenkt der Erzähler der Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal zu Ninive (IV, 19 f.). Die ›schönen babylonischen Verse voll lügenhafter Weisheit‹, die Joseph durch mündliche Überlieferung (von Reisenden) kennt (IV, 19), das Gilgamesch-Epos, kennen »wir« dank des »eifrige[n] Sammler[s] der Gescheitheit« auch, stellt er zunächst befriedigt fest (IV, 19).
Dann muss er aber einräumen, dass es sich bei den Tonscherben von Ninive nur um Abschriften des weit älteren ›Originals‹ handelt, das »für Assurbanipals Tafelschreiber ungefähr so leicht oder schwer zu lesen und zu verstehen« gewesen sein dürfte wie für »uns Heutige ein Manuskript aus Caroli Magni Zeiten«, so dass zweifelhaft bleibe, »ob seine Bedeutungen bei der Abschrift so ganz zu ihrem Rechte gekommen sind.« Noch dazu sei beileibe nicht anzunehmen, dass ihre Vorlage das Original selbst gewesen sei, ja: ob es überhaupt ein ›wahres Original‹ gebe, vor dem man haltmachen könnte, stehe dahin, ein Fall an dem die Zuhörer ermessen könnten, »was wir im Sinne haben, wenn wir von Küstenkulisse und Brunnenschlund reden« (IV, 20).
Assurbanipal regierte von ca. 668 bis 627 (oder 631) v. Chr. – Der größte Teil der Tontafeln seiner Bibliothek befindet sich heute im British Museum.
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Astaroth, Astarte Ischtar
Atôn
Der Name ist im Roman dem neuen monotheistischen Konzept des Sonnengottes vorbehalten, dessen »Hervorbildung« schon unter Amenhotep III. beginnt (V, 1376) und dann von Echnatôn energisch vorangetrieben wird. Echnatôn verehrt zwar Atum-Rê-Horachte, den Sonnengott von On, als seinen himmlischen »Vater«, betrachtet ihn aber als eine transitorische Form der Gottheit, aus der »mit Hilfe menschlicher Gedankenarbeit, langsam, aber immer vollendeter, ein neuer, unsagbar schöner, hervortrat, nämlich der wundervolle, aller Welt leuchtende Atôn« (V, 1383).
Echnatôn hat eine radikal vergeistigte, abstrakte Auffassung des Sonnengottes: Atôn soll nicht mehr, wie sein Vorgänger Atum-Rê, an kreatürliche Gottesvorstellungen gebunden sein, soll nicht mehr »als ein Kommen und Gehen, ein Werden, Vergehen und Wieder-Werden« gedacht werden, also »nicht als ein auf den Tod abgestelltes und darum phallisches Leben, ja überhaupt nicht als Leben, insofern Leben stets auf den Tod abgestellt ist«, sondern als eine abstrakte Idee, »als reines Sein« und als die »wechsellose, keinem Auf und Ab unterworfene Quelle des Lichtes«. Deshalb drängt Echnatôn auch auf eine abstraktere bildliche Darstellung des Gottes: Atôn soll nicht mehr in Menschen- oder Vogelgestalt oder als falkenköpfiger Mensch erscheinen wie Atum-Rê-Horachte, sondern nur als »die pure, lebenstrahlende Sonnenscheibe« (V, 1367), deren Strahlen in »gütige Hände« endigen, »die des Vaters Schöpfung liebkosen« (V, 1455).
Inspiriert durch Josephs Bericht von Abrahams Erkenntnis, dass die sichtbare Welt nur ein Zeugnis Gottes, aber nicht Gott selbst, also auch die Sonne zwar ein Zeugnis, aber nicht der Bezeugte selbst sei (V, 1464), treibt Echnatôn die Abstraktion noch einen Schritt weiter: Auch Atôn sei nicht etwa »das wirkliche Sonnenrund droben am Himmel«, sondern dessen Herr, »der die Glut ist in ihm, und der seine Wege lenkt« (V, 1466). Deshalb sei er auch nicht der Vater »am Himmel«, sondern der Vater »im Himmel« zu nennen, »das Sein des Seins, das nicht in den Tod blickt, das nicht wird und stirbt, sondern ist, das stehende Licht, das nicht aufgeht noch untergeht, die unwandelbare Quelle, aus der all Leben, Licht, Schönheit und Wahrheit quillt« (V, 1468 f.).
Der von Amenhotep III. und Echnatôn beförderte Aufstieg Atôns zum ersten und, wenn es nach Echnatôn ginge, einzigen Gott hat auch politische Gründe. Es geht darum, Macht und Einfluss der Priesterschaft des Reichsgottes Amun zurückzudrängen. Zu diesem Zweck soll Amun »aus seiner gewalttätigen Verbindung mit der Sonne, der er seine Allgemeingültigkeit verdankte«, gelöst und »auf den Rang einer Lokalgröße, des Stadtgottes von Wêset« zurückgeführt werden (V, 1376). Geltung, Wert und Echtheit der religiösen Ziele sieht der Erzähler dadurch nicht in Frage gestellt: »Es heißt die Einheit der Welt verkennen, wenn man Religion und Politik für grundverschiedene Dinge hält, die nichts miteinander zu schaffen hätten noch haben dürften, so daß das eine entwertet und als unecht bloßgestellt wäre, wenn ihm ein Anschlag vom anderen nachgewiesen würde« (V, 1377).
Auch Echnatôns zärtliche Liebe zu seinem »Vater« Atôn (vgl. V, 1456-1458) und seine inständigen Bemühungen um die reine Lehre verbinden sich mit politischen Zielsetzungen. Schon kurz nach dem Regierungsantritt lässt er den von seinem Vater begonnenen Bau eines Atôn-Tempels in Karnak »in höchster Schnelle« vollenden und in dessen Hof einen riesigen Obelisken errichten, »dessen an die Lehrmeinungen von On an der Spitze des Dreiecks sich anschließender Sonnensinn dem Amun offenbar die Stirne bieten sollte« (V,1365).
Einige Jahre später legt er seinen Krönungsnamen Amenhotep (›Amun ist zufrieden‹) ab, weil es ihn »auf die Dauer schwer belästigt«, Amun im Namen zu führen (V, 1446), und nennt sich »Ech-n-Atôn (›Es ist dem Atôn wohlgefällig‹)« (V, 1535).
Schließlich baut er eine neue Königsstadt, Achet-Atôn, und verlegt den Hof von Theben dorthin, – »ein harter Schlag für Nowet-Amun, Theben, die ›hunderttorige‹, die durch den Wegzug des Hofes Gefahr lief, zur Provinzstadt herabzusinken, und eine krasse Kundgebung gegen den Reichsgott zu Karnak, mit dessen gebieterischer Hausbetreterschaft Pharao's zarte Inbrunst für den Liebend-All-Einigen schon während der fetten Jahre in immer schwereres Zerwürfnis geraten war« (V, 1693).
In der »Staatenwelt« spricht sich rasch herum, »daß in Ägyptenland nicht mehr der eiserne Amun-Rê, sondern eine gemütvolle Blumen- und Piepvogel-Gottheit den Ton angebe, die um keinen Preis das Schwert des Reiches färben wolle« (V, 1767). Die außen- wie innenpolitischen Gefahren, die »die liebliche Gemütsverfassung eines späten Erben über das Reich Tutmose's, des Eroberers« zu bringen geeignet ist, kann Josephs Wirtschaftspolitik »wenigstens eine Zeitlang« bannen (ebd.).
TM stützt sich hier auf Erman/Ranke (297 f., 462-464), Weigall (24-27), Schäfer (11-18 u. pass.). – Abb.: (1) Das neue Bild des Sonnengottes Aton zu Echnatons Zeit. – (2) Die königliche Familie unter der Strahlensonne Atons.
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Atrachasis Utnapischtim
Attar-Tammuz Tammuz
Atum, Atum-Rê Atum-Rê-Horachte
Atum-Rê-Horachte (Atum, Rê, Horachte, Atum-Rê, Rê-Horachte, Rê-Horachte-Atôn, Harmachis-Chepere-Atum-Rê)
Der große Sonnengott, dessen Heiligtum in On (Heliopolis), der »Stadt des Blinzelns«, steht, ist »Chepre am Morgen [...], Rê an seinem Mittag und Atum am Abend, der die Augen öffnet, und es entsteht das Licht, der die Augen schließt, und es entsteht das Dunkel«. Seine »lebendige Wiederholung« ist Merwer, der heilige Stier im Sonnentempel zu On (IV, 732).
Wie sein zusammengesetzter Name andeutet, ist Atum-Rê-Horachte eine »Zusammenschau und Sternbildfigur ursprünglich eigener Numina«, denn aus »mehrerem eins zu machen« war schon immer das »Vorzugsbetreiben« der Sonnenpriester im tausendjährigen On (IV, 735). Die zahlreichen Varianten der Namenszusammensetzungen, die im Roman verwendet werden, beziehen sich denn auch sämtlich auf den Sonnengott, wie ihn die Sonnenpriester von On in ihrer ›Theologie der Zusammenschau‹ verstehen (s.u.). – Die Namen jener ›ursprünglich eigenen Numina‹ begegnen auch alleinstehend und nehmen dabei unterschiedliche Bedeutungen an (vgl. dazu die Zusatzinformationen am Ende dieses Artikels).
Nach Überzeugung der (vom »vielen In-die-Sonne-Sehen«) triefäugigen Priester von On gibt es »nur zwei große Götter: einen der Lebenden, das war Hor im Lichtberge, Atum-Rê; und einen Totenherrn, Usir, das thronende Auge«. Bei »zugespitztem Denken« aber, so die Sonnenpriester, könne man sogar sagen, dass Usir letztlich auch nur eine Erscheinungsform des Atum-Rê sei, seine nächtliche Erscheinungsform nämlich, insofern Usir der »Herr der Nachtbarke« sei, in die »Rê nach Untergang umstieg, um von Westen nach Osten zu fahren und den Unteren zu leuchten. Mit anderen Worten: auch diese beiden großen Götter waren genaugenommen ein und derselbe« (ebd.).
Die ›Theologie der Zusammenschau‹, die die Priester des Atum-Rê zu On pflegen, ist eine Form des Monotheismus, die das Kunststück fertigbringt, »niemanden dabei zu kränken und ungeachtet ihres identifizierenden Betreibens die tatsächliche Vielheit der Götter Ägyptens unangetastet zu lassen« (IV, 725). Das gelingt durch die »Wissenschaft vom Dreieck«, die die ›Triefäugigen‹ jedermann gern erklären, so auch dem alten Midianiter und seinem Jungsklaven Joseph, die sie auf dem Marktplatz vor den Toren des Tempels treffen (IV, 734): Die »Spannseite« des Dreiecks habe man sich dabei als die Ebene zu denken, die die vielen Götter Ägyptens repräsentiere; die »zusammenstrebenden Schenkelseiten« aber versinnbildlichten die »Zusammenschau« als einen Denkvorgang, bei dem die Vielheit der Götter sukzessive zusammengeführt und schließlich in dem einen »Schluß- und Schnittpunkt« an der »Spitze des Dreiecks« vereinigt werde, ohne sie zu vernichten: sie bleibe in dem von den drei Seiten umschlossenen Raum erhalten. Die »Spitze des Dreiecks« aber und die letzte und höchste Einheit der Vielheit, so erklären die »Spiegelköpfe«, sei »der Herr ihres Tempels, sei Atum-Rê« (IV, 735).
Und genau genommen umfasse die »Spannseite« des Dreiecks nicht nur die ägyptischen, sondern alle Götter aller Völker, die ihrerseits in der Einheit der Vielheit im Spitzenpunkt des Dreiecks, Atum-Rê-Horachte, zusammengefasst seien. Deshalb könnten auch Fremde »getrost und ohne Verrat« dem Atum-Rê opfern, weil zugleich mit ihm »auch ihre heimischen Götter die Gaben empfingen« (IV, 737). Joseph erinnert sich dieser Weisung, als Mut-em-enet ihn nötigt, dem Atum-Rê zu räuchern (V, 1125, vgl. auch V, 1520).
Jüngster Ausdruck dieser »Ausdehnungslust« Atum-Rê-Horachtes, seiner »Neigung, sich in Beziehung und in ein weltläufiges Einvernehmen zu setzen mit allen möglichen Sonnengöttern der Völker«, ist ein Name, den er sich »neuerdings« (d. h. zur Regierungszeit von Echnatôns Vater Amenhotep III.) zugelegt hat und der »für sein ganzes und allgemeines Sonnentum, nicht nur für den Untergang, sondern für Morgen, Mittag und Abend« stehen soll: Er nennt sich Atôn, ein Name, »mit eigentümlichem Anklang, der niemandem entging.« Gemeint ist die klangliche Annäherung an den Namen »des vom Eber zerrissenen Jünglings« Adonis (V, 941).
Die Einheitsbestrebungen des Amun in Theben, der sich »durch seine Propheten dem Rê (habe) gleichsetzen lassen und wolle nun Amun-Rê genannt sein«, haben in den Augen der Sonnenpriester zu On nicht das geringste mit ihrer ›Wissenschaft vom Dreieck‹ und mit der Weltläufigkeit und Toleranz des »Horizontbewohners« Atum-Rê-Horachte gemein. Vielmehr seien sie eine »engstirnige Anmaßung« und von »gewalttätiger Plumpheit«. Der Horizont des »jungen Amun« sei nämlich so eng, daß er »nichts kenne und wisse als Ägypterland« und »sozusagen nicht über seine eigene Nase hinaussehe« (IV, 736). Von Atum-Rê's »beweglichem und heiter-lehrhaftem Sonnensinn« ist der viel jüngere Amun meilenweit entfernt (V, 941).
Am Königshof zu Theben gewinnt der Dienst des »sehr alten und milden« Atum-Rê schon in der Regierungszeit von Echnatôns Vater Amenhotep III. stark an Bedeutung. Das hängt auch damit zusammen, dass »man sich dort ärgerte an der lastenden Schwere und Tempelmacht Amuns« (V, 941) und der politischen Opposition der Amunspriester gegen das Königshaus. Die durch den Dienst an Atum-Rê geprägte weltoffen-tolerante Gesinnung der Hofleute begünstigt Josephs Karriere im Hause Potiphars (V, 940 f.). Amun dagegen, in Gestalt seines ›Ersten Propheten‹ Beknechons, »blickt scheel auf Joseph« (V, 937).
Echnatôn verehrt Atum-Rê-Horachte zwar als seinen »Vater«, betrachtet ihn aber als transitorische Form der Sonnengottheit, aus der »mit Hilfe menschlicher Gedankenarbeit, langsam, aber immer vollendeter, ein neuer, unsagbar schöner, hervortrat, nämlich der wundervolle, aller Welt leuchtende Atôn« (V, 1383). Echnatôn möchte Atum-Rê-Horachte radikal vergeistigen, von allem Lebendigen reinigen. Er soll nicht mehr »als ein Kommen und Gehen, ein Werden, Vergehen und Wieder-Werden« gedacht werden, sondern »als reines Sein, als die wechsellose, keinem Auf und Ab unterworfene Quelle des Lichtes«, aus deren bildlicher Darstellung künftig auch Mensch oder Vogel verschwinden sollen, »so daß nur die pure, lebenstrahlende Sonnenscheibe übrigblieb, mit Namen Atôn« (V, 1367; vgl. Abbildung bei Atôn).
Mut-em-enet sucht sich in ihrer Liebesnot »mit der Religion zu helfen, indem sie sich zugunsten ihrer Neigung [...] gegen den volksstrengen Amun, ihren bisherigen Herrn, auf Atum-Rê von On, den milde-ausdehnungsfreundlichen und den Fremdländern holden, berief und auf diese Weise den Hof, die Königsmacht selbst hinter ihre Liebe brachte« (V, 1090). Anlässlich ihrer »Damengesellschaft« lässt sie das Bildnis Atum-Rês allerdings abhängen (V, 1214).
Zur Verwendung der einzelnen Namensbestandteile im Roman: Der Name Atum und der vom Falkengott Hor abgeleitete Name Horachte (›Hor im Horizont‹) beziehen sich, auch wenn sie allein verwendet werden, stets auf den Gott der ›Zusammenschau‹ von On. – Der Name Atôn dagegen bleibt nahezu ausschließlich für Echnatôns neues Konzept des Sonnengotts reserviert. – Der alte Gottesname Rê meint in der Regel (als Bezeichnung der Mittagssonne) den mittleren Teil der ›zusammengeschauten‹ Gottheit von On, referiert aber auch auf ältere Konzepte des Sonnengottes und begegnet zudem in formelhaften Wendungen, Anrufungen und Gebeten. – Der Name Hor referiert, einzeln verwendet, nur in der Fügung »Hor im Lichtberge« auf den Sonnengott von On (IV, 735), ansonsten auf den (seinerseits vielgestaltigen) Gott Hor (Horus), den Sohn von Isis und Osiris. – Harmachis (svw. ›Hor im Horizont‹) ist der Name der großen Sphinx, die ihrerseits als Bild der Sonnengottheit von Heliopolis betrachtet wird (IV, 742 f.). – Chepre oder Chepere schließlich, der Skarabäus, wird nur einmal als eigene Gestalt angesprochen, als der »Sonnenkäfer, der sich selber erzeugt« (IV, 888).
Die Darstellung der Erscheinungsformen des Sonnengottes stützt sich wesentlich auf Erman/Ranke (42, 48, 58-60, 294, 296, 297 f., 300-305, 462-464); vgl. auch Erman (17-22, 26 f., 28, 49 f., 90, 92, 102 f., 114 ff., 144) und Weigall (8, 25 f.). – Die Wendungen ›Chepre am Morgen, Rê an seinem Mittag und Atum am Abend‹ und »der die Augen öffnet, und es entsteht das Licht, der die Augen schließt, und es entsteht das Dunkel« (IV, 732), entstammen dem bei Erman/Ranke (302-305) mitgeteilten Mythos von Isis und Rê.
Abb.: Vier Gottheiten von Heliopolis (Blatt 24 des Papyrus Harris).
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Aulasaukaula (Aulasaulalakaula, Aulasaukaulala)
Spottname, den Kinder kanaanäischen Wahrsagern nachrufen, »denn so ungefähr klang es, wenn sie weissagten« (IV, 417). Für Jaakob, der Sorge hat, sein Lieblingssohn könnte auch ein solcher »Orakellaller« werden, sind diese Leute der Inbegriff von Kanaan: »Entblößung, Singreigen, Festvöllerei, dienstliche Unzucht mit Tempelweibern, Scheol-Kult – und ›Aulasaukaulala‹ und wüste Krampfkünderei: das alles war ›Kanaan‹, das gehörte zusammen, es war alles eins, und es war eine Narrheit vor Jaakob« (IV, 417).
Der fünfte der sieben Gründe für »Josephs Keuschheit« (V, 1133-1146), für die »siebenfach begründete Vorbehaltenheit«, auf die die verzweifelt verliebte Mut-em-enet stößt, ist der Gehorsam gegen die väterliche Perhorreszierung der »Sphäre Kanaans«, der Jaakob einst auch das »äffische Ägypterland« subsumiert hatte (IV, 97 f.) und die Joseph nun »von Vaters wegen« mit der Liebessehnsucht der armen Mut in Verbindung bringt: »Es war die Sphäre Kanaans [...] der Preisgabe und des Aulasaukaula, wo man den Fruchtbarkeitsgötzen vor- und nachhurte in festlicher Vermischungswut. Joseph, Jaakobs Sohn, wollte den Baalen nicht nachhuren: das war von sieben Gründen der fünfte, weshalb er sich vorenthielt« (V, 1141).
Die »gehörnte Narrheit, das Aulasaukaula« (V, 1143) ist für ihn aber auch und »sechstens der ›Bund mit Scheol‹«, den er in Muts Liebe zu erkennen meint und neben der »lallenden Baalsnarrheit, die kanaanitisch war«, als »etwas sonderlich Ägyptisches« in ihr ausmacht: »die Andacht zum Tode und zu Toten nämlich, die nichts anderes war als die hiesige Form der Baalshurerei und als deren Darstellerin, zu Muts Unglück, ihm die werbende Herrin erschien« (V, 1141).
Als Joseph zur Traumdeutung vor Pharao gerufen wird und Echnatôn ihn fragt, ob er ein »inspiriertes Lamm« sei, das nach der Weissagung tot umfalle, distanziert er sich abermals von der ›Sphäre Kanaans‹ (und lässt dabei auch durchblicken, dass Jaakobs Sorge nicht ganz unangebracht war): »Da ich ein Knabe war, verzückte es mich wohl, und ich schuf Sorge dem Vater, indem ich die Augen rollte, gehörnten Nacktläufern gleich und Orakellallern. Das hat der Sohn von sich abgetan, seit er etwas zu Jahren kam, und hält's mit dem Gottesverstande, auch wenn er deutet. Deutung ist Verzückung genug; man muß nicht auch noch dabei geifern. Deutlich und klar sei das Deuten, kein Aulasaukaulala« (V, 1421).
Band IV: 417, 520.
Band V: 1140-1143, 1421, 1602.
Lehnert vermutet, dass TMs Wortbildung auf die Interpretation von Jesaja 28,10 durch Johannes Hempel zurückgeht: Hempel, dessen Buch »Gott und Mensch im Alten Testament« (Stuttgart 1926) sich in TMs Bibliothek befand, deutete die Stelle (»sau lasau kau lakau«, in neueren Übersetzungen: »Zawlazaw zawlazaw, kawlakaw kawlakaw«) als »Nachäffung ekstatischen Lallens« (Lehnert I, 515).
Letzte Änderung: 13.06.2009 | Seitenanfang / Lexikon | Zurück
Auta
Auta und Bek sind Echnatons »Oberbildhauer«, denen der Pharao unmittelbar vor Josephs Eintritt in die ›Kretische Laube‹ über den neuen Kunststil, den er eingeführt wissen möchte, »Belehrung« erteilt. Als Joseph eintritt, ist Auta damit beschäftigt, eine »unfertige Tonstatuette« von Echnatons »Schwester« Baketatôn wieder in ein feuchtes Tuch zu hüllen (V, 1415), und Echnaton gibt ihm nochmals eine Belehrung mit auf den Weg:
»Mache es, guter Auta [...], wie Pharao dich angewiesen, mache es lieb, lebendig und schön, wie mein Vater am Himmel es will ! [...] Du hast meine Schwester, die Süße Prinzessin Baketatôn, noch zu sehr in der alten, toten Weise gebildet, dem Vater zuwider, dessen Willen ich weiß. Mache sie lieb und leicht, mache sie nach der Wahrheit, die das Licht ist, und in der Pharao lebt, denn er hat sie in sein Innres gesetzt! Laß sie eine Hand mit einer Frucht des Gartens, einem Granatapfel, zum Munde führen und laß ihre andere Hand lose herabhängen – nicht die steife Fläche zum Körper gewandt, sondern die gerundete Fläche nach hinten –, so will es der Gott, der in meinem Herzen ist und den ich kenne, wie keiner ihn kennt, weil ich aus ihm hervorgekommen bin« (V, 1416).
Teje, sichtlich in Sorge, Auta könnte es nach solchen Instruktionen mit der ›Wahrheit‹ gar zu weit treiben, schwächt Echnatons Anweisungen dezent ab: Auta möge Baketatôn nicht etwa essend darstellen, »wie sie in die Frucht beißt; sondern du sollst ihr den Granatapfel nur in die Hand geben und sie den Arm leise heben lassen, so daß man vermuten mag, sie wolle das Obst allenfalls zum Munde führen, das wird des Neuen genug sein und ist das Gemeinte, wohin Pharao dich bringen will, wenn er sagt, daß du sie sollst davon essen lassen«. Auch die Drehung der frei herabhängenden Hand solle er »nur zur Hälfte« ausführen (V, 1417). Echnaton pariert: »Du kannst die Hand mit der Frucht schon ziemlich weit gegen den Mund führen, und was die freie betrifft, so ist's ja ohnehin nur eine halbe Drehung, wenn du ihre Fläche vom Körper wegdrehst nach hinten, denn ganz nach außen herum dreht niemand die Fläche, und du würdest gegen die lichte Wahrheit verstoßen, wenn du's so machtest. Da siehst du, wie weislich die Mutter mein Wort gedämpft hat« (ebd.).
Der Wortwechsel charakterisiert den neuen Kunststil der Amarna-Zeit. – Die Szene ist durch die Abbildung eines Reliefs aus dem Grab des Huja bei Erman/Ranke (503, Abb. 198), vor allem aber durch die Beschreibung dieses Reliefs bei Weigall inspiriert, von dem TM auch die Namen der beiden Bildhauer übernommen hat (vgl. Weigall, 42): »Im Grabe des Huya ist eine Szene abgebildet, die einen Künstler namens Auta in seinem Arbeitsraum sitzend zeigt, wie er an einer Statue der Prinzessin Baketaton die letzte Hand anlegt. Er sitzt auf einem niedrigen Stuhl, die Palette in der Hand, und bemalt die Statue wie üblich. Zum Unterschied von den steifen herkömmlichen Posen früherer Werke ist die Haltung des jungen Mädchens leicht und anmutig. Eine Hand hängt seitwärts herab, in der andern hält sie einen Granatapfel, im Begriff, ihn zu den Lippen zu führen.« (Weigall, 117). Erman/Ranke lesen den Namen ›Juti‹ (503).
Abb.: »The Studio of the Chief Sculptor Auta«.
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Aza und Azaël Seraphim